Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 08.10.2007
Aktenzeichen: 15 W 155/07
Rechtsgebiete: PStG, BGB, FGG


Vorschriften:

PStG § 45
PStG § 45 Abs. 2 S. 1
PStG § 45 Abs. 2 S. 2
PStG § 48 Abs. 1
PStG § 49 Abs. 1 S. 2
PStG § 47
PStG § 47 Abs. 1 S. 1
BGB § 1617 Abs. 2 S. 4
FGG § 27
FGG § 29
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die weitere Beschwerde wird als unzulässig verworfen.

Gründe:

I.

Die Beteiligte zu 1) ist portugiesische Staatsangehörige, der Beteiligte zu 2) deutscher Staatsangehöriger. Bei ihrer Eheschließung am ##.##.2003 in Werther haben sie für die Namensführung in ihrer Ehe portugiesisches Recht gewählt. Danach führen die Beteiligte zu 1) den Familiennamen "N" und der Beteiligte zu 2) den Familiennamen "T".

Die Beteiligten zu 1) und 2) haben durch Erklärung gegenüber dem Standesbeamten vom 23.06.2003 für die Namensführung ihres am 20.06.2003 geborenen gemeinsamen Kindes portugiesisches Recht gewählt. Darauf gestützt haben sie dem Kind den Familiennamen "N Blotenberg T" erteilt. Zu dieser Namenswahl sehen sie sich aufgrund der Vorschrift des Art. 103 Abs. 2 lit. e des protugiesischen Zivilstandsgesetzes berechtigt. Nach dieser Vorschrift können dem Kind bis zu 4 Nachnamen erteilt werden, die "beiden oder einem der Eltern des Einzutragenden gehören oder auf die einer von ihnen Anspruch hat." Bei dem gewählten Namen "Blotenberg" handelt es sich um den Geburtsnamen der Mutter des Beteiligten zu 2); diese führt nach ihrer Eheschließung ausschließlich den Ehenamen "T". Die Beteiligten zu 1) und 2) machen in diesem Zusammenhang unter Vorlage einer Stellungnahme des Zentralen Portugiesischen Standesamts vom 28.11.2003 geltend, nach portugiesischem Recht könnten traditionell Großelternnamen den Kindern als Bestandteil ihres Familiennamens auch dann gegeben werden, wenn - wie hier - der entsprechende Elternteil des Kindes diesen Namen selbst nicht führe. Sie dürften daher nicht gegenüber anderen portugiesischen Eltern benachteiligt werden, nur weil ein Elternteil deutsch sei. Sie legten auch deshalb einen großen Wert darauf, dass ihr Sohn den Namen "Blotenberg" führe, weil ihre Familie einen engen Bezug zu dem Namen habe. Der Blotenberg als Namensgeber liege ca. 300 m und in Sichtweite von ihrem Haus entfernt und ihre Familiengeschichte der letzten 450 Jahren sei seit Johan Blotenberg, der im Jahr 1556 mit seiner Familie auf dem Blotenhof gelebt und gearbeitet habe, fast vollständig belegt.

Der mit der Beurkundung der Geburt des Kindes befasste Standesbeamte hat wegen seiner Zweifel, ob die erfolgte Namenserteilung rechtlich wirksam sei, weil die Mutter des Beteiligten zu 2) ihren Geburtsnamen "Blotenberg" nach ihrer Eheschließung nicht weiterführt, mit Schreiben vom 26.06.2003 gem. § 45 Abs. 2 S. 1 PStG die Entscheidung des Amtsgerichts darüber herbeigeführt, ob der Familienname des Kindes in der von den Beteiligten zu 1) und 2) gewünschten Weise zu beurkunden ist. Das Amtsgericht hat es mit Beschluss vom 11.11.2003 abgelehnt, den Standesbeamten anzuweisen, den Familiennamen des Kindes mit einer Namensfolge zu beurkunden, die den Namen "Blotenberg" enthält.

Gegen diesen Beschluss haben die Beteiligten zu 1) und 2) mit Schreiben vom 27.12.2003 Beschwerde mit dem Ziel der Beurkundung des Familiennamens in der von ihnen gewünschten Weise eingelegt. Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Rechtsgutachtens des Prof. Dr. I, Direktor des Instituts für ausländisches internationales Privatrecht der Universität G, zu der Frage, ob ein Kind nach portugiesischem Recht neben einem Nachnamen seiner portugiesischen Mutter und dem Nachnamen seines deutschen Vaters den Geburtsnamen seiner deutschen Großmutter väterlicherseits als weiteren Nachnamen führen kann, wenn die Großmutter diesen Nachnamen selbst nach ihrer Eheschließung nicht mehr geführt hat und die Eltern ihn auch nicht geführt haben. Der Sachverständige ist in seinem Gutachten vom 29.05.2004 zu dem Ergebnis gekommen, dass nach dem hier maßgeblichen portugiesischen Recht der Name der Großmutter väterlicherseits für die Namensbildung des betroffenen Kindes nicht zur Verfügung stehe, weil diese infolge Eheschließung ihren Geburtsnamen "Blotenberg" nicht mehr führe. Für diese Vorfrage verbleibe es nach dem insoweit anzuwendenden Namensstatut des Beteiligten zu 2) bei der Anwendung deutschen Rechts.

