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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 16.02.2006
Aktenzeichen: 15 W 268/05
Rechtsgebiete: BeurkG
Vorschriften:
BeurkG § 53 | |
BeurkG § 54 c Abs. 3 |
2) Eine Ausnahme von diesem Grundsatz liegt nicht bereits dann vor, wenn die Vertragsparteien über die Wirksamkeit des von dem Verkäufer nach Fristsetzung gem. § 323 Abs. 1 BGB erklärten Rücktritts vom Vertrag streiten.
3) Im Falle der Unbeachtlichkeit des einseitigen Widerrufs hat der Notar den Vollzug des Vertrages weiter durchzuführen. Eine entsprechende Anwendung des § 54 c Abs. 3 BeurkG, die zu einem Stillstand der weiteren Vollziehung führen könnte, kommt im Bereich des Grunbuchvollzugs gem. § 53 BeurkG nicht in Betracht.
OBERLANDESGERICHT HAMM BESCHLUSS
15 W 268/05 OLG Hamm
In der Notarsache
Der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat am 16. Februar 2006 auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 8) vom 18. Juli 2005 gegen den Beschluss der 7. Zivilkammer des Landgerichts Essen vom 1. Juni 2005 durch
beschlossen:
Tenor:
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Die erste Beschwerde der Beteiligten zu 1) bis 7) gegen den Vorbescheid des Notars Dr. H in F vom 03.11./06.11.2004 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten zu 1) bis 7) haben den Beteiligten zu 8) die ihnen im Verfahren der Erstbeschwerde entstandenen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.
Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet im Verfahren der weiteren Beschwerde nicht statt.
Der Gegenstandswert wird für das Verfahren der ersten und weiteren Beschwerde auf jeweils 100.000 € festgesetzt.
Gründe:
I.
Durch Grundstückskaufvertrag vom 12.02.2004, den der Notar Dr. H mit Amtssitz in F unter der UR-Nr. ##/2004 beurkundete, veräußerten die Beteiligten zu 1) - 7) den ihnen gehörenden Grundbesitz N-Straße in F an die Beteiligten zu 8) zu einem Kaufpreis von 1.180.000 €. Die Zahlung des Kaufpreises hatte nach II des Vertrages mit befreiender Wirkung gegenüber sämtlichen Veräußerern auf das Konto Nummer ####1 des Bankhauses P in L zu erfolgen. Maßgeblich für die Rechtzeitigkeit der Zahlung sollte nach dem Kaufvertrag der Tag des Geldeinganges auf dem Konto der Zahlungsempfänger sein. Hinsichtlich der Fälligkeit vereinbarten die Beteiligten, dass diese unter bestimmten Bedingungen eintreten sollte, frühestens jedoch zum 31.03.2004. Zwischen ihnen ist unstreitig, dass die Fälligkeit der Kaufpreiszahlung zum 24.04.2004 eingetreten ist.
Unter IV des Vertrages erklärten die Beteiligten die Auflassung und wiesen den Notar an, "den Umschreibungsantrag dem Grundbuchamt erst dann vorzulegen, wenn ihm die Zahlung des Kaufpreises vom Verkäufer bestätigt oder vom Erwerber nachgewiesen wurde."
Die Beteiligten zu 8) konnten bei Fälligkeit den Kaufpreis nicht zahlen. Über die Frage, wie weiter vorzugehen sei, fanden Verhandlungen mit einem umfangreichen Schriftwechsel statt. Die Beteiligten zu 8) zahlten bis zum 01.10.2004 auf das im Kaufvertrag angegebene Konto durch vier Überweisungen insgesamt 1.080.000 € ein. Im Rahmen der geführten Korrespondenz forderte der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten zu 1) bis 7) die Beteiligten zu 8) mit Schreiben vom 06.08.2004 u.a. auf, Verzugszinsen zu zahlen und versicherte insoweit anwaltlich, dass eine Geldempfangsvollmacht vorliege. Mit einem weiteren Schreiben vom 08.10.2004 an den Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 8) setzte er diesen eine Frist zur Zahlung des Restkaufpreises. In diesem Schreiben heißt es u.a.:
"Ich setze hiermit ihren Mandanten eine Frist zur vollständigen Kaufpreiszahlung, wobei fristwahrend nur der Zahlungseingang ist und zwar bis zum 20. Oktober 2004. Nach Ablauf dieser Frist ohne vollständige Zahlung des vereinbarten Kaufpreises und der zwischenzeitlich weitergehend fällig gewordenen Beträge, werden sich meine Mandanten von dem Kaufvertrag lösen."
