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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 08.05.2000
Aktenzeichen: 13 U 7/00
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, StGB
Vorschriften:
ZPO § 448 | |
ZPO § 287 | |
ZPO § 511 a Abs. 1 S. 1 | |
ZPO § 511 a | |
ZPO § 92 Abs. 1 | |
ZPO § 97 Abs. 1 | |
ZPO § 708 Ziff. 10 | |
ZPO § 5 | |
BGB § 823 Abs. 2 | |
BGB § 840 Abs. 1 | |
BGB § 847 | |
BGB § 823 Abs. 1 | |
BGB § 830 Abs. 1 S. 1 | |
BGB § 254 | |
BGB § 830 Abs. 1 S. 2 | |
StGB § 227 1. Alt. a.F. | |
StGB § 224 a.F. |
10.000,- DM Schmerzensgeld bei folgenden Verletzungen nach einer Schlägerei:
Schädelhirntrauma I. Grades, multiple Platzwunden im Gesicht, Schnittwunden beider Ohren, Jochbogenfraktur, Luxation des 5. Fingers rechts, deutlich sichtbare Narbe im Gesicht.
OBERLANDESGERICHT HAMM IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
13 U 7/00 OLG Hamm 2 O 204/99 LG Paderborn
Verkündet am 8. Mai 2000
Justizobersekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle des Oberlandesgerichts
hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 8. Mai 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Brück, den Richter am Oberlandesgericht Pauge und den Richter am Landgericht Lopez Ramos
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufungen des Klägers sowie des Beklagten zu 3) gegen das am 29. Oktober 1999 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Paderborn werden zurückgewiesen.
Von den Gerichtskosten zweiter Instanz tragen der Kläger 69 % und der Beklagte zu 3) 31 %.
Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1) trägt der Kläger.
Die außergerichtlichen Kosten des Drittwiderbeklagten trägt der Beklagte zu 3).
Von den außergerichtlichen Kosten des Klägers trägt dieser 52 %, weitere 48 % trägt der Beklagte zu 3).
Von den außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 3) trägt dieser 48 % selbst, weitere 52 % trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Es beschwert den Kläger im Verhältnis zu den Beklagten zu 1) und 3) um je 20.000,00 DM, den Beklagten zu 3) im Verhältnis zum Kläger um 18.000,00 DM und im Verhältnis zum Drittwiderbeklagten um 90,00 DM.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von den Beklagten zu 1) und 3) und dem ursprünglichen Beklagten zu 2), dem Zeugen H, gegen den das Verfahren in erster Instanz abgetrennt worden ist, Schmerzensgeld und die Feststellung der Ersatzpflicht für zukünftige Schäden aus einem Vorfall, der sich am 25. Dezember 1997 in L ereignete.
Der Kläger behauptet, er sei am frühen Morgen - etwa gegen 5.00 Uhr - mit seinem Freund, dem Drittwiderbeklagten aus der Gaststätte gekommen. Sie hätten vor der Gaststätte auf einer Mauer gesessen und sich unterhalten. Plötzlich seien zwei - ihnen bis dahin nicht bekannte - männliche Personen erschienen, nämlich der Zeuge H und der Beklagte zu 3). Diese hätten sie grundlos angepöbelt und beschimpft. Man habe sich jedoch nicht provozieren lassen wollen. Er, der Kläger, sei auf die beiden zugegangen, um mit ihnen zu reden und sie zu beruhigen. Als er sich ihnen bis auf zwei Meter genähert gehabt habe, sei eine dritte Person, nämlich der Beklagte zu 1) - laut schreiend seitlich aus einem Gebüsch hervorgesprungen. Der Beklagte zu 1) habe eine Zaunlatte bei sich geführt und damit ohne Vorankündigung mindestens zweimal gegen den Kopf des Klägers geschlagen. Er, der Kläger, sei taumelnd und blutüberströmt zu Boden gefallen. Daraufhin hätten die Beklagten zu 1) und 3) sowie der Zeuge H, die den "Überfall" gemeinsam geplant gehabt hätten, auf ihn eingetreten. Der Drittwiderbeklagte P habe vergeblich versucht, ihm zu helfen; er habe sich dabei eine Platzwunde an der Stirn zugezogen.
