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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 02.10.2003
Aktenzeichen: 15 W 331/03
Rechtsgebiete: FGG, BGB


Vorschriften:

FGG § 55
FGG § 62
BGB § 1829 Abs. 1 S. 2
Gegen eine durch den Rechtspfleger ohne vorausgehendes Vorbescheidsverfahren erteilte und gem. § 1829 Abs. 1 S. 2 BGB wirksam gewordene vormundschaftsgerichtliche Genehmigung ist die erste Beschwerde des Betroffenen zulässig (Aufgabe der Auffassung des Senats in FGPrax 2000, 230).
OBERLANDESGERICHT HAMM BESCHLUSS

15 W 331/03 OLG Hamm

betreffend den am ... 1942 geborenen Herrn ...

In der Betreuungssache

Der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat am 02. Oktober 2003 auf die weitere Beschwerde des Betroffenen vom 12. August 2003 gegen den Beschluß der 23. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld vom 30. Juli 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Gammelin und die Richter am Oberlandesgericht Budde und Tegenthoff

beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.

Der Gegenstandswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 3.000,00 Euro festgesetzt.

Dem Betroffenen wird für das Verfahren der weiteren Beschwerde Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt ... in Bielefeld mit der Maßgabe bewilligt, dass von der Anordnung von Ratenzahlungen abgesehen wird.

Gründe:

I.

Das Amtsgericht hat durch Beschluss vom 31.07.2002 zunächst im Wege der einstweiligen Anordnung, sodann in der Hauptsache durch Beschluss vom 05.11.2002 den Beteiligten zu 2) zum Betreuer des Betroffenen mit den Aufgabenkreisen Gesundheitsfürsorge, Aufenthaltsbestimmung einschließlich Unterbringungsangelegenheiten sowie Vermögenssorge mit der Maßgabe bestellt, dass für den letztgenannten Aufgabenkreis ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet worden ist. Der Betroffene leidet nach den Feststellungen des Amtsgerichts an einer paranoid-halluzinatorischen Schizophrenie mit chronifiziertem Wahnsystem und einhergehender Persönlichkeitsdefektbildung.

Der Betroffene ist seit 1997 in zweiter Ehe verheiratet mit ... aus der Verbindung sind zwei 1982 und 1986 geborene Kinder hervorgegangen. Der Betroffene wohnte zum Zeitpunkt der Einrichtung der Betreuung überwiegend in dem in seinem Eigentum stehenden Haus .... Nachdem auf Antrag der ... Vereinsbank durch Beschluss des Amtsgerichts vom 24.02.2003 die Zwangsversteigerung dieses Grundstücks angeordnet worden ist, wohnt der Betroffene zwischenzeitlich bei seiner Ehefrau, die Eigentümerin eines mit einem Drei-Familien-Haus bebauten Grundstücks ... ist.

