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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 18.11.1999
Aktenzeichen: 15 W 309/99
Rechtsgebiete: BnotO, BeurkG


Vorschriften:

BNotO § 15 Abs. 2
BeurkG § 54 c
BeurkG § 54 d
Gesetz:

NK: BNotO § 15 Abs. 2, BeurkG § 54 c, BeurkG § 54 d

Leitsatz:

Stichworte:

1.An dem Verwahrungsverhältnis, das durch eine Kaufpreishinterlegung auf einem Notaranderkonto begründet wurde, ist materiell auch derjenige beteiligt, der bei Abschluß des notariellen Vertrages durch einen Bevollmächtigten vertreten wurde. Die Verwahrungsanweisung an den Notar, den hinterlegten Betrag bei Auszahlungsreife ausschließlich an den Bevollmächtigten auszuzahlen, betrifft lediglich die Empfangsberechtigung.

2.§ 54 c Abs. 3 BeurkG bezieht sich nur auf das Rechtsverhältnis, zu dessen Durchführung die notarielle Verwahrung begründet wurde. Der aufgrund einer Vollmachtsurkunde vertretene Verkäufer eines notariellen Kaufvertrages kann deshalb die Verwahrungsanweisung an den Notar, den auf einem Anderkonto hinterlegten Kaufpreis allein an den Bevollmächtigten auszuzahlen, nicht wirksam mit der Begründung einseitig widerrufen, er habe die Vollmacht zwischenzeitlich widerrufen.

OLG Hamm, Beschluß vom 18.11.1999 - 15 W 309/99


OBERLANDESGERICHT HAMM

BESCHLUSS

15 W 309/99 OLG Hamm 9 T 883/99 LG Dortmund

In der Notarsache

betreffend die Weigerung des Notars Dortmund, über sein zu UR-Nr. 228/1999, geführtes Anderkonto zugunsten der Beteiligten zu 1) zu verfügen,

Beteiligte:

1. ) Frau Eva

Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte

2.) Herr Heinrich

Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte

Der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat am 18. November 1999 auf die weitere Beschwerde der Beteiligten. zu 1) vom 20. August 1999 gegen den Beschluß der 9. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund vom 17. August 1999 durch den Vor- sitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Gammelin und die Richter am Oberlandesgericht Budde und Vinke beschlossen:

Tenor:

Die weitere Beschwerde wird, soweit das Verfahren nicht in der Hauptsache erledigt ist, zurückgewiesen:

Die Beteiligte zu 1) hat die dem Beteiligten zu 2) im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Der Gegenstandswert des Verfahrens wird auf 355.000,00 DM, ab dem 04.10.1999. auf 45.000,00 DM festgesetzt.

Gründe:

Die Beteiligten sind getrennt lebende Eheleute und waren zu je 1/2 Anteil Miteigentümer u.a. des im Grundbuch von Dortmund Bl. eingetragenen Grundstücks. Die Beteiligte zu 1) hat den Beteiligten zu 2) in notariell beglaubigter Erklärung vom 07.07.1999 bevollmächtigt, ihren 1/2 Miteigentumsanteil u.a. an dem genannten Objekt zu verkaufen und aufzulassen; sie hat dem Beteiligten zu 2) die Vollmachtsurkunde ausgehändigt. Mit anwaltlichem Schreiben vom 16.07.1999 hat sie gegenüber dem Beteiligten zu 2) die Vollmacht widerrufen. Dieser hat mit Schreiben vom 26.07.1999 die Rückgabe der Vollmachtsurkunde von Bedingungen abhängig gemacht.

Der Beteiligte zu 2) hat sodann in notarieller Urkunde vom 30.07.1999 (UR-Nr. 28/1999 Notar Dortmund) unter Vorlage der genannten Vollmachtsurkunde das im Grundbuch von Dortmund Bl. 10970 eingetragene Grundstück an die Eheleute Koudich verkauft und aufgelassen. In § 3 des Vertrages ist ein Kaufpreis von 710.000,00 DM mit der Maßgabe vereinbart, daß dieser bis zum 31.08.1999 auf ein Notaranderkonto einzuzahlen war. Ergänzend wird der Notar in Ziffer 3) dieser Regelung unwiderruflich angewiesen, aus dem Notaranderkonto den Kaufpreis auf ein näher bezeichnetes Konto des Beteiligten zu 2) auszuzahlen, wenn bestimmte näher geregelte Auszahlungsbedingungen erfüllt sind.