Am 20.10.2004 erschienen die Beteiligten zu 8) im Büro des Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1) bis 7). Sie übergaben der dort tätigen Rechtsanwältin I ein Schreiben ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 20.10.2004 mit einem Verrechnungsscheck über 100.000 €, der nach dem Schreiben zur Erfüllung des restlichen Kaufpreises dienen sollte. Der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten zu 1) bis 7) gab mit Schreiben vom 21.10.2004 an den Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 8) den Scheck "zu seiner Entlastung" zurück und erklärte zugleich den Rücktritt von dem Kaufvertrag vom 12.02.2004. Diese Rücktrittserklärung ging dem Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 8) spätestens am 28.10.2004 zu, als dieser den auf einer Poststelle zur Abholung bereit liegenden Einschreibebrief abholte. Ob bereits am 25.10.2004 ein vergeblicher Zustellversuch im Büro des Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 8) durchgeführt, dieser darüber mit einem Benachrichtigungsschein unterrichtet worden ist und deshalb ggf. bereits zu einem vor dem 28.10.2004 liegenden Zeitpunkt von einem Zugang der Rücktrittserklärung auszugehen ist, ist zwischen den Beteiligten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht streitig. Mit weiterem Schreiben vom 21.10.2004 teilte der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten zu 1) bis 7) dem Notar mit, dass diese vom Vertrag zurückgetreten seien.
Der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten zu 8) teilte dem Notar mit Schreiben vom 22.10.2004 mit, seine Mandanten hätten den Kaufpreis in Teilbeträgen nunmehr vollständig gezahlt, und forderte den Notar auf, den Antrag auf Umschreibung des Eigentums beim Grundbuchamt einzureichen.
Der Notar bat in einem Schreiben an den Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1) bis 7) vom 26.10.2004 um Mitteilung, von welchem Sachstand er auszugehen habe. Er habe erfahren, dass dessen Kanzlei den Verrechnungsscheck der Beteiligten zu 8) angenommen hätten, während er, der Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1) bis 7), seiner Kanzlei mitgeteilt habe, er habe den Verrechnungsscheck zurückgewiesen.
Als Antwort auf dieses Schreiben übersandten die Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1) bis 7) dem Notar unter dem 27.10.2002 das Rücktrittsschreiben vom 21.10.2004.
Am 27.10.2004 ließen die Beteiligten zu 8) den Verrechnungsscheck sperren und überwiesen gleichzeitig mit einer Eilüberweisung den restlichen Kaufpreis von 100.000 € auf das im Kaufvertrag angegebene Konto. Mit Fax vom gleichen Tag übersandten die Beteiligten zu 8) durch ihren Verfahrensbevollmächtigten dem Notar einen Kontoauszug der F eG, nach dem ihr Konto mit 100.000 € wegen einer Überweisung an die Beteiligten zu 1) bis 7) belastet worden ist. In dem Begleitschreiben an den Notar heißt es, das Bankhaus P habe den Eingang auf dem Konto der Veräußerer zwischenzeitlich telefonisch bestätigt. Sie forderten den Notar daher auf, unverzüglich den Umschreibungsantrag zu stellen.
Der Betrag von 100.000 € ging am 27.10.2004 auf dem Konto der Beteiligten zu 1) bis 7) ein, wurde aber noch am selben Tag weisungsgemäß von dem Bankhaus P an das Absenderkonto zurücküberwiesen.
Mit Schreiben vom 03.11.2004 wies der Notar darauf hin, dass er gemäß § 53 BeurkG gehalten sei, bei Vollzugsreife das Notwendige zu veranlassen, es sei denn, dass alle Beteiligten gemeinsam etwas anderes verlangten. Nur in Ausnahmefällen könne er berechtigt sein, auf einseitige Weisung nur eines Beteiligten seine Vollzugstätigkeit aufzuschieben. Er sehe die engen Voraussetzungen für einen weiteren Aufschub seiner Vollzugstätigkeit nicht mehr als gegeben an, zumal ihm die Zahlung des Kaufpreises nachgewiesen worden sei. Hieran könne eine spätere Rückzahlung nichts ändern. Er könne nicht die Wirksamkeit des zwischen den Beteiligten streitigen Rücktritts überprüfen. Mit Schreiben vom 06.11.2004 stellte er klar, dass sein Schreiben vom 03.11.2004 als Vorbescheid zu verstehen sei und er den Umschreibungsantrag am kommenden Freitag, den 12.11.2004, stellen werde.