Der Beteiligte zu 2) hat mit Schreiben vom 11.03.2003 beantragt, die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung zu einem im Entwurf vorgelegten Ratenkreditvertrag zwischen der Volksbank ... und dem Betroffenen über eine Darlehenssumme von 40.600,00 Euro zu erteilen. Die Rückzahlung hat in 178 Monatsraten von 400,00 Euro und einer Rate von 211, 15 Euro zu erfolgen, die dem Girokonto Nr. 49 658 710 des Betroffenen bei dieser Volksbank belastet werden sollen. Dazu hat er vorgetragen, das Darlehen diene in erster Linie der Umschuldung eines durch Überziehung des genannten Girokontos entstandenen, hochverzinslichen Kontokorrentkredits des Betroffenen in Höhe von z.Zt. ca. 36.000,00 Euro. Darüber hinaus sollten aus dem zur Verfügung gestellten Darlehen zur Vermeidung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen weitere Verbindlichkeiten gegenüber verschiedenen Gläubigern abgelöst werden. Der Darlehensvertrag mache die Verbindlichkeiten für den Betroffenen überschaubarer und führe zu einer Verringerung der Zinslast. Die Belastung bewege sich bezogen auf das Renteneinkommen des Betroffenen von monatlich 1069,69 Euro in einem tragbaren Rahmen. Auf Anraten des Rechtspflegers hat der Beteiligte zu 2) einem dem Entwurf entsprechenden Darlehensvertrag am 10.04.2003 abgeschlossen, der auch die Unterschrift des Betroffenen trägt, und diesen zur nachträglichen Genehmigung vorgelegt. Durch Beschluss vom 15.04.2003 hat der Rechtspfleger des Amtsgerichts die rechtsgeschäftlichen Erklärungen des Beteiligten zu 2) in diesem Vertrag vormundschaftsgerichtlich genehmigt Von einer vorhergehenden Anhörung des Betroffenen (§ 69 d Abs. 1 FGG), Bestellung eines Verfahrenspflegers im Hinblick auf seine Erkrankung (§ 67 Abs. 1 FGG) sowie den Erlass eines Vorbescheides im Hinblick auf die Entscheidung des BVerfG vom 18.01.2000 (BVerfGE 101, 397 ff. = FGPrax 2000, 103) hat das Amtsgericht abgesehen. Der Beteiligte zu 2) hat die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung der Volksbank ... im 22.04.2003 mitgeteilt.

Der Betroffene hat mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 27.05.2003 gegen die Erteilung der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung Beschwerde eingelegt, die er unter Darlegung näherer Einzelheiten dahin begründet hat, der Darlehensvertrag verpflichte ihn zu monatlichen Ratenzahlungen in Höhe von 400,00 Euro aus seinem Renteneinkommen von 1.100,00 Euro, obwohl dieses unter Berücksichtigung seiner Unterhaltspflicht für zwei Kinder in voller Höhe unpfändbar sei. Der verbleibende Betrag seines und des Einkommens seiner Ehefrau reiche nicht aus, um den Lebensunterhalt der Familie zu gewährleisten. Da er, der Betroffene, ohnehin überschuldet sei, sei ihm ein Verzicht auf einen Teil seines pfändungsfreien Renteneinkommens nicht zuzumuten.

Das Landgericht hat durch Beschluss vom 30.07.2003 die Beschwerde als unzulässig verworfen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde des Betroffenen, die er mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 12.08.2003 bei dem Oberlandesgericht eingelegt hat.

II.

Die weitere Beschwerde ist nach den §§ 27, 29 FGG statthaft sowie formgerecht eingelegt. Die Beschwerdebefugnis des Betroffenen folgt bereits daraus, dass das Landgericht seine erste Beschwerde als unzulässig verworfen hat. Dies gilt unabhängig davon, inwieweit die §§ 55, 62 FGG auch für die weitere Beschwerde anwendbar sind. Denn dem Beschwerdeführer, dessen erste Beschwerde als unzulässig verworfen worden ist, steht uneingeschränkt das Recht zu, diese Entscheidung mit der weiteren Beschwerde überprüfen zu lassen (Keidel/Meyer-Holz, FG, 15. Aufl., § 27, Rdnr. 10).

In der Sache ist das Rechtsmittel begründet, weil das Landgericht die erste Beschwerde des Betroffenen zu Unrecht als unzulässig erachtet hat. Die weitere Beschwerde führt zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.

Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, die durch den Beschluss des Rechtspflegers des Amtsgerichts vom 22.04.2003 erteilte vormundschaftsgerichtliche Genehmigung sei gem. § 1829 Abs. 1 S. 2 BGB dadurch wirksam geworden, dass der Beteiligte zu 2) diese der Volksbank Bielefeld mitgeteilt habe. Die wirksam gewordene Genehmigung könne deshalb gem. § 55 FGG weder durch das Vormundschaftsgericht noch gem. § 62 FGG durch das Beschwerdegericht geändert werden. Dementsprechend sei die darauf gerichtete erste Beschwerde des Betroffenen unzulässig. An diesem Ergebnis ändere sich auch unter Berücksichtigung der Entscheidung des BVerfG vom 18.01.2000 (BVerfGE 101, 397 ff. = FGPrax 2000, 103) nichts. Zwar sei dem Betroffenen durch die Verfahrensweise des Amtsgerichts die Möglichkeit genommen worden, die Entscheidung des Rechtspflegers, durch die die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung ohne vorausgehendes Vorbescheidsverfahren erteilt, worden ist, einer Überprüfung durch den Richter zu unterziehen. Es liege deshalb nahe, dass diese Verfahrensweise gegen die Rechtsschutzgewährleistung des Art. 19 Abs. 4 GG verstoße. Dieser Gesichtspunkt könne jedoch nichts daran ändern, dass die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung gegenüber der Volksbank Bielefeld wirksam geworden und eine Abänderung des Rechtsgeschäfts durch die Gerichte nunmehr ausgeschlossen sei. Der vorliegende Fall unterscheide sich von dem vom BVerfG entschiedenen darin, dass dort eine abschließende Änderung des Rechtszustandes (durch Vollzug des genehmigten Grundstückgeschäfts im Grundbuch) noch nicht eingetreten gewesen sei.

Der Senat kann dieser Beurteilung nicht folgen, weil ihr ein Missverständnis der genannten Entscheidung des BVerfG zugrunde liegt. Das BVerfG hat in seiner Entscheidung ausdrücklich festgestellt, dass die gesetzlichen Vorschriften der §§ 55, 62 FGG insoweit mit Art. 19 Abs. 4 GG unvereinbar sind, als sie dem in seinen Rechten Betroffenen jede Möglichkeit verwehren, die Entscheidung des Rechtspflegers der Prüfung durch den Richter zu unterziehen. Das BVerfG hat die Vorschriften der §§ 55, 62 FGG zwar nicht für nichtig erklärt, sondern sich auf die Feststellung beschränkt, der Gesetzgeber sei zu einer Neuregelung der Verfahrensvorschriften unter Beachtung der Vorgaben seiner Entscheidung verpflichtet. Dies ändert jedoch nichts daran, dass die Vorschrift des § 55 FGG betreffend die Unabänderbarkeit der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung mit Art. 19 Abs. 4 GG unvereinbar ist, wenn dem Betroffenen durch die Verfahrensgestaltung des Vormundschaftsgerichts die Möglichkeit genommen worden ist, die Entscheidung des Rechtspflegers durch einen Richter überprüfen zu lassen. Insoweit darf die Vorschrift auch dann nicht angewandt werden, wenn die Genehmigung gegenüber dem Vertragspartner gem. § 1829 Abs. 1 S. 2 BGB bereits wirksam geworden ist. MUSS in einem solchen Fall die Entscheidung des Rechtspflegers abänderbar sein, so setzt sich die Gewährleistung der Rechtsschutzgarantie nach Art. 19 Abs. 4 GG gegenüber dem Zweck des § 55 FGG durch, das Vertrauen des Vertragspartners in den Bestand des mit der erteilten vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung geschlossenen Rechtsgeschäfts zu schützen (Keidel/Engelhardt, a.a.O., § 55, Rdnr. 1). Eine nachträgliche Aufhebung der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung ist rechtlich durchaus möglich. Sie führt zur Unwirksamkeit des geschlossenen Rechtsgeschäfts mit der allerdings unbefriedigenden Konsequenz, dass bereits erbrachte Erfüllungsleistungen nach bereicherungsrechtlichen Vorschriften rückabzuwickeln sind. Dementsprechend hat das BVerfG in seiner Entscheidung nicht danach differenziert, ob und in welchem Umfang von den Vertragsparteien bereits Leistungen zur Erfüllung des genehmigungsbedürftigen schuldrechtlichen Rechtsgeschäfts erbracht worden sind. Der Umstand, dass in der der Entscheidung des BVerfG zugrunde liegenden Fallkonstellation der dingliche Rechtserwerb hinsichtlich des veräußerten Grundstücks mangels Eintragung im Grundbuch noch nicht abgeschlossen war, kann deshalb für die hier vorliegende Fallkonstellation (Abschluss eines Darlehensvertrages mit anschließender Darlehensauszahlung) an der aus Art. 19 Abs. 4 GG notwendig abzuleitenden Abänderbarkeit der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung nichts ändern, zumal in der Entscheidung des BVerfG insoweit nur die von einer Vertragspartei, nämlich den gesetzlich vertretenen Erben, zu erbringende Leistung erwähnt worden ist.