Die Beteiligte zu 1) hat mit einem an den Urkundsnotar gerichteten Anwaltsschreiben vom 04.08.1999 darauf hingewiesen, daß sie bereits vor Abschluß des notariellen Vertrages ihre Vollmacht widerrufen habe. Gleichwohl sei sie mit dem Verkauf des Grundstücks einverstanden, jedoch lediglich mit der Maßgabe, daß die Hälfte des Kaufpreises (355.000,00 DM) von dem Notaranderkonto unmittelbar auf ein eigenes Konto ausgezahlt werde. Der Urkundsnotar hat mit Anwortsschreiben vom 09.08.1999 die Auszahlung eines Kaufpreisteils an die Beteiligte zu. l) davon abhängig gemacht, daß ihm insoweit eine übereinstimmende Weisung der Beteiligten zu 1) und 2) vorgelegt werde. Solange dies nicht geschehe, sei er an die ihm in der notariellen Urkunde vom 30.07.1999 erteilte Weisung zur Auszahlung des gesamten Kaufpreises auf ein Konto des Beteiligten zu 2) gebunden.

Die Beteiligte zu 1) hat daraufhin mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 11.08.1999 gem. § 15 Abs. 2 BNotO beantragt, über die Rechtmäßigkeit der Amtstätigkeit des Notars in Bezug auf die Führung des Notaranderkontos zu entscheiden. Zur Begründung hat sie im wesentlichen geltend gemacht, die in dem notariellen Vertrag vom 30.07.1999 erteilte Anweisung, den gesamten Kaufpreis an den Beteiligten zu 2) auszuzahlen, sei ihr gegenüber unwirksam, weil sie ihre Vollmacht bereits vor Abschluß des notariellen Kaufvertrages gegenüber dem Beteiligten zu 2) widerrufen habe.

Das Landgericht hat durch Beschluß vom 17.08.1999 die Beschwerde zurückgewiesen.

Gegen diese Entscheidung hat die Beteiligte zu 1) mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 20.08.1999 weitere Beschwerde eingelegt.

Im weiteren Verlauf des Verfahrens ist bekannt geworden, daß die Beteiligte zu 1) gegen den Beteiligten zu 2) eine einstweilige Verfügung des Landgerichts Dortmund vom 24.08.1999 (12 U 373/99) erwirkt hat, durch die Notar angewiesen worden ist, den hälftigen Kaufpreis von 355.000,00 DM aus dem genannten notariellen Vertrag nicht auszuzahlen, bis im Hauptsacheverfahren rechtskräftig darüber entschieden wird, ob die Auszahlung an die Beteiligte zu 1) zu erfolgen habe. Desweiteren nimmt die Beteiligte zu 1) den Beteiligten zu 2) im zivilprozessualen Hauptsacheverfahren auf Erteilung seiner' Zustimmung zur Auszahlung des hinterlegten Betrages an sie in Anspruch; dieses Verfahren (12 0 372/99 LG Dortmund) ist noch nicht abgeschlossen.

Der Beteiligte zu 2) hat sodann nachzwischenzeitlich eingetretener Auszahlungsreife am 08.09.1999 in die Auszahlung eines Teilbetrages von 310.000,00 DM an die Beteiligte zu 1) eingewilligt; der Betrag ist anschließend von dem Anderkonto an sie überwiesen worden.

Die Beteiligte zu 1) hat nunmehr das Verfahren wegen des Betrages von 310.000,00 DM in der Hauptsache für erledigt erklärt und verfolgt ihr Rechtsmittel nur noch wegen des Differenzbetrages von 45.000,00 DM weiter. Über ihr bisheriges Vorbringen hinaus macht sie nunmehr geltend, die Bindungswirkung der Hinterlegungsanweisung in dem notariellen Kaufvertrag sei erloschen, weil der Beteiligte zu 2) mit der Vereinnahmung des gesamten Kaufpreises erkennbar ihr gegenüber unerlaubte und unredliche Zwecke verfolge; daran dürfe der Notar nicht mitwirken. Der Beteiligte zu 2) wolle sie zum Verzicht auf rechtskräftig ausgeurteilte Unterhaltsansprüche zwingen. Im übrigen stehe ihm kein Anspruch auf den von ihm einbehaltenen Restbetrag des Kaufpreises von 45.000,00 DM zu.

Der Beteiligte zu 2) beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels. Er behauptet insbesondere, in Höhe des Betrages von 45.000,00 DM stehe ihm ein Erstattungsanspruch gegen die Beteiligte zu 2) aus einem im Jahre 1994 geschlossenen Vergleich zu.

