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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 25.01.2007
Aktenzeichen: 15 W 311/06
Rechtsgebiete: BGB, RVG


Vorschriften:

BGB § 262
BGB § 315
BGB § 1835 Abs. 3
BGB § 1836
RVG § 1 Abs. 2 Satz 2
1) Bei der Entscheidung des Rechtsanwalts, ob er seine Aufwendungen für die Tätigkeit als Berufsbetreuer nach § 1835 Abs. 3 BGB in Verbindung mit Vorschriften des RVG geltend macht oder ob er eine Vergütung nach § 1836 BGB i.V.m. dem VBVG verlangt, handelt es sich weder um ein Wahlrecht im sinne des § 262 BGB noch um eine Leistungsbestimmung im Sinne des § 315 BGB.

2) Jedenfalls bis zum Eintritt der Rechtskraft einer Entscheidung im Verfahren nach § 56 g FGG verliert der Rechtsanwalt, der zunächst die Festsetzung einer nach Zeitaufwand berechneten Vergütung beantragt hat, nicht das Recht, für seine Tätigkeit Aufwendungsersatz nach § 1835 Abs. 3 BGB in Verbindung mit anwaltlichem Gebührenrecht verlangen zu können.


OBERLANDESGERICHT HAMM BESCHLUSS

15 W 311/06 OLG Hamm

In der Betreuungssache

Der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat am 25. Januar 2007 auf die sofortigen weiteren Beschwerden der Beteiligten zu 1 ) vom 4. September 2006 und der Beteiligten zu 3) vom 11. September 2006 gegen den Beschluss der Zivilkammer III des Landgerichts Detmold vom 18. August 2006

beschlossen:

Tenor:

Die sofortigen weiteren Beschwerden werden zurückgewiesen.

Eine Erstattung außergerichtlicher Auslagen findet nicht statt.

Der Geschäftswert für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 2.983,98 Euro festgesetzt. Er beträgt im Umfang der Zurückweisung der beiden Rechtsmittel jeweils 1.491 Euro.

Gründe:

I.

Die zu 1) beteiligte Betroffene leidet seit 1967 an einer zunächst schubförmig, später chronisch-progredient verlaufenden multiplen Sklerose. Zudem erlitt sie in den letzten Jahren mehrere, zum Teil schwere Schlaganfälle. Dadurch bildeten sich bei ihr eine nahezu vollständige Tetraplegie und ein demenzielles Syndrom heraus. Am 30.07.2004 schloss sie mit der Tochter ihres verstorbenen Lebensgefährten, der Beteiligten zu 1), und deren Arbeitskollegin, Frau H, zwei Arbeitsverträge ab. Darin verpflichteten sich die beiden Frauen, gegen ein Bruttomonatsverdienst von jeweils 600 € der Betroffenen jeweils 16 Stunden pro Woche im Haushalt zu helfen und sie zu pflegen. Am 20.01.2005 bestellte das Amtsgericht die Beteiligte zu 2) vorläufig und am 27.04.2005 endgültig zur Betreuerin der Betroffenen mit dem Aufgabenkreis "Gesundheitsfürsorge, alle Vermögensangelegenheiten, Vertretung bei Behörden und Ämtern".

Am 01.09.2005 wandte sich die Beteiligte zu 2) an das Vormundschaftsgericht mit dem Antrag, namens der Betroffenen neue Arbeitsverträge mit Frau H und mit sich selbst abschließen zu dürfen. Zur Begründung führte sie aus, dass die in den Arbeitsverträgen vom 30.07.2004 festgelegten Wochenarbeitszeiten zur Pflege der Betroffenen nicht mehr ausreichten. Deren Pflegebedarf habe sich deutlich erhöht, seit sie über eine Magensonde künstlich ernährt werden müsse und deshalb in der Pflegestufe III sei. Daraufhin bestellte das Amtsgericht mit Beschluss vom 03.09.2005 die Beteiligte zu 3) als Berufsbetreuerin zur Ergänzungsbetreuerin mit dem Aufgabenkreis "Vertretung der Betroffenen zum Abschluss eines Pflege- und Versorgungsvertrages mit der Betreuerin Frau L2".

