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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 12.11.2002
Aktenzeichen: 15 W 150/02
Rechtsgebiete: FGG, BGB


Vorschriften:

FGG § 56 g Abs. 1
FGG § 56 g Abs. 5
BGB § 256
BGB § 291
1) Gegenstand des Festsetzungsantrags gegen die Staatskasse nach § 56 g Abs. 1 FGG kann auch ein Zinsanspruch sein, den der Betreuer als Nebenanspruch zu einem in der Hauptsache bereits festgesetzten Anspruch auf Erstattung von Aufwendungen und Vergütung geltend macht (Abweichung von OLG Celle FamRZ 2002, 1431).

2) Der gegen die Staatskasse gerichtete Anspruch des Betreuers auf Erstattung von Aufwendungen und Vergütung ist ab dem Zeitpunkt der Rechtskraft des Festsetzungsbeschlusses gem. § 291 BGB zu verzinsen.

3) Der gegen die Staatskasse gerichtete Anspruch des Betreuers auf Erstattung von Aufwendungen ist zusätzlich gem. § 256 BGB von der Zeit der Aufwendung an zu verzinsen (wie BayObLG BtPrax 2001, 39).


OBERLANDESGERICHT HAMM BESCHLUSS

15 W 150/02 OLG Hamm

In der Betreuungssache

Der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat am 12. November 2002 auf die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) vom 20. März 2002 gegen den Beschluß der 6. Zivilkammer des Landgerichts Arnsberg vom 22. Februar 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Gammelin und die Richter am Oberlandesgericht Budde und Christ

beschlossen:

Tenor:

Unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen wird der Beschluß des Landgerichts teilweise aufgehoben und der Beschluß des Amtsgerichts teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt:

Zugunsten des Beteiligten zu 1) wird ein aus der Staatskasse zu erstattender Zinsanspruch in Höhe von 95,36 Euro festgesetzt.

Im übrigen verbleibt es bei der Zurückweisung des Festsetzungsantrags des Beteiligten zu 1).

Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde findet nicht statt.

Der Gegenstandswert des Verfahrens dritter Instanz wird auf 157,24 Euro festgesetzt. Er beträgt im Umfang der Zurückweisung des Rechtsmittels 61,88 Euro.

Gründe:

I.

Der Beteiligte zu 1) war im Jahre 2000 bis zu seiner durch einen Aufenthaltswechsel des mittellosen Betroffenen bedingten Entlassung als dessen Berufsbetreuer mit den Aufgabenkreisen Gesundheitsfürsorge, Aufenthaltsbestimmung und Vermögenssorge bestellt.

Der Beteiligte zu 1) hat mit Schreiben vom 28.06.2000 bei dem Vormundschaftsgericht für den Zeitraum seiner Tätigkeit vom 01.01. bis zum 11.05.2000 die Erstattung von Aufwendungsersatz und Vergütung aus der Staatskasse im Umfang von insgesamt 4.366,70 DM beantragt. Der dazu angehörte Beteiligte zu 2) hat Beanstandungen gegen einzelne Abrechnungspositionen erhoben und eine förmliche Entscheidung im Festsetzungsverfahren nach § 56 g Abs. 1 FGG angeregt. Der Rechtspfleger des Vormundschaftsgerichts hat mit Beschluß vom 23.11.2000 einen aus der Staatskasse zu erstattenden Aufwendungsersatz in Höhe von 740,74 DM sowie eine Betreuervergütung in Höhe von 3.601,80 DM, insgesamt 4.342,54 DM festgesetzt und die sofortige Beschwerde zugelassen. Gegen diesen Beschluß hat der Beteiligte zu 2) mit Schreiben vom 31.01.2001 rechtzeitig sofortige Beschwerde eingelegt, mit der er sich gegen die Festsetzung eines Teilbetrages des Aufwendungsersatzes in Höhe von 222,43 DM (Auslagen für die Delegation von Bürotätigkeiten an Hilfskräfte) gewandt hat. Das Landgericht hat durch Beschluß vom 14.02.2001 die sofortige Beschwerde zurückgewiesen; die Entscheidung ist dem Beteiligten zu 1) am 06.03., dem Beteiligten zu 2) am 07.03.2001 zugestellt worden.

