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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 16.04.2007
Aktenzeichen: 15 W 308/06
Rechtsgebiete: KostO, UStG


Vorschriften:

KostO § 20 Abs. 1
UStG § 13b

Entscheidung wurde am 21.06.2007 korrigiert: die Rechtsgebiete, Vorschriften und der Verfahrensgang wurden geändert, Stichworte und ein Leitsatz wurden hinzugefügt
1) Die in einem notariell beurkundeten Grundstückskaufvertrag getroffene Regelung

"Die anfallende Mehrwertsteuer schuldet die kaufende Vertragspartei allein; bzgl. der umsatzsteuerrechtlichen Abwicklung wird auf § 13b UstG verwiesen..."

ist dahin auszulegen, dass als vertraglich geschuldeter Kaufpreis nur der Nettobetrag vereinbart ist (Abweichung von OLG Celle NJW-RR 2006, 71).

2) Der Wert für den Ansatz der Gebühr nach § 36 Abs. 2 KostO ist deshalb lediglich nach dem Nettobetrag zu berechnen.


Tenor:

Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 8.309,08 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Beteiligte zu 2) hat am 20.12.2004 einen Kaufvertrag über drei Grundstücke in J beurkundet (Urk.-Nr. xxx/2004) . In § 2 des Kaufvertrags heißt es u. a.:

"Die Löschung sämtlicher in Abteilung III der Grundbücher verzeichneten Grundschulden wird hiermit beantragt. Die gesamte Lastenfreistellung wird durch die Grundpfandrechtsgläubigerin ... durchgeführt."

§ 3 des Vertrages lautet auszugsweise:

"Der Kaufpreis beträgt insgesamt 2.200.000,-- Euro ........ zzgl. gesetzlicher Mehrwertsteuer, welche in folgender Höhe anfällt:

Netto-Kaufpreis = 2.2 Millionen plus 1/2 Grunderwerbsteuer = 1,75 % = 38.500,00 Euro, somit 2.238.500,00 Euro, hierauf 16 % = 358.160,-- Euro gesetzliche Mehrwertsteuer für diesen Erwerb.

Die anfallende Mehrwertsteuer schuldet die kaufende Vertragspartei allein; bzgl. der umsatzsteuerlichen Abwicklung wird auf § 13 b) UStG verwiesen......"

Unter § 4 des Kaufvertrags wurde der Notar beauftragt, die Annahmeerklärung der J1-Bank zu der Abtretung des Kaufpreisanspruchs der Verkäuferin einzuholen und diese Annahmeerklärung der Verkäuferin mitzuteilen.

Unter dem 20.1.2005 erteilte der Beteiligte zu 2) der Beteiligten zu 1) seine Kostenrechnung, die mit einem Gesamtbetrag von 18.852,82 Euro abschließt. Diese enthält folgende Positionen:

Geschäftswert: 2.558.160,00 Euro

20/10 Gebühr gem. §§ 141, 36 II KostO

Verträge 7.794,00 Euro

Geschäftswert: 2.558.160,00 Euro

5/10 Gebühr gem. §§ 146 I KostO

Vollzug des Geschäfts 1.948,50 Euro

Geschäftswert: 405.000,00 Euro

5/10 Gebühr gem. §§ 141, 147 II KostO

Gebühr für Überwachungstätigkeit 336,00 Euro

Geschäftswert: 2.558.160,00 Euro

5/10 Gebühr gem. §§ 141, 58 I KostO

Geschäfte außerhalb der Gerichtsstelle 30,00 Euro

Geschäftswert: 6.951.868,90 Euro

20/10 Gebühr gem. §§ 141, 38 II 5 a KostO

Beurk. Eintragung/Löschung im Grundbuch 4.410,50 Euro

Geschäftswert: 2.200.000,00 Euro

5/10 Gebühr gem. §§ 141, 147 II KostO

Vollzugstätigkeit, § 4 Abs. 2 des Vertrags 1.678,50 Euro

Summe Gebühren 16.197,50 Euro

Dokumentenpauschale gem. § 136 Abs. 1, 2 KostO

130 Seiten 37,00 Euro

16 % MwSt. gem. § 151 a KostO 2.597,52 Euro

Gesamtbetrag 18.832,02 Euro

Kopienauslagen außerhalb der Urkunde gem. §§ 152 I, 136 I KostO 5,00 Euro

Summe (Netto) 5,00 Euro

16 % MwSt 0,80 Euro

Auslagen 5,80 Euro

3 Grundbuchauszüge 15,00 Euro

Summe der Auslagen 20,80 Euro

Rechnungsbetrag 18.852,82 Euro

Unter dem 16.2.2006 wies der Präsident des Landgerichts Münster den Notar an, das Beschwerdeverfahren gemäß § 156 Abs. 6 KostO einzuleiten, wobei Gegenstand der Überprüfung

1) der mit 2.200.000 Euro angenommene Geschäftswert der 5/10 Gebühr gem. § 147 Abs. 2 KostO,

2) der Ansatz der Gebühr gem. § 38 Abs. 2 Nr. 5a KostO sowie der zugrunde gelegte Geschäftswert und

3) der Geschäftswert der Beurkundungsgebühr gem. § 36 Abs. 2 KostO sowie der Vollzugsgebühr gem. § 146 Abs. 1 KostO sein sollte.

Dem liegt die Auffassung zugrunde, bei der Beurkundungs- und Vollzugsgebühr sei der Geschäftswert nach dem Nettokaufpreis ohne Hinzurechnung der Mehrwertsteuer zu berechnen. Geschäftswert der Betreuungsgebühr nach § 147 Abs. 2 KostO sei nicht der Wert der abgetretenen Forderung (Nettokaufpreis), sondern lediglich ein Bruchteil von 10 - 20 %. Eine Gebühr nach § 38 Abs. 2 Nr. 5 a KostO sei nicht entstanden, da die Beurkundung der Löschungsanträge lediglich Durchführungserklärungen zum Kaufvertrag darstellten.

Dementsprechend hat der Beteiligte zu 2) mit Schriftsatz vom 3.3.2006 bei dem Landgericht die Anweisungsbeschwerde nach § 156 Abs. 6 KostO erhoben. Der Beschwerde ist er aus eigenem Recht entgegengetreten, indem er mit näheren Ausführungen seinen Standpunkt begründet hat, der Ansatz der berechneten Gebühr und der jeweils zugrunde gelegte Geschäftswert seien gerechtfertigt.

Der Präsident des Landgerichts hat zu der Beschwerde mit Verfügung vom 26.4.2006 Stellung genommen. Die Beteiligte zu 1) ist zum Verfahren hinzugezogen worden, hat sich aber nicht geäußert.

Das Landgericht hat - entsprechend der Auffassung des Präsidenten des Landgerichts - durch Beschluss vom 13.7.2006 die angefochtene Kostenberechnung auf einen Gesamtbetrag von lediglich 10.543,74 Euro herabgesetzt. Zugleich hat es die weitere Beschwerde zugelassen.

Gegen den ihm am 28.7.2006 zugestellten Beschluss wendet sich der Beteiligte zu 2) mit seiner am 23.8.2006 eingelegten weiteren Beschwerde.

II.

Die weitere Beschwerde ist nach § 156 Abs. 2 S. 2 KostO infolge Zulassung durch das Landgericht statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt. Die Beschwerdebefugnis des Beteiligten zu 2) folgt daraus, dass das Landgericht die Kostenberechnung zu seinem Nachteil abgeändert hat.

In der Sache ist das Rechtsmittel für unbegründet, weil die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht (§ 156 Abs. 2 S. 3 KostO).

