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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 10.04.2001
Aktenzeichen: 15 W 416/99
Rechtsgebiete: KostO


Vorschriften:

KostO § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 3
Leitsatz:

Gebührenermäßigung für einen mit der katholischen Kirche verbundenen Orden

Einem mit der katholischen Kirche verbundenen Orden (hier: Deutscher Oden) steht die Gebührenermäßigung gem. § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 KostO zu.


OBERLANDESGERICHT HAMM BESCHLUSS

15 W 416/99 OLG Hamm 2 T 2/99 LG Arnsberg

In der Notariatskostensache

betreffend die Kostenberechnung des Notars Dr. in vom 02.12.1998 in ihrer berichtigten Fassung vom 16.03.1999 zu UR-Nr. 889/98,

Der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat am 10. April 2001 auf die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) vom 21. Oktober 1999 gegen den Beschluß der 2. Zivilkammer des Landgerichts Arnsberg vom 13. September 1999 durch die Richter am Oberlandesgericht Budde, Christ und Oellers

beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.

Auf die erste Beschwerde wird die vorbezeichnete Kostenberechnung abgeändert und wie folgt neu gefaßt:

Gebühr für die Beurkundung des Pachtvertrages §§ 141, 32, 36 Abs. 2 KostO 20/10 Wert: 2.200.0000,00 DM voller Gebührenbetrag: 6.820,00 DM um 60 % ermäßigter Gebührenbetrag gem. § 144 I 1 KostO: 2.728,00 DM Begrenzung der Gebührenermäßigung gem. § 144 I 2 KostO: 3.110,00 DM 3.110,00 DM Gebühr für die Beurkundung des Kaufangebots §§ 141, 32, 37 KostO 15/10 Wert: 16.000.000,00 DM voller Gebührenbetrag: 28.605,00 DM um 60 % ermäßigter Gebührenbetrag gem. § 144 I 1 KostO: 11.442,00 DM 11.442,00 DM Schreibauslagen gem. § 136 KostO 100 Seiten à 1,00 DM, 44 Seiten à 0,30 DM 113,20 DM Post- und Telekommunikationsentgelte §§ 137, 152 11 KostO 12,00 DM 16 % Umsatzsteuer (§ 151 a KostO) 2.348,35 DM Summe 17.025,55 DM

Dieser Betrag ist bereits gezahlt.

Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten es Verfahrens der ersten und der weiteren Beschwerde findet nicht statt.

Der Gegenstandswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 24.212,68 DM festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Beteiligte zu 3) beurkundete am 18.11.1998 einen Vertrag, durch den der Beteiligte zu 2) das Unternehmen der Gemeinschuldnerin (Betrieb einer Rehabilitationsklinik) mitsamt dem zugehörigen, im Grundbuch von M eingetragenen Grundstück und aufstehenden Gebäuden an den Beteiligten zu 1) verpachtete. In derselben Urkunde bot die Gemeinschuldnerin dem Beteiligten zu 1) befristet den Kauf des Grundstückes zu einem Kaufpreis von 16.000.000,00 DM an.

Der Beteiligte zu 3) hat den Beteiligten zu 1) mit Datum vom 02.12.1998 eine Kostenberechnung erteilt, in der er die Gebühr für die Beurkundung des Pachtvertrages mit 6.820,00 DM und diejenige für die Beurkundung des Kaufangebots mit 28.605,00 DM zuzüglich Auslagen und Mehrwertsteuer in Ansatz gebracht hat, ohne dabei eine Gebührenermäßigung zu berücksichtigen. Der Beteiligte zu 3) hat im Laufe des vorliegende Verfahrens dem Beteiligten zu 1) mit Datum vom 16.03.1999 ohne sachliche Änderung eine neu gefaßte Kostenberechnung erteilt, um formellen Bedenken gegen ihre Ursprungsfassung Rechnung zu tragen, auf diese Berechnung wird wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen.