Der Beteiligte zu 1) hat mit Schreiben an das Amtsgericht vom 30.03.2001 beanstandet, daß der festgesetzte Betrag ihm noch nicht überwiesen worden sei; er behalte sich die Geltendmachung eines Zinsanspruches vor. Mit weiterem Schreiben vom 16 07 2001 hat der Beteiligte zu 1) erneut beanstandet, daß ihm der festgesetzte Betrag nach wie vor nicht überwiesen worden sei; seinen Zinsanspruch werde er nach Erhalt des geschuldeten Betrages beziffern. Dem Beteiligten zu 1) ist daraufhin der festgesetzte Betrag überwiesen worden, der seinem Konto am 16 08 2001 gutgeschrieben worden ist.

Mit Schreiben vom 27.08.2001 hat der Beteiligte zu 1) bei dem Amtsgericht "die Festsetzung von DM 307,53 Zinsen aus der Landeskasse aus dem mit Beschluß vom 23.11.2000 zur Zahlung aus der Landeskasse festgesetzten Betrag von DM 4.342,54 für die Zeit vom 26.11.2000 bis 16.08.2001 in Höhe von 5 % über dem jeweiligen EZB-Basiszins (§§ 256, 288 BGB) beantragt. Der Rechtspfleger des Amtsgerichts hat diesen Antrag nach Anhörung des Beteiligten zu 2) durch Beschluß vom 10.12.2001 zurückgewiesen und die sofortige Beschwerde zugelassen.

Gegen diesen Beschluß hat der Beteiligte zu 1) mit Schreiben vom 22.01.2002 rechtzeitig sofortige Beschwerde eingelegt, die das Landgericht durch Beschluß vom 22.02.2002 mit der Maßgabe zurückgewiesen hat, daß es die sofortige weitere Beschwerde zugelassen hat.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1), die er mit einem am 25.03.2002 bei dem Landgericht eingegangenen Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 20.03.2002 eingelegt hat.

Der Senat hat eine Stellungnahme des Leiters des Dezernats 10 bei dem Oberlandesgericht Hamm eingeholt, der sich in der Sache der Auffassung des Landgerichts angeschlossen hat.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde ist nach den §§ 56 g Abs. 5 S. 2, 27, 29 FGG infolge Zulassung durch das Landgericht statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt. Die Beschwerdebefugnis des Beteiligten zu 1) folgt bereits daraus, dass seine erste Beschwerde ohne Erfolg geblieben ist.

In der Sache ist das Rechtsmittel teilweise begründet, weil die Entscheidung des Landgerichts in dem Umfang, in dem der Senat dem Festsetzungsantrag abschließend stattgegeben hat, auf einer Verletzung des Rechts beruht (§ 27 Abs. 1 S. 1 FGG).

In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das Landgericht zutreffend von einer zulässigen sofortigen Erstbeschwerde des Beteiligten zu 1) ausgegangen.

Unbedenklich ist ebenso, daß das Landgericht die sachliche Zuständigkeit des Vormundschaftsgerichts zur Entscheidung über den Festsetzungsantrag des Beteiligten zu 1) gem. § 56 g Abs. 1 FGG angenommen hat. Der Antrag des Beteiligten zu 1) zielt auf eine Verzinsung des in der Hauptsache gegen die Staatskasse bereits festgesetzten und ausgezahlten Betrages von 4.342,54 DM, der sich aus einer Betreuervergütung in Höhe von 3.601,80 DM (§§ 1836 a BGB, 1 BVormVG) sowie dem Ersatz von Aufwendungen in Höhe von 740,74 DM (§ 1835 Abs. 1 und 4 S. 1 BGB) zusammensetzt. Die sachliche Zuständigkeit zur Entscheidung über die Hauptforderung erstreckt sich auch auf einen Zinsanspruch, der als unselbständige Nebenleistung zur Hauptforderung geltend gemacht wird. Dieser allgemein anerkannte Grundsatz gilt in derselben Weise für Nebenverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, die auf Festsetzung von Kosten oder Vergütung bzw. Aufwendungsersatz gerichtet sind. So ist dieser Grundsatz beispielsweise für das Verfahren nach § 14 KostO im Zusammenhang müder Entscheidung über die Verzinsung eines Erstattungsanspruches eines Beteiligten gegen die Staatskasse aus überzahlten Gerichtskosten ausdrücklich anerkannt (BayObLG FGPrax 1999, 39; Senat FGPrax 2001, 90). Für das Verfahren nach § 56 g Abs. 1 FGG kann nichts anderes gelten. Dem entspricht es, daß das BayObLG (FamRZ 2002, 767) im Rahmen einer Festsetzungsentscheidung nach § 56 g FGG in eine sachliche Prüfung von Zinsansprüchen der von dem Beteiligten zu 1) geltend gemachten Art eingetreten ist.

