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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 18.03.2003
Aktenzeichen: 15 W 268/01
Rechtsgebiete: KostO


Vorschriften:

KostO § 36 Abs. 2
KostO § 39 Abs. 4
KostO § 44 Abs. 2 a
Werden mehrere rechtlich voneinander unabhängige Verschmelzungen in einer Urkunde beurkundet, weil der aufnehmende Rechtsträger bei jeder Verschmelzung derselbe war, sind die Werte der einzelnen Verschmelzungen gem. § 44 Abs. 2 a KostO zusammen zu zählen, wobei der Höchstwert des § 39 Abs. 4 KostO mehrfach anfallen kann. Eine nochmalige Kappung der Summe dieser Werte gem. § 39 Abs. 4 KostO scheidet aus.
OBERLANDESGERICHT HAMM BESCHLUSS

15 W 268/01 OLG Hamm

In der Notarkostensache

betreffend die Kostenrechnung des Notars vom 29. Januar 1999 zu dessen UR-Nr. 286/1997,

Der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat am 18. März 2003 auf die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) vom 10. August 2001 gegen den Beschluss der 7. Zivilkammer des Landgerichts Bochum vom 25. Mai 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Gammelin und die Richter am Oberlandesgericht Christ und Lohmeyer

beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Die Anweisungsbeschwerde des Beteiligten zu 1) gegen die vorgenannte Kostenrechnung wird zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert des Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 26.132,43 DM (= 13.361,29 Euro) festgesetzt.

Gründe:

I.

Der beteiligte Notar beurkundete am 14. August 1997 zu UR-Nr. 286/97 einen Verschmelzungsvertrag, durch den vier bis dahin selbständige Gesellschaften ihr jeweiliges Vermögen als Ganzes mit allen Rechten und Pflichten und unter Auflösung ohne Abwicklung auf die Beteiligte zu 2) übertrugen. Für diese Beurkundung hat der Beteiligte zu 1) der Beteiligten zu 2) die Kostenberechnung vom 29. Januar 1999 erteilt. Dieser Kostenberechnung hat er einen Geschäftswert von 27.313.533,92 DM zugrunde gelegt, der sich aus Beträgen in Höhe von 5.362.936,00 DM, zweimal 10.000.000,00 DM und 1.950.597,92 DM zusammensetzt. Der Gesamtbetrag der Kostenberechnung einschließlich Schreib- und Telekommunikationsgebühren sowie Mehrwertsteuer betrug 61.370,21 DM. Dieser Betrag wurde von der Beteiligten zu 2) beglichen.

Anlässlich einer routinemäßigen Notarprüfung hat die Präsidentin des Landgerichts Bochum als dienstvorgesetzte Behörde den beteiligten Notar angewiesen, den ihrer Meinung nach überhöhten Geschäftswertansatz gemäß § 156 Abs. 5 KostO a.F. auf die richtige Anwendung des § 39 Abs. 4 KostO überprüfen zu lassen. Dieser Anweisung liegt die Auffassung zugrunde, dass der Gesamtgeschäftswert der Beurkundung gemäß § 39 Abs. 4 KostO auf 10.000.000,00 DM zu begrenzen sei.

Der beteiligte Notar vertritt demgegenüber die Auffassung, dass § 39 Abs. 4 KostO nicht den Gesamtwert der Urkunde, sondern nur die Werte der einzelnen Verschmelzungsverträge begrenze und der sich bei gleichzeitiger Beurkundung mehrerer Verträge in einer Urkunde ergebende Gesamtwert nicht erneut nach § 39 Abs. 4 KostO zu kappen sei. Er verweist darauf, dass es sich um vier einzeln ausgehandelte Verträge handele, die nur zwecks besserer Übersicht in einer Urkunde zusammengefasst worden seien. Eine nochmalige Kappung des Gesamtbetrages sehe § 39 Abs. 4 KostO für die Beurkundung von Verträgen im Gegensatz zu der in der zweiten Alternative der Vorschrift angesprochenen zusammenfassenden Beurkundung mehrerer Anmeldungen nicht vor.

Die Beteiligte zu 2) hat sich mit der Berechnungsweise des Notars ausdrücklich einverstanden erklärt.

Das Landgericht hat sich der Auffassung der Landgerichtspräsidentin angeschlossen und die angefochtene Kostenrechnung aufgehoben, soweit sie den Betrag von 35.237,78 DM übersteigt. Die weitere Beschwerde hat die Kammer zugelassen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde des beteiligten Notars, die er mit einem bei dem Landgericht am 14. August 2001 eingegangenen Schriftsatz vom 10. August 2001 eingelegt hat.

II.

Die weitere Beschwerde ist nach § 156 Abs. 2 S. 2 KostO infolge Zulassung durch das Landgericht zulässig sowie fristgerecht eingelegt. Die Beschwerdebefugnis des Beteiligten zu 1) folgt daraus, dass das Landgericht die Kostenberechnung zu seinem Nachteil abgeändert hat.

