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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 31.05.2002
Aktenzeichen: 15 W 107/02
Rechtsgebiete: FGG, ZPO, AdoptG


Vorschriften:

FGG § 14
ZPO § 574 n.F.
AdoptG Art. 12 § 2 Abs. 2
1) Die Entscheidung des Landgerichts, durch die es einem Beteiligten für ein Erstbeschwerdeverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit Prozeßkostenhilfe versagt, ist nach der Neufassung der Beschwerdevorschriften durch das ZPO-RG nur noch mit der Rechtsbeschwerde unter den Voraussetzungen des § 574 ZPO statthaft, setzt also die Zulassung des Rechtsmittels durch das Landgericht voraus.

2) Die Überleitungsvorschrift des Art. 12 § 2 Abs. 2 AdoptG begegnet keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken.


OBERLANDESGERICHT HAMM BESCHLUSS

15 W 107/02 OLG Hamm

In der Nachlaßsache

betreffend die Erteilung eines Erbscheins für den Nachlaß des am 2000 mit seinem letzten Wohnsitz in V verstorbenen Herrn

Der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat am 31. Mai 2002 auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1) vom 28. Februar 2002 gegen den Beschluß der 7. Zivilkammer des Landgerichts Bochum vom 14. Januar 2002 sowie den Antrag der Beteiligten zu 1) auf Gewährung von Prozeßkostenhilfe durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Gammelin und die Richter am Oberlandesgericht Budde und Engelhardt

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde wird als unzulässig verworfen.

Der Antrag auf Gewährung von Prozeßkostenhilfe wird zurückgewiesen.

Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten des Verfahrens dritter Instanz findet nicht statt.

Gründe:

I.

Der Erblasser und seine Ehefrau schlössen zu notarieller Urkunde vom 10.11.1975 (UR-Nr. 17/1975 Notarin mit der am 20.05.1974 geborenen, bei Vertragsschluß gesetzlich vertretenen Beteiligten zu 2) einen Kindesannahmevertrag nach den damals geltenden adoptionsrechtlichen Vorschriften. Danach nahmen der Erblasser und seine Ehefrau die Beteiligte zu 2) als gemeinschaftliches Kind an Kindes Statt mit der Maßgabe an, daß das gesetzliche Erbrecht des angenommenen Kindes ausgeschlossen wurde (§ 1767 Abs. 1 BGB a.F.). Der Kindesannahmevertrag wurde durch Beschluß des Vormundschaftsgerichts vom 11.02.1976 (5 VIII B 1274 AG Witten) bestätigt. Nach dem Inkrafttreten des AdoptG vom 02.07.1976 ist nach Mitteilung des Amtsgerichts Schöneberg von einem der dazu Berechtigten eine Erklärung nach der Überleitungsvorschrift des Art. 12 § 2 Abs. 2 S. 2 AdoptG nicht abgegeben worden.

Die Ehe des Erblassers wurde durch Urteil des Familiengerichts vom 15.12.1982 (rechtskräftig seit dem 05.02.1983) geschieden. Die Beteiligte zu 1) ist eine Schwester des Erblassers aus der Ehe seiner vorverstorbenen Eltern.

Eine letztwillige Verfügung hat der Erblasser nicht hinterlassen.

Die Beteiligte zu 1) hat am 03.03.2000 zur Niederschrift der Rechtspflegerin des Amtsgerichts die Erteilung eines Erbscheins beantragt, der sie aufgrund gesetzlicher Erbfolge als Alleinerbin ausweisen soll. Diesen Erbschein hat die Rechtspflegerin des Amtsgerichts am 09.03.2000 erteilt; eine Ausfertigung ist der Beteiligten zu 1) ausgehändigt worden.