Aus der notwendigen Abänderbarkeit der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung bei Verletzung der aus Art. 19 Abs. 4 GG abzuleitenden Verfahrensanforderungen folgt allerdings nicht zwingend die Zulässigkeit der ersten Beschwerde (§ 19 FGG) gegen die Entscheidung des Rechtspflegers. Der Senat hat dazu in dem die Entscheidung nicht tragenden Teil der Gründe seines Beschlusses vom 14.08.2000 (FGPrax 2000, 230) ausdrücklich offen gelassen, ob die Zulassung der Beschwerde gegen die Entscheidung des Rechtspflegers zwingend geboten ist. Er hat in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass das BVerfG in seiner Entscheidung die §§ 55, 62 FGG nicht etwa für nichtig erklärt hat. Die konkrete Anwendung dieser Verfahrensvorschriften müsse lediglich dem aus der Entscheidung des BVerfG abzuleitenden Gebot Rechnung tragen, eine nachträgliche richterliche Überprüfung der Entscheidung des Rechtspflegers zu ermöglichen. Diese könne auch durch eine Entscheidung des Richters des Amtsgerichts in Anlehnung an die Rechtspflegererinnerung gem. § 11 Abs. 2 RPflG gewährleistet werden.

Dieser Befund beschreibt nach Auffassung des Senats auch weiterhin zutreffend diejenigen verfahrensrechtlichen Mindestanforderungen, die aufgrund der Entscheidung des BVerfG an eine richterliche Überprüfung einer wirksam gewordenen vormundschaftsgerichtliche Genehmigung zu stellen sind, die durch den Rechtspfleger ohne vorausgegangenes Vorbescheidsverfahren erteilt worden ist. Gleichwohl hält der Senat unter Berücksichtigung der zwischenzeitlich eingetretenen Entwicklung in einem solchen Fall die erste Beschwerde gegen die Entscheidung des Rechtspflegers aus den folgenden Gründen für zulässig:

Das BVerfG hat in seiner genannten Entscheidung ausgeführt, der Gesetzgeber sei verpflichtet, eine den Anforderungen des Art. 19 Abs. 4 GG Rechnung tragende Regelung zu schaffen. Dieser Verpflichtung ist der Gesetzgeber bislang nicht nachgekommen. In einer Situation, in der die §§ 55, 62 FGG weiterhin geltendes Recht sind, andererseits den verfassungsrechtlichen Anforderungen zwingend Rechnung getragen werden muss, ist es Aufgabe der Rechtsprechung, im Wege der Rechtsfortbildung im Rahmen des geltenden Rechts eine Möglichkeit für eine richterliche Überprüfung der Entscheidung des Rechtspflegers zu eröffnen. Anzustreben ist eine möglichst einheitliche, in sich widerspruchsfreie Systematik. Dabei fällt hier ins Gewicht, dass in allen Fällen, in denen die Sachentscheidung des Rechtspflegers in einem ordnungsgemäßen Verfahrensgang getroffen worden ist, die Beschwerde des Betroffenen gegen die Entscheidung des Rechtspflegers gegeben ist. Denn der Rechtsmittelausschluss nach den §§ 55, 62 FGG greift nur ein, wenn eine erteilte vormundschaftsgerichtliche Genehmigung gem. § 1829 Abs. 1 S. 2 BGB wirksam geworden ist. Bereits nach bisheriger Rechtsprechung war deshalb gegen die Ablehnung der Genehmigung unproblematisch die erste Beschwerde eröffnet. Dasselbe gilt, wenn eine vormundschaftsgerichtliche Genehmigung erteilt, diese jedoch noch nicht gem. § 1829 Abs. 1 S. 2 BGB wirksam geworden ist, etwa weil der Betreuer von sich aus von der Genehmigung vor einer Klärung im Beschwerdeverfahren keinen Gebrauch machen will. Nach der ständigen Praxis des Senats ist die Beschwerde auch dann eröffnet, wenn ein Vorbescheid angefochten wird, durch den der Rechtspfleger den Vorgaben der Entscheidung des BVerfG folgend die Erteilung einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung angekündigt hat; dieser muss beschwerdefähig sein, weil der Erlass des Vorbescheids (seinem Vorbild im Erbscheinsverfahren entsprechend) eine Überprüfung der Entscheidung des Rechtspflegers ermöglichen soll (ebenso BayObLGZ 2002, 208 = Rpfleger 2003, 82, das die Beschwerde sogar gegen einen unzulässigen, weil eine Verweigerung der Genehmigung ankündigenden Vorbescheid zugelassen hat). Hat der Rechtspfleger hingegen unter Verletzung der sich aus Art. 19 Abs. 4 GG ergebenden Anforderungen eine bereits wirksam gewordene vormundschaftsgerichtliche Genehmigung erteilt, würde es im Vergleich zu den anderen Fallgestaltungen zu einem unausgewogenen und in sich nicht widerspruchsfreien Ergebnis führen, die Rechtsschutzmöglichkeit des Betroffenen ausgerechnet in einem solchen Fall auf einen Rechtsbehelf in Anlehnung an § 11 Abs. 2 RPflG zu beschränken. Die Zulassung der ersten Beschwerde auch in dieser Fallkonstellation ist auch deshalb vorzugswürdig, weil sie die Einheitlichkeit des Rechtsmittelrechts wahrt: Zulässiges Rechtsmittel gegen anfechtbare Entscheidungen des Rechtspflegers im Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist einheitlich die Beschwerde nach § 19 FGG, über die nach Beseitigung der Durchgriffserinnerung unmittelbar das Landgericht zu entscheiden hat (§ 11 Abs. 1 RPflG n.F.). In der Rechtsprechung anderer Oberlandesgericht wird bereits die Auffassung vertreten, auch in der zuletzt behandelten Fallkonstellation sei die erste Beschwerde eröffnet (OLG Schleswig FGPrax 2000,203; NJWE-FER 2001, 258; OLG Köln FGPrax 2001, 197). Dieser Auffassung schließt sich der Senat aus den genannten Gründen an.

Hat das Landgericht die erste Beschwerde zu Unrecht als unzulässig verworfen, ist die Sache grundsätzlich zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Erstbeschwerdegericht zurückzuverweisen (vgl. etwa BayObLGZ 2000, 220; KG OLGZ 1970, 235). Zwar kann das Rechtsbeschwerdegericht auch in einem solchen Fall ausnahmsweise eine abschließende Sachentscheidung treffen, wenn die Sache bereits nach dem Akteninhalt ohne weitere Ermittlungen zur abschließenden Entscheidung reif ist (Keidel/Meyer-Holz, a.a.O., § 27, Rdnr. 56). So liegen die Dinge hier jedoch nicht.