In der Sache ist das Rechtsmittel begründet, weil die Entscheidung des Landgerichts auf einer Verletzung des Rechts beruht (§ 156 Abs. 2 S. 3 KostO).

In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das Landgericht zutreffend von einer nach § 156 Abs. 5 KostO a.F. zulässigen Anweisungsbeschwerde ausgegangen. Indessen hält die Sachentscheidung der Kammer rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

Das Landgericht hat ausgeführt, dass der Auslegung der Dienstaufsichtsbehörde zu der Bestimmung des § 39 Abs. 4 KostO, die auf Verschmelzungsverträge Anwendung finde, zu folgen sei. Anknüpfungspunkt für die Entstehung eines Gebührenanspruchs sei nach § 7 KostO die auftragsgemäße Erledigung eines gebührenpflichtigen Geschäfts. Darunter sei die Verwirklichung eines gebührenpflichtigen Tatbestandes zu verstehen. Jedes Geschäft löse, auch wenn es aus mehreren Elementen zusammengesetzt sei, jeweils einen einheitlichen Gebührenanspruch aus, dessen Höhe sich gemäß § 18 Abs. 1 KostO nach dem anhand der dafür einschlägigen Vorschriften zu bestimmenden Wert des Geschäftsgegenstandes richte. Vorliegend sei dem Beteiligten zu 1) die Beurkundung einer Reihe von Erklärungen mehrerer Rechtsträger aufgetragen worden, durch die die Rechtsbeziehungen der Beteiligten zu 2) zu den vier übertragenden Gesellschaften neu geordnet worden seien. Dies sei entsprechend den getroffenen Vereinbarungen in der Form geschehen, dass alle Erklärungen in einem einheitlichen Beurkundungsvorgang in einer einheitlichen Urkunde zusammengefasst worden seien. Die Beurkundungstätigkeit des Beteiligten zu 1) habe deshalb als in sich einheitliches Geschäft auch nur einen einheitlichen Gebührenanspruch nach § 36 Abs. 2 KostO ausgelöst. Der Wert dieses Geschäfts sei zunächst wie üblich nach den allgemeinen Regeln zu bestimmen. Demnach sei zunächst der Wert jeder einzelnen der insgesamt vier Verschmelzungsvereinbarungen für sich zu bestimmen. Diese einzelnen Werte seien sodann, da es sich um mehrere, nicht deckungsgleiche Erklärungen verschiedener Rechtsträger, also verschiedene Gegenstände im Rechtssinne handele, die aber als Beurkundung von Verträgen alle demselben Gebührensatz unterlägen, gemäß § 44 Abs. 2 a KostO zusammenzurechnen. Aus dem sich daraus ergebenden Gesamtwert sei sodann die für alle Verträge zusammen anfallende einheitliche Gebühr zu bestimmen. Die einzelnen Teile der Beurkundung lösten also bei einer solchen Gestaltung keine selbständigen Gebührenansprüche aus. Ihre Werte gingen vielmehr als bloße Rechnungsposten in dem aus allen Einzelwerten zusammenzurechnenden Gesamtwert der Beurkundung auf und würden dadurch ihre selbständige kostenrechtliche Bedeutung verlieren. Es komme deshalb für die Anwendung des § 39 Abs. 4 KostO nicht darauf an, ob die Urkunde als Verkörperung vier selbständiger Verschmelzungsverträge zu werten sei. Maßgebend sei allein der kostenrechtliche Aspekt, wonach es sich um eine einheitliche gebührenauslösende Tätigkeit handele, auch wenn sich ihr Wert aus einer Reihe von Einzelwerten zusammensetze. Da gemäß § 44 Abs. 2 a KostO nur dieser Gesamtwert für den Gebührenanspruch maßgebend sei, komme auch nur dieser Gesamtwert als Gegenstand der in § 39 Abs. 4 KostO angeordneten Wertbegrenzung auf maximal 10 Mio. DM in Betracht. Für die vom Beteiligten zu 1) angenommene Kappung der im Gesamtwert untergegangenen Einzelwerte sei kein Raum. Der Umstand, dass der Gesetzgeber für Anmeldungen eine Begrenzung des Gesamtwertes ausdrücklich angeordnet habe, rechtfertige keinen Gegenschluss. Schließlich begründe auch der Umstand, dass § 44 Abs. 2 a KostO dann nicht zum Tragen käme, wenn die einzelnen Verschmelzungen getrennt beurkundet worden wären, keine abweichende Auslegung. Maßgebend für die Gebührenberechnung seien immer das konkret übertragene Geschäft und dessen Erledigung. Hier sei aber unstreitig gerade eine einheitliche Beurkundung gewollt gewesen. Diese habe sich überdies schon im Interesse der größeren Klarheit und Übersichtlichkeit empfohlen, so dass der Beteiligte zu 1) möglicherweise schon von sich aus gem. § 17 Abs. 1 BeurkG auf diese Form der Beurkundung habe hinwirken müssen. Es sei daher mindestens zweifelhaft, ob seine Gebührenberechnung im Falle einer getrennten Beurkundung - einem aus § 16 Abs. 1 KostO hergeleiteten Einwand - hätte standhalten können. Die angefochtene Kostenrechnung sei demnach wie folgt zu ändern:

Geschäftswert 10.000.000,00 DM Gebühr gem. §§ 141, 32, 26 Abs. 2 KostO (20/10) 30.220,00 DM Gebühr gem. §§ 136, 152 Abs. 1 KostO 148,40 DM (150 Seiten zu je 1,00 DM/ 328 Seiten zu je 0,30 DM) Gebühr gem. § 152 Abs. 2 KostO 9,00 DM 30.377,40 DM zuzüglich 16 % UmsSt (§ 151 a KostO): 4.860,38 DM 35.237,78 DM

Zwar teilt der Senat den zutreffend begründeten Ausgangspunkt der landgerichtlichen Ausführungen, wonach die Beurkundungstätigkeit des Beteiligten zu 1) als in sich einheitliches Geschäft nur einen einheitlichen Gebührenanspruch nach § 36 Abs. 2 KostO auslösen kann. Jedoch stimmt der Senat in seiner Beurteilung des Zusammenwirkens der Regelungen in § 44 Abs. 2 a KostO und § 39 Abs. 4 KostO nicht mit der Kammer überein. Zunächst geht der Senat - ebenso wie die Kammer - davon aus, dass der Beurkundung vier verschiedene Gegenstände im Rechtssinne zugrunde lagen. Dafür spricht insbesondere, dass der Vertrag die jeweiligen Kommanditanteilsentwicklungen nach den Verschmelzungen der einzelnen Gesellschaften gesondert wiedergibt, so dass trotz der einheitlichen Beurkundung deutlich bleibt, dass vier einzelne Verschmelzungsverträge zugrunde lagen. Der gesamte Verschmelzungsakt ist nicht als Rechtseinheit anzusehen; vielmehr handelte es sich um rechtlich voneinander unabhängige Verschmelzungen, deren Zusammenbeurkundung nur deshalb erfolgte, weil der aufnehmende Rechtsträger bei jeder Verschmelzung derselbe war (vgl. dazu Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann, KostO, 15. Aufl., § 39 Rdnr. 145). Da diese Einzelverträge alle dem gleichen Gebührensatz gemäß § 36 Abs. 2 KostO unterliegen, wird dieser gemäß § 44 Abs. 2 a KostO nur einmal berechnet, und zwar "nach den zusammengerechneten Werten". Wie die danach benötigten jeweiligen Werte für einen Verschmelzungsvertrag nach dem Umwandlungsgesetz zu bestimmen sind, ergibt sich in Bezug auf deren Höchstgrenze aus § 39 Abs. 4 KostO, wonach der Wert nach der hier maßgeblichen Fassung der Vorschrift auf höchstens 10 Mio. DM anzunehmen ist. Unter Berücksichtigung dieser Kappung hat der Notar seiner Berechnung die jeweiligen Einzelwerte zutreffend zugrunde gelegt. Für eine nochmalige Kappung der Summe dieser Einzelbeträge nach § 39 Abs. 4 KostO bietet diese Bestimmung keinen Raum. Es ist nicht ersichtlich, dass diese Vorschrift die Frage der Gesamtbewertung mehrerer in einer gemeinsamen Urkunde beurkundeten Verträge, die verschiedene Gegenstände im Rechtssinne bilden, regelt. Vielmehr ist die Frage der Bewertung einer einheitlichen Beurkundung Gegenstand verschiedener Erklärungen der besonderen Regelung in § 44 Abs. 2 a KostO vorbehalten. Dementsprechend wird in der kostenrechtlicher Literatur die zutreffende Auffassung vertreten, dass bei Gegenstandsverschiedenheit von Verschmelzungen die Werte der einzelnen Verschmelzungen zusammen zu zählen sind und der Höchstwert des § 39 Abs. 4 KostO mehrfach anfallen kann (vgl. Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann, a.a.O., § 39 Rdnr. 145, 146 m.w.N.; zur Kettenverschmelzung: Rohs/Wedewer, KostO, Stand Juli 2002, § 39 Rdnr. 53 und Notarkasse München, Streifzug durch die Kostenordnung, 4. Aufl., Rdnr. 548). Die auch sonst einwandfreie Kostenrechnung des Notars hat demnach Bestand.

Eine Entscheidung über die Erstattung außergerichtlicher Kosten ist nicht veranlasst.

Die Wertfestsetzung für das Verfahren der weiteren Beschwerde beruht auf den §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 1 KostO.

Ende der Entscheidung

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