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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 27.07.2006
Aktenzeichen: 15 W 202/05
Rechtsgebiete: BGB, GBO


Vorschriften:

BGB § 890 Abs. 1
GBO § 5

Entscheidung wurde am 29.01.2007 korrigiert: die Rechtsgebiete, die Vorschriften und der Verfahrensgang wurden geändert, Stichworte und ein amtlicher Leitsatz wurden hinzugefügt
Der Eintragung der Vereinigung von Wohnungserbbaurechten entsprechend § 890 Abs. 1 BGB steht eine unterschiedliche Belastung der Rechte auch im Hinblick auf eine auf die jeweiligen Wohnungserbbaurechte aufgeteilte Erbbauzinsreallast nicht entgegen.
Tenor:

Der angefochtene Beschluss und die Zwischenverfügung des Grundbuchamtes vom 22.10.2003 werden aufgehoben.

Die weitergehende weitere Beschwerde wird als unzulässig verworfen.

Der Gegenstandswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 3.000,00 Euro festgesetzt; er beträgt im Umfang der Verwerfung des Rechtsmittels 500,00 Euro.

Gründe:

I.

Die Beteiligten sind zu je 1/2 Anteil eingetragene Berechtigte der in den Grundbüchern von N Blätter ####8 (9,408/1000 stel Anteil am Erbbaurecht verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung Nr. 47 des Aufteilungsplans) und ####9 (10,337/1000 stel Anteil am Erbbaurecht verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung Nr. 48 des Aufteilungsplans) verzeichneten Wohnungserbbaurechte. Beide Rechte sind in Abt. II zugunsten des jeweiligen Eigentümers des mit dem Erbbaurecht belasteten Grundstücks mit einer Erbbauzinsreallast (Einzelrecht nach Aufteilung der früher bestehenden Gesamtreallast, Nr. 1), einer Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Eintragung von Reallasten für einen erhöhten Erbbauzins (Nr. 2) und einem Vorkaufsrecht (Nr. 3) sowie im Nachrang in Abt. III mit einer Gesamtgrundschuld zum Betrag von 75.000,00 Euro belastet.

Die Beteiligten haben in notariell beglaubigter Erklärung vom 30.07.2003 (UR-Nr. ###/2003 Notar N in N) beantragt, die Vereinigung der beiden genannten Wohnungserbbaurechte einzutragen. Das neu gebildete Wohnungserbbaurecht sei in sich abgeschlossen; insoweit haben sie auf die dem Grundbuchamt bereits vorliegende Abgeschlossenheitsbescheinigung Bezug genommen.

Der Rechtspfleger des Grundbuchamtes hat den Antrag mit Zwischenverfügung vom 22.10.2003 beanstandet: Durch die Vereinigung sei wegen der unterschiedlichen Belastung der Wohnungserbbaurechte im Hinblick auf ihre dingliche Haftung für die Reallasten Verwirrung zu besorgen. Zur Behebung der Beanstandung durch Löschung der Erbbauzinsreallasten, Neueintragung der Reallasten mit Rangrücktritt der Gläubiger der Rechte Abt. III sowie Neubezeichnung des vereinigten Wohnungserbbaurechts ist ein Frist von zwei Monaten gesetzt worden.

Gegen diese Zwischenverfügung haben die Beteiligten mit Schriftsatz des Urkundsnotars vom 02.02.2004 Beschwerde eingelegt, die das Landgericht durch Beschluss vom 11.05.2005 zurückgewiesen hat.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten, die sie mit Schriftsatz des Urkundsnotars vom 30.05.2005 bei dem Oberlandesgericht eingelegt haben. Sie beantragen, das Grundbuchamt in Abänderung der angefochtenen Entscheidung anzuweisen, die Vereinigung der beiden Wohnungserbbaurechte zu einem einheitlichen Erbbaurecht Nr. 47/48 verbunden mit der als einheitliche Wohnung hergestellten Wohnung Nr. 47/48 und belastet mit einem einheitlichen Erbbauzins aus der Summe der beiden bisherigen Erbbauzinsbeträge (1.349, 25 DM entsprechend 689,86 €), einer einheitlichen Vormerkung zu Sicherung des Anspruchs auf Erhöhung des Erbbauzinses und einem Vorkaufsrecht für den jeweiligen Eigentümer hinsichtlich des einheitlichen Erbbaurechts einzutragen.

II.