Der Kläger wurde in das Krankenhaus eingeliefert und dort bis zum nächsten Tag stationär behandelt. Es wurden folgende Verletzungen diagnostiziert (Ärztliche Bescheinigung vom 25. August 1998): ein Schädelhirntrauma I. Grades, multiple Platzwunden im Gesicht sowie Schnittwunden beider Ohren, Verdacht auf Unterkieferfraktur links, Jochbogenfraktur links und eine Luxation des 5. Fingers rechts. Ein Attest vom 24. August 1998 enthält folgende Diagnose: zentro-laterale Mittelgesichtstrümmerfraktur links, Platzwunden beider Ohrmuscheln, Stirn und linker Wange-Jochbeinbereich. Ein weiteres Attest vom 25. August 1998 lautet wie folgt: "Herr S. stellte sich in meiner Sprechstunde vor am 17.3.98. Nach eigenen Angaben am 25.12.97 eine Verletzung des rechten Kleinfingers erlitten. Befund: Verdickung des PIP-Gelenkes, Druckschmerz hier, Beweglichkeit frei, Röntgen 5. Finger rechts: Kleine knöcherne Absprengung am Mittelgelenk. Diagnose: 3 Monate alte Abrißfraktur PIP-Gelenk 5. Finger rechts." In einer zahnärztlichen Bescheinigung vom 25. August 1998 heißt wird dem Kläger bestätigt, der "frakturierte und nicht erhaltungswürdige Zahn 37" sei am 17. März 1998 extrahiert worden. Ausweislich einer Bescheinigung des Stadtkrankenhauses S vom 30. April 1998 wurde der Kläger dort vom 27. bis 30. April 1998 stationär behandelt.
Der Kläger verlangt ein angemessenes Schmerzensgeld von mindestens 30.000 DM. Er behauptet, die vorgetragenen Verletzungen und Behandlungen seien Folge des Vorfalls vom 25. Dezember 1997. Im Gesicht seien deutlich sichtbare und entstellende Narben zurückgeblieben. In der linken Gesichtshälfte befinde sich eine etwa 5 cm lange, tiefe und verunstaltende Narbe, die operativ nicht entfernt werden könne. Bei der stationären Behandlung im Stadtkrankenhaus S seien die im Gesicht implantierten Metallplatten entfernt worden. Er habe Probleme beim Kauen. Er könne den Mund nicht mehr ganz öffnen. Er leide seit dem Vorfall an erheblichen wiederkehrenden Kopfschmerzen. Der verletzte Finger sei krumm und könne nicht richtig bewegt werden.
Der Beklagte zu 1), W behauptet, er sei mit dem Beklagten zu 3) und dem Zeugen in der Gaststätte " gewesen. Man habe nach Hause gehen und ein Taxi nehmen wollen. Als er die Gaststätte verlassen habe, seien die beiden anderen schon draußen gewesen. Beide hätten sich mit dem Kläger und dem Drittwiderbeklagten P gestritten. Er, W sei zunächst weitergegangen. Als die beiden nicht nachgekommen seien, sei er zurückgegangen. Der Kläger habe ihn aufgefordert, zu verschwinden, sonst bekäme er gleich "etwas aufs Maul". Der Kläger habe gedroht, er werde gleich seine Kanone holen. Daraufhin habe er, W, sich eine Zaunlatte besorgt und sich damit in einem Gebüsch versteckt. Plötzlich habe der Kläger den Zeugen H ins Gesicht geschlagen, so daß dieser zu Boden gegangen sei. Dann habe auch der Drittwiderbeklagte P angefangen zu schlagen. Der Beklagte zu 3) und hätten sich mit ihren Fäusten gewehrt. Er, W, habe den beiden helfen wollen. Er habe sein Versteck verlassen und den Kläger mit der Zaunlatte auf die Hüfte (zwischen Beine und Rippen) geschlagen, und zwar einmal. Dabei sei die Latte zerbrochen. Mit dem Rest der Latte habe er noch einmal zugeschlagen, dabei aber versehentlich getroffen. Die Auseinandersetzung sei allein von dem Kläger und dem Drittwiderbeklagten P durch verbale Attacken und später durch Tätlichkeiten provoziert worden. Er, W, sei alkoholisiert gewesen.
