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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 09.05.2007
Aktenzeichen: 15 W 312/06
Rechtsgebiete: KostO, FGG


Vorschriften:

KostO § 11
KostO § 87 Nr. 2
FGG § 126
1) Berufsständische Körperschaften im Sinne des § 126 FGG genießen keine subjektive Kostenfreiheit.

2) Bei der Erteilung einer Abschrift aus dem Handelsregister (§ 89 Abs. 1 KostO) handelt es sich nicht um eine gebührenfreie Entscheidung im Sinne des § 87 Nr. 2 KostO.


Tenor:

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.

Gründe:

I.)

Die Beteiligte zu 1) beantragte am 09.11.2005 beim Registergericht die Erteilung eines unbeglaubigten Handelsregisterauszugs betr. die o.a. Gesellschaft "zum Zwecke der Mitwirkung an der Eintragung bzw. der Überprüfung der schon erfolgten Eintragung in das Handelsregister". Der Auszug wurde antragsgemäß erteilt, wofür der Beteiligten zu 1) eine Gebührenrechnung gemäß §§ 89, 73 KostO über 10 € erteilt wurde. Gegen diese erhob die Beteiligte zu 1) Erinnerung, mit der sie sich auf Kostenfreiheit gemäß §§ 87 Nr.2 KostO, 126 FGG berief. Zu dieser nahm der Beteiligte zu 2) Stellung. In ihrer Erwiderung verwies die Beteiligte zu 1) darauf, dass durch das vormalige Registergericht die notwendigen Informationen der Beteiligten über handwerksrechtliche Veränderungen häufig unterlassen worden seien. Zudem habe die betroffene Gesellschaft ihr mitgeteilt, dass die unternehmerische Tätigkeit nur noch zu 50% handwerksmäßig sei. Die Anforderung des Registerauszugs sei daher im Bezug auf eine konkrete Prüfungsnotwendigkeit erfolgt.

Das Amtsgericht wies die Erinnerung durch Beschluss vom 11.01.2006 zurück. Hiergegen erhob die Beteiligte zu 1) Beschwerde, welche das Amtsgericht in seinem Beschluss zugelassen hatte. Das Landgericht -Kammer für Handelssachen- hat die Beschwerde unter Mitwirkung der Handelsrichter durch Beschluss vom 07.04.2006 zurückgewiesen. Durch Beschluss vom 09.06.2007 hat es die vorgenannte Entscheidung entsprechend § 319 ZPO dahingehend berichtigt, dass es die weitere Beschwerde zugelassen hat. Diese hat die Beteiligte zu 1) durch Schriftsatz vom 18.07.2006 eingelegt, der Beteiligte zu 2) hat hierzu unter dem 09.08.2006 eine weitere Stellungnahme abgegeben.

II.)

Die weitere Beschwerde ist gem. § 14 Abs. 5 S. 1 KostO infolge Zulassung durch das Landgericht statthaft sowie gem. § 14 Abs. 6 KostO formgerecht eingelegt. Die Beschwerdebefugnis des Beteiligten zu 2) folgt daraus, dass das Landgericht die Entscheidung des Amtsgerichts zu Lasten der Staatskasse abgeändert hat.

In der Sache ist das Rechtsmittel begründet, weil die Entscheidung des Landgerichts auf einer Verletzung des Rechts beruht (§ 14 Abs. 5 S. 2 Halbsatz 1 KostO). Die weitere Beschwerde führt wegen eines absoluten Beschwerdegrundes zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.