Der Beteiligte zu 1) hat mit Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 02.02.1999 gegen die Kostenberechnung bei dem Landgericht Beschwerde erhoben, mit der er die Berücksichtigung einer Gebührenermäßigung nach § 144 Abs. 1 Nr. 3 KostO, hilfsweise gem. § 144 Abs. 2 KostO angestrebt hat. Zur Begründung hat er unter Vorlage von Urkunden im wesentlichen geltend gemacht, bei ihm handele es sich um die Deutsche Provinz des im Jahre 1190 gegründeten und 1929 reformierten Päpstlichen Ordens gleichen Namens. Diesem Orden seien durch Urkunde des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht, Kultus, Wissenschaft und Kunst vom 20.05.1998 die Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts verliehen worden. Der zunächst im Wege der Pacht übernommene Betrieb der Rehabilitationsklinik diene der Verwirklichung des satzungsgemäßen Ordenszweckes, der u.a. den sozial-karitativen Bereich unter besonderer Berücksichtigung der Bedürftigen und Kranken umfasse. Eine Weiterverpachtung bzw. Weiterveräußerung der Klinik sei nicht beabsichtigt. Durch vorläufige Bescheinigung des Finanzamtes R vom 29.05.1998 sei mit Wirkung ab dem 19.05.1998 für die Dauer von 18 Monaten festgestellt, daß der Orden nach der eingereichten Satzung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen und kirchlichen Zwecken diene.

Der Präsident des Landgerichts hat als Dienstvorgesetzter des Notars zu der Beschwerde mit Verfügungen vom 08.03. und 03.05.1999 Stellung genommen.

Durch Beschluß vom 13.09.1999 hat das Landgericht die Beschwerde des Beteiligten zu 1) zurückgewiesen und die weitere Beschwerde zugelassen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1), die er mit einem dem Landgericht am 21.10.1999 per Telefax übermittelten Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom selben Tage eingelegt hat.

II.

Die weitere Beschwerde ist infolge Zulassung durch das Landgericht gem. § 156 Abs. 2 S. 2 KostO statthaft sowie fristgerecht eingelegt. Die Beschwerdebefugnis des Beteiligten zu l) folgt bereits daraus, daß seine erste Beschwerde ohne Erfolg geblieben ist.

In der Sache ist das Rechtsmittel begründet, weil die Entscheidung des Landgerichts auf einer Verletzung des Gesetzes beruht (§ 156 Abs. 2 S. 4 KostO).

In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das Landgericht Zutreffend von einer gem. § 156 Abs. 1 KostO zulässigen Erstbeschwerde des Beteiligten zu 1) ausgegangen. Die Kostenberechnung des Beteiligten zu 3) in ihrer berichtigten Fassung vom 16.03.1.999 entspricht den formellen Anforderungen nach § 154 KostO und ermöglicht eine Sachentscheidung über die in Ansatz gebrachten Gebühren. In der Sache hält die Entscheidung des Landgerichts indessen rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

Die Kammer, hat zur Begründung ihrer Entscheidung ausgeführt, dem Beteiligten zu 1) stehe eine Gebührenermäßigung nach § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 KostO nicht zu. Bei ihm handele es sich zwar nach der vorgelegten Urkunde um eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Jedoch sei er weder eine Kirche im Sinne der genannten Vorschrift noch eine ihrer Gliederungen. Bereits seine satzungsmäßigen Aufgaben (Errichtung, Unterhaltung, Verwaltung von Einrichtungen der Seelsorge, Wissenschaft, Erziehung, Volksbildung und solche im karitativen Bereich) verdeutlichten, daß der Orden andere Aufgaben wahrnehme als die Katholische Kirche selbst. Der Beteiligte zu 1) sei zwar ein Orden der Katholischen Kirche, jedoch nicht die Kirche selbst. Als selbständige Kirche bzw. sonstige Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft könne der Beteiligte zu 1) ebenfalls nicht angesehen werden, weil dies seiner Anbindung an die Katholische Kirche widerspräche.