Die Beteiligten zu 1) und 2) haben ausführlich zu dem Gutachten Stellung genommen und eine vom portugiesischen Generalkonsulat am 01.07.2004 ausgestellte Bescheinigung über den Geburtseintrag des Kindes und einen portugiesischen Reisepass vom 20.06.2004 vorgelegt, in denen der Familienname des Kindes jeweils "N Blotenberg T" lautet.

Das Landgericht ist den Ausführungen des Sachverständigen gefolgt und hat daher mit Beschluss vom 05.07.2004 die Beschwerde zurückgewiesen.

In der Folgezeit ist die Entscheidung des Landgerichts zunächst nicht angefochten worden. Das Familiengericht Halle hat durch Beschluss vom 16.09.2005 gem. § 1617 Abs. 2 S. 4 BGB das Bestimmungsrecht für den Geburtsnamen des Kindes der Beteiligten zu 1) übertragen. Der Standesbeamte hat daraufhin die Geburt des Kindes abschließend mit dem Familiennamen "N" beurkundet.

Der Beteiligte zu 3) hat in einem gesonderten Verfahren (3 III 140/06 AG Bielefeld) am 05.12.2006 bei dem Amtsgericht gem. § 47 Abs. 2 S. 1 PStG beantragt, den Geburtseintrag des Kindes dahin zu berichtigen, dass sein Familienname "N Blotenberg T" laute. In der portugiesischer Geburtsurkunde vom 14.06.2004 und dem portugiesischen Reisepass vom 01.07.2004 laute der Familienname des Kindes "N Blotenberg T". Die portugiesischen Behörden legten das Namensrecht und insbesondere Art. 103 Abs. 2 lit. e des Zivilstandsgesetzes weit aus, so dass einem Kind jeder Familienname erteilt werde könne, der nachweislich einem Familienangehörigen des Vaters oder der Mutter in aufsteigender Linie gehört habe, und zwar unabhängig vom Grad der Verwandtschaft und davon, ob sie auch Bestandteil des Namens der Eltern waren. Die EU-Kommission gehe in ihrer Stellungnahme vom 14.01.2005 zu dem EUGH-Urteil vom 02.10.2003 (C-148/02 "Gracia Vello/Belgien") davon aus, dass es in Deutschland zulässig sein müsse, das Kind unter demselben Namen einzutragen wie es bereits in anderen Mitgliedsstaaten eingetragen sei. Da zudem aufgrund des Beschlusses des Amtsgerichts Bielefeld vom 26.09.2006 (Az. 3 III 96/06) ein Geschwisterkind des betroffenen Kindes auf den Namen "N Q Blotenberg T" eingetragen worden sei, bestünden nunmehr erhebliche Zweifel daran, dass als Familienname des betroffenen Kindes nicht der von den Eltern gewünschte Name "N Blotenberg T" beurkundet worden sei. Eine Sachentscheidung in diesem Verfahren ist bislang nicht getroffen worden.

Stattdessen hat der Beteiligte zu 3) einer Anregung des Amtsgerichts folgend nunmehr mit Schreiben vom 28.03.2007 gegen den in dem vorliegenden Verfahren ergangenen Beschluss des Landgerichts weitere Beschwerde mit dem Antrag eingelegt, den Standesbeamten anzuweisen, die Geburt des Kindes mit dem beantragten Familiennamen "N Blotenberg T" zu beurkunden.

Die Beteiligten zu 1) und 2) haben sich zustimmend zur Rechtsbeschwerde geäußert.

II.

Die weitere Beschwerde ist zwar nach den §§ 49 Abs. 1 S. 2, 48 Abs. 1 PStG, 27, 29 FGG an sich statthaft sowie formgerecht eingelegt worden. Sie ist gleichwohl unzulässig, weil in Ansehung des erstinstanzlichen Verfahrensgegenstandes eine Erledigung der Hauptsache eingetreten ist, die die Fortführung des Verfahrens mit dem Ziel einer Sachentscheidung ausschließt.