Die Beteiligte zu 2) hat mit Schreiben ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 17.05.2000 angeregt, den erteilten Erbschein einzuziehen und gleichzeitig einen Erbscheinsantrag vom 17.05.2000 (UR-Nr. 78/2000 Notar) vorgelegt, der sie aufgrund gesetzlicher Erbfolge als Alleinerbin ausweisen soll. Zur Begründung hat sie darauf hingewiesen, aufgrund der Überleitungsvorschrift des Art. 12 § 2 Abs. 2 S. 1 AdoptG seien auf das Annahmeverhältnis die Vorschriften des AdoptG über die Annahme Minderjähriger mit der Folge anzuwenden, daß sie aufgrund der Wirkungen der Volladoption als Kind des Erblassers in der ersten Ordnung zur gesetzlichen Erbfolge berufen sei.

Die Rechtspflegerin des Amtsgerichts hat durch Beschluß vom 22.05.2000 die Einziehung des erteilten Erbscheins angeordnet. Die Beteiligte zu 1) hat am 25.05.2000 die ihr erteilte Ausfertigung des Erbscheins zu den Akten zurückgegeben.

Gegen den Beschluß vom 22.05.2000 hat die Beteiligte zu 1) mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 09.06.2000 Beschwerde mit dem Antrag eingelegt, ihr unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses einen Erbschein entsprechend ihrem Antrag vom 09.03.2000 zu erteilen. Gleichzeitig hat sie beantragt, ihr unter Beiordnung ihres Verfahrensbevollmächtigten Prozeßkostenhilfe für das Beschwerdeverfahren zu bewilligen. Zur Begründung hat die Beteiligte zu 1) ihre Auffassung näher begründet, die Überleitungsvorschrift des Art. 12 § 2 Abs. 2 AdoptG sei verfassungswidrig, soweit sie für Erbfälle nach dem 01.01.1978 das gesetzliche Erbrecht des am 01.01.1977 minderjährigen Kindes neu begründe, obwohl dieses - wie hier - im Kindesannahmevertrag nach den bisher geltenden Vorschriften wirksam ausgeschlossen worden sei. Die Sache sei deshalb nach Art. 100 Abs. 1 GG dem BVerfG vorzulegen.

Die Beteiligte zu 2) ist dem Rechtsmittel entgegengetreten.

Das Landgericht hat durch Beschluß vom 14.01.2002 die Beschwerde und den Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe zurückgewiesen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Beteiligten zu 1), die sie mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 28.02.2002 bei dem Landgericht eingelegt hat. Mit ihrem Rechtsmittel wendet sie sich gegen die Versagung von Prozeßkostenhilfe für das Erstbeschwerdeverfahren. Ferner beantragt sie die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe für die von ihr beabsichtigte Einlegung einer weiteren Beschwerde gegen die in der Hauptsache getroffene Entscheidung des Landgerichts.

Die Beteiligte zu 2) beantragt die Zurückweisung der Anträge.

II.

1)

Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) gegen die Versagung von Prozeßkostenhilfe für das Erstbeschwerdeverfahren ist unzulässig. Nach § 14 FGG finden auf die im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit zu treffenden Entscheidungen über Prozeßkostenhilfe die Vorschriften der ZPO entsprechende Anwendung. Für die Anfechtung von Entscheidungen über die Gewährung von Prozeßkostenhilfe hat sich nach dem Inkrafttreten des Rechtspflege-Vereinfachungsgesetzes vom 17.12.1990 (BGBl. 1 S. 2847) in der Rechtsprechung die einheitliche Auffassung herausgebildet, daß die Statthaftigkeit eines Rechtsmittels nach den Vorschriften der §§ 567, 568 ZPO zu beurteilen ist, während für das Beschwerdeverfahren im übrigen die §§ 20 ff. FGG anzuwenden sind. Diese Beurteilung führte u.a. zu dem Ergebnis, daß die Beschwerde gegen die Entscheidung des Erstbeschwerdegerichts, durch die es für seine Instanz Prozeßkostenhilfe versagt hat, nach § 567 Abs. 3 S. 1 ZPO ausgeschlossen war (BayObLGZ 1991, 414 = NJW-RR 1992, 828; OLG Bremen OLGZ 1992, 292; OLG Zweibrücken Rpfleger 1992, 166; OLG Düsseldorf Rpfleger 1994, 171; Senat, Beschluß vom 17.09.1992 - 15 W 251/92 -). An diesem Verständnis der Verweisungsvorschrift hat sich auch nach dem Inkrafttreten der Neuregelung des Beschwerderechts der ZPO durch das ZPO-RG, das hier im Hinblick auf die nach dem 01.01.2002 erlassene Entscheidung des Landgerichts anwendbar ist (§ 26 Nr. 10 EGZPO), nichts geändert (zutreffend Demharter NZM 2002, 213, 215, 216).