Der gegenteiligen Auffassung des OLG Celle (FamRZ 2002,1431), Sekundäransprüche auf Verzinsung (etwa unter dem Gesichtspunkt des Verzuges) seien vom Anwendungsbereich des § 56 g Abs. 1 FGG nicht erfaßt, vermag der Senat nicht zu folgen, soweit Ansprüche in Rede stehen, die als Nebenforderung zu dem Hauptanspruch auf Aufwendungsersatz und Vergütung geltend gemacht werden. Der vom OLG Celle hervorgehobene Gesichtspunkt, daß etwaige Zinsansprüche in § 56 g Abs. 1 FGG nicht ausdrücklich als Gegenstand der Festsetzungsentscheidung genannt werden, rechtfertigt nach Auffassung des Senats nicht die Schlußfolgerung, daß die Möglichkeit einer Festsetzung solcher Ansprüche durch das Vormundschaftsgericht ausgeschlossen werden soll. Diese Zinsansprüche finden materiellrechtlich - wie nachstehend noch auszuführen ist - ihre Grundlage im BGB und sind akzessorisch von dem Bestand des Hauptanspruches auf Aufwendungsersatz und Vergütung abhängig. Die Zuständigkeitsvorschrift des § 56 g Abs. 1 FGG schließt die Entstehung von Zinsansprüchen nach materiellem Recht nicht aus. Die Auffassung des OLG Celle müßte deshalb in ihrer Konsequenz dazu führen, daß solche Zinsansprüche isoliert gegen die Staatskasse gerichtlich geltend gemacht werden müßten, und zwar je nach der Qualifizierung als dem Privatrecht oder dem öffentlichen Recht zuzuordnende Ansprüche entweder im Zivilprozeß oder im verwaltungsgerichtlichen Verfahren. Die Zuständigkeitsvorschrift des § 56 g Abs. 1 FGG bezweckt indessen ersichtlich eine Vereinfachung des gerichtlichen Verfahrens zur Entscheidung über die Höhe des dem Betreuer zustehenden Anspruchs auf Aufwendungsersatz und Vergütung, nicht aber eine kaum nachvollziehbare Erschwerung der Anspruchsverfolgung, soweit es um die von dem Hauptanspruch abhängige, nach materiellem Recht begründete Nebenforderung auf eine Verzinsung geht.

So zu entscheiden ist der Senat nicht durch eine Vorlagepflicht nach § 28 Abs. 2 FGG gehindert. Hat das Oberlandesgericht, von dessen Auffassung der Senat abweichen will, für seine Entscheidung eine Hilfsbegründung angeführt, so entsteht eine Vorlagepflicht gem. § 28 Abs. 2 FGG nur dann, wenn der Senat auch von dieser Hilfsbegründung abweichen wollte (BGH NJW-RR 1987, 1036 = Rpfleger 1988,18). Die genannte Entscheidung des OLG Celle enthält eine Hilfsbegründung, in der der in dem dortigen Verfahren geltend gemachten Zinsanspruch auch aus materiell-rechtlichen Gründen verneint worden ist, weil die Fälligkeit des Vergütungsanspruches erst mit der Festsetzungsentscheidung des Vormundschaftsgerichts begründet werde. Von dieser Hilfsbegründung weicht der Senat - wie die nachstehenden Ausführungen ergeben - nicht ab, so daß eine Vorlagepflicht entfällt.

