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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 27.09.2006
Aktenzeichen: 15 VA 8/06
Rechtsgebiete: BGB, PStV


Vorschriften:

BGB § 1309 Abs. 2
PStV § 11 Abs. 2

Entscheidung wurde am 29.01.2007 korrigiert: die Rechtsgebiete und die Vorschriften wurden geändert, Stichworte und ein amtlicher Leitsatz wurden hinzugefügt
Dem Antragsteller im Befreiungsverfahren ist es regelmäßig auch bei Anhängigkeit eines Asylverfahrens zumutbar, das Konsulat seines Heimatstaates aufzusuchen, um dort die Ausstellung eines Nationalpasses zu beantragen.
Tenor:

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung wird zurückgewiesen.

Der Geschäftswert des Verfahrens wird auf 500,00 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Der am 20.09.1978 geborene Beteiligte zu 1) ist nach seinen Angaben iranischer Staatsangehöriger. Er beabsichtigt, die am 02.05.1967 geborene deutsche Staatsangehörige L aus X zu heiraten.

Nach Anmeldung der Eheschließung hat der Beteiligte zu 1) am 15.11.2005 zur Niederschrift des Standesbeamten des Standesamtes X beantragt, ihm Befreiung von der Beibringung des Ehefähigkeitszeugnisses zu erteilen, da sein Heimatstaat kein Ehefähigkeitszeugnis ausstelle. Dem Befreiungsantrag war ein am 01.04.1979 ausgestellter Personalausweis des Iran zum Nachweis seiner Identität, seiner Staatsangehörigkeit und seines Geburtsdatums sowie eine amtlich beglaubigte Übersetzung einer vom Hauptstandesamt des Außenministeriums des Iran ausgestellten "Ehelosigkeitsbescheinigung" vom 12.10.2005 beigefügt.

Der Beteiligte zu 2) hat mit Verfügung vom 18.11.2005 den Standesbeamten gebeten, dem Beteiligten zu 1) aufzugeben, die fehlende Ehefähigkeitsbescheinigung der Botschaft Irans als Familienstandsnachweis nachzureichen. Der Beteiligte zu 1) hat hierauf geltend gemacht, ihm sei eine persönliche Vorsprache beim iranischen Generalkonsulat nicht möglich, weil er sich dadurch dem Schutz des iranischen Staates unterstelle. Auch habe er Angst, dorthin zu gehen, weil sein Vater ein hochrangiger Ayatollah aus dem Iran sei, der sich bemühe, ihn in das Land zurückzuholen, um dort bestraft zu werden.

Der Beteiligte zu 2) hat daraufhin die bei der Ausländerbehörde des Kreises X geführte Ausländerakte durchgesehen, um diese Angaben zu überprüfen. In dieser Akte fand sich aber kein entsprechender Hinweis, insbesondere auch nicht in den Unterlagen betreffend das beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge geführte Asylverfahren. Er musste jedoch feststellen, dass der Beteiligte zu 1) nach seiner Einreise unter Vorlage eines durch Lichtbildaustausch gefälschten italienischen Reisepasses zunächst falsche Angaben zu seiner Person gemacht hatte. Er bat daher mit Verfügung vom 13.02.2006 das Standesamt, dem Beteiligten zu 1) ergänzend zu der konsularischen Ehefähigkeitsbescheinigung auch die Vorlage eines gültigen Nationalpasses aufzugeben.

Nachdem der Beteiligte zu 1) daraufhin um die Übersendung eines rechtsmittelfähigen Bescheids gebeten hat, hat der Beteiligte zu 2) mit Verfügung vom 22.06.2006 den Antrag auf Befreiung von der Beibringung eines Ehefähigkeitszeugnisses zurückgewiesen.

Mit Schreiben vom 27.07.2006 hat der Beteiligte zu 1) einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt. Der Beteiligte zu 2) hat hierzu Stellung genommen.

II.

Der Antrag des Beteiligten zu 1) auf gerichtliche Entscheidung ist zulässig. Nach § 1309 Abs.2 BGB kann der Präsident des Oberlandesgerichts, in dessen Bezirk der Standesbeamte, bei dem die Eheschließung angemeldet ist, seinen Sitz hat, Befreiung von dem Erfordernis eines Ehefähigkeitszeugnisses nach Abs. 1 der genannten Vorschrift erteilen. Lehnt er eine Befreiung ab, so ist hiergegen ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung an das OLG nach §§ 23ff EGGVG gegeben (Palandt/ Brudermüller, BGB, 65. Auflage, § 1309 Rn. 14). Die Frist des § 26 Abs. 1 EGGVG ist gewahrt.

Der Antrag ist jedoch unbegründet.

