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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 02.03.2006
Aktenzeichen: 15 Sbd 1/06
Rechtsgebiete: AdWirkG, FGG


Vorschriften:

AdWirkG § 2
AdWirkG § 5
AdWirkG § 5 Abs. 1
AdWirkG § 5 Abs. 2
AdWirkG § 43 b Abs. 2 S. 2
FGG § 5
FGG § 43 b Abs. 2 S. 1
FGG § 43 b Abs. 2 S. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Das Amtsgericht Schwelm wird als örtlich zuständiges Gericht bestimmt.

Gründe:

I.

Das betroffene Kind ist aus der Ehe seiner Mutter, der Beteiligten zu 2), mit dem am 06.11.1997 verstorbenen Herrn Y hervorgegangen. Das Kind besitzt wie seine Eltern ausschließlich die pakistanische Staatsangehörigkeit. Der Beteiligte zu 3), der deutscher Staatsangehöriger mit pakistanischer Abstammung ist, hat am 07.09.1999 mit der Beteiligten zu 2) in Pakistan die Ehe geschlossen. Die Beteiligten zu 2) und 3) haben ihren gemeinsamen dauernden Aufenthalt in Deutschland, seit dem 31.05.2000 lebt auch das betroffene Kind in ihrem Haushalt. Der Beteiligte zu 3) hat in notarieller Urkunde vom 24.11.2005 (UR-Nr. ###/2005 Notar I in T) mit Zustimmung der Beteiligten zu 1) und 2) beantragt, die Annahme des Beteiligten zu 1) als Kind auszusprechen.

Das Amtsgericht Schwelm hat die Akten an das Amtsgericht Hamm im Hinblick auf die Annahme einer dort gegebenen örtlichen Zuständigkeit nach §§ 2 und 5 AdWirkG abgegeben. Das Amtsgericht Hamm hat durch Beschluss vom 12.01.2006 die Übernahme der Sache abgelehnt. Der Richter des Amtsgerichts Schwelm hat daraufhin mit Verfügung vom 09.02.2006 die Sache dem Senat zur Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts vorgelegt.

II.

Der Senat ist gem. § 5 FGG zur Bestimmung des örtlich zuständigen Amtsgerichts berufen. Die Vorlage ist zulässig, weil zwischen den beteiligten Amtsgerichten Streit darüber besteht, welches von ihnen zur Entscheidung über den Annahmeantrag örtlich zuständig ist.

In der Sache ist die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Schwelm begründet. Diese folgt hier aus der allgemeinen Vorschrift des § 43 b Abs. 2 S. 1 FGG. Danach ist in Angelegenheiten, welche die Annahme eines Kindes betreffen, das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Annehmende in dem Zeitpunkt, in dem der Antrag eingereicht worden ist, seinen Wohnsitz hatte. Annehmender ist hier der Beteiligte zu 3); sein Wohnsitz liegt im Bezirk des Amtsgerichts Schwelm.

Die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Hamm lässt sich hier nicht aus § 43 b Abs. 2 S. 2 FGG in Verbindung mit § 5 Abs. 1 und 2 AdWirkG ableiten. Die darin vorgesehene Zuständigkeitskonzentration auf das Amtsgericht, in dessen Bezirk das Oberlandesgerichts seinen Sitz hat, gilt nur dann, wenn auf die Angelegenheit betreffend die Annahme des Kindes ausländische Sachvorschriften Anwendung finden. Daran fehlt es hier:

Auf das Annahmeverhältnis findet gem. Art. 22 Abs. 1 S. 2, 14 Abs. 1 EGBGB deutsches Recht Anwendung. Da die Annahme durch einen Ehegatten erfolgen soll, bestimmt das Ehewirkungsstatut zugleich das Adoptionsstatut. Da die Beteiligten zu 2) und 3) eine verschiedene Staatsangehörigkeit haben, ist nach Art. 14 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB ihr gemeinsamer gewöhnlicher Aufenthaltsort in Deutschland maßgebend für die Verweisung auf das deutsche Recht als Ehewirkungsstatut. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Beteiligte zu 3) zum Zeitpunkt der Eheschließung bereits die deutsche Staatsangehörigkeit erworben hatte. Denn das Ehewirkungsstatut ist wandelbar. Dadurch, dass die Ehegatten gemeinsam nach der Eheschließung ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland begründet haben, wird das Ehewirkungsstatut gem. Art. 14 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB neu bestimmt (vgl. MK/BGB-Siehr, Art. 14, Rdnr. 68). Für die Bestimmung des Adoptionsstatuts kommt es nur auf das Ehewirkungsstatut zum Zeitpunkt des Eintritts der Wirkungen der Kindesannahme an.

