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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 11.01.2005
Aktenzeichen: 15 W 412/04
Rechtsgebiete: FGG


Vorschriften:

FGG § 20 Abs. 1
FGG § 142
FGG § 159

Entscheidung wurde am 06.06.2005 korrigiert: die Rechtsgebiete und Vorschriften wurden geändert, Stichworte und ein Leitsatz wurden hinzugefügt
1) Gegen die Ersteintragung eines Vereins steht einem Dritten nicht das Recht der Beschwerde mit dem Ziel der Einleitung eines Arntslöschungsverfahrens zu.

2) Dies gilt auch dann, wenn die Beschwerdeführer, die in der Auseinandersetzung der wahrgenommenen Interessen einen konkurrierenden Standpunkt vertreten, den Satzungszweck des eingetragenen Vereins für gesetz- oder sittenwidrig halten.


Tenor:

Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beteiligte zu 2) hat die dem Beteiligten zu 1) im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Der Gegenstandswert des Verfahren dritter Instanz wird auf 10.000,00 € festgesetzt.

Gründe: I. Das Amtsgericht hat auf Anmeldung am 26.06.2003 den betroffenen Verein im Vereinsregister eingetragen. Zielgruppe des Vereins sind Pflege- und Adoptiveltern. Der Vereinszweck ist in § 2 der Satzung näher beschrieben. U.a. heißt es in Abs. 6 der Bestimmung: "Der Verein spricht sich grundsätzlich gegen die Rückführung von Pflegekindern in ihre Ursprungsfamilie und gegen Besuchskontakte zwischen den Pflegekindern und den leiblichen Famlien aus." Die Beteiligte zu 2) hat mit Schreiben vom 04.08.2003 und weiteren Eingaben die Löschung zumindest der vorgenannten Bestimmung der Vereinssatzung beantragt, die sie für gesetz- und sittenwidrig hält. Das Amtsgericht hat durch Beschluß der Rechtspflegerin vom 05.12.2003 die Anregung auf Einleitung eines Amtslöschungsverfahrens nach den §§ 159, 142 FGG abgelehnt. Gegen diesen Beschluß hat die Beteiligte zu 2) mit Schreiben vom 25.12.2003 Beschwerde eingelegt, die das Landgericht durch Beschluß vom 12.08.2004 als unzulässig verworfen hat. Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2), die sie mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 22.11.2004 bei dem Oberlandesgericht eingelegt hat. Der Beteiligte zu 1) beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels. II. Die weitere Beschwerde ist nach den §§ 27, 29 FGG statthaft sowie formgerecht eingelegt. Die Beschwerdebefugnis der Beteiligten zu 2) folgt bereits daraus, daß das Landgericht ihre erste Beschwerde als unzulässig verworfen hat. Der Senat geht davon aus, daß die Beteiligte zu 2) die weitere Beschwerde in eigenem Namen eingelegt hat. Die Beteiligte zu 2) hat zwar das Rechtsmittel "als Vertreterin der Initiative Bürgerlicher Selbsthilfe, Elternkreis ohne Kinder - Trennung von Amts wegen" eingelegt. Sie hat jedoch nicht erklärt, ob und in welcher Organisationsform dieser Intitiativkreis besteht. Um einen eingetragenen Verein mit eigener Rechtspersönlichkeit handelt es sich erkennbar nicht. Ebensowenig wird deutlich, ob der Initiativkreis ggf. als nicht rechtsfähiger Verein (§ 54 BGB) verfaßt, d.h. mit einer Satzung ausgestattet körperschaftlich strukturiert ist. Nach dem Vorbringen der Beteiligten zu 2) kann deshalb lediglich angenommen werden, daß es sich um einen nicht verfaßten Zusammenschluß gleichgesinnter Personen handelt. Da die Beteiligte zu 2) von ihr vertretene Einzelpersonen nicht benannt hat, kann ihr Rechtsmittel nur im eigenen Namen erhoben sein, wobei ggf. zu prüfen ist, ob und in welchem Umfang die Beteiligte zu 2) Interessen ihr gleichgesinnter Personen in einer Art von Verfahrensstandschaft in das Verfahren einführen kann. In der Sache ist das Rechtsmittel unbegründet, weil das Landgericht die erste Beschwerde der Beteiligten zu 2) zu Recht als unzulässig verworfen hat. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist die Anregung der Beteiligten zu 2), ein Amtslöschungsverfahren (§§ 159, 142 FGG) mit dem Ziel der Löschung des betroffenen Vereins im Vereinsregister einzuleiten. Nur so kann die Anregung der Beteiligten zu 2) verstanden werden, weil Gegenstand der Ersteintragung gem. § 59 BGB nur der Verein, nicht jedoch dessen Satzung ist. Eine (Teil-) Löschung einer gesetzwidrigen Einzelvorschrift der Ursprungssatzung kommt deshalb nicht in Betracht, sondern nur eine Löschung der Gesamteintragung des Vereins unter der weiteren Voraussetzung, daß die Teilnichtigkeit einer Satzungsbestimmung zur Nichtigkeit der Satzung insgesamt führt (vgl. Sauter/Schweyer/Waldner, Der eingetragene Verein, 17. Aufl., Rdnr. 448). Gegen die Ablehnung der Einleitung eines Amtslöschungsverfahrens ist die Beteiligte zu 2) nur unter den Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 FGG beschwerdeberechtigt. Diese Vorschrift setzt voraus, dass der Verfahrensbeteiligte durch die angefochtene Verfügung in seinem subjektiven Recht negativ betroffen ist. Erforderlich ist insoweit ein unmittelbarer, nachteiliger Eingriff in ein dem Beschwerdeführer zustehendes Recht. Hingegen reicht es nicht, dass die Verfügung auf seine rechtlichen Beziehungen von Einfluss ist, mittelbar auf sie einwirkt, oder sich auf seine wirtschaftliche Lage auswirkt (vgl. Keidel/Kahl, FG, 15. Aufl., § 20, Rdnr. 12 m.w.N.). Die Beschwerdeberechtigung wird deshalb nicht allein dadurch begründet, daß das Amtsgericht die Anregung der Beteiligten zu 2), ein Amtslöschungsverfahren einzuleiten, abgelehnt hat. Erforderlich ist vielmehr, daß die Beteiligte zu 2) durch diese Ablehnung in ihrer Rechtsstellung beeinträchtigt wird. Nach diesen Kriterien steht Dritten gegen die Ablehnung der Einleitung eines Amtslöschungverfahrens betreffend die Eintragung eines Vereins im Vereinsregister regelmäßig ein Beschwerderecht nicht zu (OLG Köln Rpfleger 1995, 163; Sauter/Schweyer/Waldner, a.a.O., Rdnr. 449; Stöber, Handbuch des Vereinsrechts, 9. Aufl., Rdnr. 1168; Keidel/Winkler, a.a.O., § 142, Rdnr. 21). Auch unter Berücksichtigung des eigenen Vorbringens der Beteiligten zu 2) läßt sich nicht feststellen, daß durch den Fortbestand der Eintragung des betroffenen Vereins in ihre persönlichen Rechte eingegriffen wird. Dies gilt in derselben Weise für dem Initiativkreis angehörende gleichgesinnte Personen. Deshalb hatte das Landgericht entgegen der Auffassung der weiteren Beschwerde auch im Rahmen der Amtsermittlungspflicht (§ 12 FGG) keinen Anlaß, der Beteiligten zu 2) die Benennung derjenigen weiteren Personen anheimzugeben, deren Interessen sie in der Sache mit vertritt. Denn die Rechte aller gleichgesinnten Mitglieder des Initiativkreises werden nicht durch die Existenz und die Tätigkeit eines Vereins beeinträchtigt, der in der Auseinandersetzung über die bei einer Fremdunterbringung von Kindern gebotenen Maßnahmen einen Interessenstandpunkt vertritt, der demjenigen der Mitglieder des Initiativkreises entgegengesetzt ist. Dabei kann offen bleiben, ob die Beschreibung des Zwecks des betroffenen Vereins in § 2 Abs. 6 der Satzung gesetz- oder gar sittenwidrig ist, wie die Beteiligte zu 2) meint. Das Recht der Beteiligten zu 2) und der gleichgesinnten Mitglieder ihres Iniatiativkreises, für ihren eigenen Interessenstandpunkt in Auseinandersetzung mit demjenigen des betroffenen Vereins einzutreten und dafür auch in der Öffentlichkeit zu werben, wird in keiner Weise berührt. Eine Rechtsbeeinträchtigung der Mitglieder des Intitiativkreises durch die von ihnen befürchtete Einschränkung der Möglichkeiten einer Rückführung fremduntergebrachter Kinder zu ihren leiblichen Eltern bzw. einer Einschränkung des Umgangsrechts leiblicher Eltern mit ihren Kindern im Sinne des Interessenstandpunkts des betroffenen Vereins kann sich erst bei entsprechenden konkreten behördlichen oder gerichtlichen Maßnahmen ergeben. Der Gesichtspunkt, daß der Initiativkreis mit einem konkurrierenden Interessenstandpunkt in demselben Sachbereich wie der hier betroffene Verein tätig ist, gibt seinen Mitgliedern kein Recht darauf, quasi als Sachwalter öffentlicher Interessen die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Satzung des betroffenen Vereins in den Rechtsmittelinstanzen des Verfahrens der freiwilligen Gerichtsbarkeit zu betreiben. Die Entscheidung über die Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde folgt aus der zwingenden Vorschrift des § 13 a Abs. 1 S. 2 FGG. Die Wertfestsetzung für das Verfahren dritter Instanz beruht auf den §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 2 und 3 KostO.

Ende der Entscheidung

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