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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 24.07.2001
Aktenzeichen: 15 W 11/01
Rechtsgebiete: KostO


Vorschriften:

KostO § 147 Abs. 2
KostO § 45
Beglaubigt der Notar die Unterschrift und übersendet er auf Verlangen eines Beteiligten an diesen die mit dem Beglaubigungsvermerk versehene Urkunde, so steht ihm neben der Beglaubigungsgebühr die Gebühr des § 147 Abs. 2 KostO zu.
OBERLANDESGERICHT HAMM BESCHLUSS

15 W 11/01 OLG Hamm

In der Notariatskostensache betreffend die Kostenberechnung des Notars Nr. E 74/00,

Der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat am 24. Juli 2001 auf die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2) vom 4. Januar 2001 gegen den Beschluss der 7. Zivilkammer des Landgerichts Essen vom 14. Dezember 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Gammelin und die Richter am Oberlandesgericht Engelhardt und Dr. Funke

beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) gegen die Kostenberechnung des Beteiligten zu 2) vom 28. März 2000 wird zurückgewiesen.

Eine Erstattung außergerichtliche Auslagen findet nicht statt. Der Geschäftswert wird auf 23,00 DM festgesetzt.

Gründe:

I.

Die zu 1) beteiligte Anstalt in B ist Erbin der am 30.8.1999 verstorbenen Frau E. Das Erbe war mit einem Vermächtnis zu Gunsten des Herrn M aus Gelsenkirchen beschwert. Der Beteiligten zu 1) oblag es danach, die im Teileigentumsgrundbuch von Gelsenkirchen-Buer, Blatt 878 mit der Nr. 52 bezeichnete Garage an den Vermächtnisnehmer zu übertragen. Durch Urkunde vom 10.3.2000 [UR-Nr. 175/00 des Notars in B ] wurde im Zuge der vorgenannten Vermächtniserfüllung eine Auflassung erklärt, in welcher der Vermächtnisnehmer vollmachtslos vertreten wurde. Die Kosten der Vermächtniserfüllung sollten nach der Urkunde von der Beteiligte zu 1) getragen werden.

Mit Schreiben vom 16.3.2000 übersandte der Urkundsnotar dem Vermächtnisnehmer eine beglaubigte Kopie der vorgenannten Urkunde sowie den Entwurf der noch erforderlichen Genehmigungserklärung mit der Bitte, "einen dortigen Notar aufzusuchen und vor diesem Ihre Unterschrift zu leisten. Den Notar lasse ich bitten, mir die Urkunde nach Beglaubigung Ihrer Unterschrift wieder zurück zu senden."

Herr M ließ die von ihm geleistete Unterschrift von dem zu 2) beteiligten Notar beglaubigen. Dieser übersandte dem Urkundsnotar mit Schreiben vom 28.03.2000 die Genehmigungserklärung mit der von ihm beglaubigten Unterschrift sowie die Kostenberechnung. Darin setzte er gegen die Beteiligte zu 1) als Kostenschuldnerin neben der Gebühr für die Unterschriftsbeglaubigung eine weitere Gebühr gemäß § 147 Abs. 2 KostO für die Übersendung der Urkunde an, die er nach einem Geschäftswert von 1.000,00 DM mit 20,00 DM berechnete.

Gegen den Ansatz der Gebühr nach § 147 Abs. 2 KostO wendet sich die Beteiligte zu 1) mit der Begründung, die Weiterleitung der Urkunde an die Beteiligten sei durch die Gebühr für die Unterschriftsbeglaubigung nach § 45 KostO abgegolten.

Der Beteiligte zu 2) vertritt demgegenüber die Auffassung, bei der von ihm vorgenommenen Übersendung der Genehmigungserklärung handele es sich um eine selbständige, nach § 147 Abs. 2 KostO zu vergütende notarielle Tätigkeit.

Die Präsidentin des Landgerichts hat in ihrer Stellungnahme vom 11.9.2000 die Auffassung vertreten, die Weiterleitung der Urkunde rechtfertige eine Zusatzgebühr nach § 147 Abs. 2 KostO.

