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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 24.05.2007
Aktenzeichen: 15 W 145/07
Rechtsgebiete: GBO, BGB


Vorschriften:

GBO § 22
GBO § 29
BGB § 709
BGB § 714
BGB § 737
1. Sind im Grundbuch als Eigentümer mehrere Personen "in Gesellschaft bürgerlichen Rechts" eingetragen und wird die Berichtigung des Grundbuchs hinsichtlich des Gesellschafterbestandes nach § 22 GBO beantragt, weil ein Gesellschafter gemäß § 737 BGB aus wichtigem Grund ausgeschlossen worden sei, so setzt der in der Form des § 29 GBO zu führende Nachweis der Unrichtigkeit des Grundbuchs auch den Nachweis eines wichtigen Grundes voraus.

2. § 737 S.3 BGB legt allein den Wirksamkeitszeitpunkt des (begründeten) Gesellschafterausschlusses fest, führt aber zu keiner von der Begründetheit unabhängigen, vorläufigen oder schwebenden Wirksamkeit, gegen die der ausgeschlossene Gesellschafter nur im Klagewege vorgehen könnte (Abweichung von OLG Karlsruhe NJW-RR 1997, 169).

3. Wird durch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts Grundbesitz veräußert und zur Sicherung des Auflassungsanspruchs die Eintragung einer Auflassungsvormerkung beantragt, so muss die Vertretungsmacht der bei dem Vertragsschluss namens der GbR handelnden Personen grundsätzlich in der Form des § 29 GBO nachgewiesen werden.

4. Stellen der Erwerb und die Verwaltung des veräußerten Grundstücks den alleinigen Gesellschaftszweck dar, so handelt es sich bei dem Verkauf um ein sog. Grundlagengeschäft, das grundsätzlich der Zustimmung aller Gesellschafter bedarf und von der Geschäftsführungsbefugnis und damit auch der Vertretungsmacht geschäftsführender Gesellschafter nicht erfasst wird.

5. Die Notwendigkeit der Mitwirkung aller Gesellschafter wird unter Berücksichtigung des sog. Bestimmtheitsgrundsatzes bzw. der Kernbereichslehre nicht schon durch eine Klausel des Gesellschaftsvertrages beseitigt, die nicht näher bezeichnete Änderungen des Gesellschaftsvertrages einer Mehrheitsentscheidung zugänglich macht.


OBERLANDESGERICHT HAMM BESCHLUSS

15 W 145/07 OLG Hamm

In der Grundbuchssache

hat der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 24.05.2007 auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) vom 21.02.2007 gegen den Beschluss der 3.Zivilkammer des Landgerichts Hagen vom 11.01.2007

beschlossen:

Tenor:

Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 779.000 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Gesellschafter der Beteiligten zu 1), darunter die Beteiligte zu 2), sind als Eigentümer in dem o.a. Grundbuch eingetragen. Nach dem privatschriftlichen Gesellschaftsvertrag vom 29.12.1987 besteht der Gesellschaftszweck in dem Erwerb des vorbezeichneten Grundbesitzes und dessen Verwaltung "zur gesamten Hand". § 4 Abs. 2 des Vertrages sieht vor, dass die Beschlussfassung mit einfacher Mehrheit der in der Gesellschafterversammlung erschienenen oder vertretenen Stimmrechte auch gilt für Änderungen oder Ergänzungen des Gesellschaftsvertrages mit Ausnahme der Quotalhaftung der Gesellschafter.

Der geschäftsführende Gesellschafter hat den vorbezeichneten Grundbesitz, handelnd als Vertreter ohne Vertretungsmacht, durch notariellen Vertrag vom 13.09.2006 an Herrn O verkauft. In dem Vertrag wurde die Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des Eigentumsübertragungsanspruchs bewilligt.

In der Gesellschafterversammlung vom 16.11.2006, über deren Beschlüsse eine notarielle Urkunde aufgenommen wurde, wurde die abwesende Beteiligte zu 2)mit den Stimmen der weiteren Gesellschafter aus der Gesellschaft ausgeschlossen. Eine Ausfertigung der notariellen Urkunde wurde ihr am 21.11.2006 zugestellt.