Nach den §§ 567 Abs. 1 Nr. 2, 127 Abs. 2 S. 2 ZPO n. F. findet gegen die im ersten Rechtszug ergangene Entscheidung, durch die die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe versagt worden ist, die sofortige Beschwerde statt. Gegen eine Entscheidung des Beschwerdegerichts ist nach § 574 Abs. 1 ZPO die Rechtsbeschwerde nur statthaft, wenn dies entweder im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist (Nr. 1) oder sie von dem Beschwerdegericht zugelassen worden ist (Nr. 2). Diese Vorschrift bezieht sich nicht lediglich auf instanzabschließende Entscheidungen des Beschwerdegerichts, sondern auch auf Nebenentscheidungen, wie etwa diejenige über die Gewährung von Prozeßkostenhilfe. Denn aus dem systematischen Zusammenhang der §§ 567 Abs. 1 und 574 Abs. 1 ZPO n.F. ergibt sich, daß der Gesetzgeber die eine zweite Tatsacheninstanz eröffnende sofortige Beschwerde ausschließlich gegen im ersten Rechtszug ergangene Entscheidungen zulassen wollte, während Entscheidungen des Beschwerdegerichts gleich welcher Art nur mit der unter den einschränkenden Voraussetzungen der §§ 574 ff. ZPO zulässigen und gem. § 576 ZPO auf eine Überprüfung der Verletzung des Rechts beschränkten Rechtsbeschwerde sollen angefochten werden können (Zöller/Gummer, ZPO, 23. Aufl., § 574, Rdnr. 3; Musielak/Ball, ZPO, 3. Aufl., § 574, Rdnr. 3).

Die Statthaftigkeit des Rechtsmittels der Beteiligten zu 1) als Rechtsbeschwerde scheitert hier daran, daß deren Voraussetzungen nach § 574 Abs. 1 ZPO nicht vorliegen. Die Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde gegen die Versagung von Prozeßkostenhilfe ist in § 127 Abs. 2 ZPO n.F. nicht bestimmt. Die Rechtsbeschwerde ist von dem Landgericht auch nicht zugelassen worden; im übrigen hätte das Landgericht Prozeßkostenhilfe sachlich bewilligen müssen, wenn es die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 2 ZPO hätte bejahen wollen.

2)

Der Beteiligten zu 1) war ferner die nachgesuchte Prozeßkostenhilfe für die von ihr beabsichtigte Einlegung der weiteren Beschwerde gegen die in der Hauptsache ergangene Entscheidung des Landgerichts zu versagen, weil ihre Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg verspricht (§§ 14 FGG, 114 ZPO). Denn der Senat kann unter Berücksichtigung des Vorbringens der Beteiligten zu 1) nicht feststellen, daß die Entscheidung des Landgerichts auf einer Verletzung des Rechts beruht (§ 27 Abs. 1 S. 1 FGG).