Hiergegen haben die Beteiligten zu 1) bis 7) mit Schriftsatz vom 11.11.2004 Beschwerde beim Landgericht eingelegt, mit der sie beantragt haben, den Vorbescheid aufzuheben und dem Notar zu untersagen, die Eigentumsumschreibung aufgrund des Grundstückskaufvertrages vom 12.02.2004 zu beantragen. Sie haben u.a. die Auffassung vertreten, der Notar könne nicht die Feststellung treffen, dass der Kaufpreis vollständig gezahlt sei. Im Übrigen haben sie geltend gemacht, durch ihre Erklärung vom 21.10.2004 wirksam von dem Kaufvertrag zurückgetreten zu sein.
Die Beteiligten zu 8) sind der Beschwerde mit der Begründung entgegengetreten, es sei Vollzugsreife eingetreten, nachdem sie die Zahlung des Kaufpreises nachgewiesen hätten. Der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten zu 1) bis 7), der Geldempfangsvollmacht gehabt habe, habe bereits den am 20.10.2004 übergebenen Scheck nicht zurückweisen dürfen; ohne Bedeutung bleibe jedenfalls die Rücküberweisung des am 27.10.2004 vertragsgerecht auf dem bezeichneten Konto gutgeschriebenen Betrages. Denn die Rücktrittserklärung der Beteiligten zu 1) bis 7) sei nicht vor dem 28.10.2004 zugegangen. Bis zu diesem Zeitpunkt seien sie, die Beteiligten zu 8), jedoch berechtigt gewesen, ihre Verpflichtung durch nachträgliche Zahlung des Restkaufpreises zu erfüllen und dadurch das Erlöschen eines etwa entstandenen Rücktrittsrechts zu bewirken.
Das Landgericht hat mit Beschluss vom 01.06.2005 unter Zurückweisung der weitergehenden Beschwerde den Vorbescheid des Notars vom 03./06.11.2004 aufgehoben und diesen angewiesen, den Umschreibungsantrag dem Grundbuchamt nicht vorzulegen, soweit ihm die Weisung erteilt worden sei, den Umschreibungsantrag dem Grundbuch vorzulegen, wenn ihm die Zahlung des Kaufpreises vom Erwerber nachgewiesen worden sei.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die mit Schriftsatz vom 18.07.2005 eingelegte weitere Beschwerde der Beteiligten zu 8), mit der sie beantragen, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und den Notar anzuweisen, den Umschreibungsantrag bei dem Grundbuchamt zu stellen. Die Beteiligten zu 1) bis 7) beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.
II.
Die weitere Beschwerde ist nach den §§ 15 Abs. 2 S. 2 BNotO, 27, 29 FGG statthaft und formgerecht eingelegt. Die Beschwerdebefugnis der Beteiligten zu 8) folgt daraus, dass das Landgericht den Vorbescheid des Notars zu ihrem Nachteil aufgehoben hat.
In der Sache ist das Rechtsmittel begründet, weil die angefochtene Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht, § 27 Abs. 1 FGG i.V.m. § 546 ZPO.
In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das Landgericht zutreffend von einer zulässigen Erstbeschwerde der Beteiligten zu 1) bis 7) ausgegangen. Ein Urkundsnotar, zu dessen Urkundstätigkeit auch das sich anschließende Vollzugsverfahren gehört (BayObLGZ 1998, 6 = FGPrax 1998, 78; Senat FGPrax 1995, 171), kann durch einen Vorbescheid ankündigen, eine bestimmte Amtshandlung vorzunehmen; ein solcher Vorbescheid ist nach ganz überwiegender Auffassung beschwerdefähig (vgl. BayObLG, a.a.O., m.w.N.; Thüringer-OLG FGPrax 2001, 32; Arndt/Lerch/Sandkühler, Bundesnotarordnung, 3. Aufl., § 15 Rn. 85; Keidel/Winkler, Beurkundungsgesetz, 15. Aufl., § 53 Rn. 43). Die Befugnis der Beteiligten zu 1) bis 7) zur Beschwerdeeinlegung gegen diesen Bescheid (§ 20 Abs. 1 FGG) ergibt sich daraus, dass sie geltend machen, der Notar habe ihnen gegenüber die Amtspflicht, die Antragstellung auf Eigentumsumschreibung bei dem Grundbuchamt zu unterlassen; die Berechtigung dieses Standpunktes ist im Rahmen der Begründetheit des Rechtsmittels zu prüfen. Der Notar nimmt in dem Beschwerdeverfahren nach § 15 Abs. 1 S. 2 BNotO die Stelle einer ersten Instanz nach Maßgabe der Vorschriften des FGG und nicht die eines Beschwerdegegners und auch nicht die eines Verfahrensbeteiligten ein (vgl. Senat DNotZ 1989, 648; OLGZ 1994, 495) .
