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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 25.10.2007
Aktenzeichen: 15 W 180/07
Rechtsgebiete: WEG, FGG, BGB


Vorschriften:

WEG § 24
WEG § 26
WEG § 27
WEG § 43
WEG § 45 a.F.
WEG § 47 S. 1
WEG § 47 S. 2
WEG § 48 Abs. 3
WEG § 62 Abs. 1 n.F.
FGG § 27
FGG § 29
BGB § 662
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde wird mit der klarstellenden Maßgabe zurückgewiesen, dass der Beteiligte zu 2) verpflichtet ist, einen Betrag in Höhe von 1.533,88 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basissatz seit dem 09.11.2005 an die Wohnungseigentümergemeinschaft S-Straße 32, C, zu Händen der Verwalterin, der I Immobilienservice GmbH, diese vertreten durch den Geschäftsführer F, I-Straße, C, zu zahlen.

Die Gerichtskosten des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde werden dem Beteiligten zu 2) auferlegt. Eine Erstattung außergerichtlicher Auslagen findet nicht statt.

Der Geschäftswert wird auf 1.533 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die zu 1) beteiligte Wohnungseigentümergemeinschaft nimmt den zu 2) beteiligten Antragsgegner auf Erstattung zu Unrecht aus der Gemeinschaftskasse entnommener Beträge in Anspruch. Dem liegt folgendes zugrunde:

Der Beteiligte zu 2) ist Eigentümer der im Erdgeschoss gelegenen Wohnung Nr. 1. In der Vergangenheit nahm er, ohne zum Verwalter bestellt worden zu sein, Aufgaben der Verwaltung wahr. Hierbei verfügte er seit 1999 auch über zwei Konten, die die Gemeinschaft bei der Sparkasse unterhält.

Nachdem der Miteigentümer I im Juli 2001 die auf der Grundstücksgrenze stehenden Tannen beschnitten hatte, veranlasste der Beteiligte zu 2) die Rodung der Tannen und die Anpflanzung des gerodeten Grundstücks mit Kirschlorbeersträuchern durch den G- und Landschaftspflegebetrieb Q. Die hierfür anfallenden Kosten in Höhe von 1.533,88 € (= 3.000 DM) bezahlte der Beteiligte zu 2) aus Mitteln der Gemeinschaftskasse. Sämtliche neu eingepflanzten Kirschlorbeersträucher gingen nach nur kurzer Zeit ein und wurden im Jahr 2002 durch Koniferen ersetzt.

Die Beteiligten zu 1) bis 6) sind der Auffassung, der Beteiligte zu 7) sei zur Erstattung der im Jahr 2001 eigenmächtig aus der Gemeinschaftskasse entnommenen 1.533,88 € verpflichtet.

Soweit sie in der ersten und zweiten Instanz weiter beantragt hatten, den Beteiligten zu 2) zur Zahlung von 25 % der für die Neupflanzung im Jahr 2002 angefallenen Kosten von 1.186,56 € zu verpflichten, weil er nach der Teilungserklärung gehalten sei, sämtliche Unterhaltungs- und Pflegekosten des ihm zugewiesenen Sondernutzungsrechts an einer Teilfläche des Gartens, die etwa 1/4 der Gesamtfläche des Gartens ausmache, zu tragen, ist dies nicht mehr Gegenstand des Verfahrens der weiteren Beschwerde.

Der Beteiligte zu 7) stellt in Abrede, eigenmächtig im Jahr 2001 die Kirschlorbeersträucher eingepflanzt zu haben. Er behauptet, er habe am 27.07.2001 auf dem Balkon der Eheleute N und M mit diesen und dem Wohnungseigentümer I "übereinstimmend" die Rodung der Tannen und die Neubepflanzung "beschlossen".

Die Vorinstanzen haben als Antragsteller die Wohnungseigentümer mit Ausnahme des Antragsgegners angesehen. Das Amtsgericht hat deren Antrag mit Beschluss vom 17.08.2006 zurückgewiesen, das Landgericht hat auf die rechtzeitig eingelegte sofortige Beschwerde der antragstellenden Wohnungseigentümer die Entscheidung des Amtsgerichts abgeändert und den Antragsgegner verpflichtet, einen Betrag in Höhe von 1.533,88 € an die Wohnungseigentümergemeinschaft, zu Händen des Verwalters F, zu zahlen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners.

II.

Die nach den §§ 62 Abs. 1 WEG n.F., 43, 45 WEG a.F., 27, 29 FGG statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde ist unbegründet, weil die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht.