Die weitere Beschwerde ist, soweit sie den durch die Zwischenverfügung des Grundbuchamtes beschriebenen Verfahrensgegenstand betrifft, nach den §§ 78, 80 GBO statthaft sowie formgerecht eingelegt. Die Beschwerdebefugnis der Beteiligten folgt insoweit bereits daraus, dass das Landgericht ihre erste Beschwerde gegen die Zwischenverfügung des Grundbuchamtes zurückgewiesen hat.

Unzulässig ist die weitere Beschwerde demgegenüber, soweit die Beteiligten ihr Rechtsmittel nunmehr mit dem Antrag verbinden, das Grundbuchamt anzuweisen, die Vereinigung der Miteigentumsanteile in der dort näher beschriebenen Weise im Grundbuch einzutragen. Diese Antragstellung bedeutet den im Rechtsbeschwerdeverfahren unzulässigen Versuch, den Verfahrensgegenstand über denjenigen hinaus, der dem Landgericht als Erstbeschwerdegericht zur Entscheidung angefallen war, auszuweiten. Gegenstand der Entscheidung des Landgerichts war ausschließlich die gem. § 18 GBO erlassene Zwischenverfügung des Grundbuchamtes vom 22.10.2003. Bei der Anfechtung einer Zwischenverfügung bildet nach allgemeiner Auffassung nur die einzelne Beanstandung den Verfahrensgegenstand des Beschwerdeverfahrens (BGH NJW 1994, 1158). Daraus folgt, dass das Beschwerdegericht nur durch Aufhebung der einzelnen Beanstandung oder Zurückweisung der Beschwerde, keinesfalls jedoch über den Eintragungsantrag selbst entscheiden kann (vgl. etwa BayObLGZ 1984, 136, 138; Demharter, GBO, 25. Aufl., § 71, Rdnr. 35). Dementsprechend hat sich das Landgericht verfahrensrechtlich korrekt auf eine Entscheidung über die Zwischenverfügung des Grundbuchamtes beschränkt. Über den Eintragungsantrag kann deshalb auch im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht entschieden werden. Insoweit war deshalb die weitere Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.

Im Umfang seiner Zulässigkeit ist das Rechtsmittel in der Sache begründet, weil die Entscheidung des Landgerichts auf einer Verletzung des Rechts (§ 78 S. 1 GBO) beruht. Die weitere Beschwerde führt zur Aufhebung der Zwischenverfügung des Grundbuchamtes.

In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das Landgericht zutreffend von einer gem. § 71 Abs. 1 GBO zulässig Erstbeschwerde ausgegangen. Ebenso hat die Kammer zu Recht die verfahrensrechtliche Zulässigkeit der Zwischenverfügung gem. § 18 Abs. 1 GBO bejaht. Denn die Verfügung des Grundbuchamtes zielt auf eine Behebung des von ihm als durchgreifend erachteten Hindernisses der Besorgnis der Verwirrung nach § 5 Abs. 1 S. 1 GBO durch Herstellung einheitlicher Belastungsverhältnisse der zu vereinigenden Wohnungserbbaurechte.

In der Sache hält die Entscheidung des Landgerichts rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

Der Antrag der Beteiligten vom 30.07.2003 enthält die nach § 890 Abs. 1 BGB erforderliche Eigentümererklärung zu der beabsichtigten Vereinigung der beiden genannten Wohnungserbbaurechte, die durch Eintragung im Grundbuch vollzogen werden soll. Der Senat sieht entgegen der Begründung der landgerichtlichen Entscheidung keinen Anlass offen zu lassen, ob die Vorschrift des § 890 Abs. 1 BGB auf diesen Rechtsvorgang anwendbar ist. Zwar betrifft § 890 Abs. 1 BGB seinem Wortlaut nach unmittelbar nur die Vereinigung von Grundstücken. In gefestigter Rechtsprechung ist jedoch seit langem anerkannt, dass die Vorschrift auf die Vereinigung mehrerer selbständiger Wohnungseigentumsrechte (und damit gem. § 30 WEG auch mehrerer Wohnungserbbaurechte) entsprechende Anwendung findet (vgl. insbesondere BGHZ 146, 241 = NJW 2001, 1212; ferner BayObLG FGPrax 2001, 65, 57; KG NJW-RR 1989, 1360; von Oefele in Bauer/von Oefele, GBO, 2. Aufl., AT V Rdnr. 370; Demharter, a.a.O., § 5, Rdnr. 5). Dieser Rechtsprechung hat sich der Senat bereits ausdrücklich angeschlossen (ZMR 2000, 244).