Dieser Auffassung kann sich der Senat nicht anschließen. Nach § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 KostO steht die Gebührenermäßigung einer Kirche oder sonstigen Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft zu, jeweils soweit sie die Rechtsstellung einer juristischen Person des öffentlichen Rechts hat. Die Begründung zur Neufassung der gesetzlichen Vorschrift durch das Gesetz vom 15.06.1989 (BGBl. I S. 1082 (BT-Drucksache 11/4394 S. 10) stellt klar, daß die Formulierung "Jeweils soweit sie die Rechtsstellung einer juristischen Person des öffentlichen Rechts hat" berücksichtigt, daß nicht die Kirchen als solche, sondern die verschiedenen Gliederungen der Kirchen (Bistümer, Landeskirchen, Kirchengemeinden usw.) diese Rechtsstellung innehaben. Daraus folgt, daß die tragende Erwägung der landgerichtlichen Entscheidung nicht richtig ist, der Beteiligte zu 1) sei lediglich ein Orden der Katholischen Kirche, nicht doch die Kirche selbst. Entscheidend kommt es vielmehr darauf an, ob der Beteiligte als Orden eine Gliederung der Katholischen Kirche ist, wenngleich er nicht zu den in der Gesetzes Begründung ersichtlich lediglich beispielhaft genannten Gliederungen gehört. Diese Frage muß bejaht werden.

Nach der Rechtsprechung des BVerfG sind nach Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 3 WRV nicht nur die organisierte Kirche und die rechtlich selbständigen Teile dieser Organisation, sondern alle der Kirche in bestimmter Weise zugeordneten Einrichtungen ohne Rücksicht auf ihre Rechtsform Objekte, bei deren Ordnung und Verwaltung die Kirche grundsätzlich frei ist, wenn sie nach kirchlichem Selbstverständnis ihrem Zweck oder ihrer Aufgabe entsprechend berufen sind, ein Stück des Auftrags der Kirche wahrzunehmen und zu erfüllen. Der Begriff der Religionsgesellschaft in Art. 137 Abs. 3 WRV und in Art 138 Abs. 2 WRV hat denselben Inhalt. Art. 138 Abs. 2 WRV geht aber nach seinem klaren Wortlaut eindeutig davon aus, daß zu den Religionsgesellschaften auch "Anstalten, Stiftungen und sonstiges Vermögen" gehören. Die Regelungs- und Verwaltungsbefugnis gem. Art. 137 Abs. 3 WRV stehen demnach der Kirche nicht nur hinsichtlich ihrer körperschaftlichen Organisation und ihrer Ämter zu, sondern auch hinsichtlich ihrer Vereinigungen, die sich nicht die allseitige, sondern nur die partielle Pflege des religiösen oder weltanschaulichen Lebens ihrer Mitglieder zum Ziel gesetzt haben. Voraussetzung dafür ist, aber, daß der Zweck der Vereinigung gerade auf die Erreichung eines solchen Zieles gerichtet ist. Das gilt ohne weiteres für organisatorisch oder institutionell mit Kirchen verbundene Vereinigungen wie kirchliche Orden, deren Daseinszweck eine Intensivierung der gesamtkirchlichen Aufgaben enthält (BVerfGE 46, 73, 85 f.; 53, 366, 391 f.).

Es kann danach kein Zweifel daran bestehen, daß der Beteiligte zu 1) als Orden in diesem Sinne in die Katholische Kirche inkorporiert ist. Dies wird durch die vorgelegte Satzung des Ordens vom 19.05.1998 belegt, die Grundlage der durch Urkunde vom 20.05.1998 erfolgten Verleihung der Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts ist. Die Satzung bringt bereits in ihrem Eingang den Zweck zum Ausdruck, den Auftrag der Katholischen Kirche als Orden zu verwirklichen. Dieser umfaßt nach dem Selbstverständnis der katholischen Kirche auch den weitgefaßten Satzungszweck in § 2, u.a. die Tätigkeit im sozial-karitativen Bereich (vgl. BVerfGE 53, 366, 393).

