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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 23.10.2008
Aktenzeichen: 15 W 335/07
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 24 Abs. 3
WEG § 43 Abs. 1 a.F.
WEG § 45 Abs. 1
WEG § 47 Satz 1 a.F.
WEG § 48 Abs. 3 Satz 1
WEG § 62 Abs. 1 n.F.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Der angefochtene Beschluss wird teilweise aufgehoben.

Die sofortigen Beschwerden der Beteiligten zu 1) bis 3) vom 13.01.2006 werden insgesamt zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten der zweiten und dritten Instanz haben die Beteiligten zu 1) - 3) als Gesamtschuldner zu tragen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Der Geschäftswert für das weitere Beschwerdeverfahren wird auf 3.000 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten im Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde noch über die Gültigkeit des Beschlusses der Eigentümerversammlung vom 13.05.2005 zu TOP 12a). Durch diesen wurde der Verwaltungsbeirat ermächtigt für den Fall, dass der Verwalter infolge eines Interessenkonfliktes oder aus sonstigen Gründen von einer Vertretung der Miteigentümer ausgeschlossen sein sollte, in laufenden und künftigen Anfechtungsverfahren die Antragsgegner zu vertreten und einen Rechtsanwalt für sie zu beauftragen.

Das Amtsgericht hat die Anfechtungsanträge der Beteiligten zu 1) bis 3) zurückgewiesen. Auf die sofortigen Beschwerden der Beteiligten zu 1) bis 3) hat das Landgericht den Beschluss zu TOP 12a) für ungültig erklärt. Die weitergehenden Rechtsmittel hinsichtlich des ebenfalls angefochtenen Beschluss zu TOP 12b) hat es zurückgewiesen.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 5) ist nach §§ 62 Abs. 1 WEG n.F., 45 Abs. 1, 43 Abs. 1 WEG a.F., 27, 29 FGG statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt. Ihre Beschwerdebefugnis folgt daraus, dass das Landgericht die amtsgerichtliche Entscheidung im Umfang der weiteren Beschwerde zu ihrem Nachteil abgeändert hat.

In der Sache ist das Rechtsmittel begründet, weil die Entscheidung des Landgerichts, soweit diese die amtsgerichtliche Entscheidung abgeändert hat, auf einer Verletzung des Rechts beruht (§ 27 Abs. 1 Satz1 FGG).

In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das Landgericht zutreffend von zulässigen sofortigen Erstbeschwerden der Beteiligten zu 1) - 3) ausgegangen.

Die Sachentscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Prüfung hingegen nicht stand.

Zu Recht ist das Landgericht, wie sich aus der Zurückweisung der sofortigen Beschwerden hinsichtlich des Eigentümerbeschlusses zu TOP 12b) ergibt, davon ausgegangen, dass formelle Bedenken gegen die Beschlussfassung nicht bestehen und der Gemeinschaft für die generelle Bestellung eines Verfahrensbevollmächtigten in dem hier fraglichen Zusammenhang auch nicht die notwendige Beschlusskompetenz fehlt. Da die Beteiligten zu 1) bis 3) weitere Bedenken hiergegen nicht mehr vorgebracht haben, nimmt der Senat zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf die rechtsfehlerfreien Ausführungen der Vorinstanzen hierzu Bezug.

Richtig ist weiter der rechtliche Ausgangspunkt des Landgerichts, wonach ein Eigentümerbeschluss anfechtbar, u.U. sogar nichtig sein kann, wenn ihm die hinreichende inhaltliche Bestimmtheit fehlt (vgl. Staudinger/Bub, WEG, 2005, § 23 Rdn.256f). Auch hat das Landgericht nicht verkannt, dass es insoweit ggf. der Auslegung des Beschlusses bedarf. Nicht zu folgen vermag der Senat dem Landgericht allerdings in der Annahme, dass sich durch eine Auslegung kein hinreichend bestimmtes Ergebnis erzielen ließe, da nicht klar werde, wann die Bevollmächtigung des Beirates greifen solle.