Der von dem Beteiligten zu 2) mit der Volksbank ... am 10.04.2003 geschlossene Darlehensvertrag ist gem. §§ 1908 i Abs. 1 S. 1, 1822 Nr. 8 BGB genehmigungsbedürftig. Nach dieser Vorschrift bedarf der Betreuer der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung zur Aufnahme von Geld auf den Kredit des Betroffenen. Der Wortlaut der gesetzlichen Vorschrift legt die Annahme nahe, dass nur die Aufnahme neuer Darlehensmittel genehmigungsbedürftig ist, während die Umwandlung einer bestehenden schuldrechtlichen Zahlungsverpflichtung des Betroffenen in ein Darlehen nach überwiegender Auffassung von der Vorschrift nicht erfasst wird (Staudinger/Engler, BGB, 1.3. Bearb., § 1822, Rdnr. 113; Soergel/Zimmermann, BGB, 13. Aufl., § 1822, Rdnr. 37; Erman/Holzhauer, BGB, 10. Aufl., § 1822, Rdnr. 25; Palandt/Diederichsen, BGB, 62. Aufl., § 1822, Rdnr. 19; a.A. MK/BGB-Wagenitz, 4. Aufl., § 1822 Rdnr. 52). Danach ist die Vereinbarung nicht genehmigungsbedürftig, soweit eine wirksam begründete Verpflichtung des Betroffenen aus der geduldeten Überziehung seines Girokontos (Kontokorrentdarlehen) in einen Ratenzahlungskredit umgewandelt wird. Einer näheren Überprüfung dieses Gesichtspunktes bedarf es indessen bereits deshalb nicht, weil nach dem Inhalt des Darlehensvertrages dem Betroffenen über die Ablösung des bestehenden Kontokorrentkredits hinaus ein weiterer Darlehensbetrag von 4.500,00 Euro zur Verfügung gestellt worden ist. Ist nur eine Teilbestimmung eines einheitlichen Vertrages genehmigungsbedürftig, so ist das Rechtsgeschäft seinem ganzen Inhalt nach der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung unterworfen (BayObLG FGPrax 1997, 105; Senat FGPrax 2000, 228).

Die Entscheidung des Vormundschaftsgerichts, ob die Genehmigung erteilt oder verweigert wird, ist am Interesse des Betroffenen auszurichten. Dabei hat das Vormundschaftsgericht ausschließlich das Wohl und die Interessen des Betroffenen zu berücksichtigen, nicht die Belange Dritter. Das Vormundschaftsgericht hat sich auf den Standpunkt eines verständigen, die Tragweite des Geschäfts überblickenden Rechtsgenossen zu stellen und muss deshalb auch Erwägungen zur Zweckmäßigkeit und Nützlichkeit anstellen. Bei der Prüfung wird regelmäßig auf materielle, insbesondere finanzielle Gesichtspunkte abzustellen sein. Maßgebender Gesichtspunkt ist das Gesamtinteresse, wie es sich zur Zeit der tatrichterlichen Entscheidung darstellt. Hierbei darf das Rechtsgeschäft nicht in seine Bestandteile zerlegt werden; es ist vielmehr eine Gesamtabwägung vorzunehmen, in die alle für das Gesamtinteresse maßgebenden Umstände einzustellen sind (vgl. Senat a.a.O.).