Für die Beurteilung der sachlichen Zuständigkeit des Vormundschaftsgerichts kommt es im übrigen lediglich auf die materiell-rechtliche Verknüpfung von Haupt- und Nebenforderung, nicht auf die zeitliche Reihenfolge ihrer Geltendmachung an. Unerheblich ist daher, daß der Beteiligte zu 1) mit seinem ursprünglichen Festsetzungsantrag zunächst ausschließlich den Anspruch auf Vergütung und Auslagenersatz in der Hauptsache verfolgt und erst zeitlich nachfolgend mit einem gesonderten Antrag die Festsetzung eines Zinsanspruches anstrebt. So ist etwa für das Kostenfestsetzungsverfahren nach den §§ 103 ff. ZPO anerkannt, daß der Antrag auf Verzinsung des in der Hauptsache festgesetzten Betrages auch nach Rechtskraft des Kostenfestsetzungsbeschlusses nachgeholt Werden kann (vgl. etwa Zöller/Herget, ZPO, 23. Aufl., §§ 103, 104, Rdnr. 6). Auch insoweit kann für das Verfahren nach § 56 g Abs. 1 FGG nichts anderes gelten.

Die Begründung des Festsetzungsantrags durch den Hinweis auf die gesetzlichen Vorschriften der §§ 256, 288 BGB belegt, daß der Beteiligte zu 1) den Zinsanspruch als unselbständige Nebenleistung zur Hauptforderung geltend macht. Insbesondere läßt sich entgegen der Auffassung des Leiters des Dezernats 10 dem Vorbringen des Beteiligten zu 1) nicht entnehmen, daß er einen Schadensersatzanspruch wegen einer schuldhaften Amtspflichtverletzung von Justizbediensteten erheben will, über den zu entscheiden ausschließlich die ordentlichen Gerichte berufen wären (Art. 34 S. 3 GG). Denn der Beteiligte zu 1) will die Verzinsung offenkundig aufgrund der von ihm angeführten Vorschriften allein deshalb und unabhängig von einer schuldhaften Amtspflichtverletzung eines Justizbediensteten beanspruchen, weil der festgesetzte Betrag erst am 16.08.2001 seinem Konto gutgeschrieben worden ist. Ob und inwieweit die von ihm angeführten oder andere Vorschriften den geltend gemachten Zinsanspruch sachlich rechtfertigen, ist eine Frage der sachlichen Begründetheit des Festsetzungsantrags.

In der Sache hält die Entscheidung des Landgerichts rechtlicher Nachprüfung nicht im vollem Umfang stand.

Zu Recht hat die Kammer allerdings die entsprechende Anwendbarkeit der Verzinsungspflicht nach § 104 Abs. 1 S. 2 ZPO auf den Anspruch des Betreuers auf Erstattung von Aufwendungsersatz und Vergütung aus der Staatskasse verneint. Die Vorschrift des § 104 Abs. 1 S. 2 ZPO enthält eine prozeßrechtliche Sondervorschrift, die auf das Prozeßrechtsverhältnis der Parteien des Zivilprozesses zugeschnitten ist. Sie kann deshalb im Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit nur entsprechende Anwendung finden, wo dies ausdrücklich gesetzlich geregelt ist (§ 13 a Abs. 3 FGG). Bei dem Anspruch des Beteiligten zu 1) auf Vergütung und Aufwendungsersatz handelt es sich hingegen im Ausgangspunkt um einen ihm aufgrund der Führung des Amtes als Betreuer zustehenden privatrechtlichen Anspruch (§§ 1835 Abs. 1, 1836 Abs. 2 BGB), dessen Höhe lediglich durch die Festsetzungsentscheidung nach § 56 g Abs. 1 FGG mit Gestaltungswirkung festgestellt wird. Eine Verpflichtung zur Verzinsung dieses Anspruchs kann sich deshalb ausschließlich aus den Vorschriften des BGB ergeben (BayObLG FamRZ 2002, 767; LG Stuttgart BtPrax 1999, 158, 159; Zimmermann FamRZ 2002; 1373, 1378; OLG Zweibrücken Rpfleger 2002, 477 zur Verzinsung der Vergütung eines Insolvenzverwalters).