In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das Landgericht zutreffend von einer gem. § 156 Abs. 6 KostO zulässigen Anweisungsbeschwerde ausgegangen. Verfahrensrechtlich zu beanstanden ist allerdings, dass das Landgericht nicht allen an der zugrunde liegenden Beurkundung Beteiligten, die nach § 2 Nr. 1 KostO auch Kostenschuldner der hier geltend gemachten Gebühren sind, rechtliches Gehör gewährt hat. Dieser Verfahrensmangel kann jedoch auch noch im Verfahren der weiteren Beschwerde durch Nachholung des rechtlichen Gehörs geheilt werden (Keidel/Meyer-Holz, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 15. Aufl., § 27 Rdnr. 17). Dies ist hier geschehen. Der Senat hat den Beteiligten zu 3) mit Verfügung vom 20.2.2007 von dem gesamten Verfahrensstoff in Kenntnis gesetzt und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben, die mit Schriftsatz vom 5.3.2007 erfolgt ist.

Die Kostenrechnung genügt in formeller Hinsicht Anforderungen des § 154 Abs. 2 KostO und kann damit Gegenstand einer sachlichen Überprüfung im Beschwerdeverfahren nach § 156 KostO sein. Nach dieser Vorschrift sind in der Kostenberechnung über den verlangten Betrag hinaus die Kostenvorschriften, eine kurze Bezeichnung des jeweiligen Geschäftsgegenstandes und die Bezeichnung der angesetzten Auslagen anzugeben. Hinsichtlich der geltend gemachten Dokumentenpauschale und der Kopienauslagen fehlt hier es zwar hieran, da § 136 Abs. 1 KostO zwei verschiedene Gebührentatbestände enthält. Grundsätzlich ist zwar auch die Angabe des Absatzes oder Gliederungspunktes einer Gebührenvorschrift erforderlich, soweit die Vorschrift in dieser Weise gegliedert ist und mehrere Gebührentatbestände enthält. Hinsichtlich der Auslagenvorschriften ist jedoch eine Zitierweise, die nicht sämtliche Untergliederungsziffern einer angewendeten Auslagenvorschrift erfasst, unschädlich, wenn durch die verbale Umschreibung der angefallenen Aufwendungen oder nach den Gesamtumständen eindeutig entnommen werden kann, auf welchen Absatz oder Gliederungspunkt der jeweils mit ihrem Paragraphen benannten gesetzlichen Vorschrift die angesetzten Kosten beruhen (vgl. BGH, ZNotP 2007, 118, 119; Senat, FGPrax 2005, 45, 46). So verhält es sich hier. Soweit der Beteiligte zu 2) für die Erstellung des Vertragsentwurfs eine Dokumentenpauschale angesetzt hat, kommt als Grundlage des Ansatzes allein § 136 Abs. 1 Nr. 1 KostO in Betracht. Für die Annahme, der Ansatz könnte auf § 136 Abs. 1 Nr. 2 KostO beruhen, fehlt es an jeglichen Anhaltspunkten. Nicht anders verhält es sich, soweit der Beteiligte zu 2) nach §§ 152 Abs. 1, 136 Abs. 1 KostO Kopienauslagen von 5,00 Euro in die Kostenrechnung aufgenommen hat. § 152 Abs. 1 KostO erweitert den Anspruch auf eine Dokumentenpauschale auch auf die dem Notar obliegenden Mitteilungen an Behörden. Dem Beteiligten zu 2) oblag nach § 7 des Kaufvertrags insoweit die Übersendung je einer Urkundenausfertigung an die Stadt J, das Finanzamt, die Landwirtschaftskammer und das Grundbuchamt. Daher kommt als Grundlage des Ansatzes allein § 136 Abs. 1 Nr. 1 KostO in Betracht. Schließlich bedurfte es hinsichtlich der für Grundbuchauszüge angesetzten Kosten keiner Anführung entsprechender Auslagentatbestände (§§ 136, 137, 152, 153 KostO), da die diese Kosten dem Zahlungspflichtigen als verauslagte Gerichtskosten im Sinne von § 154 Abs. 2 KostO in Rechnung gestellt werden können (vgl. BayObLG, FGPrax 2005, 43, 45).