II.

Die weitere Beschwerde ist nach den §§ 15 Abs. 2 BNotO, 27, 29 FGG statthaft sowie formgerecht eingelegt. Die Beschwerdebefugnis der Beteiligten zu 1) folgt bereits daraus, daß ihre erste Beschwerde ohne Erfolg geblieben ist.

Das Verfahren ist in der Hauptsache erledigt, soweit an die Beteiligte zu 1) von dem Notaranderkonto aufgrund der von dem Beteiligten zu 2) erklärten Zustimmung zwischenzeitlich ein Betrag von 310.000,00 DM ausgezahlt worden ist. Dieser Erledigung hat die Beteiligte zu 1) im Schriftsatz der Verfahrensbevoll- mächtigten vom 01.10.1999 Rechnung getragen, so daß in der Hauptsache lediglich noch über die restliche Verwahrmasse von 45.000,00 DM zu entscheiden ist. Aufgrund des Vorbringens der Beteiligten, insbesondere im Hinblick auf die erwähnte einstweilige Verfügung der 12. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund, geht der Senat davon aus, daß dieser Betrag weiterhin auf den Notaranderkonto vorhanden ist.

Der Senat legt das Beschwerdebegehren der Beteiligten zu 1) dahin aus, daß sie in erster Linie die Anweisung an den Notar anstrebt, den Betrag von 45.000,00 DM an sie auszuzahlen. Dem Zusammenhang nach ist darüber hinaus anzunehmen, daß der Beteiligten zu 1) hilfsweise auch an einer Anweisung an den Notar gelegen ist, sich einer Verfügung über die restliche Verwahrmasse bis zu dem Zeitpunkt zu enthalten, zu dem ihm übereinstimmende Anweisungen beider Beteiligten vorliegen, um auf diese Weise die Auszahlung des Betrages an sie für den Fall eines abschließenden Erfolgs im Zivilprozeß zusichern. Der Umstand, daß die Beteiligte zu 1) bereits eine entsprechende einstweilige Verfügung erwirkt hat, schließt ein entsprechendes Rechtsschutzbedürfnis nicht aus, weil eine im FGG-Verfahren ausgesprochene Anweisung der Beteiligten zu 1) einen stärkeren Schutz vermitteln würde als die einstweilige Verfügung. Hinzu kommt, daß die von einer erstinstanzlichen Zivilkammer des Landgerichts erlassene einstweilige Verfügung insoweit bedenklich erscheint, als diese unmittelbar den am zivilprozessualen Verfahren nicht beteiligten Notar zu einer bestimmten Amtstätigkeit anweist, eine Entscheidung, die jedoch dem Beschwerdeverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit nach § 15 Abs. 2 BNotO vorbehalten ist (vgl. Weingärtner, Das notarielle Verwahrungsgeschäft, Rdnr. 205; zum sachlich zutreffenden Antrag des Hinterlegungsbeteiligten im Verfahren auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung siehe Keidel/Winkler, BeurkG, 14. Aufl., § 54 c, Rdnr. 49).

In der Sache ist das Rechtsmittel unbegründet, weil die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Verletzung des Gesetzes beruht (§ 27 Abs. l Satz 1 FGG).

In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das Landgericht zutreffend von einer zulässigen Erstbeschwerde der Beteiligten zu 1) ausgegangen: § 15 Abs. 2 Satz 1 BNotO in der Fassung durch das Gesetz vom 31.08.1998 (BGBl. I S. 2585) eröffnet nunmehr allgemein den Beschwerdeweg zum Landgericht, wenn sich der Notar weigert, eine bestimmte Amtshandlung vorzunehmen. Die Vorschrift bezieht in Übereinstimmung mit der bisherigen Rechtsprechung nunmehr ausdrücklich auch sonstige Amtstätigkeiten außerhalb der Urkundstätigkeit in das Verfahren ein. Gegenstand des Verfahrens nach § 15 Abs. 2 BNotO ist der öffentlich-rechtliche Anspruch eines Beteiligten auf Vornahme einer Amtshandlung des Notars (BH NJW 1998, 2134, 2135), der hier darauf ge- richtet ist, in bestimmter Weise mit der Verwahrmasse auf dem Notaranderkonto zu verfahren.