Das Landgericht hat durch Beschluss vom 14.12.2000 die Kostenrechnung des Beteiligten zu 2) dahin abgeändert, dass der Ansatz der Gebühr gemäß § 147 Abs. 2 KostO nebst anteiliger Mehrwertsteuer entfällt, und die weitere Beschwerde zugelassen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Der Beteiligte zu 2) könne für die Weiterleitung der von ihm beglaubigten Genehmigungserklärung keine gesonderte Gebühr gemäß § 147 Abs. 2 KostO verlangen. Denn die Gebühr des § 45 KostO decke nicht nur die Beglaubigungstätigkeit des Notares als solche ab, sondern sie umfasse als Nebengeschäft im Sinne von §§ 35, 147 Abs. 3 KostO auch die bestimmungsgemäße Weiterleitung der Urkunde an den jeweiligen Empfänger. Gebührenpflichtig im Sinne von § 147 Abs. 2 KostO seien nur solche Tätigkeiten des Notars, die zwar anlässlich des Geschäftes der Beurkundung vorgenommen würden, die für die Beurkundung selbst aber nicht notwendig seien, sondern nur der Abwicklung des Rechtsgeschäfts dienten. Der Grund für die Zubilligung einer solchen Gebühr sei, dass eine gebührenfreie Nebentätigkeit dann nicht vorliege, wenn der Notar aus Anlass eines Rechtsgeschäftes - wenn auch zu dessen Vollzug - eine spezifische Verantwortung übernehme oder spezifische Kenntnisse zur Verfügung stelle oder eine besonders umfangreiche, über das üblicherweise zum Vollzug notwendige Maß hinausgehende Arbeitsleistung erbringe. Vorliegend könne dahinstehen, ob die Weiterleitung der Urkunde an den Unterschriftsleistenden - oder von ihm bestimmten Dritten - per Post zur Abwicklung des Beurkundungsgeschäftes zwingend erforderlich sei. Jedenfalls sei die bloß manuelle Fähigkeiten erfordernde Tätigkeit des Postversandes keine Leistung des Notars, die nach den vorgenannten Grundsätzen die Berechnung einer gesonderten Gebühr angemessen erscheinen lasse. Dem Notar stehe deshalb lediglich ein Anspruch auf Ersatz der aufgewendeten Auslagen für den Postversand zu.

Gegen diese ihm am 02.01.2001 zugestellte Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2), die er mit einem bei dem Landgericht am 05.01.2001 eingegangenen Schriftsatz vom 04.01.2001 eingelegt hat.

Die Beteiligte zu 1) beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

II.

Die weitere Beschwerde ist infolge Zulassung durch das Landgericht gemäß § 156 Abs. 2 S. 2 KostO statthaft sowie fristgerecht eingelegt. Die Beschwerdebefugnis des Beteiligten zu 2) folgt daraus, dass das Landgericht seine Kostenberechnung zu seinem Nachteil abgeändert hat.

In der Sache ist das Rechtsmittel begründet, weil die Entscheidung des Landgerichts einer rechtlichen Überprüfung nicht standhält (§ 156 Abs. 2 S. 4 KostO).

In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das Landgericht zutreffend von einer zulässigen Erstbeschwerde der Beteiligten zu 1) gegen die Kostenberechnung des Notars vom 28.03.2000 ausgegangen.