In der Folgezeit entwarf die Beteiligte zu 3) je einen Arbeitsvertrag zwischen der Betreuten und der Beteiligten zu 2) sowie Frau H, der jeweils ein Bruttomonatsentgelt von 1.200 € vorsah. Zum Abschluss der Verträge kam es indes nicht, insbesondere wegen Differenzen zwischen der Beteiligten zu 3) und der Beteiligten zu 2) sowie Frau y2 der Frage, wie viele Stunden pro Woche die Pflege der Betroffenen in Anspruch nimmt. Mit Beschluss vom 20.02.2006 hob das Amtsgericht die Ergänzungsbetreuung daher wieder auf.

Mit Schriftsatz vom 13.02.2006 beantragte die Beteiligte zu 3) zunächst, ihr für ihr Tätigwerden als Ergänzungsbetreuerin eine Vergütung in Höhe von 381,14 € zu bewilligen. Nachdem die Beteiligte zu 2) namens der Betroffenen Einwendungen gegen diese Abrechnung erhoben hatte, nahm die Beteiligte zu 3) mit Schriftsatz vom 10.03.2006 ihren Antrag vom 13.02.2006 zurück und beantragte stattdessen unter Vorlage ihrer Kostenrechnungen Nr. 24/2006 und 25/2006, ihr für die beiden entworfenen Arbeitsverträge eine Vergütung in Höhe von jeweils 1.491,99 € nach anwaltlichem Gebührenrecht zu bewilligen.

Mit Beschluss vom 06.04.2006 setzte das Amtsgericht die der Beteiligten zu 3) für die Ergänzungsbetreuung zustehende Vergütung antragsgemäß fest.

Gegen diese Entscheidung legte die Beteiligte zu 2) rechtzeitig sofortige Beschwerde ein. Sie vertrat die Auffassung, die Beteiligte zu 3) könne den für Frau H entworfenen Arbeitsvertrag schon deshalb nicht bezahlt verlangen, weil das Amtsgericht sie nur damit betraut habe, mit ihr, der Beteiligten zu 2), einen neuen Arbeitsvertrag auszuhandeln und abzuschließen. Im Übrigen sei es der Beteiligten zu 3) verwehrt, für ihr Tätigwerden Gebühren nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) zu verlangen. Zum einen sei das Entwerfen eines einfachen Arbeitsvertrages keine juristische Leistung, zumal jedermann derartige Verträge auch kostenlos über das Internet erlangen könne. Auch seien die von der Beteiligten zu 3) entworfenen Verträge unbrauchbar gewesen, weil sie nicht den Wünschen der Vertragsbeteiligten entsprochen hätten. Zum anderen habe die Beteiligte zu 3) dadurch, dass sie mit Schreiben vom 13.02.2006 zunächst eine Vergütung nach § 6 VBVG in Verbindung mit § 1836 BGB gefordert habe, ihr Wahlrecht, die Vergütung nach § 1835 Abs. 3 BGB oder nach § 1836 BGB i.V.m. § 6 VBVG zu berechnen, verloren. Darüber hinaus genügten ihre Rechnungen Nr. 24/2006 und 25/2006 nicht den Anforderungen des § 10 RVG, weil darin nicht angegeben sei, wann die abgerechneten Dienstleistungen erbracht worden seien. Schließlich hätte die Beteiligte zu 3) für die beiden Verträge nicht zwei deckungsgleiche Kostenrechnungen erstellen dürfen, sondern für den zweiten Vertrag nur eine Erhöhungsgebühr nach VV-Nr. 1008 RVG von 0,3 berechnen dürfen.

Die Beteiligte zu 3) ist diesen Ausführungen entgegengetreten. Der vom Landgericht für das Beschwerdeverfahren bestellte Verfahrenspfleger Rechtsanwalt Q hat mit Schriftsatz vom 01.06.2006 die Auffassung vertreten, die Kostenrechnungen seien nicht zu beanstanden.

Mit Beschluss vom 18.08.2006 hat das Landgericht den angefochtenen Beschluss dahin abgeändert, dass es die von der Beteiligten zu 3) geltend gemachten Aufwendungen in Höhe eines Betrages von 1.491,99 € gegen die Betroffene festgesetzt hat. Den weitergehenden Festsetzungsantrag hat es zurückgewiesen.

Gegen diese Entscheidung richten sich die rechtzeitig mit Anwaltsschriftsätzen vom 04.09.2006 und 11.09.06 eingelegten sofortigen weiteren Beschwerden der Beteiligten zu 2) und 3).