Weiter wurde in der vorgenannten Gesellschaftsversammlung beschlossen, dem vorgenannten Kaufvertrag und seiner Durchführung zuzustimmen. Ferner wurde der geschäftsführende Gesellschafter beauftragt und bevollmächtigt, im Namen und auf Rechnung der Gesellschaft und ihrer Gesellschafter nochmals dem Grundstückskaufvertrag zuzustimmen und sämtliche Erklärungen abzugeben und/oder Handlungen vorzunehmen, soweit diese zum rechtswirksamen Abschluss dieses Kaufvertrages oder seiner Durchführung erforderlich und/oder zweckmäßig sind.

Die Beteiligte zu 1) hat über den Urkundsnotar beantragt,

- das Grundbuch gemäß § 22 GBO dahingehend zu berichtigen, dass die Gesellschafterin G aus der GbR ausgeschieden ist, sowie

- eine Auflassungsvormerkung gemäß § 883 BGB zugunsten von Herrn O in das Grundbuch einzutragen.

Nachdem seitens des Grundbuchamtes Bedenken gegen die Eintragungen geäußert worden waren, haben sich für die Beteiligte zu 1) deren Verfahrensbevollmächtigte gemeldet und unter Darlegung ihres Rechtsstandpunktes auf die Vornahme der Eintragungen gedrungen. Das Grundbuchamt hat daraufhin durch Zwischenverfügung vom 13.12.2006 die Eintragung der beantragten Berichtigung davon abhängig gemacht, dass eine Berichtigungsbewilligung der Beteiligten zu 2) vorgelegt werde, da ein wichtiger Grund für den Ausschluss nicht in der Form des § 29 GBO nachgewiesen sei. Zugleich hat es darauf hingewiesen, dass die Beurteilung des Antrags auf Eintragung der Auflassungsvormerkung ebenfalls von der Erledigung der vorgenannten Beanstandung abhängig sei.

Gegen diese Zwischenverfügung hat die Beteiligte zu 1) Beschwerde erhoben, die das Landgericht mit dem angefochtenen Beschluss zurückgewiesen hat. Hiergegen wendet sich die Beteiligte zu 1) mit der weiteren Beschwerde.

II.

Die weitere Beschwerde ist nach den §§ 78, 80 GBO statthaft sowie formgerecht eingelegt. Die Beschwerdebefugnis der Beteiligten zu 1) folgt bereits daraus, dass ihre erste Beschwerde ohne Erfolg geblieben ist.

In der Sache ist die weitere Beschwerde unbegründet, da die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht, § 78 S.1 GBO.

In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das Landgericht zutreffend von einer gem. § 71 Abs. 1 GBO zulässigen Erstbeschwerde gegen die Zwischenverfügung des Grundbuchamtes ausgegangen, deren Rechtsmittelfähigkeit allgemein anerkannt ist (BGH, NJW 1994, 1158).

Das Landgericht hat zu Recht die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen für den Erlass einer Zwischenverfügung gem. § 18 Abs. 1 GBO bejaht. Die erhobene Beanstandung bezeichnet ein behebbares Eintragungshindernis. Gegenstand des Verfahrens ist hier zunächst der nach § 22 Abs. 1 GBO zu behandelnde Antrag der Beteiligten zu 1) auf eine Grundbuchberichtigung auf der Grundlage des von ihr eingenommenen Rechtsstandpunktes, die Beteiligte zu 2) sei infolge des Gesellschafterbeschlusses vom 16.11.2006 wirksam ausgeschlossen worden und damit als Gesellschafterin ausgeschieden. Im Rahmen des dem Antragsteller zustehenden Wahlrechts kann die Berichtigung auch aufgrund einer Bewilligung desjenigen durchgeführt werden, der durch die berichtigende Eintragung in seinen Rechten betroffen würde (§ 19 GBO). Kann der Unrichtigkeitsnachweis nicht oder nicht vollständig geführt werden, bestehen keine Bedenken, dem Antragsteller durch eine Zwischenverfügung Gelegenheit zur Behebung des Hindernisses durch Beibringung der Bewilligung des durch die Eintragung in seinen Rechten Betroffenen zu geben, zumal eine Rangwahrung der Antragstellung hier nicht in Betracht kommt. Der sachliche Erfolg des weiteren Antrags auf Eintragung einer Auflassungsvormerkung ist - wie nachstehend noch auszuführen ist - mit demjenigen des Grundbuchberichtigungsantrags verknüpft.