Das Landgericht hat weiter ausgeführt, auch ein Zinsanspruch des Beteiligten zu 1) nach den §§ 284, 288 BGB scheide aus. Denn der Erstattungsanspruch des Beteiligten zu 1) gegen die Staatskasse sei dem öffentlichen Recht zuzuordnen. In diesem öffentlich-rechtlichen Rahmen finde jedoch eine entsprechende Anwendung der Verzugsregeln des BGB nicht statt. Vielmehr verbleibe es dabei, daß die Staatskasse lediglich im Rahmen der Amtshaftung (Art. 34 GG § 839 BGB) für die schuldhaft verzögerte Erfüllung des festgesetzten Anspruchs einzustehen habe.

Mit dieser Begründung kann ein Zinsanspruch des Beteiligten zu 1) jedenfalls im Ergebnis nicht verneint werden. Der Senat hat bereits gegen den Ausgangspunkt der Begründung des Landgerichts Bedenken. Denn der Anspruch des Betreuers auf Aufwendungsersatz und Vergütung (§§ 1835 Abs. 1, 1836 Abs. 2 BGB) ist als solcher zweifelsfrei privatrechtlicher Natur. Nach den §§ 1835 Abs. 4, 1836 a BGB richtet sich dieser Anspruch im Falle der Mittellosigkeit des Betroffenen zusätzlich auch gegen die Staatskasse, ohne daß der Anspruch gegen den Betroffenen erlischt, der vielmehr im Umfang der Befriedigung aus der Staatskasse auf diese kraft Gesetzes übergeht (§ 1836 e Abs. 1 S. 1 BGB). Das Festsetzungsverfahren nach § 56 g Abs. 1 FGG betrifft den Vergütungsanspruch unabhängig davon, ob er sich gegen den Betroffenen oder die Staatskasse richtet. Den gesetzlichen Vorschriften der §§ 1835 Abs. 4 S. 1, 1836 a BGB ist unmittelbar nichts dafür zu entnehmen, daß der Anspruch auf Aufwendungsersatz und Vergütung, soweit er sich wegen Mittellosigkeit des Betroffenen zusätzlich auch gegen die Staatskasse richtet, einer Umqualifizierung in das öffentliche Recht unterliegt. Dementsprechend wird in der Literatur (Soergel/Zimmermann, BGB, 13. Aufl., § 1836, Rdnr. 45) der Vergütungsanspruch des Betreuers auch insoweit als ein solcher privatrechtlicher Art qualifiziert, als er sich im Falle der Mittellosigkeit des Betroffenen gegen die Staatskasse richtet.

Allein der Umstand, daß die gesetzlichen Vorschriften über die Erstattung von Aufwendungsersatz und Vergütung aus der Staatskasse im Falle der Mittellosigkeit des Betroffenen der Entscheidung des BVerfG vom 01.07.1980 (NJW 1980, 2179 ff.) Rechnung tragen, in der die Notwendigkeit einer solchen Regelung aus dem Sozialstaatsprinzip in Anlehnung an die damaligen Vorschriften des Armenrechts (Prozesskostenhilfe) als "Sozialhilfe im Bereich der Rechtspflege" bezeichnet worden ist, läßt nicht notwendig darauf schließen, daß der Erstattungsanspruch in der Fassung der gesetzlichen Vorschriften durch das BtÄndG dem öffentlichen Recht zuzuordnen ist. Denn Empfänger der staatlichen Leistung ist der Betroffene, an dessen Stelle die Staatskasse den Anspruch des Betreuers erfüllt. Unabhängig davon beschränken sich die vom Landgericht gestützt auf eine Entscheidung des BGH (NJW 1982, 1277) herangezogenen Grundsätze über den Ausschluß der Geltung der Verzugsregeln auf öffentlich-rechtliche Über- und Unterordnungsverhältnisse; der Entscheidung des BGH lag die verzögerte Erfüllung eines Anspruchs auf enteignungsgleiche Entschädigung zugrunde. Die konkrete Ausgestaltung des Erstattungsanspruchs des Betreuers gegen die Staatskasse spricht hier eher gegen die Annahme, daß insoweit ein Über- und Unterordnungsverhältnis besteht.