Das Vormundschaftsgericht hat mit Beschluss vom 18.09.2006 seinen Beschluss vom 03.09.2005 dahingehend berichtigt, dass die Ergänzungsbetreuung angeordnet wurde zur Vertretung der Betroffenen zum Abschluss eines Pflege- und Versorgungsvertrages mit der Betreuerin Frau L2 und Frau H. Hiergegen hat die Betroffene mit Schriftsatz vom 02.10.2006 sofortige Beschwerde eingelegt, über die noch nicht entschieden ist.

II.

Die sofortigen weiteren Beschwerden sind nach den §§ 27, 29 i.V.m. §§ 56 g Abs. 5 Satz 1, 69 e Satz 1 FGG infolge Zulassung durch das Landgericht statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt worden. Die von der Beteiligten zu 2) eingelegte sofortige weitere Beschwerde ist wie schon die Erstbeschwerde bei wohlwollender Auslegung als Rechtsmittel der Betroffenen auszulegen, weil sie - nicht aber die Beteiligte zu 2) - durch die gegen sie festgesetzte Vergütung in ihren Rechten beeinträchtigt wird (§ 20 Abs. 1 FGG) und die Beteiligte zu 2) offensichtlich nur in deren Interesse und aufgrund ihrer Stellung als Betreuerin mit dem oben wiedergegebenen Aufgabenkreis gehandelt hat. Die Beschwerdebefugnis der Betroffenen ergibt sich daraus, dass ihre erste Beschwerde keinen vollen Erfolg gehabt hat, diejenige der Beteiligten zu 3) folgt daraus, dass das Landgericht die Entscheidung des Amtsgerichts zu ihrem Nachteil abgeändert hat.

In der Sache bleiben beide Rechtsmittel ohne Erfolg, weil die Festsetzung des Aufwendungsersatzes durch das Landgericht nicht zu beanstanden ist, § 27 FGG.

Da das Vormundschaftsgericht bei der Bestellung der Beteiligten zu 3) zur Ergänzungsbetreuerin die Berufmäßigkeit ihrer Tätigkeit nach §§ 1836 Abs. 1 BGB, 1 Abs. 1 VBVG i.V.m. § 1908 i BGB festgestellt hat und die Betroffene nicht mittellos ist, kann die Beteiligte zu 3) von der Beteiligten zu 1) Ersatz ihrer Aufwendungen verlangen, die das Vormundschaftsgericht im Verfahren nach § 56 g FGG festzusetzen hat.

Ohne Rechtsfehler hat das Landgericht angenommen, dass die Beteiligte zu 3) die Aufwendungen nach den einer Anwältin für die Tätigkeit zustehenden Gebühren berechnen kann. Es hat insoweit zutreffend und in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BVerfG (BVerfGE 101, 331 = FamRZ 2000, 345; BtPrax 2000, 120), des BGH (BGHZ 139, 309 = NJW 1998, 3567) und der obergerichtlichen Rechtsprechung (BayObLGZ 2001, 368 = FGPrax 2002, 64 = NJW 2002, 1660 = FamRZ 2002, 573) die Voraussetzungen genannt, unter denen § 1 Abs. 2 S. 2 RVG einer zur Betreuerin bestellten Rechtsanwältin die Möglichkeit eröffnet, die Wahrnehmung bestimmter Einzelaufgaben der Betreuung, bei denen es sich sowohl um eine gerichtliche als auch eine außergerichtliche Tätigkeit handeln könne, über § 1835 Abs. 3 BGB ausnahmsweise nach anwaltlichem Gebührenrecht abzurechnen. Bei Berücksichtigung des Wesens der Betreuung als Rechtsfürsorge, des Umstandes, dass die Vergütungsregelung für Berufsbetreuer an deren Qualifikation anknüpfe, sowie des Charakters des § 1835 Abs. 3 BGB als Ausnahme zur üblichen Vergütung einer Betreuung, könne die Rechtsanwältin für eine von ihr im Rahmen der Betreuung ausgeführte Tätigkeit nur dann ein Honorar nach den Grundsätzen des RVG verlangen, wenn die Bewältigung der mit der abzurechnenden Tätigkeit verbundenen Aufgabe besondere rechtliche Fähigkeiten erfordere und deshalb eine originär anwaltliche Dienstleistung dargestellt habe. Es müsse sich um eine Aufgabe handeln, für die ein anderer Betreuer in vergleichbarer Lage vernünftigerweise einen Rechtsanwalt herangezogen hätte, weil dies eine für den Beruf des Rechtsanwalts spezifische Tätigkeit darstelle. Dabei könne als Maßstab nicht der Kenntnis- und Erfahrungsstand eines - auch geschäftsgewandten - Laien dienen. Vielmehr sei zu beachten, dass die Zuerkennung der höchsten Vergütungsstufe, die jeder Anwalt ohnehin verlangen könne, in rechtlichen Fragen bereits allgemein eine erhebliche Qualifikation voraussetze, die nicht nochmals gesondert honoriert werden solle. Es komme daher darauf an, ob gerade auch ein Betreuer, der die Qualifikation der höchsten Vergütungsstufe aufweise, zur Erfüllung der Aufgabe den Umständen nach die Beiziehung eines Rechtsanwalts für erforderlich hätte halten dürfen. Dies entspreche dem Maßstab des § 670 BGB, der auch für den Aufwendungsersatz des Betreuers nach § 1835 BGB den Rahmen abstecke. Diese Voraussetzung werde in der Regel dann gegeben sein, wenn es um Leistungen gehe, die dem Kernbereich anwaltlicher Tätigkeit zuzuordnen seien. Als derart anwaltsspezifischer Dienst stelle sich die Besorgung einer Angelegenheit vor allem dann dar, wenn wegen deren Bedeutung und/oder Schwierigkeit notwendiger oder zumindest üblicherweise professioneller Rechtsrat geholt worden wäre und ein Betreuer ohne Ausbildung zum Volljuristen deshalb berechtigterweise einen Rechtsanwalt beigezogen hätte.