Bedenken gegen die Anwendung der gesetzlichen Vorschrift des Art. 12 § 2 Abs. 2 AdoptG durch das Landgericht bestehen nicht und werden von der Beteiligten zu 1) auch nicht geltend gemacht. Auf das Annahmeverhältnis zu der zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des AdoptG am 01.01.1977 minderjährigen Beteiligte zu 2) gelten nach S. 1 Halbsatz 1 der Vorschrift nach Ablauf des 31.12.1977 die Vorschriften des Gesetzes über die Annahme Minderjähriger. Daraus folgt, daß für den nach dem 31.12.1977 eingetretenen Erbfall die Beteiligte zu 2) als Kind des Erblassers gilt (§ 1754 Abs. 1 BGB) und damit in der ersten Ordnung zu seiner gesetzlichen Erbin berufen ist (§ 1924 Abs. 1 BGB). Art. 12 § 2 Abs. 2 S. 1 Halbsatz 2 AdoptG schränkt die Anwendung der Vorschriften der AdoptG über die Annahme Minderjähriger durch Verweisung auf Art. 12 § 1 Abs. 2 bis 4 ein. Von dieser Ausnahme nicht umfaßt ist indessen ausdrücklich die Vorschrift des Art. 12 § 1 Abs. 5 AdoptG, die die Fortgeltung eines in dem Annahmevertrag vereinbarten Ausschlusses des gesetzlichen Erbrechtes des Kindes gegenüber dem Annehmenden (aufgrund des § 1767 a.F. BGB) vorsieht. Dieser Ausschluß verliert somit für Erbfälle nach dem 31.12.1977 seine Wirksamkeit. Die beschriebenen Wirkungen der Überleitung des Annahmeverhältnisses traten nach Art. 12 § 2 Abs. 2 S. 2 AdoptG nicht ein, wenn ein Annehmender, das Kind oder ein leiblicher Elternteil durch eine nach näherer Maßgabe des Abs. 3 der Vorschrift bis zum 31.12.1977 abzugebende Erklärung dem widersprach; eine solche Erklärung ist hier nicht abgegeben worden.

Eine hinreichende Erfolgsaussicht ergibt sich auch nicht aus den von der Beteiligten zu 1) gegen die Überleitungsvorschrift des AdoptG erhobenen verfassungsrechtlichen Bedenken. Im Hinblick darauf käme eine Bewilligung von Prozeßkostenhilfe nur in Betracht, wenn aus der Sicht des Senats ernstliche Bedenken gegen die Verfassungsgemäßheit der gesetzlichen Regelung bestünden, die im Rahmen einer abschließenden Entscheidung zu einer Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG führen müßten (OLG Frankfurt FamRZ 1990, 315, 316; Zöller/Philippi, a.a.O., § 114, Rdnr. 21). Der Senat kann jedoch - wie bereits das Landgericht - die von der Beteiligten zu 1) erhobenen Bedenken nicht teilen.

Der Senat nimmt insoweit Bezug auf die Begründung der landgerichtlichen Entscheidung, die sich mit den von der Beteiligten zu 1) vorgetragenen verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten bereits ausführlich auseinandergesetzt hat. Der Senat stimmt diesen Ausführungen durchgehend zu. Im Rahmen der Entscheidung über die Gewährung von Prozeßkostenhilfe besteht lediglich Anlaß zu den folgenden ergänzenden Bemerkungen:

Die Beteiligte zu 1) wird durch die Überleitungsvorschrift des Art. 12 § 2 Abs. 2 AdoptG nicht in eigenen grundrechtlich geschützten Rechtspositionen betroffen. Richtig ist zwar, daß sie bei Fortbestand des Ausschlusses des gesetzlichen Erbrechts der Beteiligten zu 2) als gesetzliche Erbin des Erblassers berufen gewesen wäre, und zwar zunächst neben seiner Ehefrau (§ 1931 Abs. 1 BGB), danach allein. Diese Rechtsstellung begründete für die Beteiligte zu 1) in dem Zeitraum bis zum Eintritt des Erbfalls lediglich eine tatsächliche Aussicht auf einen erbrechtlichen Erwerb, jedoch keinerlei gesicherte Rechtsposition im Sinne eines Anwartschaftsrechts (Palandt-Edenhofer, 61. Aufl., § 1922, Rdnr.3). Ebenso wie die Beteiligte zu 1) bis zum Eintritt des Erbfalls hätte hinnehmen müssen, durch letztwillige Verfügung des Erblassers von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen zu werden (§§ 1937, 1938 BGB), begründete die bloße Aussicht auf einen erbrechtlichen Erwerb keinen Schutz vor einer ihr nachteiligen Veränderung der gesetzlichen Erbfolge, die eine andere Person vorrangig zur gesetzlichen Erbfolge gelangen läßt. Denn das gesetzliche Verwandtenerbrecht nimmt nur insoweit an der Erbrechtsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG teil, als es nahen Familienangehörigen das Anrecht auf einen angemessenen Anteil am Nachlaß gewährt, das im gesetzlichen Pflichtteilsrecht seinen Ausdruck findet (BverfGE 67, 329, 341). Geschwister des Erblassers gehören nicht zu den nahen Familienangehörigen, denen ein Anrecht auf Beteiligung am Nachlaß zusteht. Nach der verfassungsrechtlich unbedenklichen Regelung des § 2033 BGB gehören sie nicht zum Kreis der pflichtteilsberechtigten Personen.