Über die gegen die Entscheidung des Notars gerichteten Beschwerden entscheidet nach § 15 Abs. 2 S. 1 BNotO eine Zivilkammer des Landgerichts, in dessen Bezirk der Notar seinen Amtssitz hat. Der Senat sieht keinen Anlass, der Rüge der Beteiligten zu 8), die Kammer sei bei ihrer Entscheidung nicht ordnungsgemäß besetzt gewesen (§§ 27 Abs. 1 S. 2 FGG, 547 Nr. 1 ZPO), durch weitere tatsächliche Ermittlungen nachzugehen, nachdem die Beschwerdeführer dem substantiierten Vorbringens der Beteiligten zu 1) bis 7) in ihrem Schriftsatz vom 19.08.2005, die Mitwirkung der Richterin am Landgericht I beruhe auf einem Vertretungsfall, nicht mehr entgegengetreten sind.
In der Sache beschränkt sich die Prüfungsbefugnis des Rechtsbeschwerdegerichts auf den Verfahrensgegenstand der landgerichtlichen Entscheidung, der durch das mit der Erstbeschwerde verfolgte Begehren bestimmt wird. Zu entscheiden hatte das Landgericht lediglich über den Beschwerdeantrag der Beteiligten zu 1) bis 7), unter Aufhebung des Vorbescheides den Notar anzuweisen, die Einreichung des Antrag auf Eigentumsumschreibung bei dem Grundbuchamt zu unterlassen. Über diesen Verfahrensgegenstand geht der im Verfahren der weiteren Beschwerde gestellte Antrag der Beteiligten zu 8) hinaus, die nunmehr ihrerseits die Anweisung an den Notar anstreben, den Antrag auf Eigentumsumschreibung bei dem Grundbuchamt zu stellen. Ob die Beteiligten zu 8) mit diesem Begehren im Verfahren vor dem Landgericht ihrerseits eine erste Beschwerde hätten erheben können, insbesondere dafür in Anbetracht des Vorbescheids des Notars ein Rechtsschutzbedürfnis bestanden hätte, kann dahin gestellt bleiben. Jedenfalls schließen die §§ 27 Abs. 1 S. 2 FGG, 559 ZPO im Rechtsbeschwerdeverfahren eine solche Antragserweiterung aus.
Die Sachentscheidung des Landgerichts hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Rechtliche Grundlage der Entscheidung ist die Vorschrift des § 53 BeurkG. Danach ist der Notar, der Willenserklärungen beurkundet hat, die beim Grundbuchamt einzureichen sind, verpflichtet, die Urkunde unverzüglich zum Vollzug beim Grundbuchamt einzureichen, sobald die Urkunde eingereicht werden kann, es sei denn, dass alle Beteiligten gemeinsam etwas anderes verlangen. Die Urkundsbeteiligten können daher hinsichtlich der Vorlage dem Notar bei der Beurkundung oder später besondere Weisungen erteilen, an die der Notar gebunden ist (Winkler, a.a.O. § 53 Rn. 20, 21 m.w.N.). Diese Weisungen können die Beteiligten nur gemeinsam widerrufen. Weisungen nur eines Beteiligten kann der Notar nur in Ausnahmefällen Beachtung schenken, wie der Notar in seinem Schreiben vom 03.11.2004 zutreffend ausgeführt hat.
Eine solche übereinstimmende Weisung ergibt sich vorliegend aus der Regelung unter IV des Kaufvertrages. Danach hängt der vom Notar zu stellende Antrag auf Eigentumsumschreibung davon ab, ob ihm die Zahlung des Kaufpreises vom Veräußerer bestätigt oder vom Erwerber nachgewiesen wurde. Das Landgericht hat diese Weisung dahin ausgelegt, dass die vertragsgemäße und damit fristgerechte Zahlung nachgewiesen werden müsse, auch wenn die notarielle Urkunde nicht ausdrücklich eine entsprechende Formulierung enthalte. Bei rechtsgeschäftlichen Willenserklärungen ist die Feststellung dessen, was nach dem Willen der Beteiligten erklärt ist, ausschließlich Sache des Tatrichters; dasselbe gilt für die Auslegung der festgestellten Erklärung, weil es für dessen Ermittlung auf die der Erklärungshandlung zugrunde liegenden Tatumstände ankommen kann. Das Gericht der weiteren Beschwerde ist an diese Feststellung und Auslegung gebunden, wenn sie nicht unter Verletzung des Rechts zustande gekommen ist. Die Auslegung kann daher nur darauf überprüft werden, ob sie nach den Denkgesetzen und der feststehenden Erfahrung möglich ist, mit den gesetzlichen Regelungen in Einklang steht, dem klaren Sinn und Wortlaut der Erklärung nicht widerspricht und alle wesentlichen Tatsachen berücksichtigt (Keidel/Meyer-Holz, FG, 15. Aufl., § 27 Rn. 49).