Von diesen Maßstäben ausgehend hat das Landgericht angenommen, dass die Beteiligte zu 3) den von ihr entworfenen Arbeitsvertrag zwischen der Betroffenen und der Beteiligten zu 2) über § 1835 Abs. 3 BGB nach anwaltlichem Gebührenrecht abrechnen könne. Es hat ausgeführt: Auch ein Betreuer, der - ohne Ausbildung zum Volljuristen - die Qualifikation der höchsten Vergütungsstufe aufweise, hätte hier einen Rechtsanwalt mit dem Entwurf des Arbeitsvertrages beauftragt. Denn im vorliegenden Fall sei es erforderlich gewesen, einen Arbeitsvertrag zu entwerfen, der vor allem den Interessen der Betroffenen, insbesondere ihrem Pflegebedarf, Rechnung trage. Dies habe es notwendig gemacht, im Einzelnen aufzulisten, welche Pflege- und Betreuungsleistungen ihr die Beteiligte zu 2) als Pflege- und Hauswirtschaftskraft künftig erbringen sollte. Dieser Aufgabenbereich der Beteiligten zu 2) habe von dem Aufgabenkreis der Beteiligten zu 2) als Betreuerin abgegrenzt werden müssen. Weiter sei hier zu berücksichtigen gewesen, dass die Betroffene Pflegeleistungen auch durch einen ambulanten Pflegedienst und durch Frau H als 2. Pflege- und Hauswirtschaftskraft erhalten würde. Dass das Aushandeln und Entwerfen des neuen Arbeitsvertrages sowohl tatsächliche als auch rechtliche Schwierigkeiten geboten habe, zeige sich schon daran, dass sich die Verhandlungen über mehr als drei Monate hinzogen hätten und dass die Beteiligte zu 2) auch einen Rechtsanwalt hinzugezogen habe.

Ob eine konkrete Tätigkeit der zur Betreuerin bestellten Rechtsanwältin sich im Sinne des § 1835 Abs. 3 BGB als Dienst darstellt, der zu ihrem Beruf gehört, ist aufgrund einer Wertung aller Umstände des Einzelfalls festzustellen. Diese Beurteilung obliegt dem Tatrichter. Das Rechtsbeschwerdegericht kann sie nur auf Rechtsfehler überprüfen (§ 27 Abs. 1 Satz 1 FGG), d.h. dahin, ob der Tatrichter von unzutreffenden rechtlichen Voraussetzungen ausgegangen ist, ob er den Sachverhalt unzureichend aufgeklärt, die Feststellungen nicht verfahrensfehlerfrei getroffen, maßgebliche Umstände nicht berücksichtigt oder in ihrer Bedeutung verkannt oder in seine Erwägungen sachfremde Umstände einbezogen hat, oder ob seine Wertung auf der Grundlage der konkreten Umstände des Einzelfalls sich nicht im Rahmen des ihm zuzubilligenden Beurteilungsermessens hält (BayObLG a.a.O.). Einen danach beachtlichen Rechtsfehler lassen die Ausführungen des Landgerichts nicht erkennen, die Rechtsbeschwerde erhebt insoweit auch keine Einwände. Es zählt im Rahmen außergerichtlicher Geschäfte zum Kernbereich anwaltlicher Tätigkeit, Angelegenheiten zu besorgen, die besondere rechtliche Schwierigkeiten aufweisen, etwa weil sie eine intensive Befassung mit rechtlich schwierigeren Fragen erfordern, oder die Maßnahmen verlangen, die auch in diesem Bereich üblicherweise den rechtsberatenden Berufen vorbehalten sind. Dies kann gerade auch für die Gestaltung eines komplizierteren Vertragswerkes gelten (BayObLG a.a.O.), wie das Landgericht ohne Rechtsfehler angenommen hat.