Auch in der Sache hält die landgerichtliche Entscheidung der rechtlichen Nachprüfung stand.

Das Landgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, dass das Grundbuchamt zu Recht eine Berichtigungsbewilligung der Beteiligten zu 2) als erforderlich angesehen habe, da ein wichtiger Grund für den Gesellschafterausschluss zu dessen Wirksamkeitsvoraussetzungen gehöre und ein solcher Grund nicht in der Form des § 29 GBO nachgewiesen sei. Auch hinsichtlich der Eintragung der Auflassungsvormerkung komme es auf die Wirksamkeit des Ausschlusses an. Die Vertretungsbefugnis des Geschäftsführers erstrecke sich nämlich nicht auf sog. Grundlagengeschäfte, zu denen vorliegend die Veräußerung des Grundbesitzes gehöre, da dessen Verwaltung den alleinigen Gesellschaftszweck darstelle.

Zu Recht sind die Vorinstanzen davon ausgegangen, dass eine Berichtigung nach § 22 Abs. 1 GBO nur eingetragen werden kann, wenn die Unrichtigkeit des Grundbuchs in der Form des § 29 GBO nachgewiesen ist. Ebenfalls nicht zu beanstanden ist die Auffassung der Vorinstanzen, dass der hier zu führende Unrichtigkeitsnachweis auch den Nachweis eines wichtigen Grundes für den Gesellschafterausschluss (§§ 737 S.1, 723 Abs.1 BGB) umfasst. Das Vorliegen eines wichtigen Grundes ist nämlich bereits nach dem Gesetzeswortlaut (§ 737 S.1 BGB) Voraussetzung für einen (wirksamen) Ausschluss eines Gesellschafters. Entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 1) kann aus § 737 S.3 BGB nicht gefolgert werden, dass der Ausschluss mit seiner Bekanntgabe quasi schwebend wirksam ist und diese Wirksamkeit nur durch eine gerichtliche Entscheidung im Erkenntnisverfahren beseitigt werden kann. Dies würde dem Grundsatz widersprechen, dass sich im Personengesellschaftsrecht - vorbehaltlich einer abweichenden Regelung durch den Gesellschaftsvertrag - jeder Gesellschafter ohne weiteres, d.h. außergerichtlich und in jedem gerichtlichen Verfahren, auf die Unwirksamkeit eines Gesellschafterbeschlusses berufen kann (vgl. OLG München NZG 2004, 807, m.w.N.; Palandt/Sprau, BGB, 66. Aufl., Rdn. 16 vor § 709). § 737 S.3 BGB legt damit nur den Zeitpunkt fest, in welchem der Ausschluss wirksam wird, wenn er denn materiell rechtmäßig ist (im Ergebnis ebenso Baumbach/Hopt, HGB, 32.Aufl., § 140 Rdn.30; juris-PK/Bergmann, BGB, Stand 2007, § 737 Rdn.17; RGRK-BGB/v.Gamm, 12.Aufl., § 737 Rdn.7).

Entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 1) lässt sich aus der Begründung der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 17.12.1959 (BGHZ 31, 295 = NJW 1960, 625) ein gegenteiliges Ergebnis nicht ableiten. Der Bundesgerichtshof hatte sich in jenem Urteil vorrangig mit der Frage zu befassen, ob bei einer Kommanditgesellschaft, bei der der Ausschluss eines Gesellschafters nach der gesetzlichen Regelung des § 140 HGB im Wege der Gestaltungsklage erfolgt, in dem Gesellschaftsvertrag vereinbart werden kann, dass die Ausschließung durch bloße Erklärung gegenüber dem betroffenen Gesellschafter erfolgt. Diese Frage hat der BGH bejaht und hierbei auf die Regelung des § 737 S.3 BGB verwiesen. Die Ausführungen des BGH beziehen sich danach nur auf die Frage, ob die Wirksamkeit eines (im Übrigen begründeten) Ausschlusses unter den dortigen Voraussetzungen ein Gestaltungsurteil voraussetzt, oder aber der Zugang einer rechtsgestaltenden Willenserklärung ausreicht. Dies bedeutet nicht, dass die Wirksamkeit mit der Bekanntgabe des Ausschlusses etwa auch dann eintritt, wenn die Ausschlussvoraussetzungen nicht vorliegen. Vielmehr ist, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, die Rechtslage nicht anders als bei einer rechtsgestaltenden Willenserklärung im Vertragsrecht, insbes. einer Kündigung (Bergmann, a.a.O.), die neben dem Zugang auch das Vorliegen eines gesetzlichen Gestaltungsgrundes voraussetzt. Soweit die Beteiligte zu 1) meint, dieses Parallele dürfe mit Rücksicht auf die Regelung des § 737 S.3 BGB nicht gezogen werden, übersieht sie, dass der BGH in der genannten Entscheidung selbst ausdrücklich diese Parallele gezogen hat (S.11 des vorgelegten Ausfertigungsabdrucks).

Dem hier vertretenen Standpunkt entspricht es im Übrigen, dass einem ausgeschlossenen Gesellschafter nach ständiger Rechtsprechung des BGH (vgl. etwa NJW-RR 1992, 227) Rechtsschutz in Form der Feststellungsklage zu gewähren ist. Gegenstand der Feststellungsklage kann nach § 256 ZPO nur das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses sein. Ginge man demgegenüber mit der Beteiligten zu 1) davon aus, dass der Ausschluss mit seiner Bekanntgabe und unabhängig vom Vorliegen eines wichtigen Grundes (vorläufig) wirksam würde, so könnte Rechtsschutz nur im Wege der Gestaltungs- oder Leistungsklage, die auf die Wiederherstellung der Gesellschafterstellung zu richten wäre, gewährt werden.

Allerdings hat das OLG Karlsruhe, auf dessen Entscheidung (NJW-RR 1997, 169) die weitere Beschwerde zutreffend hinweist, in einer Handelsregistersache einen gegenteiligen Standpunkt vertreten. Der Senat vermag diesen jedoch aus den genannten Gründen nicht zu teilen. Zudem erscheint dem Senat auch unter Berücksichtigung des § 737 S.3 BGB eine vorläufig wirksame, "erst einmal" eintretende Wirksamkeit eines Gesellschafterbeschlusses, die durch eine Feststellungsklage wieder beseitigt werden könnte, dogmatisch kaum begründbar.

Diese Abweichung bietet keinen Anlass für eine Vorlage an den Bundesgerichtshof gemäß § 79 Abs.2 GBO. Eine Vorlage setzt voraus, dass die unterschiedlich beurteilte Rechtsfrage bei der Auslegung einer bundesrechtlichen Norm auftritt und ihre Beurteilung für die Vergleichsentscheidung tragend ist (Budde in Bauer/v.Oefele/, GBO 2.Aufl., § 79 Rdn.10, 13). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Die Entscheidung des OLG Karlsruhe beruht in dem Punkt, in welchem die Divergenz besteht, anders als die vorliegende Entscheidung, nicht auf der Auslegung und Anwendung des § 737 S.3 BGB, sondern auf der Auslegung des Gesellschaftsvertrages einer Kommanditgesellschaft. Die Ausführungen des OLG Karlsruhe, die erkennen lassen, dass seiner Auslegung des Gesellschaftsvertrages auch ein bestimmtes Verständnis des § 737 S.3 BGB zugrunde liegt, sind für die Entscheidung nicht tragend.