Da der streitige Eigentümerbeschluss in jedem Fall auch für mögliche Rechtsnachfolger Wirkung entfaltet (§ 10 Abs.3 WEG), ist der Senat zu einer eigenen Auslegung des Eigentümerbeschlusses befugt (vgl. BGH NJW 1998, 3713). Dabei hat die Auslegung objektiven Grundsätzen zu folgen, d.h. es können nur solche Umstände berücksichtigt werden, die sich aus dem (protokollierten) Beschlussinhalt selbst oder sonst jedermann ersichtlichen Umständen, insbesondere dem weiteren Protokollinhalt ergeben (vgl. im Einzelnen BGH a.a.O.).

Hier ist nach Auffassung des Senat zunächst die Bezeichnung des Tagesordnungspunktes sowie der Zusammenhang zwischen den Beschlüssen zu TOP 12a) und 12b) zu berücksichtigen. Die Eigentümermehrheit wollte durch den Beschluss zu TOP 12a) ersichtlich ihre Selbstorganisation für den Fall ihrer Passivrolle in einem Beschlussanfechtungsverfahren sichern, wenn der primär bevollmächtigte Verwalter rechtlich nicht mehr handlungsfähig sein sollte. Der insoweit verwandte Begriff des "Ausschlusses" von der Vertretung hat neben einer gewissen gesetzlichen Vorprägung (vgl. § 6 FGG) in der obergerichtlichen Rechtsprechung zum WEG mittlerweile eine durchaus differenzierte Auslegung erhalten. Danach erfasst dieser Begriff übrigens -entgegen derAuffassung der weiteren Beschwerde- nicht die tatsächliche Verhinderung. Unter diesen Voraussetzungen ist die Verwendung eines wertenden Begriffs in einem Eigentümerbeschluss auch dann nicht zu beanstanden, wenn sich ex ante ein späterer Streit darüber, ob die Voraussetzungen der Beschlussregelung vorliegen, nicht mit letzter Sicherheit ausschließen lässt. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass sich diese Gefahr dadurch relativiert, dass die Frage, ob der Verwalter "ausgeschlossen" ist, stets auch durch das jeweils mit der Anfechtung befasste Gericht geprüft werden muss, und dieses seine Ansicht den Beteiligten naturgemäß mitteilen wird.

Wie der Senat im Übrigen bereits in seinem Beschluss vom 14.08.2008 (15 W 127/08) näher ausgeführt hat, bestehen keine grundsätzlichen Bedenken gegen eine, auch generelle Bevollmächtigung des Verwaltungsbeirates, soweit -wie hier- sichergestellt ist, dass hierdurch nicht in die unabdingbaren Befugnisse des Verwalters eingegriffen wird.

Es ist auch nicht erkennbar, dass die Auswahl des Verwaltungsbeirats als bevollmächtigtem Organ mit den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung nicht übereinstimmt. Im Gegenteil ist der Verwaltungsbeirat Kontrollorgan gegenüber dem Verwalter und geborene Vermittlungsstelle zwischen Eigentümern und Verwalter (Vgl. Bärmann - Merle, WEG, 9. Aufl., § 29 Rdnr 2). Nach dem Rechtsgedanken des § 24 Abs.3 WEG ist eine subsidiäre Zuständigkeit des Verwaltungsbeirates sogar durchaus naheliegend. Sollten die gewählten Mitglieder des Verwaltungsbeirates persönlich ungeeignet sein, wie dies in den Vorinstanzen ansatzweise geltend gemacht worden ist, so ist dies im Verfahren über die Bestellung der Mitglieder des Verwaltungsbeirates zu klären.

Weil die sofortigen Beschwerden ohne Erfolg bleiben, entspricht es der Billigkeit, dass die Beteiligten zu 1) - 3) die Gerichtskosten der Rechtsmittelverfahrens tragen (§ 47 Satz 1 WEG a.F.). Angesichts der divergierenden Entscheidungen der Vorinstanzen sieht der Senat hingegen keinen hinreichenden Anlass von dem Grundsatz abzuweichen, dass im Verfahren nach dem WEG (a.F.) jeder Beteiligte seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt.

Die Geschäftswertfestsetzung beruht auf § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG und entspricht (anteilig) derjenigen des Landgerichts.

Ende der Entscheidung

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