Die vom Landgericht vorgenommene Auslegung überschreitet rechtsfehlerhaft die Grenzen des tatrichterlichen Auslegungsspielraums, weil sie nicht vom Wortlaut der hier maßgebenden Erklärungen in der notariellen Urkunde gedeckt ist. Die Auslegung einer an den Notar gerichteten Anweisung muss, wenn sie - wie hier - in dem notariellen Vertrag enthalten ist, maßgebend an den Wortlaut der Urkunde anknüpfen. Die das mehrseitige Treuhandverhältnis prägende Bindungswirkung für den Notar schließt es aus, dass er selbst eine Auslegung vornimmt, die über die durch den Wortlaut gezogenen Grenzen hinausgeht. Dies gilt auch dann, wenn sich der Notar subjektiv zu einer solchen Auslegung aufgrund seines Amtes als unabhängiger Betreuer der Urkundsbeteiligten (§ 14 Abs. 1 S. 2 BNotO) verpflichtet fühlt, um in einer Situation, in der sich bei der Durchführung des Vertrages Schwierigkeiten ergeben haben, den beiderseitigen Interessen der Beteiligten gerecht zu werden. Die zivilrechtlich bestehenden Möglichkeiten, solchen Schwierigkeiten Rechnung zu tragen, etwa durch eine über den Wortlaut hinausgreifende ergänzende Vertragsauslegung oder eine Vertragsanpassung nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 242 BGB), müssen dem Notar versagt bleiben. Denn es ist allgemein anerkannt, dass es dem Notar im Zusammenhang mit der Wahrnehmung seiner Amtspflichten bei der Ausführung eines Treuhandauftrages verwehrt ist, in eigene Ermittlungen über die Berechtigung der gegensätzlichen Standpunkte der Beteiligten einzutreten und in diesem Zusammenhang eine streitentscheidende Rolle einzunehmen. Der Notar müsste dann seine neutrale Stellung aufgeben und würde Gefahr laufen, sich Schadensersatzansprüchen des jeweils Benachteiligten auszusetzen (KG OLGZ 1987, 273, 275; OLG Schleswig JurBüro 1992, 45; Senat FGPrax 2002, 83 m.w.N.). Dieselbe Beschränkung muss folglich auch für das Beschwerdegericht im Verfahren nach § 15 Abs. 2 BNotO gelten, das lediglich anstelle des erstinstanzlich entscheidenden Notars die von ihm vorzunehmende Amtspflicht festzustellen hat.
Von diesen Grundsätzen ausgehend sind bei der Auslegung der dem Notar erteilten Weisung hier die Regelung in IV der notariellen Urkunde vom 12.02.2004 und die mit ihr im Zusammenhang stehende vertragliche Vereinbarung in II des Vertrages, auf welches Konto die Zahlungen der Erwerber zu erfolgen haben, auszuwerten. Danach hatte der Notar den Umschreibungsantrag zu stellen, wenn ihm von den Beteiligten zu 1) bis 7) die Zahlung des Kaufpreises bestätigt oder von den Erwerbern nachgewiesen worden ist, dass sie den Kaufpreis in Höhe von 1.180.000 € auf das Konto Nummer ####1 des Bankhauses P in L eingezahlt haben. Mit diesem Wortlaut nicht zu vereinbaren ist die Annahme des Landgerichts, der Notar habe die Vertragsmäßigkeit der Leistungen zu überprüfen. Ihm oblag nach den notariellen Vereinbarungen nicht die Überwachung der fristgerechten Zahlung und auch der ihm erteilte Vollzugsauftrag ist nicht an eine fristgerechte Zahlung gebunden. Es kann daher entgegen der Auffassung des Landgerichts im Rahmen der Prüfung, ob die weisungsgemäßen Voraussetzungen für den Antrag auf Eigentumsumschreibung vorliegen, nicht darauf ankommen, dass die Beteiligten zu 8) nicht bereits bei Fälligkeit, sondern erst zu einem Zeitpunkt gezahlt haben, als sie bereits mit der Erfüllung ihrer Verpflichtung in Verzug geraten waren.