Fehl geht schließlich auch die Rüge der weiteren Beschwerde, die Vorinstanzen hätten die Bedeutung der geänderten höchstrichterlichen Rechtsprechung (BGH NJW 2001, 1056) zur Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts verkannt. Die Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist im Zusammenhang mit der hier beantragten Grundbuchberichtigung ebenso unerheblich wie die Frage der Grundbuchfähigkeit dieser Gesellschaftsform (vgl. etwa OLG Stuttgart FGPrax 2007, 66 mit krit. Anm. Demharter). Denn vorliegend wird nicht etwa die Eintragung der Gesellschaft als solcher im Wege der Berichtigung, sondern die Berichtigung des durch den Grundbucheintrag ausgewiesenen Gesellschafterbestandes begehrt. Demgemäß muss die Unrichtigkeit des eingetragenen Gesellschafterbestandes nachgewiesen werden, auch wenn man davon ausgehen würde, dass dieser keine oder lediglich klarstellende Bedeutung hat.

Auch die Beanstandung des Eintragungsantrages hinsichtlich der Auflassungsvormerkung ist zu Recht erfolgt. Die Zustimmung aller Gesellschafter und damit auch die Wirksamkeit des Ausschlusses der Beteiligten zu 2), die dem Verkauf nicht zugestimmt hat, könnte nur dann dahinstehen, wenn feststände, dass der vollmachtlos geschlossene Vertrag durch den Geschäftsführer der Beteiligten zu 1) wirksam genehmigt worden ist. Dies ist indes nicht der Fall.

Zweifelhaft ist dabei schon, ob die Bestellung zum (Einzel-) Geschäftsführer in der Form des § 29 GBO hinreichend nachgewiesen ist. Zwar haben mit Ausnahme der Beteiligten zu 2) alle Gesellschafter durch notariell beurkundeten Beschluss die Bestellung bestätigt, jedoch ergibt sich die Möglichkeit einer Mehrheitsentscheidung bei der Geschäftsführerbestellung allein aus dem privatschriftlichen Gesellschaftsvertrag, der der Form des § 29 GBO nicht genügt. Ob der Beteiligten zu 1) in diesem Zusammenhang grundbuchverfahrensrechtlich eine Nachweiserleichterung zugebilligt werden könnte, kann dahin gestellt bleiben, weil wegen des unzureichenden Nachweises ihres Ausscheidens unterstellt werden muss, dass die Beteiligte zu 2) weiterhin Mitgesellschafterin ist, und selbst bei Berücksichtigung des vorgelegten privatschriftlichen Gesellschaftsvertrages die Wirksamkeit der Bevollmächtigung des geschäftsführenden Gesellschafters für das hier vorgenommene Rechtsgeschäft ohne deren Zustimmung nicht festgestellt werden kann.

Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht angenommen, dass dem geschäftsführenden Gesellschafter durch Mehrheitsbeschluss eine Vertretungsmacht, die die Übertragung des genannten Grundbesitzes umfasst, nicht eingeräumt werden konnte, da es sich hierbei nach dem Inhalt des vorgelegten Gesellschaftsvertrages um ein sog. Grundlagengeschäft handelt. Ein Grundlagengeschäft, das der gesellschaftsvertraglichen Zustimmung sämtlicher Gesellschafter bedarf, liegt vor, wenn Zusammensetzung und Organisation der Gesellschaft im Grundsätzlichen betroffen werden, insbesondere also auch bei einer grundlegenden Veränderung des Gesellschaftszwecks oder seines Gegenstandes (Staudinger/Habermeier, BGB, 13. Bearb. 2003, § 709, Rdn. 2). Ein Grundlagengeschäft ist danach etwa dann anzunehmen, wenn das gesamte Gesellschaftsvermögen übertragen werden soll (Sprau, a.a.O., § 705, Rdn. 16), aber auch bereits dann, wenn ein wesentlicher Unternehmensteil veräußert wird und dies zu einer erheblichen Änderung der Geschäftsstruktur führt (OLG Stuttgart DStR 2004, 469f). Die Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (BGH NJW 2001, 1056) bleibt entgegen dem Standpunkt der weiteren Beschwerde ohne Bedeutung für die Beurteilung der gesellschaftsvertraglichen Grundlagen für die Erteilung einer rechtsgeschäftlichen Bevollmächtigung zur Verfügung über Gegenstände des Gesellschaftsvermögens. Im vorliegenden Fall wird durch den Kaufvertrag der Grundbesitz veräußert, dessen Erwerb und Verwaltung nach dem Gesellschaftsvertrag den einzigen Gesellschaftszweck ausmachen. Die Argumentation der weiteren Beschwerde, der Gesellschaftsvertrag sehe nicht auch das "Halten" des Immobilienbesitzes vor, geht daran vorbei, dass nach einer wirksamen Veräußerung eine Verwaltung des genannten Grundbesitzes entsprechend dem im Gesellschaftsvertrag beschriebenen Gesellschaftszweck nicht mehr möglich ist, der Vollzug des Rechtsgeschäfts folglich zum dauerhaften Wegfall des Gesellschaftszwecks und damit zur Auflösung der Gesellschaft (§ 726 BGB) und ihrer Liquidation führen müsste.

Rechtsfehlerfrei ist ferner die Beurteilung des Landgerichts, im Wege der Auslegung des § 4 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages lasse sich nicht feststellen, dass die Möglichkeit einer Mehrheitsentscheidung auch zur Herbeiführung des Wegfalls des Gesellschaftszwecks habe begründet werden sollen. Die tatrichterliche Auslegung rechtsgeschäftlicher Willenserklärungen und damit auch eines Gesellschaftsvertrages unterliegt im Verfahren der weiteren Beschwerde nur einer eingeschränkten Nachprüfung dahin, ob sie nach den Denkgesetzen und der feststehenden Erfahrung möglich ist - sie muss nicht zwingend sein -, mit den gesetzlichen Auslegungsregeln in Einklang steht, dem klaren Wortlaut und Sinn der Erklärung nicht widerspricht und alle wesentlichen Umstände berücksichtigt (vgl. Budde in Bauer/von Oefele, a.a.O., § 78, Rdn. 25 m.w.N.). Einen solchen Rechtsfehler lässt die Entscheidung des Landgerichts nicht erkennen. Dabei ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Kammer bei ihrer Auslegung den Gesichtspunkt in den Vordergrund gestellt hat, dass der Wortlaut des § 4 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages als möglichen Gegenstand einer Mehrheitsentscheidung die Veräußerung des Gegenstandes des alleinigen Gesellschaftszwecks nicht vorsieht. Gleichgültig, ob man diese Regelung an dem sog. Bestimmtheitsgrundsatz oder der Kernbereichslehre misst, ist für die Wirksamkeit einer derartigen Klausel nach dem Bestimmtheitsgrundsatz auf jeden Fall die Angabe der Art des Beschlussgegenstandes erforderlich. Die Veräußerung des den Gegenstand des Gesellschaftszwecks darstellenden Grundbesitzes und damit die Auflösung der Gesellschaft berührt der Kernbereich des mitgliedschaftlichen Gesellschaftsrechts. In einem solchen Fall muss sich die gesellschaftsvertragliche Mehrheitsklausel auf das zum Kernbereich gehörende Recht beziehen und Ausmaß und Umfang des zulässigen Eingriffs erkennen lassen (vgl. BGHZ 132, 263 = NJW 1996, 1678; NJW-RR 2006, 827). Diesen nach dem Bestimmtheitsgrundsatz bzw. der Kernbereichslehre geforderten Voraussetzungen entspricht die Vertragsklausel im Hinblick auf die mehrheitlich beschlossene Maßnahme hier nicht.

Eine Entscheidung über die Erstattung außergerichtlicher Kosten erscheint aus tatsächlichen Gründen als entbehrlich.

Die Wertfestsetzung beruht auf den §§ 131, 30 KostO.

Ende der Entscheidung

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