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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 10.07.2000
Aktenzeichen: 15 W 229/00
Rechtsgebiete: BGB, FGG


Vorschriften:

BGB § 1908 i Abs. 1
BGB § 1822 Nr. 12
FGG § 12
Leitsatz:

(vormundschaftsgerichtliche Genehmigung eines Prozeßfinanzierungsvertrages mit Schiedsgerichtsklausel)

1. Bedarf ein Prozeßfinanzierungsvertrag gegen Erfolgsbeteiligung im Blick auf die vorgesehene Schiedsgerichtsvereinbarung der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung, ist das Rechtsgeschäft insgesamt und nicht nur die Schiedsgerichtsvereinbarung am Wohl und an den Interessen des Betreuten zu messen.

2. Sieht der Betreuer ein erhebliches Prozeßrisiko, welches ihn daran hindere, ein Klageverfahren trotz vorhandener finanzieller Mittel anzustrengen, ist die Annahme des Tatrichters, die beabsichtigte Prozeßführung gefährde - die Prozeßfinanzierung hinweggedacht - das Vermögen des Betreuten, regelmäßig auch ohne weitere Ermittlungen ermessensfehlerfrei.

3. Ein Prozeßfinanzierungsvertrag ist je nach Vertragsgestaltung nicht geeignet, das Kostenrisiko des Betreuten zu beseitigen, wenn er z.B. die Kündigung der Vereinbarung durch den Prozeßfinanzierer erlaubt. Auch insoweit steht dem Tatrichter ein Ermessensspielraum zu.


OBERLANDESGERICHT HAMM BESCHLUSS

15 W 229/00 OLG Hamm 5 T 232/00 LG Münster 8 XVII St 67 AG Beckum

in der Betreuungssache

hier: Vormundschaftsgerichtliche Genehmigung eines Vertrages nebst Schiedsvertrages und Abtretungserklärung mit der AG über die Finanzierung von Kosten der Rechtsverfolgung gegen Erfolgsbeteiligung

Der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat am 10. Juli 2000 auf die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2) vom 02. Juni 2000 gegen den Beschluß der 5. Zivilkammer des Landgerichts Münster vom 09. Mai 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Gammelin und die Richter am Oberlandesgericht Kayser und Engelhardt

beschlossen:

Tenor:

Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Wert des Gegenstandes der weiteren Beschwerde wird auf 5.000,00 DM festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Beteiligte zu 1) erlitt am 01. Juni 1998 auf B Gemeindegebiet einen Fahrradunfall mit schweren Kopfverletzungen und ist seitdem hilfs- und pflegebedürftig. Der Beteiligte zu 2), sein Bruder, ist sein Betreuer in Vermögensangelegenheiten. Der Beteiligte zu 1) ist bei der "P" unfallversichert und hat aufgrund des Unfalls einen Betrag von 252.000,00 DM ausgezahlt erhalten.

Der Beteiligte zu 2) vertritt die Ansicht, daß die Stadt für den Unfall seines Bruders zumindest mitverantwortlich sei, weil sie ihre Verkehrssicherungspflichten an der Unfallstelle verletzt habe. Er erwägt deshalb eine auf Schmerzensgeld und Feststellung gerichtete Klage gegen die Stadt B zu erheben. Zur Reduzierung des Prozeßkostenrisikos will er den Prozeß nicht auf Rechnung der Beteiligten zu 1) führen, sondern unter Einschaltung der X AG, die sich vertraglich verpflichten will, das Prozeßkostenrisiko nach Maßgabe ihrer Vertragsbedingungen unabhängig vom Ausgang des Prozesses gegen X Erfolgsbeteiligung zu übernehmen. Die Vertragsbedingungen der X AG, welcher die einzuklagenden Ansprüche abzutreten sind, sehen im Kern vor, daß nach ganz oder teilweise erfolgreichem Prozeßausgang die Hälfte des Reinerlöses (ausgeurteilter Betrag abzüglich Prozeßkosten) von der AG an den Zedenten ausgekehrt wird. Desweiteren sieht der Vertragsentwurf den Abschluß eines Schiedsvertrages vor, der den ordentlichen Rechtsweg ausschließt.