Auch die Sachentscheidung des Landgerichts hält rechtlicher Nachprüfung stand. Gegenstand der sachlichen Überprüfung durch den Senat sind nur die von dem Präsidenten des Landgerichts mit Schreiben vom 16.2.2006 erhobenen Beanstandungen, die Gegenstand der Anweisung an den Beteiligten zu 2) zur Einleitung des Beschwerdeverfahrens waren.

1)

Zutreffend ist das Landgericht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. JurBüro 2006, 262-264) zunächst davon ausgegangen, dass dem Beteiligten zu 2) eine Gebühr für die Beurkundung der Löschungserklärungen zu den Grundpfandrechten nach § 38 Abs. 2 Nr. 5a KostO nicht zusteht, weil die Beurkundung der Löschungserklärungen gegenstandsgleich im Sinne des § 44 Abs. 1 KostO zum Grundstückskaufvertrag ist, wenn - wie hier gem. § 2 des Kaufvertrags - mit der Löschung der Verkäufer nur seine Verpflichtung zur Verschaffung lastenfreien Eigentums erfüllt. Dabei richtet sich der Gegenstandswert für die gem. § 44 Abs. 1 KostO anfallende Gebühr auch dann nach dem Wert des Kaufgegenstandes, wenn der Wert der zu löschenden Grundpfandrechte höher ist.

Der Senat sieht keine Veranlassung von dieser Rechtsprechung abzuweichen, die zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung in einem Vorlageverfahren nach § 156 Abs. 4 S. 4 KostO in Verbindung mit § 28 Abs. 2 FGG ergangen ist, wobei der Bundesgerichtshof sich auch eingehend mit den vom Beteiligten zu 2) angeführten Gegenmeinungen auseinandergesetzt hat.

2)

Nicht zu beanstanden ist ferner die Herabsetzung der 5/10 Betreuungsgebühr nach § 147 Abs. 2 KostO. Nach wohl einhelliger Auffassung entsteht diese Gebühr auch für die Anzeige der Abtretung der Kaufpreisforderung an den Kreditgeber sowie die Einholung und Mitteilung von dessen Annahmeerklärung (vgl. Assenmacher/Mathias, KO, 15. Aufl., Nr. 1.2.3 zum Stichwort "Grundschuld"; Korintenberg/Lappe/Bengel/Tiedtke, KostO, 16. Aufl., § 147 Rn. 77; Hartmann, Kostengesetze, 36. Aufl., § 147 KostO, Rdnr. 17). Der Geschäftswert ist gemäß § 30 Abs. 1 KostO nach freiem Ermessen zu bestimmen, da er sich weder aus den Vorschriften der KostO ergibt noch sonst feststeht. Maßgebend sind danach das Ausmaß der Tätigkeit und der Verantwortlichkeit des Notars sowie die Bedeutung für den Auftraggeber (vgl. OLG Düsseldorf, JurBüro 1978, 580, 581). Das Landgericht hat hier in als Geschäftswert 15 % der abgetretenen Forderung in Ansatz gebracht. Diese Ermessensentscheidung kann im Verfahren der weiteren Beschwerde nur darauf überprüft werden, ob das Gericht von seinem Ermessen keinen oder einen rechtsfehlerhaften, dem Sinn und Zweck des Gesetzes zuwiderlaufenden Gebrauch gemacht hat oder von ungenügenden oder verfahrenswidrig zustande gekommenen Feststellungen ausgegangen ist oder wesentliche Umstände unerörtert gelassen hat (Keidel/Meyer-Holz, FG, 15. Aufl., § 27 Rdnr. 23). Dieser rechtlichen Nachprüfung hält die Entscheidung des Landgerichts stand. Die hier fraglichen Tätigkeiten sind für den Notar nicht mit großer Mühewaltung und Haftungsgefahr verbunden. Die Verkäuferin hätte sie zudem leicht selbst erledigen können. Daher ist als Geschäftswert nur ein Bruchteil der abgetretenen Forderung von nicht mehr als 10 - 20 % anzusetzen (vgl. Assenmacher/Mathias, a. a. O.; MittBayNot 1976, 13). Der konkrete Ansatz des Landgerichts ist schon mit Blick auf die Höhe des vereinbarten Nettokaufpreises nicht zu beanstanden.