Der Beklagte zu 3), K, behauptet, der Beklagte zu 1) sei bei dem Verlassen der Gaststätte vorausgegangen; und er seien ihm gefolgt. Sie beide seien von dem Kläger und dem Drittwiderbeklagten angesprochen worden. Er, K, sei zunächst weitergegangen. H sei stehen geblieben und habe mit dem Kläger und dem Drittwiderbeklagten P gesprochen. Der Kläger oder P sei dann aufgestanden und habe gesagt, er werde eine Pistole holen. Daraufhin sei er, K, zu der Gruppe zurückgegangen. Der größere der beiden (Kläger oder Drittwiderbeklagter P ) habe plötzlich begonnen, auf einzuschlagen. Er, K habe versucht, dazwischenzugehen. Er sei aber infolge des vorausgegangenen Alkoholgenusses ins Straucheln geraten und hingefallen. Daraufhin hätten sich entweder der Kläger oder der Drittwiderbeklagte P auf ihn gesetzt und auf ihn eingeschlagen. Er, K, habe seine Arme zur Deckung hochgenommen, so daß er keine Verletzungen im Gesicht erhalten habe. Er habe keine Schläge ausgeteilt und den Kläger auch nicht verletzt. Etwaige Verletzungen seien ausschließlich von dem Beklagten zu 1) und herbeigeführt worden. Der Kläger und der Drittwiderbeklagte P t hätten seine am Vortag für 90 DM gekaufte Jacke beschädigt. Die Kosten einer Reparatur seien höher als der Anschaffungspreis, in dessen Höhe er mit der Widerklage von dem Kläger und P Schadensersatz verlangt.
Das Landgericht hat die Beklagten zu 1) und 3) persönlich gehört und Beweis erhoben durch uneidliche Parteivernehmung des Drittwiderbeklagten P gem. § 448 ZPO und des Klägers über sein Interesse gem. § 287 ZPO. Mit dem angefochtenen Urteil hat es dem Kläger ein Schmerzensgeld von 10.000 DM zuerkannt, dem Feststellungsantrag hinsichtlich künftiger materieller und immaterieller Schäden entsprochen und die Widerklage abgewiesen. Gegen dieses Urteil haben der Kläger und der Beklagte zu 3) Berufung eingelegt. Der Kläger begehrt ein höheres Schmerzensgeld (insgesamt 30.000 DM), der Beklagte zu 3) will die Abweisung der gegen ihn gerichteten Klage erreichen. Daneben verfolgt er seine Widerklage auf Zahlung von 90 DM weiter.
Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Die Akten Js StA und O LG Paderborn lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Der Senat hat die Parteien persönlich gehört und Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung des Zeugen H Wegen des Ergebnisses der Parteianhörung und der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt des Berichterstattervermerks Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Berufungen sind zulässig. Das gilt auch für das Rechtsmittel des Beklagten zu 3), soweit es sich gegen den Drittwiderbeklagten richtet. Zwar erreicht die Beschwer des Beklagten zu 3) gegenüber dem Drittwiderbeklagten nicht die Berufungssumme von mehr als 1.500 DM (§ 511 a Abs. 1 S. 1 ZPO), doch richtet sich seine Berufung gleichzeitig auch gegen den Kläger. Dieser und der Drittwiderbeklagte sind Streitgenossen. Die gegen mehrere Streitgenossen gerichtete Berufung schafft einen einheitlichen Beschwerdegegenstand, der als solcher zu bewerten ist; es ist deshalb unschädlich, wenn die gegen einen Streitgenossen geltend gemachte Forderung die Berufungssumme nicht erreicht (Zöller/Gummer, ZPO, 21. Aufl., § 511 a, Rdn. 18). Für Klage und Widerklage gelten insoweit keine Besonderheiten. Betreffen sie mehrere Ansprüche, sind sie für die Beschwer - abweichend vom Wortlaut des § 5 ZPO - zusammenzurechnen (BGH NJW 1994, 3292).
II.
In der Sache haben beide Rechtsmittel keinen Erfolg.
