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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 03.07.2003
Aktenzeichen: 15 W 375/02
Rechtsgebiete: HGB


Vorschriften:

HGB § 31 Abs. 2 S. 1
HGB § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 2
Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens sowohl über das Vermögen der betroffenen GmbHG & Co KG als auch deren Komplementär- wie ihrer Kommanditisten-Gesellschaften führt nicht zur Vollbeendigung der betroffenen GmbH & CO KG. Vor Abschluß der Liquidation der Gesellschaft kommt deshalb die Eintragung des Erlöschens ihrer Firma nicht in Betracht.
OBERLANDESGERICHT HAMM BESCHLUSS

15 W 375/02 OLG Hamm

In der Handelsregistersache

betreffend die Gesellschaft für Transport, Spedition und Entsorgung

hier: Festsetzung eines Zwangsgeldes

Der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat am 3. Juli 2003 auf die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2) vom 28. August 2002 gegen den Beschluss der 2. Handelskammer des Landgerichts Detmold vom 13. August 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Gammelin und die Richter am Oberlandesgericht Budde und Lohmeyer

beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluss und der Beschluss des Amtsgerichts Detmold vom 6. Juni 2002 werden aufgehoben.

Der Gegenstandswert für das Verfahren vor dem Senat wird auf 1.500,- Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Über das Vermögen der sowie der als persönlich haftende Gesellschafterin und der als Kommanditistin ist mit Beschlüssen des Amtsgerichts Detmold vom 1. September 2001 zu den Aktenzeichen 10c IN 22, 24 und 20/01 jeweils das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beteiligte zu 2) zum Insolvenzverwalter bestellt worden.

Mit Verfügung vom 8. Oktober 2001 hat das Amtsgericht den Beteiligten zu 2) aufgefordert, die Auflösung der Firma und das Erlöschen der Firma in beglaubigter Form zur Eintragung im Handelsregister anzumelden. Mit der dem Beteiligten zu 2) am 7. März 2002 zugestellten Verfügung vom 27. Februar 2002 hat das Amtsgericht diesem unter Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 1.500,- Euro aufgegeben, der durch Verfügung vom 8. Oktober 2001 aufgegebenen Verpflichtung binnen zwei Wochen nachzukommen oder die Unterlassung durch Einspruch zu rechtfertigen. Mit der dem Beteiligten zu 2) am 4. April 2002 zugestellten Verfügung vom 27. März 2002 hat das Amtsgericht diesem unter Hinweis auf die Verfügung vom 27. Februar 2002 eine weitere Frist von drei Wochen eingeräumt.

Mit Schreiben vom 16. April 2002 hat der Beteiligte zu 2) Einspruch eingelegt. Das Amtsgericht hat nach Anhörung des Beteiligten zu 2) im Termin vom 5. Juni 2002 mit Beschluss vom darauf folgenden Tag den Einspruch des Beteiligten zu 2) gegen die Verfügungen vom 27. Februar und 27. März 2002 verworfen und gegen ihn ein Zwangsgeld von 1.500,- Euro festgesetzt.

Gegen diesen Beschluss hat der Beteiligte zu 2 rechtzeitig sofortige Beschwerde eingelegt, die das Landgericht - Kammer für Handelssachen - durch Beschluss vom 13. August 2002 zurückgewiesen hat.

Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2), die dieser rechtzeitig mit Schriftsatz vom 28. August 2002 bei dem Oberlandesgericht eingelegt hat.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde ist nach den §§ 139 Abs. 1, 27, 29 FGG statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt. Die Beschwerdebefugnis des Beteiligten zu 2) folgt bereits daraus, daß seine Erstbeschwerde ohne Erfolg geblieben ist.

In der Sache ist das Rechtsmittel begründet, weil die Entscheidung des Landgerichts auf einer Verletzung des Rechts beruht (§ 27 Abs. 1 S. 1 FGG). Auf die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2) hin waren der angefochtene Beschluss und der Beschluss des Amtsgerichts vom 6. Juni 2002 aufzuheben.