3)

Das Landgericht hat die beanstandete Kostenberechnung schließlich zu Recht auch insoweit abgeändert, als es die Beurkundungs- und Vollzugsgebühr nach einem Geschäftswert von 2.200.000,-- Euro berechnet hat. Das Landgericht hat insoweit zur Begründung ausgeführt, die Umsatzsteuer falle nach der Gesetzesänderung des § 13b UStG nicht mehr unter § 20 KostO. Der Käufer sei als Leistungsempfänger nach dem UStG nunmehr alleiniger Steuerschuldner. Da die Regelung im Kaufvertrag lediglich die gesetzliche Regelung wiederhole, stelle die Verpflichtung zur Entrichtung der Mehrwertsteuer keine übernommene Verpflichtung des Käufers nach § 20 Abs. 1 S. 1 KostO dar, weshalb als Geschäftswert lediglich der Nettokaufpreis in Ansatz zu bringen sei.

Die Feststellung dessen, was nach dem Willen der Beteiligten erklärt und vereinbart ist, ist ausschließlich Sache des Tatrichters. Das Gericht der weiteren Beschwerde kann die Auslegung von Urkunden und Erklärungen nur darauf überprüfen, ob sie nach den Denkgesetzen und der feststehenden Erfahrung möglich ist, mit den gesetzlichen Auslegungsregeln im Einklang steht, dem klaren Sinn und Wortlaut der Erklärungen widerspricht und alle wesentlichen Tatsachen, insbesondere die Interessen der Beteiligten zum Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung berücksichtigt (Keidel/Meyer-Holz, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 15. Aufl., § 27 Rdnr. 49). Die Überprüfung nach diesen Grundsätzen lässt einen Rechtsfehler nicht erkennen. Die Auslegung des Landgerichts ist möglich und nach Auffassung des Senats bei Berücksichtigung der Gesamtumstände naheliegend.

Gemäß § 20 Abs. 1 S. 1 KostO ist beim Kauf von Sachen für die Bestimmung des Geschäftswertes der Kaufpreis maßgebend. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist die bei einem Verkauf anfallende Umsatzsteuer zwar grundsätzlich ein unselbständiger Bestandteil des vereinbarten bürgerlich-rechtlichen Entgelts (vgl. BGH, NJW 1988, 2042). Dies gilt jedoch nur, soweit nicht ausdrücklich etwas anderes geregelt oder vereinbart ist (vgl. BGH, a.a.O; NJW 1991, 2484). Eine solche abweichende Vereinbarung ist hier getroffen worden. Die Bestimmung des allgemeinen zivilrechtlichen Entgeltsbegriffs beruht nämlich darauf, dass bei einem Verkauf nach § 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG Steuerschuldner in der Regel der Verkäufer ist. Zu den Aufwendungen, die der Käufer für die Leistung erbringen muss, gehört damit auch die Umsatzsteuer, die der Unternehmer abführen muss. Der davon abweichende umsatzsteuerrechtliche Entgeltbegriff, der von den Aufwendungen des Leistungsempfängers die darin enthaltene Umsatzsteuer absetzt (§ 10 Abs. 1 S. 2 UStG), ist lediglich eine Ausprägung der Funktionsweise des Mehrwertsteuersystems, das gewährleisten muss, dass die Umsatzsteuer aus den die Besteuerungsgrundlage bildenden Aufwendungen ausgenommen werden muss (Sölch/Ringleb/Mößling/Klenk, Umsatzsteuer, § 10, Rdnr. 16). Nach § 14 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 UStG ist der Unternehmer, der steuerpflichtige Umsätze an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen ausführt, verpflichtet, Rechnungen auszustellen, in denen die Steuer gesondert ausgewiesen ist. Die gesonderte Ausweisung der Umsatzsteuer hat Bedeutung für die Erhebung der Umsatzsteuer und ist nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG Voraussetzung für den Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers. Der vom Unternehmer geforderte Preis für seine Leistung ist demnach ein Bruttopreis, der die Umsatzsteuer enthält (vgl. BGH, NJW 1973, 755, 756).

Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht in dem hier vorliegenden Sonderfall die Vereinbarung der Vertragsbeteiligten dahin ausgelegt, dass die Umsatzsteuer nicht Bestandteil des Kaufpreises ist, weil die Steuer für Umsätze, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen, nach der Änderung des Umsatzsteuerrechts zum 1.4.2004 dem Finanzamt nunmehr unmittelbar nur noch von dem Leistungsempfänger geschuldet wird (so auch Korintenberg/Lappe/Bengel/Tiedtke, KostO, 16. Aufl., § 20, Rdnr. 29 c; Rohs/Wedewer, KostO, 3. Aufl., § 20 Rdnr. 3; Fleischer, MittBayNot 2006, 265; Tiedtke, ZNotP 2006, 200). Die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers gilt ab 1.4.2004 für alle steuerpflichtigen Umsätze, die - wie hier gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG die Veräußerung eines inländischen Grundstücks - unter das Grunderwerbssteuergesetz fallen. Nach § 4 S. 1 Nr. 9a UStG sind von der Steuerpflicht zwar Umsätze befreit, die unter das Grunderwerbssteuergesetz fallen. Nach § 9 Abs. 1 UStG kann der Unternehmer jedoch einen solchen Umsatz als steuerpflichtig behandeln. Den Verzicht auf die Umsatzsteuerbefreiung kann der Verkäufer gemäß § 9 Abs. 3 S. 2 UStG nur in dem notariell zu beurkundenden Kaufvertrag erklären. Einer ausdrücklichen Verzichtserklärung bedarf es dabei nicht.

Vielmehr ist ausreichend, wenn der Wille zum Verzicht auf die Steuerbefreiung eindeutig erkennbar ist (vgl. Bunjes/Geist, UStG, 8. Aufl., § 9, Rdnr. 21). Dies ist hier der Fall, da nach § 3 der vertraglichen Vereinbarungen der Anfall von Umsatzsteuer von den Beteiligten vorausgesetzt und deren Höhe genau beziffert ist.

Unter diesen hier vorliegenden Voraussetzungen ist die Umsatzsteuer aber gem. § 13 b Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 S. 1 UStG - entgegen der früheren Rechtslage - eine allein vom Grundstückserwerber zu begleichende eigene Steuerschuld. Dementsprechend ist nach § 14a Abs. 5 S. 2 und 3 UStG in der Rechnung auch auf die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers hinzuweisen und ein gesonderter Steuerausweis in einer Rechnung nicht zulässig. Die unmittelbare gesetzliche Schuld des Käufers bewirkt, dass von dem Käufer keine weitere Leistung oder Verpflichtung dem Verkäufer gegenüber übernommen wird. Für den leistenden Unternehmer entsteht keine Steuerschuld und er haftet auch nicht neben dem Leistungsempfänger (vgl. Sölch/Ringleb/Mößling/Klenk, a.a.O., § 4, Rdnr. 25, § 13 b, Rdnr. 26, § 9, Rdnr. 220; Tiedtke, a. a. O.). Dies entspricht hier auch den eindeutigen Vereinbarungen der Vertragsparteien in dem notariellen Kaufvertrag vom 20.12.2004. Denn nach dem klaren Wortlaut des § 3 des Vertrags schuldet die Käuferin die anfallende Mehrwertsteuer allein, wobei bezüglich der umsatzsteuerlichen Abwicklung ausdrücklich auf die entsprechende Regelung des § 13b UStG verwiesen wird. Aus diesem Zusammenhang folgt, dass die in der notariellen Urkunde in Bezug auf die anfallende Umsatzsteuer getroffene Regelung lediglich hinweisende und klarstellende, jedoch keine Bedeutung mit eigenem rechtsgeschäftlich regelnden Inhalt hat. Der Senat sieht sich in seiner Auffassung bestärkt durch die Entscheidung des BGH vom 03.04.2003 (NJW 2003, 2238), in der dieser die alleinige Steuerschuldnerschaft des Erstehers beim Erwerb in der Zwangsversteigerung nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 UStG (in seiner damaligen ab dem 01.01.2002 geltenden Fassung) als einen von mehreren tragenden Gründen für seine Auffassung herangezogen hat, das Meistgebot in der Zwangsversteigerung von Grundstücken als Nettobetrag zu bewerten.