Das Landgericht hat ferner zu Recht angenommen, daß die Beteiligte zu l) zur Einlegung der Erstbeschwerde befugt ist. Diese Befugnis setzt, wenn der Verfahrensgegenstand die Amtspflichten des Notars bei der Verfügung über ein Notaranderkonto betrifft, voraus, daß der Beschwerdeführer an dem Hinterlegungsverhältnis materiell beteiligt ist. Materiell an der Verwahrung beteiligt sind diejenigen Personen, in deren Interesse die Verwahrung liegt und die durch sie unabhängig dadurch geschützt werden sollen, wer als formell Beteiligter die Hinterlegung vorgenommen hat (KG MittRhNotK 199$, 99). Dient bei dem Abschluß eines Grundstückskaufvertrages die Einrichtung eines Notaranderkontos der gegenseitigen Sicherung der beiderseitigen Vertragserfüllung, so sind sowohl der Verkäufer als auch der Käufer materiell an dem Hinterlegungsverhältnis beteiligt (Keidel/Winkler, a.a.0, § 54 a Rdnr. 66; Weingärtner, a.a.0., Rdnr. 65). Dies gilt auch, wenn auf einer Vertragsseite mehrere Personen beteiligt sind. Denn der Notar übernimmt mit der Annahme des Verwahrungsantrags seine Treuhandtätigkeit zur Sicherung der beiderseitigen Vertragserfüllung gegenüber jedem Vertragsbeteiligten. Die Beteiligte zu 1) ist in Ansehung des 1/2 Miteigentumsanteils bei dem Abschluß des notariellen Vertrages vom 30.07.1999 durch den Beteiligten zu 2) vertreten worden.

Die mit der Einrichtung des Anderkontos verbundene Treuhandpflichten des Notars sollten deshalb auch ihr gegenüber begründet werden. Die in diesem Zusammenhang dem Notar erteilte Anweisung, den gesamten Kaufpreis bei Auszahlungsreife an den Beteiligten zu 2) zu überweisen, betrifft lediglich eine Regelung über die Empfangsberechtigung (§ 54 a Abs. 2 Nr. 2 BeurkG), ändert jedoch nichts an der materiellen Beteiligung der Beteiligten zu 1) an dem Hinterlegungsverhältnis. Für dieses Ergebnis kommt es nicht einmal darauf an, ob der schuldrechtliche Kaufvertrag mit rechtsgeschäftlicher Bindungswirkung gegenüber der Beteiligten zu 1) zustandegekommen ist. Denn das öffentlich-rechtliche. Hinterlegungsverhältnis ist nach anerkannter Auffassung von dem schuldrechtlichen Vertragsverhältnis der Urkundsbeteiligten zu unterscheiden (BGH .NJW 1993, 2317; NJW 1998, 2134; Keidel/Winkler, a.a.O, vor § 54 a BeurkG, Rdnr. 7). Im übrigen kann kein Zweifel daran bestehen, daß ungeachtet der Widerrufserklärung der Beteiligten zu 1) die von ihr erteilte Vollmacht gem. § 172 BGB als fortbestehend gilt, weil der Beteiligte zu 2) bei der Beurkundungsverhandlung die notariell beglaubigte Vollmachtsurkunde vorgelegt hat, die keinerlei inhaltliche Beschränkungen der Bevollmächtigung zum Verkauf des 1/2 Miteigentumsanteils erkennen läßt.

Auch in der Sache hält die Entscheidung des Landgerichts rechtlicher Nachprüfung Stand.

Nach § 54 c Abs. 2 BeurkG hat der Notar den Widerruf einer Verwahrungsanweisung, die von mehreren Anweisenden erteilt ist, nur zu beachten, wenn er durch alle Anweisenden erfolgt. Um ein solches mehrseitiges Treuhandverhältnis handelt es sich hier, soweit in § 3 des notariellen Vertrages vom 30.07.1999 die Empfangsberechtigung auf der Verkäuferseite geregelt ist. Ursprünglich waren an dem Hinterlegungsverhältnis aufgrund des Sicherungszwecks des Notaranderkontos zusätzlich auch die Käufer als Anweisende beteiligt. Dieser Sicherungszweck der Hinterlegung hat sich jedoch insoweit mit Eintritt der Auszahlungsreife des Kaufpreises erledigt. Der Notar war deshalb nach § 54 c Abs. 2 BeurkG an die Bestimmung der Empfangsberechtigung gebunden und durfte von dieser nicht ohne eine entsprechende Weisung des Beteiligten zu 2) abweichen. Der einseitige Widerruf der Anweisung durch die Beteiligte zu 1) ist damit für den Notar grundsätzlich unbeachtlich. Daran ändert sich nichts im Hinblick auf den Umstand, daß die Beteiligte zu 1) die dem Beteiligten zu 2) erteilte rechtsgeschäftliche Vollmacht widerrufen hat. Denn dieser Widerruf rann nur von Bedeutung sein für eine rechtsgeschäftliche Vertretung durch den Beteiligten zu 2), nicht jedoch für das von dem schuldrechtlichen Geschäft zu unterscheidende öffentlich-rechtliche Verwahrungsverhältnis gegenüber dem Notar.