Zur Klage:
Die Klage ist in dem Umfang, in dem das Landgericht ihr stattgegeben hat, begründet. Weitergehende Ansprüche bestehen nicht.
Der Kläger kann von den Beklagten zu 1) und 3) Ersatz seiner materiellen und immateriellen Schäden verlangen, die er durch den Vorfall vom 25. Dezember 1997 in L erlitten hat.
1.
Die gesamtschuldnerische Haftung der Beklagten ist nicht allein schon deswegen zu bejahen, weil sie an einer Schlägerei teilgenommen haben. Die Voraussetzungen der §§ 823 Abs. 2, 840 Abs. 1, 847 BGB in Verbindung mit § 227 1. Alt. StGB (in der Fassung vom 10. März 1987) sind nicht erfüllt.
a)
§ 227 1. Alt. StGB a.F. ist ein Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB (BGHZ 103, 197). Bei Anwendung als Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB enthält § 227 1. Alt. StGB a.F. eine Vermutung für den Zurechnungszusammenhang zwischen der Beteiligung an der Schlägerei und der schweren Folge, von der sich der Inanspruchgenommene entlasten muß (BGH, a.a.O).
b)
Eine Schlägerei im Sinne von § 227 1. Alt. StGB a.F. ist der in gegenseitige Tätlichkeiten ausartende Streit, an dem mindestens drei Personen aktiv aber nicht notwendigerweise gleichzeitig (RGSt 59, 107) mitwirken; ob sie durch eigenes Verschulden in den Streit verwickelt wurden, ist dabei ohne Bedeutung (BGHSt 15, 369). Zu den aktiv Beteiligten gehört auch der, der sich gegen einen Angriff in "Trutzwehr" wendet (BGH, NJW 1997, 2123). Nicht beteiligt ist derjenige, der in Notwehr bloße Schutzwehr übt. Wer etwa nur die Arme oder einen Gegenstand schützend vor sich hält, um Angriffe abzuwehren, ist an der Schlägerei nicht beteiligt. Dagegen ist Beteiligter, wer zur Abwehr eines Angriffs gegen den Angreifer vorgeht und diesem Körperverletzungen zufügt (BGHSt 15, 369, 371).
c)
Hier hat eine Schlägerei stattgefunden, an der sich - unstreitig - der Beklagte zu 1) und der Zeuge beteiligt haben. Außer ihnen war der Drittwiderbeklagte P beteiligt. Er hat eingeräumt, auch getreten und geschlagen zu haben. Zwar will er das nur getan haben, um die anderen von dem Kläger abzuhalten, doch geht sein Verhalten über Notwehr oder Nothilfe hinaus. Es handelte sich - nach seinem eigenem Vortrag - mindestens um sog. Trutzwehr. Auch der Beklagte zu 3) war Beteiligter der Schlägerei. Er räumt ein, versucht zu haben, "dazwischenzugehen". Damit hat er schon nach eigener Darstellung ebenfalls - mindestens - in Trutzwehr gehandelt.
d)
Der Tatbestand des § 227 1. Alt. StGB a.F. ist - außer im Falle der Tötung eines Menschen - aber nur dann verwirklicht, wenn eine schwere Körperverletzung im Sinne von § 224 StGB a.F. verursacht worden ist. Diese Voraussetzung wäre hier erfüllt, wenn der Kläger in erheblicher Weise dauernd entstellt worden wäre. Eine dauernde Entstellung besteht in einer Verunstaltung der Gesamterscheinung. Sie liegt vor, wenn die äußere Gesamterscheinung des Verletzten in ihrer ästhetischen Wirkung derart verändert ist, daß er für Dauer psychische Nachteile im Verkehr mit seiner Umwelt zu erleiden hat. Die Relation zu den übrigen Folgen des § 224 StGB ergibt, daß die Entstellung ihnen an Gewicht etwa gleichkommen muß. Die Entstellung braucht nicht stets sichtbar zu sein. Es genügt, wenn sie im sozialen Leben in Erscheinung tritt, wenn auch zum Beispiel nur in bestimmten Situationen wie beim Gehen oder beim Baden (Stree in: Schönke/Schröder; StGB, 25. Aufl., § 224 Rd. 4 m.w.N.).