Unabhängig davon läßt die Entscheidung des Landgerichts den auch in der genannten Entscheidung des BGH erwähnten Gesichtspunkt unberücksichtigt, daß neben den Verzugsregeln eine Verpflichtung zur Erstattung von Prozeßzinsen gem. § 291 BGB in Betracht kommt, die auch auf öffentlich-rechtliche Geldschulden Anwendung findet. Die Verzinsungspflicht nach dieser Vorschrift führt hier sogar zu einem früheren Zinsbeginn, als er sich nach Verzugsregeln ergeben würde, wenn in dem Schreiben des Beteiligten zu 1) vom 30.03.2001 eine verzugsbegründende Mahnung gesehen wird. Nach ständiger Rechtsprechung des BVerwG findet § 291 S. 1 BGB im öffentlichen Recht analoge Anwendung, wenn das einschlägige Fachgesetz keine gegenteilige Regelung trifft. Die Heranziehung der Vorschrift setzt im übrigen voraus, daß der (Verwaltungs-)Prozeß mit der Zuerkennung einer eindeutig bestimmten Geldforderung endet, sei es durch Verurteilung zur Zahlung, sei es durch Verpflichtung zum Erlaß eines entsprechenden Leistungsbescheids (NJW 1995, 3135, NJW 1998, 3368 jeweils m.w.N). Wollte man also den Erstattungsanspruch des Betreuers gegen die Staatskasse als öffentlich-rechtlichen qualifizieren, so eröffnet die Zuerkennung eines bestimmten Betrages durch den im Festsetzungsverfahren nach § 56 g Abs. 1 FGG ergangenen Beschluß die Möglichkeit einer entsprechenden Anwendung des § 291 S. 1 BGB. Ein fachgesetzlicher Ausschluß des § 291 BGB besteht für den Erstattungsanspruch des Betreuers gegen die Staatkasse nicht. Die in der Stellungnahme des Leiters des Dezernats 10 erwähnten Sondervorschriften der §§ 10 Abs. 4 GKG, 17 Abs. 4 KostO, 8 Abs. 4 GVKostG jeweils in der Fassung durch das ERJuKoG vom 10.12.2001 betreffen einen völlig anderen Regelungsbereich, nämlich den Ausschluß einer Verzinsung des Erstattungsanspruchs eines Beteiligten aus der Überzahlung von Kosten, der mit der Verzögerung der Erfüllung des festgesetzten Anspruchs des Betreuers auf Aufwendungsersatz und Vergütung aus der Staatskasse in keinem sachlichen Zusammenhang steht.

Wird die Verpflichtung zu einer Geldleistung erst durch eine gestaltende gerichtliche Entscheidung begründet, so kann die Verzinsungspflicht gem. § 291 S. 2 BGB erst mit dem Eintritt der Rechtskraft dieser Entscheidung beginnen (Staudinger/Löwisch, BGB, 13. Bearbeitung, § 291, Rdnr. 9; MK/BGB-Thode, 4. Aufl., § 291, Rdnr. 9). Dementsprechend kann die Verzinsungspflicht für den Anspruch auf Aufwendungsersatz und Vergütung des Betreuers frühestens mit der Rechtskraft des Festsetzungsbeschlusses beginnen, weil die Höhe des Anspruchs erst durch die Festsetzungsentscheidung konstitutiv begründet wird (BayObLG FamRZ 2002, 767 betr. die Verzinsungspflicht des nicht mittellosen Betroffenen).