In sachlicher Hinsicht hat sich das mit einer zulässigen Erstbeschwerde befasste Landgericht zur Begründung der Zurückweisung der Erstbeschwerde zunächst auf die Gründe des amtsgerichtlichen Beschlusses gestützt. Insoweit hat das Amtsgericht zur Begründung seines Beschlusses vom 6. Juni 2002 wie folgt ausgeführt:

Gem. § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 HGB führe die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters mangels abweichender Bestimmung im Gesellschaftsvertrag zum Ausscheiden des Gesellschafters. Im vorliegenden Fall seien daher sowohl die Komplementärin als auch die Kommanditistin mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr jeweiliges Vermögen aus der Gesellschaft ausgeschieden. Zwar führe im Regelfall nicht schon die Auflösung der Gesellschaft, sondern erst der Abschluss der Liquidation des Gesellschaftsvermögens zur Beendigung der Gesellschaft und damit zum Erlöschen der Firma. Dies gelte hier jedoch nicht, da die Firma mit dem Ausscheiden ihrer beiden Gesellschafter liquidationslos erloschen sei. Daher sei das Erlöschen der Firma durch den Beteiligten zu 2) als Insolvenzverwalter zum Handelsregister anzumelden.

Ergänzend hat das Landgericht ausgeführt: Nach dem klaren Wortlaut des § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 HGB erfolge das Ausscheiden des Gesellschafters, über dessen Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet worden sei, unmittelbar. Da hier beide Gesellschafter ausgeschieden seien, ergebe sich als zwingende Folge die Pflicht, die Auflösung nach § 143 HGB zum Handelsregister anzumelden. Soweit die Durchführung der Liquidation auf praktische Schwierigkeiten stoße, rechtfertige dies angesichts des eindeutigen Gesetzeswortlauts eine analoge Anwendung anderer Vorschriften nicht.

Diese Begründung hält einer rechtlichen Nachprüfung durch den Senat nicht stand.

Gem. § 31 Abs. 2 S. 1 HGB ist das Erlöschen der Firma der Kommanditgesellschaft - abgesehen vom Fall der Löschung nach Abschluss der Liquidation gem. § 157 HGB - nach den Vorschriften des § 29 HGB zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Nach § 14 S. 1 HGB ist derjenige, der seiner Pflicht zur Anmeldung zum Handelsregister nicht nachkommt, von dem Registergericht hierzu durch Festsetzung eines Zwangsgeldes anzuhalten. Gem. § 132 FGG hat das Registergericht, sobald es von einem sein Einschreiten nach § 14 HGB rechtfertigenden Sachverhalt glaubhaft Kenntnis erlangt, dem Beteiligten unter Androhung eines unter Androhung eines Zwangsgeldes aufzugeben, innerhalb einer bestimmten Frist seiner gesetzlichen Verpflichtung nachzukommen oder die Unterlassung mittels Einspruchs gegen die Verfügung zu rechtfertigen.

Gem. § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 HGB führt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Gesellschafters mangels abweichender Bestimmung im Gesellschaftsvertrag zu dessen Ausscheiden aus der Gesellschaft. Nach dem eindeutigen Wortlaut dieser Bestimmung ist die Firma mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen aus der Firma ausgeschieden. Ob das Ausscheiden des Komplementärs unmittelbar die Auflösung der Kommanditgesellschaft zur Folge hat, weil deren einziger Komplementär ausgeschieden ist und die Komplementärstellung nicht durch einen neu eingetretenen Gesellschafter oder den bisherigen Kommanditisten übernommen worden ist, oder ob für den Fall, dass eine Gesellschafter-Gesellschaft Komplementär ist, in Anlehnung an § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 HGB erst deren Vollbeendigung zur Auflösung der Kommanditgesellschaft führt (vgl. zum Meinungsstand: Baumbach/Hopt, HGB, 30. Aufl., § 131 Rdn. 20, 36; Lorz in Ebenroth/Boujong/Joost, HGB, 1. Aufl. 2001 § 131 Rdn. 23, 45 jeweils m.w.N.), kann im vorliegenden Fall dahin gestellt bleiben, da es darauf im Ergebnis nicht entscheidend ankommt. Selbst wenn man mit den Vorinstanzen davon ausgeht, dass die mit dem durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens herbeigeführten Ausscheiden ihrer Komplementärin aufgelöst worden ist, so führte dies jedenfalls aber nicht zu einem liquidationslosen Erlöschen der Gesellschaft und damit zur Löschung der Firma.