Anerkannt ist, daß Narben eine Entstellung i.S.v. § 224 StGB bedeuten können. Entscheidend ist, in welchem Maße sie das Erscheinungsbild des Verletzten beeinträchtigen. Der Senat hat sich in der mündlichen Verhandlung davon überzeugt, daß der Kläger jedenfalls nicht erheblich entstellt ist. Die Narben beeinträchtigen sein Aussehen zwar geringfügig (insbesondere, wenn sein Gesicht nicht gebräunt ist), sie sind jedoch nicht so gravierend, daß sie den Tatbestand des § 224 StGB verwirklichen.
2.
Die Haftung der Beklagten zu 1) und 3) folgt aus §§ 823 Abs. 1, 830 Abs. 1 S. 1, 840 Abs. 1, 847 BGB.
a)
Nach § 830 Abs. 1 S. 1 BGB ist, wenn mehrere durch eine gemeinschaftlich begangene unerlaubte Handlung einen Schaden verursacht haben, jeder für den Schaden verantwortlich. Gemeinschaftliche Begehung ist im Sinne der strafrechtlichen Mittäterschaft zu verstehen, setzt also bewußtes und gewolltes Zusammenwirken Mehrerer zur Herbeiführung eines Erfolges voraus (BGH NJW 1972, 40). Für die Haftung eines Teilnehmers ist es unerheblich, ob er den Schaden eigenhändig mitverursacht und wieviel er selbst zu ihm beigetragen hat. Das gilt auch für den Anspruch auf Schmerzensgeld, soweit dafür die gemeinschaftlich begangene unerlaubte Handlung Bemessungsfaktor ist (OLG Schleswig, VersR 77, 183). Psychische Mittäterschaft genügt (BGHZ 8, 288).
b)
Wenn sich im Streitfall auch nicht feststellen läßt, daß ein geplanter "Überfall" auf den Kläger und den Drittwiderbeklagten P stattgefunden hat, so ist aber jedenfalls bewiesen" daß, nachdem die Tätlichkeiten begonnen hatten, die Beklagten zu 1) und 3) und der Zeuge H den Kläger und den Drittwiderbeklagten P gemeinschaftlich durch Schläge und Tritte "bearbeitet" haben. Das folgt aus den übereinstimmenden Angaben des Klägers und des Drittwiderbeklagten, die insoweit von dem Zeugen bestätigt worden sind. Dieser hat bekundet, daß nicht nur er selbst, sondern auch die beiden anderen - also die Beklagten zu 1) und 3) - auf den Kläger eingeschlagen haben. Auch der Beklagte zu 1) hat zugegeben, geschlagen zu haben. Nach seinen Worten wurde "getreten und geschlagen". Die Einlassung des Beklagten zu 3), der erklärt hat, er habe keine Schläge ausgeteilt, hält der Senat für widerlegt. Der Beklagte zu 3) hat nämlich eingeräumt, versucht zu haben, "dazwischenzugehen". Daraus folgt, daß er sich an den Tätlichkeiten gegen den Kläger und den Drittwiderbeklagten beteiligt hat. Daß er dabei ins Straucheln geraten und hingefallen ist, schließt nicht aus, daß er den Kläger bei dem "Dazwischengehen" durch Schläge oder Tritte verletzt hat. Möglicherweise fehlt ihm insoweit das Erinnerungsvermögen, zumal er seinerzeit erheblich alkoholisiert war. Eine Notwehr- oder Nothilfesituation ist nach dem Ergebnis der Verhandlung und Beweisaufnahme nicht feststellbar.
c)
Wer - von den Beklagten zu 1) und 3) und dem Zeugen H - bei den Tätlichkeiten welchen Tatbeitrag geleistet hat, kann dahinstehen. Ebenso kann offenbleiben, inwieweit die Verletzungen des Klägers mittels der von dem Beklagten zu 1) geführten Zaunlatte oder durch Schläge oder Tritte herbeigeführt worden sind. Das gemeinschaftliche Handeln (Schläge und Tritte) der Beklagten zu 1) und 3) und des Zeugen zielte auf Verletzungen des Körpers des Klägers.
