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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 31.03.2005
Aktenzeichen: 15 W 189/04
Rechtsgebiete: FGG, BGB, GmbHG


Vorschriften:

FGG § 27
FGG § 29
BGB § 76 Abs. 2 S. 2
GmbHG § 67 Abs. 1
GmbHG § 67 Abs. 1 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Der angefochtene Beschluss und der Beschluss des Amtsgerichts Coesfeld vom 29. Januar 2004 werden aufgehoben.

Gründe: I. Der Kaufmann I ist der alleinige Gesellschafter und Geschäftsführer der Firma B GmbH mit Sitz in W. Zu notarieller Urkunde des Notars N vom 19. August 2003 (UR.-Nr. ###/2003) erklärte er die Auflösung der GmbH und bestellte sich selbst zum alleinigen Liquidator der Gesellschaft. Der Urkundsnotar meldete mit Schriftsatz vom 22. August 2003 die Auflösung und den Liquidator zur Eintragung im Handelsregister an. Nach vorangegangenen Zwischenverfügungen vom 7. November und 8. Dezember 2003 wies das Amtsgericht durch Beschluss vom 29. Januar 2004 den Eintragungsantrag zurück. Die hiergegen gerichtete Beschwerde wies das Landgericht durch Beschluss vom 19. Februar 2004 zurück. Gegen diesen Beschluss richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten. II. Die weitere Beschwerde ist nach den §§ 27, 29 FGG statthaft sowie formgerecht eingelegt Die Beschwerdebefugnis der Beteiligten folgt bereits daraus, dass ihre erste Beschwerde ohne Erfolg geblieben ist. In der Sache hat das Rechtsmittel Erfolg, weil die Entscheidung des mit einer zulässigen Erstbeschwerde befasst gewesenen Landgerichts auf einer Verletzung des Rechts beruht (§ 27 Abs. 1 S. 1 FGG). In der Sache hat das Landgericht die Zurückweisung des Eintragungsantrages durch das Amtsgericht mit folgender Begründung aufrechterhalten: Für die werbende Gesellschaft entspreche es gefestigter Rechtsprechung, dass die Vertretungsbefugnis eines einzelnen oder mehrerer Geschäftsführer auf der Grundlage der gesetzlichen Regelung oder abweichender Gesellschafterbeschlüsse zum Handelsregister anzumelden seien. Vor dem Hintergrund der Koordinierung des Gesellschaftsrechts innerhalb der Europäischen Union und den dazu ergangenen Richtlinien solle es insbesondere ausländischen Interessenten ermöglicht werden, ohne eine Überprüfung des nationalen Rechts die Vertretungsverhältnisse unmittelbar dem Handelsregister zu entnehmen. Ein hinreichender Grund, insoweit zwischen einer werbenden und einer auf Abwicklung ausgerichteten Gesellschaft zu differenzieren, bestehe angesichts der zwischenzeitlich eingetretenen Rechtsentwicklung nicht. Im Zuge der Harmonisierung des Registerrechts innerhalb der Europäischen Union seien mit Inkrafttreten des Gesetzes über elektronische Register und Justizkosten für Telekommunikation (ERJuKoG) insbesondere die Vorschriften über das Vereinsrecht, und dort die Vorschriften über die Liquidation geändert worden. Aus der Neuregelung in § 76 Abs. 2 S. 2 BGB, wonach bei der Anmeldung der Umfang der Vertretungsmacht der Liquidatoren anzugeben sei, ergebe sich der Wille des Gesetzgebers, bereits von vorn herein generell die Angaben zur Vertretungsmacht auf die ursprüngliche Regelung als auch bezüglich späterer Änderungen zu erstrecken, um einem ausländischen Interessenten ohne Nachforschungen im nationalen Recht allein anhand der Registereintragung die Vertretungsverhältnisse zu offenbaren. Da der Gesetzgeber in dem Bestreben, eine einheitliche Rechtslage zu schaffen, das Recht des eingetragenen Vereins dahingehend ausgestaltet habe, erscheine es nicht mehr gerechtfertigt, für andere juristische Personen - wie eine GmbH in Liquidation - eine abweichende Auslegung der gesetzlichen Vorschriften zur Eintragung vorzunehmen. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung durch den Senat nicht stand. Der Senat hat bereits in dem von der Beteiligten in den Vorinstanzen zitierten Beschluss vom 27. August 1987 (NJW-RR 1988, 221, dem zustimmend: Roth/Altmeppen, GmbHG, 4. Aufl., § 67 Rdn. 3; Scholz/Schmidt, GmbHG, 8. Aufl., § 67 Rdn. 4; Baumbach/Hueck-Schulze-Osterloh, GmbHG, 17. Aufl., § 67 Rdn. 3; a.A. Lutter/Kleindiek, GmbHG, 15. Aufl., § 67 Rdn. 9; Rowedder/Rasner, GmbHG, 4. Aufl., § 67 Rdn. 2, vgl. zum Meinungsstand auch Michalski, GmbhG, 1. Aufl., § 67 Rdn. 9) ausgeführt, dass die Anmeldung der alleinigen Vertretungsmacht des alleinigen Liquidators zum Handelsregister