Der Beteiligte zu 2) hat unter Vorlage eines Abdrucks des Vertragsentwurfes der AG nebst Schiedsvertrag und Abtretungserklärung sowie eines Klageentwurfs am 16. November 1999 beantragt, den Abschluß des Vertrages mit der AG "über die Finanzierung der Rechtsverfolgung gegen Erfolgsbeteiligung" vormundschaftsgerichtlich zu genehmigen. Das Amtsgericht - Rechtspfleger - hat den Antrag durch Beschluß vom 11. Februar 2000 zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluß hat der Beteiligte zu 2) mit Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 23. Februar 2000 Beschwerde eingelegt, der der Rechtspfleger des Amtsgerichts nicht abgeholfen hat. Das Landgericht hat die Beschwerde durch Beschluß vom 09. Mai 2000 zurückgewiesen.

Gegen den Beschluß des Landgerichts hat der Beteiligte zu 2) mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 02. Juni 2000 weitere Beschwerde eingelegt.

II.

1.

Die weitere Beschwerde ist nach den §§ 27, 29 FGG statthaft sowie formgerecht eingelegt. Die Beschwerdeberechtigung des Beteiligten zu 2) ergibt sich aus § 69 g Abs. 2 FGG. Aus dem in der Bestimmung verwendeten Wort "auch" ist zu schließen, daß der Betreuer in den Fällen des Absatzes 2 S. 1 ein eigenes Beschwerderecht hat, ohne daß für ihn § 20 Abs. 1 FGG erfüllt sein muß (Bassenge, FGG, 8. Aufl., § 69 g Rdn. 12; Keidel/Kayser, FG, 14. Aufl., § 69 g Rdn. 9). Im vorliegenden Fall ist der Beteiligte zu 2) durch Beschluß des Amtsgerichts Beckum vom 03. März 2000 bezüglich des Aufgabenkreises "Vermögenssorge" (weiterhin) zum Betreuer des Beteiligten zu 1) bestellt worden. Er hat deshalb ein eigenes Beschwerderecht ohne Rücksicht auf eine Beeinträchtigung eigener Rechte.

2.

Die weitere Beschwerde ist unbegründet, weil die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Verletzung des Gesetzes beruht (§ 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO).

In verfahrensrechtlicher Hinsicht war das Landgericht mit einer zulässigen ersten Beschwerde (vgl. §§ 19, 69 g Abs. 2 S. 1 FGG) des Beteiligten zu 2) befaßt.

In der Sache selbst hat das Landgericht richtig entschieden.

a)

Im Ausgangspunkt ist die Kammer rechtsbedenkenfrei davon ausgegangen, daß der Beteiligte zu 2) zum Abschluß des "Vertrages über die Finanzierung von Kosten der Rechtsverfolgung gegen Erfolgsbeteiligung" mit der AG der Einwilligung des Vormundschaftsgerichts gemäß § 1908 i Abs. 1, § 1822 Nr. 12 BGB bedarf. Denn nach Punkt 11.5 der Vertragsbestimmungen sollen über Meinungsverschiedenheiten zwischen den Parteien über die Wirksamkeit und den Inhalt des Vertrages nicht die ordentlichen Gerichte, sondern - nach Maßgabe der gesondert zu schließenden Schiedsgerichtsvereinbarung - ein Schiedsgericht entscheiden.

b)

Die Entscheidung des Vormundschaftsgerichts, ob die Genehmigung erteilt oder verweigert wird, ist am Interesse des Betreuten auszurichten. Dabei hat das Vormundschaftsgericht ausschließlich das Wohl und die Interessen des Betreuten zu berücksichtigen, nicht die Belange Dritter. Das Vormundschaftsgericht hat sich auf den Standpunkt eines verständigen, die Tragweite des Geschäfts überblickenden Rechtsgenossen zu stellen und muß deshalb auch Erwägungen zur Zweckmäßigkeit und Nützlichkeit anstellen (BayObLG FG Prax 1997, 105, 106). Bei der Prüfung wird regelmäßig auf materielle, insbesondere finanzielle Gesichtspunkte abzustellen sein. Maßgebender Gesichtspunkt ist das Gesamtinteresse, wie es sich zur Zeit der tatrichterlichen Entscheidung darstellt (Senat OLGZ 1987, 162 f.; BayObLGZ 1995, 230, 235; FGPrax 1997, 105, 107). Hierbei darf das Rechtsgeschäft nicht in seine Bestandteile zerlegt werden; es ist vielmehr eine Gesamtabwägung vorzunehmen, in die alle für das Gesamtinteresse maßgebenden Umstände einzustellen sind (Senat a.a.O.; BayObLG a.a.O.).