Dementsprechend ist auch die grundbuchverfahrensrechtliche Vorschrift des § 5 Abs. 1 S. 1 GBO auf den Vorgang der Vereinigung mehrerer Wohnungserbbaurechte entsprechend anwendbar, auf die sich die Beanstandung der Zwischenverfügung des Grundbuchamtes beschränkt. Dem Vollzug der Vereinigung kann danach entgegenstehen, dass durch die Eintragung Verwirrung zu besorgen ist. Nach allgemeiner Definition ist in den Fällen der §§ 5, 6 GBO Verwirrung zu besorgen, wenn die Eintragung derart unübersichtlich und schwer verständlich wird, dass der gesamte grundbuchliche Rechtszustand des Grundstücks nicht mehr mit der für den Grundbuchverkehr erforderlichen Klarheit und Bestimmtheit erkennbar ist und die Gefahr von Streitigkeiten zwischen den Realberechtigten untereinander oder mit Dritten oder mit Verwicklungen, namentlich im Falle der Zwangsversteigerung besteht. Unterschiedliche Belastungen der vereinigten Grundstücke allein berechtigen in diesem Zusammenhang nicht bereits die Besorgnis der Verwirrung. Denn bei der Vereinigung bisher selbständiger Grundstücke zu einem neuen Grundstück werden die vereinigten Grundstücke nicht wesentlicher Teil des neugebildeten Grundstückes. Die bestehenden Belastungen bleiben unverändert bestehen, so dass jeder reale Grundstücksteil nur für die ursprünglich an ihm begründeten Rechte haftet. Daher ist die Zwangsversteigerung aus einem vor der Vereinigung entstandenen Recht lediglich in den haftenden Grundstücksteil möglich. Dies gilt jedenfalls, solange eine katastermäßige Verschmelzung der an der Vereinigung beteiligten Grundstücke nicht erfolgt (KG a.a.O.; OLG Düsseldorf FGPrax 2000, 57, 58; Senat FGPrax 1998, 44, 45; Waldner in Bauer/von Oefele, a.a.O., §§ 5,6, Rdnr. 28). Da es sich hier um mit Sondereigentum verbundene Erbbaurechtsanteile handelt, kommt eine katastermäßige Verschmelzung der Wohnungserbbaurechte ohnehin nicht in Betracht. Deshalb kann offen bleiben, ob und welche Konsequenzen aus der Entscheidung des BGH vom 24.11.2005 (NJW 2006, 1000), in der die Zulässigkeit des Beitritts zu einer Zwangsversteigerung in Ansehung eines nach Vereinigung fortbestehenden Belastungsgegenstandes auch nach einer katastermäßigen Verschmelzung von Flurstücken bejaht worden ist, bezogen auf eine solche Entwicklung für die Beurteilung der Besorgnis der Verwirrung zu ziehen sind.

Die Vereinigung von Wohnungseigentums- bzw. Wohnungserbbaurechten unterscheidet sich hinsichtlich der Beurteilung der Besorgnis der Verwirrung auch nicht aus anderen Gründen von der Vereinigung von Grundstücken. Maßgebend ist dafür nach der überzeugenden Auffassung des KG (a.a.O.) nur, dass die Art und Weise der grundbuchlichen Durchführung der Vereinigung sicherstellt, dass die ursprünglichen Wohnungseigentums- bzw. Wohnungserbbaurechte als Haftungsobjekte für die fortbestehenden dinglichen Belastungen noch individualisiert werden können. Gewährleistet ist dies nach den zutreffenden Ausführungen des KG dadurch, dass nach § 3 Abs. 3 S. 2 WE-GBVfg in Spalte 2 des Bestandsverzeichnisses die bisherige laufende Nummer des Miteigentumsanteils anzugeben ist, aus dem der Miteigentumsanteil durch Vereinigung entstanden ist. Für die Beurteilung der Besorgnis der Verwirrung ist demgegenüber entgegen der vom Landgericht im Anschluss an die Ausführungen von Streuer (Rpfleger 1992, 184, 186) vertretenen Auffassung ohne tragfähige Bedeutung, wie im Einzelnen materiell-rechtlich die Vereinigung der Miteigentumsanteile mit dem ihnen jeweils zugeordneten Sondereigentum zu verstehen ist. Insbesondere der Hinweis auf ein durch die Vereinigung entstandenes "verschmolzenes Sondereigentum" führt in dem vorliegenden Zusammenhang nicht weiter, zumal auch bei der Vereinigung eines Grundstücks ein einheitliches Eigentum an dem so gebildeten Gesamtgrundstück entsteht. Maßgebend für die hier vorzunehmende Beurteilung ist vielmehr allein, dass trotz der Vereinigung die ursprünglichen Wohnungserbbaurechte erkennbar sind, die mit den bisher begründeten dinglichen Rechten belastet bleiben und damit tauglicher Gegenstand der Rechtsausübung durch die dinglich Berechtigten sind.