Die Gebührenermäßigung nach § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 KostO privilegiert deshalb die Tätigkeit der begünstigten Religionsgemeinschaft insgesamt und erstreckt sich auch auf ihre inkorporierten rechtlich selbständigen Rechtsträger (Bengel; MittBayNot 1995, 161; von, Campenhausen, Staatskirchenrecht, 3. Aufl., S. 150 bei FN 71). Dies mag im Rahmen anderer gesetzlicher Vorschriften nach ihrem spezifischen Gesetzeszweck abweichend zu beurteilen sein (vgl. BGHZ 39, 299 ff. zu § 4 Nr. 2 GrdstVG). Durch die Gebührenermäßigung soll der besonderen Rechtsstellung der Kirchen und Religionsgemeinschaften und ihrer allgemein anerkannten Förderungswürdigkeit Rechnung getragen werden (BT-Drucksache, a.a.O.). Daraus folgt, daß die Tätigkeit einer Kirche insgesamt gefördert werden soll, also nicht lediglich die Gliederungen der Amtskirche, sondern auch die der Kirche zugeordneten selbständigen Rechtsträger privilegiert Herden sollen.

Die Rechtsstellung als juristische Person des öffentlichen Rechts im Sinne des § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 KostO hat der Beteiligte zu 1) durch Verleihung der Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts in der Urkunde des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht, Kultus, Wissenschaft und Kunst vom 20.05.1998 erlangt. Diese Verleihung, ist nach Art. 137 Abs. 5 S. 2 WRV den Ländern übertragen. Die Begründung der Rechtsfähigkeit als Körperschaft des öffentlichen Rechts wirkt über das verleihende Bundesland hinaus bundesweit (von Campenhausen, a.a.O., S. 150). Deshalb kommt es entgegen dem Hinweis in der Stellungnahme des Präsidenten des Landgerichts nicht darauf an, daß der Beteiligte zu 1) nicht im Verzeichnis der als juristische Person des öffentlichen Rechts anerkannten Religionsgemeinschaften (RVen des Justizministers NW vom 04.07.1990, 23.02.1993 und 23.06.1994 - 6002 - I B. 1/JVV aufgenommen ist, die - abgesehen von ihrer fehlenden Aktualität - ersichtlich nur die in Nordrhein-Westfalen anerkannten Religionsgemeinschaften berücksichtigt.

Nach § 144 Abs. 1 S. 3 KostO tritt, wenn die Tätigkeit mit dem Erwerb eines Grundstücks oder grundstücksgleichen Rechts zusammenhängt, die Gebührenermäßigung nur ein, wenn dargelegt wird, daß eine auch nur teilweise Weiterveräußerung an einen nicht begünstigten Dritten nicht beabsichtigt ist. Der Beteiligte zu L) hat mit seiner Beschwerde vorgetragen, eine Weiterveräußerung des Objekts sei nicht beabsichtigt. Tatsächliche Bedenken gegen diesen Vortrag sind von keinem Beteiligten geltend gemacht worden und auch sonst nicht ersichtlich, zumal der Beteiligte zu 1) nach dem Inhalt des notariellen Vertrages bereits vor einer Annahme des Kaufangebots im Wege der Pacht die Bewirtschaftung der Rehabilitationsklinik in eigener Regie übernommen hat.

Die Sache ist danach zur abschließenden Entscheidung reif. Der Senat hat anstelle des Landgerichts die Kostenberechnung des Beteiligten zu 3) unter Berücksichtigung der dem Beteiligten zu 1) zustehenden Gebührenermäßigung abgeändert.

Die Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten des Verfahrens der ersten und der weiteren Beschwerde entspricht nicht der Billigkeit (§ 13 Abs. 1 S. 1 FGG).

Die Wertfestsetzung für das Verfahren der weiteren Beschwerde, beruht auf den §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 1 KostO.

Ende der Entscheidung

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