Der Senat kann dem Amtsgericht Schwelm nicht in seiner Auffassung folgen, die ergänzende Beurteilung erforderlicher Einwilligungen zur Kindesannahme führe zur Anwendung ausländischen Rechts und damit zur örtlichen Zuständigkeit des Amtsgerichts Hamm. Da aus dem Adoptionsstatut nach Art. 22 EGBGB sämtliche Annahmevoraussetzungen, damit auch die Frage der Erforderlichkeit einer Ehegattenzustimmung zu beantworten sind (vgl. MK/BGB-Klinkhardt, a.a.O., Art. 22, Rdnr. 18), kommt als Anknüpfungspunkt für die Auffassung des Amtsgerichts Schwelm nur die Vorschrift des Art. 23 S. 1 EGBGB in Betracht. Diese Vorschrift beruft neben dem Adoptionsstatut zusätzlich das Personalstatut des betroffenen Kindes für die Notwendigkeit und die Erteilung der Zustimmung des Kindes oder einer Person, zu dem es in einem familienrechtlichen Verhältnis steht, insbesondere eines Elternteils. Der Senat hat in seinem Beschluss vom 21.11.2002 (FGPrax 2003, 75) für die Beurteilung der örtlichen Zuständigkeit gem. § 43 b Abs. 2 S. 2 AdWirkG ausschließlich darauf abgestellt, ob auf die Annahme im Sinne des Art. 22 EGBGB insgesamt ausländisches Recht Anwendung findet, während er die Sondernorm des Art. 23 S. 1 EGBGB lediglich als Vorfrage qualifiziert hat, die die Zuständigkeitskonzentration nicht begründen kann. Ob an dieser Beurteilung bezogen auf die Sonderanknüpfung in Art. 23 S. 1 EGBGB im Hinblick auf abweichende Entscheidungen anderer Obergerichte (BayObLG FGPrax 2005, 65; OLG Stuttgart StAZ 2004, 134; OLG Zweibrücken FGPrax 2005, 69) noch festgehalten werden kann, kann für die hier zu treffende Entscheidung dahingestellt bleiben.

Denn die Verweisung auf das pakistanische Personalstatut des betroffenen Kindes kann hier nicht die Anwendung pakistanischen Rechts begründen. Nach den mit dem Annahmeantrag vorgelegten Urkunden muss nämlich davon ausgegangen werden, dass sämtliche Beteiligten die islamische Religionszugehörigkeit haben. Das pakistanische Recht folgt insoweit dem moslemischen Recht, dem sowohl im sunnitischen als auch im schiitischen Rechtskreis das Rechtsinstitut der Adoption fremd ist (Bergmann/Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Länderteil Pakistan, S. 74). Kennt das von Art. 23 S. 1 EGBGB berufene Recht die Adoption nicht, so wird dadurch nicht etwa eine Sperrwirkung für die Adoption begründet. Vielmehr ergibt sich die Statthaftigkeit der Adoption dann allein aus Art. 22 EGBGB (vgl. Staudinger/Henrich, BGB, 12. Bearb. (2002), Art. 23 EGBGB, Rdnr. 19; MK/BGB-Klinkhart, a.a.O., Art. 23, Rdnr. 25; Soergel/Lüderitz, BGB, 12. Aufl., Art. 23 EGBGB, Rdnr. 16; St. Lorenz IPrax 1994, 193, 194). Kommt danach eine Anwendung pakistanischen Rechts unter diesem Gesichtspunkt nicht in Betracht, besteht für Begründung der Zuständigkeitskonzentration keine hinreichende Grundlage.

Für die Beurteilung der gesetzlichen Vertretung des betroffenen Kindes bei der Einwilligung in die Adoption findet eine selbständige Vorfragenanknüpfung nach den dafür geltenden Kollisionsregeln statt (vgl. MK/BGB-Klinkhardt, a.a.O., Art. 22 EGBGB, Rdnr. 30; Palandt-Heldrich, BGB, 65. Aufl., Art. 22, Rdnr. 5). Die Zuständigkeitskonzentration in § 43 b Abs. 2 S. 2 FGG beschränkt sich ihrem Sinnzusammenhang nach auf diejenigen Angelegenheiten, in denen für die Beurteilung der Annahme ausländisches Recht berufen ist, erstreckt sich jedoch nicht auf Fragen der gesetzlichen Vertretung des ausländischen Kindes, die auch in einer Vielzahl anderer Regelungszusammenhänge auftreten können. Es verbleibt danach bei der allgemeinen örtlichen Zuständigkeit.

Ende der Entscheidung

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