Aus diesen Gründen wird entgegen der Darstellung der Beteiligten zu 1) in der von ihr zitierten wissenschaftlichen Dissertation von Roth (Erbrechtliche Probleme bei der Adoption, Freiburg 1979), die dem Senat vorliegt, ausdrücklich die Auffassung vertreten, der Gesetzgeber sei verfassungsrechtlich nicht gehindert gewesen, für zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des AdoptG noch nicht eingetretene Erbfälle die gesetzliche Erbfolge durch Einbeziehung bestehender Annahmeverhältnisse Minderjähriger in die Wirkungen der Volladoption neuen Rechts zu verändern (S. 270 f.). Diese Ausführungen des Verfassers sind Teil seiner Kritik an der Überleitungsregelung, die seiner Auffassung nach nicht weit genug geht und sachgerechter dahin hätte getroffen werden sollen, unter Verzicht auf das Ablehnungsrecht nach Art. 12 § 2 Abs. 2 S. 2 AdoptG sämtliche Annahmeverhältnisse zu minderjährigen Kindern mit den Wirkungen der Volladoption neuen Rechts auszustatten (S. 266 ff.). Die in der Begründung der Erstbeschwerde zitierte Stelle auf S. 273 der Arbeit betrifft lediglich eine nähere Beschreibung der Rechtsfolgen der Überleitung auf Annahmeverhältnisse minderjähriger Kinder, wenn in dem Annahmevertrag nach § 1767 a.F. BGB ein Ausschluß des gesetzlichen Erbrechts vereinbart worden war. In der Literatur zu den Überleitungsregelungen des AdoptG finden sich auch im übrigen keine Stimmen, die die gesetzliche Regelung explizit für verfassungswidrig halten.

Von diesem Ausgangspunkt aus bestehen bereits durchgreifende Bedenken dagegen, ob die Beteiligte zu 1) überhaupt Rechte aus einer etwaigen Beeinträchtigung von Grundrechtspositionen des Erblassers herleiten könnte, die allenfalls in dem gesetzgeberischen Eingriff in den Bestand des in dem Kindesannahmevertrag vereinbarten Erbrechtsausschlusses der Beteiligten zu 2) bestehen könnte. Der Ausschluß des Erbrechts des angenommen Kindes hat in diesem Zusammenhang seine Wurzeln in dem familienrechtlichen Rechtsinstitut der Kindesannahme, das in § 1767 Abs. 1 BGB a.F. eine solche Modifizierung der Wirkungen der Kindesannahme zuließ (Staudinger/Engler, BGB 10./11. Aufl., § 1767, Rdnr. 18). In diesem Zusammenhang kann offen bleiben, inwieweit auf die rechtlichen Wirkungen des Ausschlusses des Erbrechts des angenommenen Kindes die Vorschriften der §§ 2346 ff. BGB über den Erbverzichtsvertrag entsprechend anzuwenden sind (vgl. OLG Hamm Rpfleger 1952, 89; RGRK/BGB-Scheffler 10./11. Aufl., § 1767, Anm. 2). Die Rechtswirkungen des Erbrechtsausschlusses in dem Kindesannahmevertrag treten jedenfalls erst mit dem Erbfall ein. Deshalb war der Gesetzgeber durch das Rückwirkungsverbot nicht gehindert, das neu geregelte Rechtsinstitut der Volladoption auch auf bestehende Annahmeverhältnisse minderjähriger Kinder zu erstrecken und damit für künftige Erbfälle nach dem Inkrafttreten des AdoptG eine Veränderung der gesetzlichen Erbfolge vorzunehmen. Dem auch in diesem Zusammenhang verfassungsrechtlich gebotenen Vertrauensschutz sieht der Senat mit dem Landgericht dadurch hinreichend Rechnung getragen, daß die ausgewogene Regelung des Art. 12 § 2 Abs. 2 S. 2 AdoptG jedem Beteiligten das Recht einräumt, durch einseitige Erklärung den Eintritt der Wirkungen der Überleitungsvorschrift für alle Beteiligten zu verhindern. Die nähere Ausgestaltung der Vorschrift einschließlich der Fristbestimmung überschreitet nicht den dem Gesetzgeber einzuräumenden Gestaltungsspielraum. Der zivilrechtliche Grundsatz "pacta sunt servanda", unter dem Frank (bei Staudinger, BGB, 12. Aufl., vor § 1741, Rdnr. 60) die in Art. 12 § 2 Abs. 2 AdoptG getroffene Regelung für problematisch hält (ohne sie im übrigen als verfassungswidrig zu bezeichnen), schließt verfassungsrechtlich Eingriffe in den Vertragsinhalt durch den Gesetzgeber für künftig eintretende Rechtsfolgen nicht aus.