Aufgrund des Rechtsfehlers der landgerichtlichen Entscheidung ist der Senat zu einer eigenen Auslegung der Weisung in der notariellen Urkunde berechtigt (vgl. Keidel/Meyer-Holz, a.a.O., § 27, Rdnr. 56 m.w.N.). Diese führt zu dem Ergebnis, dass die Prüfungsbefugnis des Notars sich auf die Zahlung des Kaufpreises ohne etwaige Nebenforderungen der Verkäufer zu beschränken hat. Der Senat hält in diesem Zusammenhang an seiner Auffassung (FGPrax 2003, 186) fest, dass eine Vollzugsweisung, die den Notar ihrem Wortlaut nach lediglich zur Prüfung der Kaufpreiszahlung verpflichtet, nicht dahin ausgelegt werden kann, dass sich der zu erbringende Nachweis auch auf Nebenforderungen, insbesondere Verzugszinsen und etwaige Rechtsverfolgungskosten, zu erstrecken hat. Die regelmäßige Bedeutung des Begriffs des Kaufpreises bezeichnet nur die Gegenleistung für die Eigentumsübertragung, nicht jedoch etwaige Nebenforderungen, die infolge von Leistungsstörungen entstehen können. So wird auch in der hier zu beurteilenden notariellen Urkunde in Ziff. II zwischen dem Kaufpreis und den mit 5 % über dem Basiszinssatz vereinbarten Verzugszinsen unterschieden, die die Käufer ohne Mahnung bereits dann schulden, wenn sie bei Fälligkeit den Kaufpreis nicht zahlen. Demgegenüber wird in Ziff. IV der Vollzug der Eigentumsumschreibung ausschließlich davon abhängig gemacht, dass der Nachweis der Zahlung "des Kaufpreises" erbracht wird. Die Feststellung, ob und in welchem Umfang Nebenforderungen zum Anspruch auf Kaufpreiszahlung entstanden sind, erfordert im Einzelfall die Beurteilung mehrerer wertungsabhängiger Faktoren. Die Erstreckung der Prüfungspflicht des Notars auf solche Nebenforderungen würde die Durchführbarkeit der Vollzugsanweisung nachhaltig beeinträchtigen. Ohne eine im Wortlaut ausdrücklich abweichende Regelung in der notariellen Urkunde kann daher nicht angenommen werden, dass der Notar eine solche weitergehende Prüfungspflicht hat übernehmen wollen.
Auf dieser Grundlage ist der Nachweis der Zahlung des Kaufpreises im Hinblick auf den zwischen den Beteiligten unstreitigen Vorgang erbracht, dass die Beteiligten zu 8) am 27.10.2004 den Kaufpreisrest von 100.000 € auf das in dem Kaufvertrag angegebene Konto überwiesen haben.
Nach Vollzugsreife darf der Notar von der Einreichung der Urkunde nicht schon dann Abstand nehmen, wenn nur einer der Beteiligten den Vollzugsauftrag zurücknimmt oder widerruft (vgl. OLG Hamm, 28. ZS, DNotZ 1987, 166; Senat OLGZ 1994, a.a.O.; Köln OLGZ 1990, 347, 401; Winkler, a.a.O., § 53 Rn. 24 ff). Denn es ist nicht Sache des Notars, die Wirksamkeit des Widerrufs einer solchen Weisung zu überprüfen, zumal § 53 BeurkG ihn gerade dieser schwierigen, im Ergebnis oft zweifelhaften und für ihn mit einem erheblichen Risiko verbundenen Prüfung entheben wollte. Es ist auch sachgerecht, dass derjenige, der sich auf die Unwirksamkeit des geschlossenen Vertrages berufen will, eine der Urkunde entgegenstehende Rechtslage im Prozesswege geltend machen und zur Verhinderung des Vollzuges der Urkunde gegebenenfalls im Wege der einstweiligen Verfügung ein Erwerbsverbot erwirken muss (vgl. Senat a.a.O.; Köln OLGZ 1990, 397, 401; Jansen, FG, 2. Aufl., § 53 BeurkG Rn. 17).
Nur unter besonderen Umständen ist der Notar noch berechtigt, auf den einseitigen Widerspruch eines von mehreren Beteiligten seine Vollzugstätigkeit aufzuschieben, nämlich dann, wenn ihm ein Beteiligter einen ausreichend substantiierten und glaubhaft erscheinenden Anfechtungs- oder Unwirksamkeitsgrund des notariell beurkundeten Vertrages oder einen wirksam erklärten Rücktritt von dem notariellen Vertrag vorträgt, dem der andere Beteiligte nicht oder nur mit fadenscheinigen Behauptungen zu begegnen versucht (vgl. Senat a.a.O. m.w.N.; BayObLGZ 1998, 6 = FGPrax 1998, 78; Winkler, a.a.O., § 53 Rn. 34; Huhn/von Schuckmann/Preuß, BeurkG, 4. Aufl., § 53 Rn. 27).