Allerdings hat die Beschwerdekammer nicht widerspruchsfrei im Rubrum als Antragsteller die einzelnen Wohnungseigentümer mit Ausnahme des Antragsgegners bezeichnet, während sie zutreffend im Tenor die Eigentümergemeinschaft als Empfangsberechtigte des Geldes angesehen hat, zu dessen Zahlung sie den Antragsgegner verpflichtet hat. Denn aufgrund der im Jahr 2005 geänderten Rechtsprechung des BGH zur Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft (BGHZ 163, 154 = NJW 2005, 2061), die auch in dem zum 01.07.2007 in Kraft getretenen Wohnungseigentumsgesetz in § 10 Abs. 6 (BGBl. 2007 I, 370) übernommen worden ist, ist die rechts- und parteifähige Wohnungseigentümergemeinschaft als Inhaberin des geltend gemachten Anspruchs anzusehen, weil dieser zum Verwaltungsvermögen der Gemeinschaft gehört (§ 10 Abs. 7 WEG n.F.). Sie ist daher für die Geltendmachung und Durchsetzung dieses Anspruchs von vornherein allein zuständig. Der Senat hat daher das Rubrum klarstellend berichtigt und statt der übrigen Mitglieder der Eigentümergemeinschaft die Eigentümergemeinschaft selbst als teilrechtsfähigen Verband als Antragstellerin aufgeführt, die von den einzelnen Wohnungseigentümern mit Ausnahme des Antragsgegners vertreten wird. Der Senat hat keine Anhaltspunkte dafür, dass die Gemeinschaft nunmehr, nachdem sie zwischenzeitlich die Beteiligte zu 3) zur Verwalterin bestellt hat, diese nach § 27 WEG Abs. 2 Nr. 7 n.F. zur Weiterführung des Verfahrens beauftragt hat. Da das Landgericht im Tenor nicht die Verwalterin selbst, sondern nur deren Geschäftsführer aufgeführt hat, hat der Senat klarstellend auch den Tenor insoweit berichtigt.

In der Sache hält die Entscheidung des Landgerichts rechtlicher Überprüfung stand.

Das Landgericht hat ohne Rechtsfehler eine Pflicht des Beteiligten zu 2) bejaht, den von ihm aus der Gemeinschaftskasse entnommenen Betrag in Höhe von 1.533 € der Gemeinschaft zu erstatten.

Dabei ist es zutreffend davon ausgegangen, dass zwischen der Wohnungseigentümergemeinschaft und dem Antragsgegner ein Auftragsverhältnis i.S.d. § 662 BGB bestand, aus dem für den Beteiligten zu 2) die Pflicht entstand, mit der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt das Interesse der Gemeinschaft wahrzunehmen (vgl. Palandt/Sprau, 66. Aufl., § 662 Rn. 9). Dieses Auftragsverhältnis hatte zumindest den Inhalt, eingenommene Gelder zu verwalten und für die Gemeinschaft die Geschäfte, die im Zusammenhang mit den bei der Sparkasse Bielefeld geführten gemeinschaftlichen Konten anfallen, unentgeltlich zu besorgen. Im Hinblick darauf, dass bereits durch diese Aufgabenstellung des Beteiligten zu 2) erhebliche Vermögenswerte auf dem Spiel standen, unterscheidet sich die vorliegende Beauftragung von einem bloßen Gefälligkeitsverhältnis, dem im Unterschied zu einem Auftrag der Rechtsbindungswille fehlt (vgl. Palandt/Sprau, a.a.O., Einf. vor § 662 Rn. 4).

Auch wenn der weitere Pflichtenkreis des Beteiligten zu 2) nicht genau umschrieben war, so ergibt sich doch aus der Natur seines Auftrags, dass ihm beim Umgang mit den ihm anvertrauten Konten jedenfalls nicht weitreichendere Zuständigkeiten eingeräumt werden sollten als sie einem bestellten Verwalter zustehen. Gegenteiliges wird selbst vom Antragsgegner nicht geltend gemacht. Ein nach § 26 WEG bestellter Verwalter aber darf über die Konten der Gemeinschaft nur verfügen, soweit ihm dieses gesetzlich oder vertraglich erlaubt ist. Ausgaben aus gemeinschaftlichen Mitteln für bauliche Veränderungen des Gemeinschaftseigentums (§ 22 Abs. 1 WEG) darf ein Verwalter nur tätigen, wenn er hierzu ausdrücklich von der Gemeinschaft ermächtigt worden ist, insbesondere durch einen Mehrheitsbeschluss (vgl. § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG). Handelt er dieser Pflicht zuwider, so macht er sich schadensersatzpflichtig.

Selbst wenn der Beteiligte zu 2) daher mit allen Befugnissen eines von den Wohnungseigentümern bestellten Verwalters ausgestattet gewesen sein sollte, so durfte er nur dann mit Wirkung für und gegen die Wohnungseigentümer handeln, wenn er einen Handlungsauftrag aller Wohnungseigentümer hatte. Vorliegend gab es aber weder einen ihn ermächtigenden Beschluss der Wohnungseigentümer noch einen sonstigen mündlichen oder gar schriftlichen Auftrag von allen Miteigentümern, wie das Landgericht rechtsfehlerfrei ausgeführt hat.