Soweit eine Tätigkeit im Rahmen der Betreuung die Voraussetzungen des § 1835 Abs. 3 BGB erfüllt, hat der Rechtsanwalt die Wahl, ob er seine Aufwendungen nach dem RVG geltend macht oder ob er seine Vergütung nach § 1836 i.V.m. dem VBVG verlangt, also nach Zeitaufwand und (gegebenenfalls erhöhtem) Stundensatz abrechnet (vgl. BayObLG a.a.O.; BtPrax 1999, 29; OLG Frankfurt FGPrax 2001, 195 = FamRZ 2002, 59; OLG Köln NJW-RR 2003, 712; Palandt/Diederichsen, BGB, 65. Aufl., § 1835 Rn. 13; HK-BUR/Bauer/Deinert § 1835 BGB Rn. 52). Bei dieser Entscheidung handelt es sich jedoch nicht um ein "Wahlrecht" im Sinne des § 262 BGB mit der Folge aus § 263 Abs. 2 BGB, dass die einmal getroffene Wahl den Rechtsanwalt binden würde. Die Annahme einer Wahlschuld scheitert schon daran, dass § 263 BGB dem "Schuldner" das Wahlrecht einräumt, während es hier um ein Wahrecht des Gläubigers geht. Es handelt sich auch nicht um einen Fall des § 315 BGB, in denen die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist. Einen solchen Fall enthält § 14 RVG (Staudinger/Rieble [2004] § 315 Rn. 126, 203), nach dem der Rechtsanwalt bei Rahmengebühren die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände nach billigem Ermessen zu bestimmen hat; in diesen Fällen ist der Rechtsanwalt an die Ausübung seines Ermessens und an die von ihm getroffene Bestimmung der Gebühr innerhalb des vorgegebenen Rahmens grundsätzlich gebunden (vgl. BGH NJW 1987, 3203; Geroldt/Schmidt/Madert, RVG, 17. Aufl., § 14 Rn. 4). Um einen solchen Ermessensfall handelt es sich aber nicht bei der Entscheidung des zum Betreuer bestellten Rechtsanwaltes zu der Frage, ob er seine Aufwendungen nach den Bestimmungen des RVG oder VBVG abrechnet. Diese Entscheidung konnte die Beteiligte zu 3) daher jedenfalls noch solange ändern, wie die Vergütung bzw. die Auslagen nicht rechtskräftig festgesetzt worden sind.

Die von der Beteiligten zu 3) errechnete Anwaltsgebühr nach dem RVG geht zutreffend und von der Rechtsbeschwerde der Betroffenen unbeanstandet von einem Gegenstandswert von 43.200 € aus. Dabei kann hier offen bleiben, ob Grundlage der Wertfestsetzung die §§ 23 Abs. 3 RVG, 25 Abs. 2 KostO sind oder, wie von der Beteiligten zu 3) angegeben, § 42 Abs. 3 GKG ist, weil der Wert in beiden Fällen gleich hoch ist. Bei der Geschäftsgebühr gem. Nr. 2400 VV handelt es sich um eine Gebühr mit einem Rahmengebührensatz zwischen 0,5 und 2,5 der vollen Gebühr nach § 13 RVG. Von ihrem Ermessen nach § 14 Abs. 1 RVG hat die Beteiligte zu 3) in der Weise Gebrauch gemacht, dass sie einen Gebührensatz von 1,3 bestimmt hat, der auf eine durchschnittliche Tätigkeit zugeschnitten ist. Das Landgericht hatte keinen Anlass, diese Ermessensausübung in Zweifel zu ziehen, nachdem die Bemessung der Gebührenhöhe von der Beteiligten zu 2) nicht bestritten worden ist. Insbesondere bestand kein Anlass zur Einholung eines Gutachtens der Rechtsanwaltskammer gem. § 14 Abs. 2 RVG. Das Landgericht hat auf dieser Grundlage zutreffend eine Gebühr nach Nr. 2400 VV RVG in der bis zum 30.06.2006 gültigen Fassung in Höhe von 1.491,99 € (einschließlich Pauschale nach Nr. 7002 VV RVG Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVG) errechnet.