Ein solcher Sachverhalt ist vorliegend jedoch nicht gegeben. Die materielle Wirksamkeit der Rücktrittserklärung vom 21.10.2004 nach Maßgabe des § 323 Abs. 1 BGB n.F. ist zwischen den Beteiligten unter mehreren Einzelgesichtspunkten streitig. Die insoweit von den Beteiligten zu 8) erhobenen Einwendungen können insgesamt nicht als offensichtlich unbegründet bewertet werden. Lediglich beispielhaft sei hervorgehoben, dass die Frage, ob der nach der Neufassung des § 323 Abs. 1 BGB durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz nach Ablauf einer gesetzten Nachfrist eintretende Schwebezustand auch von dem Schuldner einseitig durch nachträgliche Leistungserbringung beendet werden kann, unterschiedlich beantwortet wird, ohne dass dazu eine abschließende höchstrichterliche Rechtsprechung vorliegt. Teilweise wird vertreten, der Schuldner könne den Gläubiger durch das Angebot ordnungsgemäßer Erfüllung auch noch während des Schwebezustandes in Annahmeverzug setzen (so BT-Drucksache 14/6040 S. 185; Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Aufl., § 323, Rdnr. 33, MK/BGB-Ernst, 4. Aufl., § 323, Rdnr. 175), während andererseits aus der Sicht des Senats mit guten Grund der Standpunkt eingenommen wird, der Schuldner dürfe nach Ablauf der Nachfrist nicht in die Lage versetzt werden, dem Gläubiger gegen dessen Willen das bereits entstandene Rücktrittsrecht aus der Hand zu schlagen (vgl. Soergel-Gsell, BGB, 13. Aufl., § 323 Rdnr. 144 m.w.N.). Den Fortbestand der vertraglichen Bindung davon abhängig machen zu wollen, dass es dem Schuldner gelingt, mit seiner nachträglichen Erfüllungshandlung in einer Art Wettlauf dem Zugang einer ggf. bereits erwarteten Rücktrittserklärung des Gläubigers zuvorzukommen, erschiene kaum angemessen. Unabhängig von diesen Erwägungen liegt es auf der Hand, dass die vielfältigen tatsächlichen und rechtlichen Fragen, von denen die Beurteilung der materiellen Wirksamkeit der Rücktrittserklärung abhängt, von dem Urkundsnotar weder geprüft noch entschieden werden können. Seine Bindung an die Vollzugsanweisung bleibt deshalb bestehen.
Der Senat hat erwogen, ob sich eine Amtspflicht des Notars, die weitere Vollziehung des Vertrages einzustellen, aus einer analogen Anwendung der Vorschrift des § 54 c Abs. 3 BeurkG und mit den dort geregelten Maßgaben entwickeln lässt. Der Anwendungsbereich dieser Vorschrift betrifft die treuhänderische Verwahrung von Geld durch den Notar nach Maßgabe einer ihm von mehreren Beteiligten erteilten Anweisung. Der einseitige Widerruf einer solchen Anweisung, der darauf gestützt wird, dass das durchzuführende Rechtsgeschäft (u.a.) rückabzuwickeln sei, ist für den Notar insoweit beachtlich, als er sich jeder Verfügung über das Verwahrungsgut zu enthalten (§ 54 c Abs. 3 S. 2 BeurkG) und nur dann mit der Ausführung der Anweisung fortzufahren hat, wenn der Widerrufende nicht innerhalb einer ihm von dem Notar zu setzenden angemessenen Frist nachweist, dass eine gerichtliches Verfahren mit dem Ziel der Herbeiführung einer übereinstimmenden (abweichenden) Anweisung rechtshängig ist (S. 3 Nr. 2 der Vorschrift). Der einseitige Widerruf führt also im Falle der Geldverwahrung zu einem Stillstand der weiteren Vollziehung der Anweisung, wenn der Widerrufende die weiteren Verfahrensvorgaben, die ihm zunächst von dem Notar aufzugeben sind, einhält. Die Geldverwahrung durch den Notar dient regelmäßig der Sicherung der beiderseitigen Vertragserfüllung beurkundeter Rechtsgeschäfte (§ 54 a Abs. 3 BeurkG). Für eine Vergleichbarkeit dieser Regelung mit der hier vorliegenden Fallgestaltung kann sprechen, dass eine auf