Von diesen Grundsätzen ist das Landgericht ausgegangen. Insbesondere hat sich die Kammer nicht darauf beschränkt, die Schiedsgerichtsabrede isoliert in den Blick zu nehmen, um mit ihr die Versagung der Einwilligung (vgl. § 183 S. 1 BGB) zu begründen, sondern hat seine Entscheidung auf das Gesamtinteresse des Beteiligten zu 1) am Abschluß und an der Durchführung des genehmigungsbedürftigen Rechtsgeschäfts gestützt und hat hierbei ohne Rechtsfehler maßgebend auf die finanziellen Gesichtspunkte abgehoben.

c)

Die Kammer meint: Der abzuschließende Vertrag berge eine nicht unerhebliche Gefahr für das Vermögen des Beteiligten zu 1) in sich, nämlich für den Fall der Insolvenz der AG. Bei einem anzunehmenden Streitwert von 200.000,00 DM belaufe sich das Kostenrisiko des angestrebten Prozesses auf wenigstens 50.000,00 DM. Nach der gewählten Vertragskonstruktion bleibe der Beteiligte zu 1) Partei des zu führenden Prozesses und somit sowohl Kostenschuldner der Gerichtsgebühren (als Kläger) als auch Kostenschuldner der Gebühren des eigenen Anwalts (als Auftraggeber). Im Falle des Unterliegens, das hier auch wegen der ungeklärten Frage des Alkoholisierungsgrades des Beteiligten zu 1) zum Unfallzeitpunkt eher wahrscheinlich sei, sei er auch noch der Gegenseite erstattungspflichtig. Werde die AG zahlungsunfähig, bestehe ein Rückgriffsanspruch lediglich in Höhe der Insolvenzquote. Selbst wenn zum Zeitpunkt einer Insolvenz der AG bereits die gesetzlichen Gerichtsgebühren bezahlt worden seien und auch dem Anwalt des Beteiligten zu 1) ein Vorschuß auf dessen Gebühren geleistet worden sei, bleibe für den Beteiligten zu 1) noch immer ein nicht unerhebliches Kostenrisiko gerade wegen des hohen Streitwertes. Dieses Kostenrisiko müsse dann von dem Beteiligten zu 1) selbst aus der Versicherungsleistung der "P" getragen werden, welche das wesentliche Vermögen der Beteiligten zu 1) darstelle. Die Gefahr, daß die AG insolvent werde, liege - was näher dargelegt wird - auch nicht außerhalb jeder Lebenserfahrung und könne daher bei der Entscheidung des Vormundschaftsgerichts über die Möglichkeit der Gefährdung des Vermögens des Beteiligten zu 1) nicht übersehen und auch nicht außer Acht gelassen werden. Die erforderliche Genehmigung des Vormundschaftsgerichts zu dem abzuschließenden Vertrag könne wegen dieser Vermögensgefährdung nicht erteilt werden.

Diese Begründung trägt die angefochtene Entscheidung.

In der Rechtsprechung ist anerkannt, daß die Entscheidung, ob eine erforderliche vormundschaftsgerichtliche Genehmigung erteilt oder verweigert wird, nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen ist (BGH NJW 1986, 2829, 2830; WM 1995, 64, 65; Senat, Beschluß vom 13. August 1998 - 15 W 103/98 -; Rechtspfleger 1974, 152; 1977, 121; BayObLGZ 1995, 230, 236; FGPrax 1997, 105, 106; OLG Stuttgart, OLGZ 1980, 114). Die Entscheidung des an die Stelle des Vormundschaftsgerichts tretenden Gerichts der ersten Beschwerde unterliegt deshalb im Verfahren der weiteren Beschwerde nur einer eingeschränkten Nachprüfung dahin, ob der Tatrichter von seinem Ermessen einen rechtlich fehlerhaften, Sinn und Zweck des Gesetzes zuwiderlaufenden Gebrauch gemacht, von ungenügenden tatsächlichen Feststellungen ausgegangen ist oder wesentliche Umstände unerörtert gelassen hat (vgl. Keidel/Kahl, a.a.O., § 27 Rdn. 27 m.w.N.). Ein derartiger Rechtsfehler wird von der Rechtsbeschwerde nicht aufgezeigt und ist auch sonst nicht ersichtlich. Insbesondere hat die Kammer den Sachverhalt hinreichend aufgeklärt, die maßgebenden berücksichtigungsfähigen Umstände erwogen und diesen Umständen das ihnen gebührende Gewicht beigemessen.