In diesem Zusammenhang bedürfen die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen näherer tatsächlicher Aufklärung. Das Vorbringen der Beteiligten verhält sich darüber nur bruchstückhaft. Unklar ist bislang die Höhe der den Betroffenen insgesamt belastenden Verbindlichkeiten; bekannt ist lediglich, dass Gläubiger des Betroffenen die Zwangsversteigerung seines ... belegenen Hausgrundstücks betreiben. Das mit gerundet 1.100 Euro monatlich angegebene Renteneinkommen des Betroffenen ist nicht durch einen Rentenbescheid belegt. Der von dem Beteiligten zu 2) mit seinem Genehmigungsantrag angeführte Gesichtspunkt, der Abschluss des Ratenkreditvertrages könne zu einer geordneten Rückführung der den Betroffenen belastenden Verbindlichkeiten bei geringerer Zinsbelastung führen, kann zwar durchaus dem Wohl des Betroffenen dienen. Ergänzend bleibt indessen zu prüfen, ob der Betroffene die monatlichen Ratenzahlungen ohne Gefährdung seines angemessenen Lebensunterhaltes erbringen kann. Der Genehmigungsantrag des Beteiligten zu 2) beschränkt sich insoweit auf die Bemerkung, Monatsraten von 400,00 Euro bewegten sich in Bezug auf das Renteneinkommen des Betroffenen von rund 1.100 Euro in einem tragbaren Rahmen. Eine nähere Überprüfung hat insoweit nicht stattgefunden. Der Betroffene hat im Rahmen seines Erstbeschwerdevorbringens mit beachtlichen Argumenten darauf hingewiesen, die monatliche Belastung seines Girokontos mit den Ratenzahlungen vom 400,00 Euro führe im Ergebnis dazu, dass er aus seinem Renteneinkommen Zins- und Tilgungsleistungen erbringen müsse, obwohl ihm dieses bei einer Zwangsvollstreckung der Gläubigerin in sein Renteneinkommen nach den §§ 54 Abs. 3 SGB, 805 c ZPO in voller Höhe als unpfändbar verbleiben müsse. Ob und in welchem Umfang dies unter Berücksichtigung der von dem Betroffenen dargelegten Unterhaltspflicht gegenüber seinen Kindern der Fall ist, bedarf noch einer näheren Überprüfung. Der Darlehensvertrag enthält hier zwar keinen - ohnehin unwirksamen - Verzicht auf Pfändungsschutzvorschriften, sondern beschränkt sich auf die Ermächtigung an die Bank, von dem Guthaben auf dem Girokonto die monatlichen Raten in Höhe von 400,00 Euro abzubuchen. Die wirtschaftlichen Auswirkungen dieser monatlichen Abbuchungen sind für den Betroffenen aber dieselben, als würde ihm ein Teil seines Renteneinkommens im Wege der Pfändung genommen. Ob es in dieser Situation gleichwohl mit dem Wohl des Betroffenen in Einklang stehen kann, aus dem pfändungsfreien Teil seines Einkommens Zins- und Tilgungsleistungen für ein Darlehen zu erbringen, kann nach dem gegenwärtigen Sachstand nicht abschließend beurteilt werden. Jedenfalls muss dieser Gesichtspunkt bei der Gesamtabwägung angemessen berücksichtigt werden, zumal auch in diesem Zusammenhang allein auf die Interessen des Betroffenen abzustellen ist, nicht jedoch auf diejenigen der Bank, eine Befriedigungsmöglichkeit zu erhalten, die ihr im Rahmen der Zwangsvollstreckung verwehrt wäre.

Einer eigenen Sachentscheidung des Senats steht ferner entgegen, dass der Betroffene bislang noch nicht persönlich angehört worden ist. Die persönliche Anhörung des Betroffenen ist im Verfahren auf Erteilung einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung in § 69 d Abs. 1 S. 1 FGG als Sollvorschrift vorgeschrieben und ist hier im Hinblick auf die geschilderte Tragweite der Genehmigung sowie deshalb notwendig, damit sich das Gericht einen persönlichen Eindruck von dem Betroffenen sowie seinen gem. § 1901 Abs. 3 BGB zu berücksichtigenden Wünschen bilden kann. Es reicht deshalb nicht aus, dass der Betroffene nach der Darstellung des Beteiligten zu 2) zunächst selbst auf den Abschluss des Darlehensvertrages gedrängt und erst später einen anderen Standpunkt eingenommen hat. Aufgrund der Einrichtung der Betreuung, die hier sogar mit einem Einwilligungsvorbehalt für den Aufgabenkreis der Vermögenssorge verbunden ist, hatte der Betroffene vielmehr einen Anspruch darauf, dass bei der Entscheidung über die Erteilung der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung nicht nur seine damaligen Wünsche berücksichtigt wurden, sondern ergänzend eine nähere Überprüfung vorgenommen wurde, ob das Rechtsgeschäft objektiv seinen Interessen entsprach. Nachdem die erste Beschwerde aus den vorgenannten Gründen zulässig ist, ist der Betroffene gem. § 23 FGG nicht gehindert, auch seine geänderte Einstellung und die dazu von ihm vorgetragenen Gesichtspunkte in das Verfahren einzuführen.

Die Wertfestsetzung für das Verfahren der weiteren Beschwerde beruht auf den §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 1 und 2 KostO.

Der Senat hat dem Betroffenen für das Verfahren der weiteren Beschwerde nach den §§ 14 FGG, 114 ZPO ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Verfahrensbevollmächtigten bewilligt.

Ende der Entscheidung

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