Unerheblich ist, welche Verletzungen jeder einzelne dabei billigend in Kauf genommen hat. Selbst unerhebliche Verletzungen (wie kleinere Hautrisse, Abschürfungen und sog. blaue Flecken) erfüllen den Tatbestand des § 823 Abs. 1 BGB. Darauf, ob die Beteiligten auch die konkret herbeigeführten Verletzungen in Kauf genommen haben, kommt es nicht an (BGH NJW 1972, 40, 42).
d)
Der Kläger hat bei der Auseinandersetzung u.a. ein Schädelhirntrauma I. Grades, multiple Platzwunden im Gesicht, Schnittwunden beider Ohren, eine Jochbogenfraktur sowie eine Luxation des 5. Fingers rechts erlitten. Das folgt aus der ärztlichen Bescheinigung des Krankenhauses L in das der Kläger unmittelbar nach dem Vorfall eingeliefert worden ist. Inwieweit die darüber hinaus attestierten Verletzungen und Behandlungen des Klägers auf die Auseinandersetzung vom 25. Dezember 1997 zurückzuführen sind, ist für die Entscheidung dieses Rechtsstreits von untergeordneter Bedeutung. Die den Kläger am meisten belastenden Verletzungen sind die seines Gesichts, insbesondere die seitliche Narbe, die je nach Bräunung der Haut mehr oder weniger deutlich sichtbar ist. Dieser Verletzungsfolge kommt bei der Bemessung des Schmerzensgeldes entscheidende Bedeutung zu. Demgegenüber fallen die weiteren (behaupteten) Verletzungen und Verletzungsfolgen nicht ins Gewicht. Das Landgericht hat nach Vernehmung des Klägers unter Berücksichtigung aller Umstände ein Schmerzensgeld von 10.000 DM für angemessen erachtet. Dem schließt sich der Senat unter dem Eindruck eigener Anschauung in der mündlichen Verhandlung an. Dabei hat der Senat die näheren Umstände des Vorfalls vom 25. Dezember 1997 in die Bemessung des Schmerzensgeldes einfließen lassen und auch berücksichtigt, daß zwar ein Mitverschulden im Sinne von § 254 BGB nicht feststellbar ist, der Kläger sich aber ohne Not leichtfertig in Gefahr begeben hat, als er in den späten Nachtstunden des ersten Weihnachstages nach zunächst verbalen Auseinandersetzungen trotz erkennbarer Alkoholisierung auf die anderen Beteiligten zuging, anstatt den Heimweg anzutreten.
Der Feststellungsantrag ist, soweit das Landgericht ihm stattgegeben hat, begründet, da zukünftige (materielle und immaterielle) Schäden nicht ausgeschlossen sind.
Zur Widerklage:
Die Widerklage ist unbegründet. Der Beklagte zu 3) hat gegen den Kläger und den Drittwiderbeklagten keinen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 90,00 DM gem. §§ 823 Abs. 1 BGB, 830 Abs. 1 S. 1 oder S. 2, 840 Abs. 1 BGB.
Der Beklagte zu 3) verlangt Schadensersatz wegen der Beschädigung seiner Jacke. Bei dem Vorfall sei ein Ärmel abgerissen worden. Eine Reparatur koste mehr als 90,00 DM.
Ob der Kläger und der Drittwiderbeklagte oder aber einer von ihnen für den Schaden verantwortlich ist, läßt sich nicht feststellen. Wer von beiden die Jacke beschädigt hat, trägt der Beklagte zu 3) nicht vor. Für ein gemeinschaftliches Handeln des Klägers und des Drittwiderbeklagten P gibt es keine ausreichenden Anhaltspunkte. Die Voraussetzungen von § 830 Abs. 1 S. 2 BGB sind nicht dargetan. Nicht auszuschließen ist, daß der Ärmel - ohne Zutun des Klägers oder des Drittwiderbeklagten - abgerissen ist, möglicherweise, als der Beklagte zu 3) "dazwischengehen" wollte, dabei aber ins Straucheln geriet und hinfiel.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit Auf § 708 Ziff. 10 ZPO.
Ende der Entscheidung
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