Der Senat kann danach nicht der Auffassung des OLG Celle (NJW-RR 2006, 71) folgen, das eine inhaltsgleiche Vereinbarung in einem notariellen Grundstückskaufvertrag dahin ausgelegt hat, unabhängig von der umsatzsteuerrechtlichen Behandlung sei auch hier die Mehrwertsteuer als Bestandteil des Kaufpreises zu bewerten. Die Auffassung des OLG Celle, in Höhe der anfallenden Mehrwertsteuer sei das Finanzamt quasi lediglich Zahlstelle für einen Teil des Kaufpreises, ist mit der gesetzlichen Regelung in § 13b UStG kaum in Einklang zu bringen. Vielmehr werden die Interessen des Verkäufers auch dann nicht berührt, wenn der Käufer seine allein ihn treffende Steuerschuld nicht erfüllt. Eine Vertragsauslegung, die dem Verkäufer gegen den Käufer gleichwohl einen vertraglichen Anspruch auf Erfüllung seiner Steuerschuld gegenüber dem Finanzamt zubilligt, erscheint dem Senat daher kaum interessengerecht. Insoweit ist auch unbeachtlich, dass der Verkäufer nach § 14c Abs. 2 UStG die Umsatzsteuer neben dem Käufer schuldet, wenn er die Umsatzsteuer in der von ihm nach § 14a Abs. 5 UStG zu erstellenden Rechnung offen ausweist. Denn der Verkäufer kann dies durch eine gesetzes- und vertragsgemäße Rechnungsstellung ohne weiteres vermeiden. Auch der weitere Gesichtspunkt, dass der Gesetzgeber die Änderung des Umsatzsteuerrechts zum 1.4.2004 nicht zum Anlass genommen hat, eine entsprechende Folgeregelung in § 20 KostO vorzunehmen, steht der hier vertretenen Ansicht nicht entgegen. Eine solche Änderung war nicht erforderlich, da die Vorschrift des § 20 Abs. 1 KostO auf den Kaufpreis abstellt. Dieser bestimmt sich allein nach den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien. Deren Auslegung hat aber vor dem Hintergrund der steuerrechtlichen Regelung zu erfolgen, wenn die Parteien - wie hier - ersichtlich nach dieser Regelung verfahren wollen.

Der Senat sieht nach erneuter Prüfung keine Veranlassung, hinsichtlich der hier behandelten Beanstandung die Sache gemäß §§ 156 Abs. 4 S. 4 KostO, 28 Abs. 2 FGG dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorzulegen. Zwar weicht die Rechtsauffassung des Senats von derjenigen des OLG Celle ab. Die unterschiedlichen Auffassungen des OLG Celle und des Senats betreffen indessen hier die Auslegung einer inhaltsgleichen Bestimmung in dem jeweiligen notariellen Grundstückskaufvertrag. Eine solche vertragliche Bestimmung ist jedoch keine bundesgesetzliche Vorschrift im Sinne des § 28 Abs. 2 FGG. Ihre Auslegung kann daher nicht zum Gegenstand einer Vorlage gemacht werden. Eine Vorlage lässt sich insoweit auch nicht mit dem Hinweis auf eine Meinungsverschiedenheit über die Anwendung der Auslegungsregeln der §§ 133, 157 BGB begründen (vgl. BGH NJW 1984, 308).

Die Wertfestsetzung für das Verfahren der weiteren Beschwerde beruht auf den §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 1 KostO.

Ende der Entscheidung

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