In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist allerdings anerkannt, daß es nicht Sinn und Zweck vormundschaftsgerichtlicher Genehmigungen entsprechen kann, von dem Betreuten jedes mit dem Geschäft verbundene Risiko fernzuhalten. Wäre dies der Fall, dann wäre die Erteilung der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung zum Abschluß zahlreicher in den §§ 1821, 1822 BGB genannter Rechtsgeschäfte ausgeschlossen, weil sie ihrem Wesen nach von Anfang an wirtschaftliche Risiken für den Betreuten in sich bergen (Senat OLGZ 1983, 148, 151; BayObLGZ 1995, 230, 236). Daher kann vorliegend allein aus der Tatsache, daß der Betreute Prozeßpartei werden soll und im Außenverhältnis als Kostenschuldner anzusehen wäre, nicht geschlossen werden, daß der genehmigungsbedürftige Vertrag für den Betreuten nachteilig ist. Eine derartige Betrachtungsweise ließe im übrigen auch außer Betracht, daß dem Prozeßkostenrisiko die Chance gegenübersteht, eine Schadensersatzleistung in nicht unbeträchtlicher Höhe von der Stadt Beckum zu erhalten, die ohne den Vertragsschluß mit der AG nicht realisiert würde.

Im vorliegenden Fall fällt allerdings auf, daß der Beteiligte zu 2) nach dem Vorbringen seiner Verfahrensbevollmächtigten im Schriftsatz vom 23. Dezember 1999 trotz der vorhandenen finanziellen Möglichkeiten für eine Prozeßführung die Chancen-Risiko-Abwägung eines Prozesses für den Beteiligten zu 1) mit dem Ergebnis vorgenommen hat, den Prozeß nicht zu führen. Sieht schon der Betreuer ein erhebliches Prozeßrisiko, welches ihn daran hindere, ein entsprechendes Klageverfahren anzustrengen, obwohl die Mittel für die Führung des Prozesses zur Verfügung stehen, ist die Annahme des Tatrichters, die beabsichtigte Prozeßführung gefährde - die Rückgriffsmöglichkeiten gegen die AG hinweggedacht - das Vermögen des Betreuten, naheliegend und überschreitet keinesfalls die Grenzen des ihm eingeräumten Ermessens.

Die Tatgerichte traf in diesem Zusammenhang keine weiteren Ermittlungs- und Anhörungspflichten (§ 12 FGG). Von Amts wegen einzuleitende und durchzuführende Ermittlungen sind soweit auszudehnen, als es die Sachlage erfordert. Es entscheidet auch insoweit das pflichtgemäße Ermessen des Gerichts (vgl. Keidel/Kayser a.a.O., § 12 Rdn. 85 m.w.N.). Im vorliegenden Fall konnten die Erfolgsaussichten des zu finanzierenden Zivilprozesses angesichts seiner Komplexität ohne Beteiligung des künftigen Beklagten, der Stadt nicht abschließend geklärt werden. Dieser gegenüber ist die Beteiligung der AG gemäß Punkt 10 der Vertragsbedingungen strikt geheimzuhalten. Letztlich müßte für eine hinreichend sichere Abklärung der Erfolgsaussichten das angestrebte Klageverfahren vorweggenommen werden. Dies sprengt die Grenzen der gebotenen Amtsermittlung. Im Blick hierauf war es auch nicht sachdienlich, einzelnen entscheidungserheblichen Tatsachen, die gegebenenfalls ohne Mitwirkung der Stadt B ermittelbar wären (z.B. Alkoholisierung des Beteiligten zu 1); Sichtverhältnisse an der Unfallstelle; Geschwindigkeit des Beteiligten zu 1)) weiter nachzugehen.