Die Kammer hat bei ihrer Entscheidung die gerichtsverfassungsrechtlichen Besonderheiten nicht hinreichend berücksichtigt, die das KostRMoG mit Wirkung zum 01.07.2004 in § 14 KostO für das Verfahren über die Kostenerinnerung eingefügt hat (vgl. zum Folgenden Senat JMBl.NW 2006,128f). Nach Abs. 3 S. 1 der Vorschrift ist gegen die Entscheidung über die Erinnerung gegen den Kostenansatz (Abs. 2) die Beschwerde eröffnet, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 Euro übersteigt. Hat die erstinstanzliche Entscheidung über die Erinnerung der Einzelrichter erlassen, so hat über die Beschwerde nach § 14 Abs. 7 S. 1 Halbsatz 2 KostO der Einzelrichter des Beschwerdegerichts zu entscheiden. Zwar kann dieser nach § 14 Abs. 7 S. 2 KostO das Verfahren der Kammer in der nach dem GVG vorgeschriebenen Besetzung u.a. dann übertragen, wenn die Sache grundsätzliche Bedeutung hat. In Beschwerdesachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist die Kammer für Handelssachen des Landgerichts mit dem Vorsitzenden und den ehrenamtlichen Handelsrichtern besetzt (§ 30 Abs. 1 S. 2 FGG). Im Gegensatz zur Auffassung des OLG Köln (FGPrax 2005, 233) sähe der Senat keine grundsätzlichen Bedenken dagegen, die abschließende Beschwerdeentscheidung der Kammer in ihrer vollen Besetzung, in der wegen grundsätzlicher Bedeutung die weitere Beschwerde zugelassen wird, dahin zu verstehen, dass auf diese Weise zugleich die Übertragung der Sache von dem Einzelrichter auf die Kammer beschlossen worden ist. Denn der Einzelrichter zieht auf diese Weise bewusst die weiteren Richter der Kammer zur Entscheidung hinzu. Wenn der Sache grundsätzliche Bedeutung mit der Folge beigemessen wird, dass die weitere Beschwerde zugelassen wird, kann die Entscheidung ohnehin nur mit der dafür vorgesehenen vollen Besetzung der Kammer getroffen werden (BGH NJW 2003, 1254; NJW 2003, 3712 jeweils zur sachgleichen Vorschrift des § 568 ZPO). Ist die Besetzung der Kammer in einem solchen Fall im Ergebnis korrekt, kann das Fehlen eines gesonderten Übertragungsbeschlusses allein keinen durchgreifenden Verfahrensmangel begründen. Anders verhält es sich indessen bei der Kammer für Handelssachen. Denn § 14 Abs. 7 S. 3 KostO schließt die ehrenamtlichen Richter von der Mitwirkung an der Entscheidung über eine Beschwerde im Kostenerinnerungsverfahren ausnahmslos aus. Die Kammer hätte deshalb über die Beschwerde zwingend nur in der Besetzung mit dem Vorsitzenden als Einzelrichter entscheiden dürfen.

Die Kammer war somit bei ihrer Entscheidung nicht ordnungsgemäß besetzt. Dieser Verfahrensmangel begründet nach § 547 Nr. 1 ZPO einen absoluten Beschwerdegrund, der den Senat zur Aufhebung der landgerichtlichen Entscheidung ohne Rücksicht darauf zwingt, ob das Ergebnis der Sachentscheidung auf diesem Mangel beruht. Diese gilt auch für das Verfahren über die Kostenerinnerung, weil § 14 Abs. 5 S. 2 Halbsatz 2 KostO ausdrücklich auf die revisionsrechtliche Vorschrift der ZPO verweist (so erst jüngst für dieselbe Fallgestaltung OLG Köln a.a.O.).

Der Senat kann deshalb lediglich ohne Bindungswirkung darauf hinweisen, dass er die Sachentscheidung des Landgerichts für rechtsfehlerfrei hält. Zutreffend ist die Annahme der Vorinstanzen, dass die berufsständischen Körperschaften im Sinne des § 126 FGG keine allgemeine, subjektive Kostenfreiheit genießen, wie der Umkehrschluss aus § 87 Nr.2 KostO ergibt. Die Frage, ob der Antrag auf Erteilung eines Registerauszuges als Antrag im Sinne des § 126 FGG angesehen werden kann, kann im vorliegenden Zusammenhang dahinstehen. Maßgebend ist vielmehr, wie das Landgericht in Übereinstimmung mit dem Beteiligten zu 2) herausgestellt hat, dass der Gebührentatbestand vorliegend die Erteilung eines Abschrift aus dem Handelsregister ist (§ 89 Abs.1 KostO). Insoweit handelt es sich jedoch um einen tatsächlichen Vorgang und nicht um eine Entscheidung im Sinne des § 87 Nr.2 KostO. Dem tatsächlichen Vorgang geht zwar durchaus eine Entscheidung voraus, gleichwohl ist Gebührentatbestand der tatsächliche Vorgang und nicht die Entscheidung, die sich inhaltlich mit Rücksicht auf § 9 Abs.2 HGB ohnehin auf eine bloße Missbrauchskontrolle beschränkt. Eine derartige streng dem Wortlaut folgende Auslegung des § 87 Nr.2 KostO vermeidet Wertungswidersprüche zu Ziff.4 der Anlage zur JustizVKostO und ermöglicht im Regelfall eine sachgerechte Abgrenzung der eher allgemeinen, ihrem Geschäftsbereich zuzuordnenden Überwachungstätigkeit von ihrer Einbeziehung in konkrete gerichtliche Verfahren. Dabei muss aus Sicht des Senats für die Beurteilung der Sachgerechtigkeit berücksichtigt werden, dass der Gesetzgeber den in § 126 FGG genannten Körperschaften gerade keine subjektive und damit generelle Kostenfreiheit eingeräumt hat.

Abschließend bemerkt der Senat im Hinblick auf die allgemeinen Erwägungen der weiteren Beschwerde insbesondere im Schriftsatz vom 28.08.2006, dass es sicherlich auch gute Gründe gibt, die berufsständischen Körperschaften von den Kosten eines Verfahrens der Registergerichte generell freizustellen. Angesichts der o.a. Entscheidungen des Gesetzgebers, ist dies jedoch eine rechtspolitische Frage, die nicht durch die Gerichte gelöst werden kann.

Ende der Entscheidung

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