Da der Beteiligte zu 1) nach seinen Angaben iranischer Staatsangehöriger ist und die Voraussetzungen der Eheschließung für ihn daher gemäß Art. 13 Abs. 1 EGBGB iranischem Recht unterliegen, benötigt er nach § 1309 Abs. 1 BGB für die Eheschließung mit seiner deutschen Verlobten ein Zeugnis seines Heimatstaates, dass der Eheschließung nach iranischem Recht kein Ehehindernis entgegensteht. Dieses Zeugnis kann der Beteiligte zu 1) nicht beibringen, weil die iranischen Behörden ihren Staatsangehörigen derzeit kein Ehefähigkeitszeugnis ausstellen (vgl. Palandt/Brudermüller, a.a.O. Rn. 12). Daher kann der Beteiligte zu 2) dem Beteiligten zu 1) unter den Voraussetzungen des § 1309 Abs. 2 BGB Befreiung von der Beibringung dieses Zeugnisses erteilen. In diesem Rahmen hat er an Stelle der ausländischen Behörde zu prüfen, ob der Verlobte nach seinem Heimatrecht die beabsichtigte Ehe eingehen darf oder ob ihr Ehehindernisse entgegenstehen (vgl. BGHZ 56, 180; Senat OLG Köln StAZ1989, 260; Palandt/Brudermüller, a.a.O. Rn. 13).

Im Rahmen dieser Überprüfung hat der Beteiligte zu 2) sich zu Recht auf den Standpunkt gestellt, im Hinblick auf die Nutzung eines gefälschten Reisepasses durch den Beteiligten zu 2) müsse zunächst geklärt werden, welche Identität und Staatsangehörigkeit der Beteiligte zu 1) besitze. Gemäß § 11 Abs. 2 PStV hat derjenige, der nicht Deutscher ist, durch seinen Reisepass oder durch eine Bescheinigung der zuständigen Behörde seines Heimatstaates seine Staatsangehörigkeitsverhältnisse nachzuweisen. Es entspricht allgemeiner Auffassung, dass der Nachweis der Identität und der Staatsangehörigkeit des Antragstellers im Befreiungsverfahren nach § 1309 BGB - wie im Verfahren der Anmeldung der Eheschließung selbst - grundsätzlich durch Vorlage eines gültigen Reiseausweises zu führen ist (vgl. KG FGPrax 2000, 198 = StAZ 2000, 303 m.w.N.). Hiervon kann zwar im Einzelfall eine Ausnahme zu machen sein, wenn dessen Beibringung unzumutbar ist. Davon kann hier jedoch nicht ausgegangen werden. Soweit der Betroffene einwendet, er habe Angst, die Behörden seines Landes in Deutschland aufzusuchen, weil sein Vater ein Ayatollah sei und mit Strafe im Iran gedroht habe, ist der Wahrheitsgehalt seines Vorbringens bereits zweifelhaft. Denn nach dem Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 04.03.2005 und nach der Niederschrift über die Anhörung durch diese Behörde am 06.01.2005 hat er diese Angabe bei seiner Antragstellung im Asylverfahren nicht gemacht, obwohl davon ausgegangen werden muss, dass er sie gemacht hätte, wenn die Angabe stimmt und er deshalb tatsächlich Angst vor einer Rückkehr in den Iran hätte. Für das vorliegende Verfahren kann die Richtigkeit dieser Behauptung jedoch dahin stehen. Denn es wird von dem Beteiligten zu 2) ja nicht verlangt, dass er in den Iran reist, um dort die Ausstellung eines iranischen Reisepasses zu beantragen, vielmehr kann er diesen Antrag bei dem Generalkonsulat des Iran in I stellen. Dass ihm dieser Schritt nicht zuzumuten ist, insbesondere dass ihm hier konkrete Gefahr droht, ist nicht vorgetragen und auch sonst durch nichts belegt. Auch drohen ihm insoweit keine aufenthaltsrechtliche Nachteile oder sonstige Nachteile im Asylverfahren. Zwar erlischt nach § 15 AsylVerfG die Aufenthaltserlaubnis als Asylberechtigter, wenn ein Ausländer sich freiwillig oder durch Annahme oder Erneuerung seines Reisepasses erneut dem Schutz des Staates unterstellt, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt. Abgesehen davon, dass diese Vorschrift auf Asylbewerber nicht anwendbar ist (BVerwG NVwZ 1988, 160), liegen diese Voraussetzungen nach höchstrichterlicher Rechtsprechung auch nicht vor, wenn der Asylberechtigte zum Zweck der Eheschließung die Ausstellung eines Nationalpasses oder die Verlängerung von dessen Geltungsdauer beantragt. Denn in diesem Tun kommt noch nicht der für die Anwendung des § 15 AsylVerfG erforderliche Wille zum Ausdruck, dauerhaft die rechtlichen Beziehungen zu seinem Heimatland wiederherzustellen (BVerwG NVwZ 1992, 679). Auch kann aus der Tatsache der Erneuerung von Ausweispapieren durch den Heimatstaat nicht auf eine fehlende Verfolgungsgefahr bzw. Schutzunterstellung geschlossen werden (BVerwG NVwZ 1988, a.a.O.).

Aus demselben Grund ist es dem Beteiligten zu 1) auch möglich und zumutbar, zum Nachweis seines Familienstandes eine Ehefähigkeitsbescheinigung der Botschaft seines Heimatlandes beizubringen, um ein ihn betreffendes - aufschiebendes (Palandt/ Brudermüller, a.a.O., § 1309 Rn. 3) - Ehehindernis zu beseitigen.

Da der Antrag unbegründet ist, liegen die Voraussetzung für eine Entscheidung über die Erstattung außergerichtlicher Auslagen nach § 30 Abs. 2 EGGVG nicht vor.

Die Festsetzung des Gegenstandswertes für das Verfahren beruht auf den §§ 30 Abs. 3 EGGVG, 30 Abs. 2 und 3 KostO.

Ende der Entscheidung

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