Die weitere Annahme des Landgerichts, daß das hohe Kostenrisiko durch die Vertragsgestaltung mit der AG nicht beseitigt werde, weil die Leistungen der Gesellschaft nicht hinreichend sicher seien, ist ebenfalls rechtlich unangreifbar. Angesichts der vorhersehbaren jahrelangen Dauer eines revisionsfähigen Schadensersatzprozesses, in dessen Verlauf nach allen Erfahrungen Sachverständigengutachten einzuholen sein werden, ist die Prognose geboten, ob die AG nach rechtskräftigem Prozeßabschluß ihren Verpflichtungen aus dem Finanzierungsvertrag noch nachkommen kann. Dies macht es notwendig, dem Tatrichter bei der Entscheidung auch insoweit einen Ermessensspielraum zuzugestehen. Diesen hat die Kammer nach Auffassung des Senats nicht überschritten. Das Landgericht ist auf der Grundlage einer generalisierenden Betrachtungsweise zu der Beurteilung gelangt, daß die Gefahr einer Insolvenz der AG nicht übersehen werden könne. Dabei ist sie entgegen der Rüge der Rechtsbeschwerde nicht davon ausgegangen, daß die Gesellschaft über ein Grundkapital von nur 50.000,00 Euro verfüge, sondern hat lediglich den gesetzlichen Mindestnennbetrag des Grundkapitals (§ 7 Aktiengesetz) aufgezeigt. Nach der von den Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 2) in erster Instanz zu den Akten gereichten "Information für Interessenten und Ihre Berater" ist die Aktie der AG erstmals am 19. Juni 1999 am Neuen Markt in Frankfurt notiert worden, 14 Monate nach dem "ersten Schritt" der Gesellschaft in die Öffentlichkeit. Angesichts dieses jungen Alters der Gesellschaft durfte das Landgericht unabhängig von der Höhe des Grundkapitals auch ohne konkrete Anhaltspunkte das Insolvenzrisiko als wichtigen Umstand mitberücksichtigen.

Die Kammer hätte ihre Entscheidung im übrigen noch ergänzend darauf stützen können, daß der genehmigungsbedürftige Vertrag es der AG erlaubt, die Vereinbarung zu kündigen, wenn im Lauf des Verfahrens Umstände eintreten oder bekannt werden, "aufgrund derer die AG das Prozeßrisiko anders bewertet als bei Vertragsschluß" (Punkt 7.1 und Punkt 7.2 des Vertrages). In diesem Fall trägt die AG die bis zur Kündigung anfallenden Kosten nur bis zu der Höhe, wie sie "bei sofortiger Beendigung des Verfahrens durch einen am Kosteninteresse orientierten Anspruchsinhaber, der das Verfahren selbst finanzieren würde, angefallen wären." Der Zedent kann zwar die streitigen Ansprüche auf eigene Kosten weiterverfolgen. Sollte er damit ganz oder teilweise Erfolg haben, ist er verpflichtet, "der AG die von dieser aufgewendeten Kosten aus dem Erlös zu erstatten" (Punk 7.3 des Vertrages). Nach Punkt 7.4 des Vertrages ist die AG in diesem Fall berechtigt, ihr gestellte Sicherheiten zurückzuhalten, soweit noch ein Sicherungsbedürfnis besteht. Diese Regelung kann im vorliegenden Fall bei einem Teilerfolg des Beteiligten zu 1) in erster Instanz und einer Berufung der beklagten Stadt dazu führen, daß der Beteiligte zu l) den Prozeß nach Kündigung durch die AG in den weiteren Instanzen auf eigene Rechnung weiterführen muß (vgl. § 269 Abs. 1 ZPO), obwohl der Beteiligte zu 2) als Betreuer dieses Risiko nach seinen eigenen Angaben nicht eingehen will. Der Vortrag des Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 2) in dem mit Schriftsatz vom 23. Dezember 1999 in Bezug genommenen Schreiben der AG vom 22. Dezember 1999, gerichtet an den Rechtspfleger des Amtsgerichts, die AG trage das "komplette Risiko" und der Kläger müsse "in keinem Fall" "irgendwelche Kosten tragen" ist daher unzutreffend, zumindest aber irreführend.

Zusammenfassend ist festzustellen, daß die Entscheidung des Landgerichts keinen Rechtsfehler erkennen läßt und sich im Rahmen des eingeräumten tatrichterlichen Ermessens hält.

Die Entscheidung über die Festsetzung des Gegenstandswertes für das Verfahren der weiteren Beschwerde beruht auf § 131 Abs. 2, § 30 Abs. 1 KostO und entspricht der unbeanstandet gebliebenen Wertfestsetzung durch das Landgericht.

Ende der Entscheidung

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