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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 23.05.2002
Aktenzeichen: 15 W 197/02
Rechtsgebiete: GVG, ZPO


Vorschriften:

GVG § 119 Abs. 1 Nr. 1 c n.F.
ZPO § 740
Das Amtsgericht hat nicht bereits dann im Sinne des § 119 Abs. 1 Nr. 1 c in der Fassung durch das ZPO-RG ausländisches Recht angewandt, wenn es eine Vorfrage nach ausländischem Recht, die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung jedoch nach den Vorschriften der ZPO beurteilt hat.
OBERLANDESGERICHT HAMM BESCHLUSS

15 W 195/02 OLG Hamm 15 W 196/02 OLG Hamm 15 W 197/02 OLG Hamm

In dem Verfahren

betreffend die Zwangsversteigerung des im Grundbuch von eingetragenen Grundbesitzes,

Der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat am 23. Mai 2002 auf die Vorlage durch das Landgericht Paderborn vom 3. Mai 2002 durch die Richter am Oberlandesgericht Budde, Christ und Oellers

beschlossen:

Tenor:

Die Übernahme des Verfahrens wird abgelehnt.

Gründe:

Mit Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 13. Februar 2002 beantragte der Gläubiger bei dem Amtsgericht, die Zwangsversteigerung des oben genannten Grundbesitzes wegen einer Forderung gegen Herrn A in Höhe von 25.215,45 Euro anzuordnen.

Diesen Antrag wies die Rechtspflegerin bei dem Amtsgericht mit Beschluss vom 28. März 2002 zurück. Zur Begründung führte sie aus, der Schuldner sei mit seiner Ehefrau als Eigentümer in Errungenschaftsgemeinschaft nach italienischem Recht eingetragen; die Zwangsvollstreckung richte sich daher nach §§ 740, 741 ZPO; bei dem Grundbesitz handele es sich um Gemeinschaftsgut. Schuldner der vorgelegten Titel sei ausschließlich der Ehemann. Die Anordnung der Zwangsversteigerung sei daher gemäß § 740 Abs. 2 ZPO nicht zulässig. Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 741 ZPO sei nicht ersichtlich.

Gegen diese Entscheidung hat der Gläubiger mit Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 17. April 2002 sofortige Beschwerde eingelegt.

Dieses Rechtsmittel hat die Rechtspflegerin bei dem Amtsgericht mit einer Nichtabhilfeverfügung, in der sie ihre bisherigen Ausführungen vertieft hat, der Beschwerdekammer des Landgerichts vorgelegt. Das Landgericht hat die Sache dem Senat mit Verfügung des Einzelrichters vom 3. Mai 2002 "gemäß § 119 Abs. 1 Nr. 1 c) GVG zuständigkeitshalber vorgelegt".

Der Senat lehnt die Übernahme des Verfahrens ab, da er zu einer Sachentscheidung nicht berufen ist.

Auch nach der Neuregelung des Beschwerderechts durch das Gesetz zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 (BGBl. 1 S. 1887) sind die Landgerichte grundsätzlich weiterhin Beschwerdeinstanz für die beim Amtsgericht geführten Verfahren (§ 72 GVG), sofern nicht ausnahmsweise eine Zuständigkeit des Oberlandesgerichts nach § 119 GVG eingreift (vgl. Zöller/Gummer, ZPO, 23. Aufl., Vorbemerkung zu § 567 Rdnr. 3). Entgegen der Auffassung des vorlegenden Landgerichts ist die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts nach § 119 Abs. 1 Nr. 1 c GVG hier nicht gegeben. Diese Vorschrift begründet die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über das Rechtsmittel der Beschwerde gegen eine Entscheidung des Amtsgerichts dann, wenn das Amtsgericht ausländisches Recht angewendet und dies in den Entscheidungsgründen ausdrücklich festgestellt hat. Die Voraussetzungen dieser im Interesse der Rechtssicherheit bewusst eng gefassten Norm (vgl. BT-Drucks. 14/6036 S. 119) liegen jedenfalls deshalb nicht vor, weil das Amtsgericht bei seiner Entscheidung kein ausländisches Recht angewendet hat. Zwar heißt es in dem angefochtenen Beschluss des Amtsgerichts vom 28. März 2002, dass "der Schuldner mit seiner Ehefrau als Eigentümer in Errungenschaftsgemeinschaft nach italienischem Recht eingetragen" sei. Daraus hat das Amtsgericht jedoch nicht etwa abgeleitet, dass italienisches Recht anzuwenden sei, sondern ohne weiteres den Schluss gezogen, dass sich die Zwangsvollstreckung "daher nach §§ 740, 741 ZPO" richte, somit nach Normen des deutschen Rechts. Allein der Umstand, dass als Vorfrage der Anwendung des deutschen Rechts der Grundbesitz im ehelichen Güterstandes einer italienischen Errungenschaftsgemeinschaft mit demjenigen in einer deutschen Gütergemeinschaft gleichgestellt worden ist, rechtfertigt nicht die Annahme, dass ausländisches Recht angewendet worden ist. Dies gilt erst recht, weil nach zutreffender Auffassung darauf abzustellen ist, ob ausländisches Recht als entscheidungserheblich herangezogen worden ist (vgl. Zöller/Gummer, a.a.O., § 119 Rdnr. 16; Thomas/Putzo, ZPO, 24. Aufl., § 119 GVG Rdnr. 13). Dies trifft jedoch nicht zu, wenn ohne nähere rechtliche Ausführungen der zu einem Güterstand ausländischen Rechts gehörende Grundbesitz wie ein solcher behandelt wird, der zu einem Güterstand deutschen Rechts gehört, und danach deutsches Recht zur Anwendung kommt. Auch die Ausführungen in der Nichtabhilfeverfügung der Rechtspflegerin vom 26. April 2002 geben keinen Anlass zu einer anderen Beurteilung. Nach alledem kann dahinstehen, welche Anforderungen an die in § 119 Abs. 1 Nr. 1 c GVG geforderte ausdrückliche Feststellung der Anwendung ausländischen Rechts zu stellen sind (vgl. dazu Zöller/Gummer, a.a.O., § 119 GVG Rdnr. 16; Musielak, ZPO, 3. Aufl., § 119 GVG Rdnr/20) und ob diese Anforderungen hier erfüllt wären.

Ende der Entscheidung

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