In der Sache nimmt das Landgericht indes rechtlich unzutreffend an, dass die Übersendung der Genehmigungserklärung an den für die Beteiligte zu 1) handelnden Urkundsnotar als gebührenfreies Nebengeschäft (§ 35 KostO) zu der von ihm vorgenommenen Beglaubigung der Unterschrift der Beteiligten zu 2) zu bewerten sei. Denn der Abgeltungsbereich der nach § 45 KostO für die Unterschriftsbeglaubigung zu erhebenden Gebühr in Höhe eines Viertels der vollen Gebühr ist sehr eng. Diese Gebühr gilt lediglich die für die Unterschriftsbeglaubigung als solche erforderliche Tätigkeit des Notars ab, also neben dem in § 40 BeurkG beschriebenen Beglaubigungsvorgang die Feststellung der Person der Beteiligten sowie die Durchsicht der Erklärung zum Zweck der Feststellung, ob Gründe zur Versagung der Amtstätigkeit bestehen. Hingegen trägt der Notar bei der reinen Unterschriftsbeglaubigung keine Verantwortung für den Inhalt der abgegebenen Erklärung. Vielmehr ist seine Amtstätigkeit abgeschlossen, wenn er dem Beteiligten die Erklärung mit dem Beglaubigungsvermerk zur weiteren Verwendung aushändigt. Dementsprechend liegen alle weiteren Tätigkeiten des Notars, die er zum Zustandekommen oder Vollzug des mit der beglaubigten Erklärung beabsichtigten Rechtsgeschäft vornimmt (hier: Übersendung der Genehmigungserklärung an den Berechtigten zum Zweck der Eintragung im Grundbuch) außerhalb seiner notariellen Amtstätigkeit bei der Unterschriftsbeglaubigung, so dass hierfür eine Gebühr gemäß § 147 Abs. 2 KostO entstehen kann (Rohs/Wedewer, KostO, 3. Aufl., § 147 Rn. 8 b, 30; Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann, KostO, 14. Aufl., § 147 Rn. 71).

Aus § 147 Abs. 4 Nr. 1 KostO ergibt sich für die vorliegende Fallgestaltung nichts anderes. Nach dieser Vorschrift erhält der Notar eine Gebühr nach Abs. 2 der Vorschrift nicht für die Übermittlung von Anträgen an das Grundbuchamt oder das Registergericht, wenn der Antrag mit einer anderen gebührenpflichtigen Tätigkeit im Zusammenhang steht. Diese Vorschrift greift hier schon deshalb nicht ein, weil die beglaubigte Erklärung einen Eintragungsantrag nicht enthält und die Übermittlung der Urkunde nicht an das Grundbuchamt erfolgt ist. Da es sich bei § 147 Abs. 4 Nr. 1 KostO um eine Ausnahmevorschrift handelt, kann ihr Anwendungsbereich nicht über ihren Wortlaut hinaus auf eine andere Tätigkeit des Notars erstreckt werden, selbst wenn diese sich wie hier auf die Übersendung der beglaubigten Genehmigungserklärung an die Erbin beschränkt.

Der Senat kann dem Landgericht schließlich nicht darin folgen, die bloß manuelle Fähigkeiten erfordernde Tätigkeit des Versandes der beglaubigten Erklärung an die Beteiligte zu 1) lasse nicht die Berechnung einer Gebühr als angemessen erscheinen. Denn auch wenn eine durch die Unparteilichkeit seines Amtes erforderliche Betreuungstätigkeit des Notars nicht geboten gewesen ist, weil der Vermächtnisnehmer auch selbst ohne weiteres die beglaubigte Genehmigungserklärung an die Beteiligte zu 1) hätte übersenden können, so kann doch nicht allein deshalb eine notarielle Tätigkeit verneint werden. Dies zeigt etwa die bereits erwähnte Vorschrift des § 147 Abs. 4 Nr. 1 KostO. So können Eintragungsanträge von den nach § 13 Abs. 2 GBO Antragsberechtigten ohne weiteres selbst beim Grundbuchamt gestellt werden. Gleichwohl geht das Gesetz von einer Amtstätigkeit des Notars aus, wenn dieser die Übermittlung von Anträgen an das Grundbuchamt für die Beteiligten übernimmt. Denn die Vorschrift, die für dieses Geschäft ausdrücklich eine Gebührenpflicht ausschließt, wäre sonst überflüssig. So hat auch vorliegend der Beteiligte zu 2) ersichtlich die von ihm vorgenommene Übersendung als Ergänzung seiner Amtstätigkeit betreffend die Unterschriftsbeglaubigung durchgeführt.

Die Entscheidung über die Erstattung außergerichtlicher Auslagen beruht auf § 13a Abs. 1 Satz FGG. Besondere Grunde, die es billig erscheinen lassen, dass einer der Beteiligten die dem anderen Beteiligten entstandenen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten hat, liegen nicht vor.

Die Wertfestsetzung beruht auf den §§ 131 Abs. 2, § 30 KostO.

Ende der Entscheidung

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