Ohne Rechtsfehler hat das Landgericht es als unschädlich angesehen, dass die Beteiligte zu 3) in ihrer Rechnung Nr. 24/2006 vom 10.03.2006 nicht angegeben hat, wann sie die darin abgerechneten Dienstleistungen erbracht hat. Denn § 10 Abs. 2 RVG schreibt Angaben zum Leistungszeitpunkt nicht vor. Sie sind deshalb nur dann erforderlich, wenn die Anwaltsrechnung ohne sie nicht überprüfbar wäre (vgl. dazu BGH NJW 2002, 2774). Dies ist hier indes nicht der Fall.

Den in der zweiten Instanz erhobenen Einwand, der von der Beteiligten zu 3) entworfene Arbeitsvertrag sei unbrauchbar gewesen, weil er nicht den Wünschen der Vertragsbeteiligten entsprochen hätte, hat die Rechtsbeschwerde nicht mehr aufgegriffen.

Zutreffend hat das Landgericht für das Entwerfen eines Arbeitsvertrags mit Frau H keinen Aufwendungsersatz festgesetzt. Denn nach dem Bestellungsbeschluss vom 03.09.2005 ist ihr ausdrücklich nur die Aufgabe übertragen worden, die Betroffene als Ergänzungsbetreuerin beim "Abschluss eines Pflege- und Versorgungsvertrages mit der Betreuerin, Frau L2" zu vertreten. Wenn die Beteiligte zu 3) insoweit Zweifel an dem Umfang der offensichtlich im Hinblick auf § 181 BGB erfolgten Bestellung zur Ergänzungsbetreuerin hatte, so hätte sie sich, bevor sie insoweit tätig wird, zunächst an das Amtsgericht wenden müssen zwecks Klärung der Frage, ob die Betreuerbestellung auch bzgl. der Frau H erfolgt ist und gegebenenfalls auf eine Klarstellung hinwirken müssen; dies drängte sich insbesondere deswegen auf, weil die Bestellung in Bezug auf Frau H nicht wegen Interessenkollision nach § 181 BGB erforderlich gewesen wäre, sondern möglicherweise nach § 1796 Abs. 2 BGB wegen eines erheblichen Interessengegensatzes.

Zwar hat das Amtsgericht mittlerweile mit Beschluss vom 18.09.2006 den Beschluss über die Bestellung der Ergänzungsbetreuerin berichtigt. Insoweit handelt es sich aber um neuen Tatsachenstoff, den der Senat nicht berücksichtigen darf (§§ 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, 559 Abs. 2 ZPO), solange nicht eine rechtskräftige Entscheidung hierüber ergangen ist. Der Senat sieht keinen Anlass, mit seiner Entscheidung zu warten, bis über die sofortige Beschwerde gegen den Berichtigungsbeschluss entschieden worden ist. Denn sollte es bei dem Beschluss des Amtsgerichts vom 18.09.2006 verbleiben, wäre die Beteiligte zu 3) nicht gehindert, wegen ihrer Tätigkeit in Bezug auf den Arbeitsvertrag mit Frau H einen neuen Vergütungsantrag zu stellen. Diesem Antrag stände nicht die Rechtskraft der Entscheidung des Landgerichts vom 18.08.2006 in diesem entgegen. Denn über eine Vergütung der Beteiligten zu 3) für eine Tätigkeit auf der Grundlage des Berichtigungsbeschlusses vom 18.09.2006 ist noch nicht entschieden worden.

Einer Bestellung eines Verfahrenspflegers für die Betroffene bedurfte es vorliegend nicht, weil die Betroffene insoweit von ihrer Betreuerin mit anwaltlicher Unterstützung vertreten wird, deren Aufgabenkreis auch das vorliegende gerichtliche Verfahren auf Festsetzung einer Vergütung für die Ergänzungsbetreuerin gegen die Betreute umfasst.

Da beide Rechtsmittel unbegründet sind, ist eine Auferlegung außergerichtlicher Auslagen nach § 13 a Abs. 1 FGG nicht veranlasst.

Die Wertfestsetzung beruht auf den §§ 131, 30 KostO.

Ende der Entscheidung

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