Zusätzlich zu berücksichtigen ist, daß die Vorschrift des Art. 12 § 2 Abs. 2 AdoptG gleichzeitig auch Grundlage für einen positiven Vertrauensschutz für den Erblasser geworden sein kann. Es kann nämlich nach dem tatsächlichen Vorbringen der Beteiligten nicht ausgeschlossen werden, daß der Erblasser von seinem Ablehnungsrecht nach Art. 12 § 2 Abs. 2 S. 2 AdoptG bewußt keinen Gebrauch gemacht hat, um der Beteiligten zu 2) eine Beteiligung an seinem Nachlaß im Umfang ihres - nunmehrigen - gesetzlichen Erbrechts zu sichern. Der Umstand allein, daß der Kindesannahmevertrag vom 10.11.1975 mit der Vereinbarung eines Ausschlusses des Erbrechts der Beteiligten zu 2) abgeschlossen worden ist, schließt nicht aus, daß der Erblasser entsprechend der Bewertung der gesetzlichen Neuregelung eine Beteiligung der Beteiligten zu 2) an seinem Nachlaß gemäß der gesetzlichen Erbfolge für angemessen erachtet oder diese Regelung zumindest für sich hingenommen hat und dann später im Vertrauen auf den Bestand dieser gesetzlichen Regelung davon abgesehen hat, die Beteiligte zu 2) als seine Adoptivtochter durch letztwillige Verfügung zu bedenken. So werden sich in zahlreichen Fällen, in denen die Überleitungsvorschrift des Art. 12 § 2 Abs. 2 AdoptG einschlägig ist und von dem Ablehnungsrecht kein Gebrauch gemacht worden ist, die Beteiligten in ihren erbrechtlichen Dispositionen auf die Einbeziehung des am 01.01.1977 minderjährigen Adoptivkindes in die gesetzliche Erbfolge eingestellt haben. Solchen im Vertrauen auf den Bestand der gesetzlichen Regelung getroffenen Dispositionen rückwirkend die Grundlage zu entziehen, wird aus verfassungsrechtlicher Sicht besonders hohe Maßstäbe erfordern, die nicht bereits dann erfüllt sind, wenn aus der Sicht des jeweiligen Betrachters die Überleitungsregelungen des AdoptG in der einen oder anderen Richtung sachgerechter hätte getroffen werden sollen.

Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens dritter Instanz folgt aus §§ 14 FGG, 118 Abs. 1 S. 4 ZPO.

Eine Wertfestsetzung für das Rechtsmittelverfahren ist gem. § 131 b S. 1 KostO nicht veranlaßt.

Ende der Entscheidung

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