Von der Bindungswirkung der Hinterlegungsanweisung im mehrseitigen Treuhandverhältnis lassen lediglich die §§ 54 c Abs. 3 und 54 d BeurkG Ausnahmen zu. Beide Vorschriften führen bereits im Ausgangspunkt lediglich zu der Rechtsfolge, daß sich der Notar einer Verfügung über den noch seiner Verwahrung unterliegenden Betrag zu enthalten hat. Beide Vorschriften können entgegen dem in erster Linie verfolgten Beschwerdebegehren der Beteiligten zu 1) deshalb nicht zu der Anweisung an den Notar führen, ein bestimmten Betrag vom Anderkonto an sie auszuzahlen. Gleichwohl bleibt die Beschwerde der Beteiligten zu 1) auch mit entsprechend eingeschränktem Begehren ohne Erfolg.

Nach § 54 c Abs. 3 BeurkG hat der Notar, wenn der Widerruf einer Anweisung nicht durch alle Anweisenden erfolgt und dieser darauf gegründet wird, daß das mit der Verwahrung durchzuführende Rechtsverhältnis aufgehoben, unwirksam oder rückabzuwickeln sei, sich jeder Verfügung über das Verwahrungsgut zu enthalten. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Denn das mit der Verwahrung durchzuführende Rechtsverhältnis ist hier der schuldrechtliche Kaufvertrag, zu dessen Durchführung das Verwahrungsverhältnis begründet wurde (vgl. Keidel/Winkler, a.a.0., § 54 c Rdnr. 29). Die Vorschrift bezieht sich hingegen sachlich nicht darauf, daß die Verkäufer mit dem Verkauf gleichzeitig eine Vermögensauseinandersetzung durchführen und in diesem Zusammenhang eine Regelung über die Empfangsberechtigung des Kaufpreises getroffen wird. Die genannte gesetzliche Vorschrift kann auch nicht erweiternd auf diese Fallkonstellation angewandt werden, weil dazu kein sachliches Bedürfnis besteht. Denn es ist Sache mehrerer Verkäufer selbst, in ihrem Innenverhältnis zueinander eine Regelung über die Verteilung des Erlöses zu treffen.

Bevollmächtigt einer der Berechtigten den anderen, den Kaufvertrag auch in seinem Namen zu schließen, so hat der Notar den Umfang der Vollmacht zu prüfen (Keidel/Winkler, a.a.0., § 12, Rdnr. 4). Enthält die Vollmacht keine inhaltlichen Einschränkungen, erstreckt sich die Bevollmächtigung auch auf die im Außenverhältnis schuldbefreiende Entgegennahme des Kaufpreises für den Vertretenen. Eine solche Prüfung ist hier erfolgt. Denn der Notar hat entsprechend § 12 BeurkG die von dem Beteiligten zu 2) vorgelegte, notariell beglaubigte Vollmacht der Beteiligten zu 1) der notariellen Urkunde beigefügt. Der inzwischen erfolgte Widerruf der Vollmacht war dem Notar nicht bekannt. Wenn die Beteiligte zu 1) aufgrund der von ihr ohne inhaltliche Einschränkungen ausgestellten Vollmachtsurkunde materiell-rechtlich die rechtsgeschäftliche Vertretung durch den Beteiligten zu 2) und damit auch die Entgegennahme des Kaufpreises durch ihn gegen sich geltend lassen muß, besteht kein sachliches Bedürfnis dafür, ihr verfahrensrechtlich ein Recht zum Widerruf der notariellen Hinterlegungsanweisung einzuräumen, das nach § 54 c Abs. 3 BeurkG Fällen der Undurchführbarkeit des schuldrechtlichen Austauschverhältnisses vorbehalten ist.