Der Festsetzungsbeschluß des Amtsgerichts vom 23.11.2000 ist hier erst durch die Bekanntmachung der Beschwerdeentscheidung des Landgerichts vom 14.02.2001 in formelle Rechtskraft erwachsen. Der Eintritt der formellen Rechtskraft der Entscheidung des Amtsgerichts wurde zunächst dadurch gehemmt, daß der Beteiligte zu 2) gegen diese Entscheidung mit Schriftsatz vom 31.01.2001 rechtzeitig sofortige Beschwerde eingelegt hat. Dem steht nicht entgegen, daß sich sein Rechtsmittel nur gegen einen geringen Teil von 222,43 DM des insgesamt festgesetzten Betrages von 4.342,54 DM richtete. Die Teilanfechtung führt zur Hemmung des Eintritts der formellen Rechtskraft insgesamt, es sei denn, daß wegen des nicht angegriffenen Teils ein Rechtsmittelverzicht erklärt ist (BGH NJW 1992, 2296). Für einen solchen Rechtsmittelverzicht ergeben sich aus der Beschwerdeschrift des Beteiligten zu 2) vom 31.01.2001 jedoch keine hinreichenden Anhaltspunkte, so daß er bis zur Entscheidung des Landgerichts nicht gehindert gewesen wäre, sein Beschwerdeziel zu erweitern. Unanfechtbar wurde die Entscheidung des Amtsgerichts deshalb erst dadurch, daß das Landgericht die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 1) durch Beschluß vom 14.02.2001 zurückgewiesen und auch die sofortige weitere Beschwerde nicht zugelassen hat (§ 56 g Abs. 5 S. 2 FGG). Diese Wirkung ist mit der Bekanntmachung der Entscheidung an die Verfahrensbeteiligten eingetreten, die zuletzt am 07.03.2001 gegenüber dem Beteiligten zu 2) erfolgt ist.

Zu verzinsen ist danach der festgesetzte Betrag von 4.342,54 DM für den Zeitraum vom 07.03. bis zum 16.08.2001. Der Zinssatz beträgt nach § 291 S. 3 BGB in Verbindung mit § 288 Abs. 1 S. 1 BGB in der vom 01.05.2000 bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung 5% über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜG, somit 9,26 %. Für 162 Tage ergibt sich danach ein Zinsbetrag von 178,47 DM, umgerechnet 91,25 Euro.

Daneben stehen dem Beteiligten zu 1) für den davor liegenden Zeitraum seit dem 26.11.2000 Zinsen auf den festgesetzten Anspruch auf Aufwendungsersatz in Höhe von 740,74 DM zu. Dies folgt aus der Vorschrift des § 256 BGB, die der Beteiligte zu 1) ausdrücklich zur Begründung seines Festsetzungsantrages angeführt hat. Danach hat derjenige, der zum Ersatz von Aufwendungen verpflichtet ist, den aufgewendeten Betrag von der Zeit der Aufwendung an zu verzinsen, und zwar mit dem gesetzlichen Zinssatz von 4% (§ 246 BGB). Diese Verzinsungspflicht gilt auch für Aufwendungen des Betreuers im Rahmen der Führung der Betreuungsgeschäfte. Umfaßt der Anspruch des Betreuers auf Aufwendungsersatz somit die darauf gem. § 256 BGB anfallenden Zinsen, erstreckt sich im Falle der Mittellosigkeit des Betroffenen die Erstattungspflicht der Staatskasse gem. § 1835 Abs. 4 S. 1 auch auf diesen Zinsanspruch (BayObLG BtPrax 2001, 39).

Daraus folgt ein weiterer Anspruch auf Verzinsung des Betrages von 740,74 DM in dem Zeitraum vom 26.11.200 bis zum 06.03.2001. Für insgesamt 99 Zinstage ergibt sich so ein Zinsbetrag von 8,04 DM, umgerechnet 4,11 Euro.

Insgesamt beläuft sich der dem Beteiligten zu 1) in Abänderung der Entscheidung des Amtsgerichts zuzuerkennende Zinsanspruch somit auf 95,36 Euro, während es bei der Zurückweisung seines weitergehenden Festsetzungsantrags zu verbleiben hat.

Über die Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde war nach § 13 a Abs. 1 S. 1 FGG gemäß billigem Ermessen zu entscheiden. Der Teilerfolg des Rechtsmittels des Beteiligten zu 1) gibt allein keinen hinreichenden Grund, von dem Grundsatz abzuweichen, daß im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten jeweils selbst zu tragen haben.

Die Wertfestsetzung für das Verfahren dritter Instanz beruht auf den §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 1 KostO.

Ende der Entscheidung

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