Den Einwand des Beteiligten zu 2), er habe die "Beschlüsse" vom 21.07.2002 den übrigen Wohnungseigentümern übersandt und darauf keinen Widerspruch erhalten, hat das Landgericht zutreffend als unerheblich angesehen. Diese sogenannten "Beschlüsse" sind nicht in einer nach § 24 WEG einberufenen Wohnungseigentümerversammlung gefasst worden. Sie sind daher Scheinbeschlüsse (Senat WE 1993, 24) und entfalten schon daher keinerlei Rechtswirkungen, insbesondere auch nicht die Pflicht, den "Beschlüssen" bei Übersendung eines Protokolls zu widersprechen.

Soweit der Beteiligte zu 2) in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht eingewandt hat, er habe "vorab" mit allen Eigentümern telefoniert und deren Zustimmung eingeholt, hat das Landgericht das Vorbringen unbeanstandet von der Rechtsbeschwerde als unsubstantiiert angesehen.

Den Einwand des Beteiligten zu 2), aus der Beschlussfassung der Gemeinschaft vom 13.07.2002 zu TOP 5 ("Die Kosten für weitere Sträucher, mit denen die Grundstücksgrenze bepflanzt werden muss, trägt die Umlagenkasse") ergebe sich eine nachträgliche Genehmigung, hat das Landgericht zutreffend dahin beschieden, dass sich der Wortlaut nicht zu dem entnommenen Betrag verhalte. Aus dem Umstand, dass die Wohnungseigentümer am 13.07.2002 nicht einen ausdrücklichen Beschluss über die Tragung der Kosten für die erste Anpflanzung gefasst hat, kann daher entgegen der Rechtsbeschwerde weder geschlossen werden, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer im Jahr 2001 bereits einen entsprechenden Beschluss gefasst hat, noch dass die Gemeinschaft das Vorgehen des Beteiligten zu 2) genehmigt hat.

Der Beteiligte zu 2) hat daher seine Pflichten aus dem Auftragsverhältnis verletzt, indem er eigenmächtig das Forstunternehmen Q eingeschaltet und deren in Rechnung gestellten Leistungen mit den ihm anvertrauten Mitteln der Gemeinschaft beglichen hat. Der Gemeinschaft ist daher durch das Handeln des Beteiligten zu 2) ein Schaden in Höhe von 1.533 € entstanden. Der Einwand der Rechtsbeschwerde, es sei kein Schaden entstanden, ist unzutreffend, weil die von dem Unternehmen Q gelieferten und eingepflanzten Heckenpflanzen sämtlich eingegangen sind. Deshalb kommt eine den entstandenen Schaden mindernde Vorteilsausgleichung bereits im Ansatz nicht in Betracht.

Das Gesetz enthält hinsichtlich des Auftragsrechts keine Haftungsmilderung wie bei der Schenkung (§ 551 BGB), Leihe (§ 559 BGB) und unentgeltlichen Verwahrung (§ 690 BGB), obwohl auch der Auftrag unentgeltlich zu besorgen ist. Es gibt auch keinen allgemeinen Grundsatz des Inhalts, dass bei unentgeltlichen Vertragsverhältnissen der Schuldner nur die in eigenen Angelegenheiten übliche Sorgfalt anzuwenden braucht. Der Beauftragte haftet daher nach der ständigen Rechtsprechung des BGH auch für leichte Fahrlässigkeit (BGHZ 21, 102; 30, 40 = NJW 1959, 1221; WM 1963, 1229 = BB 1964, 100). Die Rechtsauffassung der Rechtsbeschwerde, eine Haftung komme nur bei gravierenden Rechtsverletzungen in Betracht, ist daher unbegründet. Für die Annahme einer stillschweigend vereinbarten Haftungsbeschränkung bietet der Sachverhalt keinen Anhaltspunkt.

Das Landgericht hat den Beteiligten zu 2) daher zutreffend zur Zahlung von 1.533 € an die Gemeinschaft verpflichtet. Die Ausführungen des Landgerichts hinsichtlich des geltend gemachten Zinsanspruchs sind zutreffend und werden mit der Rechtsbeschwerde auch nicht angegriffen.

Da das Rechtsmittel unbegründet ist, entspricht es der Billigkeit, dem Beteiligten zu 2) die Gerichtskosten des Verfahrens der sofortigen weiteren aufzuerlegen, § 47 S. 1 WEG. Demgegenüber bestand keine Veranlassung, ihm ausnahmsweise auch die außergerichtlichen Auslagen der Beteiligten zu 1) aufzuerlegen, zumal die Vorinstanzen in der Sache unterschiedlich entschieden haben, § 47 S. 2 WEG.

Die Wertfestsetzung beruht auf § 48 Abs. 3 WEG.

Ende der Entscheidung

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