genügt, wenn nur dieser zum ersten Liquidator der Gesellschaft bestellt worden ist. In diesen Fällen bedarf es keiner Anmeldung darüber, welche Vertretungsmacht etwaigen künftig möglicherweise berufenen mehreren Liquidatoren zustehen soll und dies zusammengefasst wie folgt begründet: Aus der gesetzlichen Regelung des § 67 Abs. 1 S. 1 GmbHG ergebe sich, dass die ersten Liquidatoren sowie ihre Vertretungsbefugnis durch die Geschäftsführer und jeder Wechsel der Liquidatoren und jede Änderung ihrer Vertretungsbefugnis durch die Liquidatoren zum Handelsregister anzumelden seien. Danach unterscheide das Gesetz bei den anmeldepflichtigen Tatsachen nach ihrer zeitlichen Aufeinanderfolge. Anzumelden seien zunächst die "ersten" Liquidatoren und deren Vertretungsbefugnis. Ein Wechsel der Liquidatoren und /oder eine Änderung ihrer Vertretungsbefugnis seien Tatsachen, die - wenn überhaupt - erst später eintreten und infolgedessen auch erst nach ihrem Eintreten angemeldet werden müssen. Der Wortlaut des Gesetztes erlaube demnach keinen Zweifel daran, dass zu Beginn des Liquidationsstadiums zunächst nur die bestellten Liquidatoren - bzw. ein zuerst bestellter einzelner Liquidator - und deren - bzw. seine - Vertretungsbefugnis anzumelden sei. § 67 Abs. 1 GmbHG mache die Identität der Liquidatoren und deren Vertretungsverhältnisse zu eintragungspflichtigen Tatsachen, weil dies im Verhältnis zum Registergericht und zu Dritten von Bedeutung sei. Tatsachen bedürften jedoch erst dann der Anmeldung und Eintragung, wenn diese eingetreten seien. Soweit die Regelung des § 67 Abs. 1 GmbHG mit der für die Geschäftsführer geltenden Regelung uneingeschränkt gleich gestellt werde, geschehe dies unter Verkennung der tatsächlichen Unterschiede zwischen der werbenden und der in Auflösung sich befindenden Gesellschaft. Die aufgelöste Gesellschaft sei nicht mehr auf werbende Teilnahme am Geschäftsverkehr, sondern nur noch auf die Abwicklung ihrer Rechtsverhältnisse und ihre Vollbeendigung ausgerichtet. Für das Registergericht und Dritte sei dann nur noch die Kenntnis der jeweilig vorhandenen Liquidatoren und ihrer Vertretungsbefugnis von Bedeutung. Ob es nach der Bestellung des ersten Liquidators oder der ersten Liquidatoren überhaupt zur Bestellung weiterer oder anderer Abwickler kommen werde, sei ungewiss und so lange bedeutungslos, wie ein derartiger Wechsel tatsächlich nicht eingetreten sei. Trete aber ein Wechsel ein, so seien die neuen Tatsachen anzumelden und einzutragen, was durch § 67 Abs. 1 GmbHG sichergestellt sei. Der Beschluss des Landgerichts gibt dem Senat keine Veranlassung, von seiner bisherigen Auffassung abzuweichen. Der Hinweis des Landgerichts auf die Änderung der Vorschriften des Vereinsrechts durch das Gesetz über elektronische Register und Justizkosten für Telekommunikation (ERJuKoG) vermag nicht zu überzeugen. Das Landgericht vertritt unter Bezugnahme auf den Aufsatz von Schwarz, Die Publizität der Vertretungsmacht des Vorstands und der Liquidatoren eines Vereins, NZG 2002, 1033, die Auffassung, § 76 Abs. 2 S. 2 BGB verlange die Angabe der Vertretungsmacht generell und erfasse die ursprüngliche Regelung wie die nachträgliche Änderung der Vertretungsmacht. Das Landgericht hat in diesem Zusammenhang unberücksichtigt gelassen, dass nachträglich eingetretene eintragungspflichtige Umstände zwangsläufig erst nach ihrem Entstehen eingetragen werden können. Dieser Gedanke liegt auch der gesetzlichen Regelung des § 76 Abs. 2 S. 2 BGB zugrunde. Diese Vorschrift normiert für den Verein in Liquidation nur, dass bei nachträglichen Änderungen der Vertretungsmacht der Liquidatoren diese Tatsache zur Eintragung im Handelsregister angemeldet werden muss. Auch der Publizitätsgrundsatz verlangt nicht eine weitergehende Anmeldung und Eintragung zum Handelsregister, wie sie von den Vorinstanzen verlangt worden ist. Die beabsichtigte Eintragung, wie vom Notar angemeldet, verlautbart ohne jeden Zweifel die gültigen Vertretungsverhältnisse. Würde die Eintragung, so wie von den Vorinstanzen befürwortet, vorgenommen, könnte dies - insbesondere bei Interessenten aus dem europäischen Ausland - die ansonsten klare und eindeutige Vertretungsregelung bezüglich der Liquidationsgesellschaft verwischen und Unklarheit hervorrufen.

Ende der Entscheidung

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