Die hier konkret bestehenden Belastungen der beiden Wohnungserbbaurechte vermögen danach eine Besorgnis der Verwirrung nicht zu begründen, die beide Vorinstanzen nur im Hinblick auf die beiden eingetragenen Erbbauzinsreallasten angenommen haben: Die Erbbauzinsreallast begründet im Ergebnis nicht anders als die in Abt. III eingetragene Grundschuld für den Berechtigten einen dinglichen Verwertungsanspruch (§§ 1107, 1147 BGB). Auch insoweit bleibt deshalb das Ergebnis unberührt, dass die dingliche Haftung der früher selbständigen Wohnungserbbaurechte nach der Vereinigung ohne weiteres fort besteht. Dasselbe gilt für die Vormerkungen zur Sicherung des Anspruchs auf Bestellung von Reallasten für einen erhöhten Erbbauzins (Abt. II Nr. 2). Auch die Eintragung des Rechts aufgrund des realisierten Erhöhungsanspruchs kann zu Lasten des vereinigten Rechts beschränkt auf den Bestand des jeweiligen früheren Wohnungserbbaurechts erfolgen, da es nach § 7 Abs. 2 S. 1 GBO bei der Eintragung einer Reallast zu Lasten eines realen Grundstücksteils einer Abschreibung nicht bedarf. Die Eintragung der weiteren Reallasten kann damit ohne weiteres in der Veränderungsspalte zu der jeweiligen Erbbauzinsreallast erfolgen. Das dingliche Vorkaufsrecht des jeweiligen Eigentümers der mit dem Erbbaurecht belasteten Grundstücke (Abt. II Nr. 3) kann aufgrund seiner Vormerkungswirkung (§ 1098 Abs. 2 BGB) ohne Bedenken beschränkt auf den Teil des vereinigten Wohnungserbbaurechts fortbestehen, der dem jeweils ursprünglichen Wohnungserbbaurecht entspricht.

Entsprechend den obigen Ausführungen zur Zulässigkeit der weiteren Beschwerde ist hier nicht über die konkrete Art und Weise der Fassung der Eintragung der Vereinigung der beiden Wohnungserbbaurechte im Grundbuch zu entscheiden. Der Senat kann deshalb die rein buchungstechnische Frage offen lassen, ob die Eintragung wie bei der Vereinigung nicht verschmolzener Grundstücke (so KG a.a.O.), also durch getrennte Ausweisung der bisherigen Einheiten unter einer laufenden Nummer des Bestandsverzeichnisses) oder durch Buchung der neu geschaffenen Einheit wie sonst bei der Zuschreibung weiterer Miteigentumsanteile und von Sondereigentum (so Streuer a.a.O.; von Oefele in Bauer/von Oefele, a.a.O., AT V Rdnr. 373) zu erfolgen hat. Aufgrund der oben dargestellten materiell-rechtlichen Wirkung der Vereinigung gem. § 890 Abs. 1 BGB ist es jedoch entgegen dem mit der weiteren Beschwerde gestellten Antrag der Beteiligten ausgeschlossen, die dinglichen Rechte Abt. II Nr. 1 bis 3 als einheitliche Rechte lastend auf dem durch die Vereinigung entstandenen Gesamtbestand einzutragen. Vielmehr bestehen die bisherigen Belastungen jeweils beschränkt auf die früheren selbständigen Wohnungserbbaurechte fort. Dies muss durch die Eintragung im Grundbuch verdeutlicht werden.

Die Wertfestsetzung für das Verfahren der weiteren Beschwerde beruht auf den §§ 146 Abs. 3, 131 Abs. 2, 30 Abs. 1 und 2 KostO.

Ende der Entscheidung

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