Die Auflösung der Gesellschaft bedeutet i.d.R. nur den Übergang von der dem Gesellschaftszweck gewidmeten werbenden Tätigkeit in die Abwicklung. Die Abwicklung (Liquidation) ist die Auseinandersetzung unter den Gesellschaftern, die sich als gesetzliche Regelfolge an die Auflösung anschließt, sofern nicht eine andere Art der Auseinandersetzung vereinbart oder über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist. Erst die vollständige Abwicklung bewirkt die Vollbeendigung, an die sich gem. § 157 HGB die Löschung der Firma der Kommanditgesellschaft im Handelsregister anschließt. Mit der Auflösung einher geht die Vollbeendigung dann, wenn nach dem Ausscheiden eines oder mehrerer Gesellschafter nur noch ein Gesellschafter übrigbleibt. In diesen Fällen des liquidationslosen Erlöschens, die nicht der Regelung des § 131 und § 157 HGB unterfallen, erlischt die Gesellschaft und sämtliche Aktiva und Passiva gehen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den verbleibenden Gesellschafter über, der dann den Ausscheidenden abzufinden hat (vgl. Lorz in Ebenroth/Boujong/Joost, a.a.O., § 131 Rdn.10f). Daraus ergibt sich, dass die von dem Amtsgericht gezogene und von dem Landgericht im Ergebnis bestätigte Schlussfolgerung, ein Fall des liquidationslosen Erlöschens mit der Folge einer Anzeigepflicht aus § 31 Abs. 2 HGB liege erst recht vor, wenn nicht nur der eine sondern beide Gesellschafter einer zweigliedrigen Gesellschaft ausscheiden, bereits vom Ansatz her verfehlt ist. Ein Fall des liquidationslosen Erlöschens, der gleichzeitig zur Vollbeendigung und zur Löschung der Firma der Kommanditgesellschaft führt, liegt deshalb nicht vor, weil nach dem Ausscheiden der Komplementärin und der Kommanditistin kein Gesellschafter aus der Kommanditgesellschaft verblieben ist, auf den die Gesellschaftsanteile hätten übergehen und der die ausscheidenden Gesellschafter hätte abfinden können.

Dem Regelfall der Praxis entsprechend ist auch im vorliegenden Fall die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschafter mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Kommanditgesellschaft einhergegangen. Gem. § 131 Abs. 1 Nr. 3 HGB ist die der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen aufgelöst worden. Aufgrund dessen schließt sich an die Auflösung das nach Maßgabe der Insolvenzordnung ablaufende Insolvenzverfahren an (vgl. Sudhoff, GmbH & Co KG, 5. Aufl., § 46 Rdn. 7ff). Das Gesellschaftsvermögen wird nunmehr nach den Vorschriften der InsO vom Insolvenzverwalter verwaltet und zu Gunsten der Gläubiger verwertet. Unabhängig davon, ob die Aufgaben des Insolvenzverwalters auch die Liquidation der Gesellschaft umfassen (ablehnend BGH NJW 2001, 2966, 2967), stellt die ihm obliegende Verwertung des Gesellschaftsvermögens im Gläubigerinteresse den wesentlichen Ausschnitt einer sonst durchzuführenden Regelliquidation dar. Die Firma der Kommanditgesellschaft ist Teil der Insolvenzmasse i.S.d. § 35 InsO und in vielen Fällen dessen wesentlicher Aktivposten, dessen Verwertung dem Insolvenzverwalter obliegt (vgl. Menzel/Kuhn/Uhlenbrock, InsO, 12. Aufl., § 159 Rdn. 14; § 35 Rdn. 102 jeweils m.w.N.). Die von den Vorinstanzen vertretene Auffassung hätte zur Folge, dass die Firma der Insolvenzmasse ersatzlos entzogen und so die Insolvenzmasse entscheidend geschwächt würde.

Nach den vorstehenden Ausführungen ergibt sich weder aus § 31 Abs. 2 noch aus § 157 HGB, dass die Firma im Handelsregister zur Löschung gebracht werden muss. Demnach hat das Amtsgericht zu Unrecht den Beteiligten zu 2) mit Verfügung vom 8. Oktober 2001 aufgefordert, die Löschung der vorgenannten Firma zur Eintragung im Handelsregister anzumelden. Mithin war das gegen den Beteiligten zu 2) nach vorheriger Androhung durch Beschluss vom 6. Juni 2002 festgesetzte Zwangsgeld aufzuheben.

Die Wertfestsetzung für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde beruht auf den §§ 131 Abs. 2, 119 Abs. 2 KostO.

Ende der Entscheidung

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