der Grundlage des § 53 BeurkG in der notariellen Urkunde vorgesehene Einreichungssperre ebenfalls der Sicherung der beiderseitigen Vertragserfüllung dient; Gegenstand der treuhänderischen Tätigkeit ist in diesem Zusammenhang die Erfüllung des Anspruchs auf Eigentumsverschaffung. Eine analoge Anwendung der Regelung des § 54 c Abs. 3 BeurkG muss gleichwohl daran scheitern, dass eine unbewusste Gesetzeslücke nicht festgestellt werden kann. Die Vorschrift des § 54 c Abs. 3 BeurkG ist Teil der Neuregelung über die notarielle Geldverwahrung, die der Gesetzgeber durch das Dritte Gesetz zu Änderung der BNotO vom 31.08.1998 (BGBl. I S. 2585) in das BeurkG eingefügt hat. Der Gesetzgeber hat dabei vergleichbare Fallgestaltungen bei § 53 BeurkG in den Blick genommen, sich jedoch gleichwohl auf eine Regelung der Beachtlichkeit eines einseitigen Widerrufs bei der Verwahrung von Geld beschränkt. Eine Anwendung des § 54 c Abs. 3 BeurkG außerhalb des Bereichs der notariellen Geldverwahrung kommt deshalb im Ergebnis nicht in Betracht (vgl. Eylmann/Vaasen/Limmer, Kommentar zur BNotO und BeurkG, 2. Aufl., § 53 BeurkG Rn. 13; Huhn/von Schuckmann/Preuß, a.a.O., § 53 Rn. 33). Dafür besteht auch kein zwingendes praktisches Bedürfnis, weil dem Verkäufer eines Grundstücks - anders als bei der Auszahlung eines notariell verwahrten Geldbetrages - Möglichkeiten zur Sicherung seiner Rechtsposition aus dem geltend gemachten Rücktritt gegen einen Verlust des Grundstückseigentums zur Verfügung stehen. Als eine Möglichkeit kommt in diesem Zusammenhang insbesondere die Erwirkung eines im Wege der einstweiligen Verfügung zu erlassenden Erwerbsverbotes in Betracht. Ein solches Erwerbsverbot ist von dem Grundbuchamt zu beachten und hindert den Vollzug der Eigentumsumschreibung (BayObLG FGPrax 1997, 89). Wird es erlassen, bevor der Antrag auf Eigentumsumschreibung gestellt ist, kann und muss der Notar von einer entsprechenden Antragstellung absehen, weil diese ohnehin nur zur Zurückweisung des Antrags führen müsste.
Der Abschluss des vorliegenden Beschwerdeverfahrens berührt nicht die fortbestehende Verpflichtung des Notars, sein Amt gegenüber beiden Vertragsseiten unparteiisch auszuüben (§ 14 Abs. 1 S. 2 BNotO). Im Rahmen einer solchen Amtsführung kann es liegen, wenn der Notar ungeachtet seiner bestehenden Amtspflicht, den Antrag auf Eigentumsumschreibung bei dem Grundbuchamt zu stellen, den Beteiligten zu 1) bis 7) Gelegenheit gibt, vor einer solchen Antragstellung ein Erwerbsverbot zu erwirken (Huhn/von Schuckmann/Preuß, a.a.O., § 53 Rn. 33). Die Zurückstellung der Antragstellung auf Eigentumsumschreibung für einen Zeitraum von einen Monat nach Zugang dieser Entscheidung erschiene dem Senat vertretbar und angemessen.
Die Entscheidung über die Erstattung außergerichtlicher Kosten für das Erstbeschwerdeverfahren folgt aus der zwingenden Vorschrift des § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG. Für das Verfahren der weiteren Beschwerde ist über die Erstattung außergerichtlicher Kosten auf der Grundlage des § 13 a Abs. 1 S. 1 FGG zu entscheiden. Eine Erstattungsanordnung entspricht nicht billigem Ermessen im Sinne dieser Vorschrift. Vielmehr hat es bei dem Grundsatz zu verbleiben, dass im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit jeder Beteiligte seine außergerichtlichen Kosten allein zu tragen hat. Der sachliche Erfolg der weiteren Beschwerde reicht allein nicht aus, um eine Ausnahme von diesem Grundsatz zu rechtfertigen.
Die Wertfestsetzung beruht auf den §§ 131 Abs. 2, 30 KostO.
Ende der Entscheidung
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