Im gerichtlichen Verfahren nach dem PStG wird der Verfahrensgegenstand durch die in erster Instanz gestellten Sachanträge für alle Instanzen begrenzt (vgl. Johansson/Sachse, Anweisungs- und Berichtigungsverfahren in Personenstandssachen, Rn. 1423 m.w.N.). Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist die Vorlage des Standesbeamten gemäß § 45 Abs. 2 S. 1 PStG zur Herbeiführung einer gerichtlichen Entscheidung über die Beurkundung des Familiennamens des Kindes in der von den Beteiligten zu 1) und 2) gewünschten Weise. Diese Vorlage bewirkt nach § 45 Abs. 2 S. 2 PStG, dass die beantragte Amtshandlung als abgelehnt gilt. Der mit der weiteren Beschwerde gestellte Antrag mit dem Ziel, den Standesbeamten zur Vornahme gerade dieser Amtshandlung anzuweisen, hält sich zwar im Rahmen dieses Verfahrensgegenstandes, berücksichtigt indessen nicht hinreichend, dass die beantragte Anweisung aus verfahrensrechtlichen Gründen infolge der inzwischen eingetretenen Entwicklung nicht getroffen werden kann. Denn zwischenzeitlich ist der Geburtseintrag bereits abgeschlossen. Ein abgeschlossener Eintrag kann aber nur auf Anordnung des Gerichts nach § 47 Abs. 1 S. 1 PStG berichtigt werden. Wie die im Gesetz hervorgehobene Unterscheidung der Verfahren nach § 45 PStG einerseits und § 47 PStG andererseits zeigt, handelt es sich um unterschiedliche Verfahrensgegenstände. Diese Unterscheidung schließt es aus, ein durch eine Zweifelsvorlage des Standesbeamten nach § 45 Abs. 2 S. 1 PStG eingeleitetes Verfahren, das vorläufig mit einer Entscheidung zweiter Instanz abgeschlossen worden ist, durch die die Ablehnung der beantragten Amtshandlung (§ 45 Abs. 2 S. 2 PStG) bestätigt worden ist, nach Vornahme einer anderweitigen Beurkundung in dritter Instanz mit dem allein denkbaren Ziel der Berichtigung auf Antrag der Standesamtsaufsicht (§ 47 Abs. 2 S. 1 PStG) fortzusetzen. Hier kommt hinzu, dass der Beteiligte zu 3) einen entsprechenden Berichtigungsantrag bei dem Amtsgericht bereits gestellt hat, über den noch nicht entschieden ist. Es kann daher nur dieses Berichtigungsverfahren weiterbetrieben werden, um dem mit der weiteren Beschwerde verfolgten Ziel zum Erfolg zu verhelfen. Dabei steht dem Berichtigungsantrag das vorliegende Verfahren nicht entgegen, weil die Entscheidungen im personenstandsgerichtlichen Verfahren nicht in materielle Rechtskraft erwachsen.

Ohne Bindungswirkung weist der Senat in der Sache darauf hin, dass gegen eine Entscheidung im Sinne der von dem Beteiligten zu 3) beantragten Berichtigung keine durchgreifenden Bedenken bestehen dürften. Zwar hat der Sachverständige Prof. Dr. I mit überzeugenden Ausführungen seine Auffassung begründet, dass im Rahmen der herkömmlichen international-privatrechtlichen Ableitung die im Rahmen des Art. 103 Abs. 2 lit. e des portugiesischen Zivilstandsgesetzes aufgeworfene Vorfrage nach dem Recht zur Namensführung in der Linie der väterlichen Verwandten des Kindes nur nach deutschem Recht beantwortet werden könne. Aus der Sicht des Senats hätte das Landgericht ergänzend die tatsächliche Rechtspraxis in den Blick nehmen sollen, die es nicht ausgeschlossen erscheinen lässt, dass die portugiesischen Behörden ohne Rücksicht auf diese juristischen Bedenken in Ansehung der Möglichkeiten zur Namensbildung des Kindes die Zulässigkeit der Namensführung innerhalb der Linie seiner väterlichen Verwandten ebenfalls nach portugiesischen Rechtsvorstellungen beurteilen, diese Verwandten des Kindes also wenn auch nur in dem vorliegenden Zusammenhang - wie portugiesische Staatsangehörige behandeln. Durch die vorgelegte Geburtsurkunde des portugiesischen Generalkonsulats vom 01.07.2004 und den portugiesischen Reisepass vom 20.06.2004 haben die Beteiligten zu 1) und 2) jedenfalls belegt, dass die portugiesischen Behörden im hier vorliegenden Fall das portugiesische Recht tatsächlich abweichend von der juristischen Ableitung des Sachverständigen angewandt haben. Daraus wird ggf. auf eine entsprechende allgemeine Anwendungspraxis der portugiesischen Behörden geschlossen werden können.

Eine Entscheidung über die Erstattung außergerichtlicher Auslagen ist nicht veranlasst.

Ende der Entscheidung

Zurück