Nach § 54 d BeurkG hat der Notar von der Auszahlung vom Anderkonto abzusehen, wenn hinreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, daß er bei Befolgung der unwiderruflichen Weisung an der Erreichung unerlaubter oder unredlicher Zwecke mitwirken würde oder einem Hinterlegungsbeteiligten durch die Auszahlung des verwahrten Geldes ein unwiederbringlicher Schaden erkennbar droht. Beide Voraussetzungen liegen ersichtlich nicht vor. Die erste Alternative der Vorschrift lehnt sich an diejenige des § 14 Abs. 2 BNotO an. Für den vorliegenden Fall ist ausschlaggebend, daß der Abschluß des notariellen Kaufvertrages vom 30.07.1999 durch die dem Beteiligten zu 2) ausgehändigte, inhaltlich einschränkungslos erteilte Vollmachtsurkunde der Beteiligten zu 1) gedeckt ist. In dem schuldrechtlichen Innenverhältnis der Beteiligten zueinander mag zwar bedenklich erscheinen, daß der Beteiligte zu 2) ungeachtet des ihn bindenden Widerrufs der Vollmacht von der ihm ausgehändigten Vollmachtsurkunde Gebrauch gemacht hat. Die Berechtigung des Beteiligten zu 2), von dem Kaufpreis über seinen Hälfteanteil hinaus einen weiteren Betrag von 45.000,00 DM für sich zu beanspruchen, hängt indessen nunmehr ausschließlich von der Gestaltung des schuldrechtlichen Innenverhältnisses der Beteiligten ab. Es ist allgemein anerkannt, daß es dem Notar im Zusammenhang mit der Wahrnehmung seiner Amtspflichten bei der Ausführung eines Treuhandauftrages verwehrt ist, in eigene Ermittlungen über die Berechtigung der gegensätzlichen Standpunkte der Beteiligten einzutreten und in diesem Zusammenhang eine streitentscheidende Rolle einzunehmen. Der Notar müßte dann seine neutrale Stellung aufgeben und würde Gefahr laufen, sich Schadensersatzansprüchen des jeweils Benachteiligten auszusetzen (KG OLGZ 1987, 273, 275; OLG Schleswig JurBüro 1992, 45; Senat OLGZ 1994, 491; DNotZ 1996, 384 sowie JMBl NW 1996, 197; Weingärtner, aaO, Rdnr. 223). So liegt der Fall auch hier, weil eine Abweichung von der dem Notar erteilten Auszahlungsanweisung zugunsten der Beteiligten zu 1) die Feststellung voraussetzen würde, daß dem Beteiligten zu 2) unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch auf Zahlung eines Betrages von 45.000,00 DM gegen diese zustehen kann. Dies festzustellen, muß vielmehr dem zwischen den Beteiligten bereits anhängigen Zivilprozeß vorbehalten bleiben.

Die Beteiligte zu 1) hat darüber hinaus selbst nicht vorgetragen, daß ihr im Sinne der zweiten Alternative des § 54 d BeurkG ein unwiederbringlicher Schaden entstünde, wenn sie darauf verwiesen wird, den Beteiligten zu 2) wegen des Betrages von 45.000,00 DM im Zivilprozeß in. Anspruch zu nehmen. Als solcher Nachteil kommen insbesondere nicht die mit der Führung des Zivilprozesses verbundene Mühewaltung und Kosten in Betracht. Unwiederbringlich würde der Beteiligten zu 1) ein Schaden nur entstehen, wenn die naheliegende Gefahr einer Insolvenz des Beteiligten zu 2) oder anderweitig der die Gefahr bestünde, daß ein titulierter Anspruch nicht realisiert werden könnte (vgl. Keidel/Winkler, a.a.0., § 54 d, Rdnr. 9; Weingärtner, a.a.0., Rdnr. 227; BT-Drucksache 13/4184 S. 39). Dafür ergeben sich bereits nach dem eigenen Vorbringen der Beteiligten zu 1) keinerlei Anhaltspunkte.

Die Entscheidung über die Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde folgt, soweit der Senat in der Hauptsache entschieden hat, aus der zwingenden Vorschrift des § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG. Im Umfang der Erledigung der Hauptsache beruht die entsprechende Entscheidung auf § 13 a Abs. 1 FGG. Sie entspricht insoweit billigem Ermessen, weil die weitere Beschwerde aus den genannten Gründen in der Sache keinerlei Aussicht auf Erfolg hatte.

Die Wertfestsetzung für das Verfahren der weiteren Beschwerde beruht auf den §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 1 KostO.



Ende der Entscheidung

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