Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 17.07.2003
Aktenzeichen: 15 W 459/02
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1617 Abs. 2

Entscheidung wurde am 10.11.2003 korrigiert: Fehler im Kopfaufbau, Stichwort durch Stichworte ersetzt
Bei nicht fristgerechter Ausübung des Geburtsnamensbestimmungsrechts erhält das Kind kraft Gesetzes den Geburtsnamen des Bestimmungsberechtigten.

Auf den Grund für die Nichtbestimmung kommt es ebensowenig an wie auf elterliches Verschulden.

Gegen die Versäumung der Frist ist eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ausgeschlossen.


OBERLANDESGERICHT HAMM BESCHLUSS

15 W 459/02 OLG Hamm

In der Personenstandssache

betreffend den Familiennamen des am 30. Januar 2000 geborenen Kindes Joschua, eingetragen im Geburtenbuch des Standesamtes Lüdenscheid Nr. 482/2000

Der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat am 17. Juli 2003 auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) vom 18. November 2002 gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Hagen vom 17. Oktober 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Gammelin und die Richter am Oberlandesgericht Lohmeyer und Tegenthoff

beschlossen:

Tenor:

Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde werden den Beteiligten zu 1) und 2) nach einem Geschäftswert von 2.000,- Euro auferlegt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten zu 1) und 2) sind seit dem 1. Juni 1990 miteinander verheiratet. Sie führten zunächst den Ehenamen, wobei die Beteiligte zu 1) ihren Geburtsnamen dem Familiennamen vorangestellt hatte. Seit dem 29. April 1994 führt die Beteiligte zu 2) wieder ihren Geburtsnamen. Seit diesem Zeitpunkt führen die Eheleute keinen gemeinsamen Ehenamen mehr.

Nachdem durch die Beteiligten zu 1) und 2) innerhalb eines Monats nach der Geburt ihres Kindes eine zulässige Bestimmung dessen Geburtsnamens nicht erfolgt war, machte der Standesbeamte des Standesamts Lüdenscheid dem für die Beteiligten zu 1) und 2) zuständigen Familiengericht hierüber Mitteilung.

Durch Beschluss vom 18. September 2000 übertrug das Familiengericht Olpe (AZ 22 F 81/00) das Recht zur Bestimmung des Geburtsnamens des Kindes dem Beteiligten zu 2)und setzte ihm für die Bestimmung des Geburtsnamens eine Frist bis einschließlich zum 31. Oktober 2000.

Mit Schreiben vom 28. Oktober 2000, bei dem Familiengericht Olpe am 30. Oktober und bei dem Standesamt Lüdenscheid am 2. November 2000 eingegangen, teilte der Beteiligte zu 2) folgendes mit:

"...

Fristgemäß, bestimme ich den Nachnamen. Wir werden beim Bundesverfassungsgericht diesbezüglich eine Verfassungsklage einreichen. Wie wir Ihnen mitgeteilt haben, wird noch in diesem Jahr über die Verfassungsbeschwerde gegen das Verbot von Kindesdoppelnamen entschieden ...

Sollte das Bundesverfassungsgericht diese Klage abweisen, so soll der Name der Nachname unseres Sohnes sein.

Da ich nun fristgemäß das Recht zur Namensbestimmung ausgeübt habe, fällt damit der vom Familiengericht Olpe bestimmte Name nach Nichteinhaltung der Frist außer Betracht."

Mit Schreiben vom 27. Oktober 2000 beantragten die Beteiligten zu 1) und 2) bei dem Amtsgericht Hagen, den Standesbeamten des Standesamtes Lüdenscheid anzuweisen, für ihren Sohn den Geburtsnamen im Geburtenbuch einzutragen. Diesen Antrag hat das Amtsgericht Hagen zurückgewiesen. Die hiergegen zum Landgericht Hagen eingelegte Beschwerde hatte keinen Erfolg (AZ 3 T 84/01).

Mit Schreiben ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 22. November 2001 haben die Beteiligten zu 1) und 2) den Standesbeamten des Standesamts Lüdenscheid gebeten, den bereits mit Schreiben vom 28. Oktober 2000 gestellten Antrag, für ihren Sohn den Geburtsnamen im Geburtenbuch einzutragen, zu bescheiden. Gleichzeitig haben sie um Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der ihnen im Beschluss des Amtsgerichts Olpe vom 18. September 2000 gesetzten Frist und der versäumten Wiedereinsetzungsfrist gebeten. Zur Begründung haben die Beteiligten zu 1) und 2) ausgeführt, der Brief vom 28. Oktober 2000 sei an die Amtsgerichte Hagen und Olpe und das Standesamt Lüdenscheid so rechtzeitig auf den Postweg gebracht worden, dass sie mit einem Eingang dort vor Ablauf der Frist hätten rechnen dürfen. Darauf, dass die Bestimmung des Geburtsnamens gegenüber dem Standesamt Lüdenscheid in öffentlich beglaubigter Form hätte erfolgen müssen, sei der Beteiligte zu 2) nicht hingewiesen worden.

Am 21. Januar 2002 haben die Kindeseltern bei dem Standesamt Lüdenscheid den Familiennamen der Beteiligten zu 1), zum Geburtsnamen ihres Sohnes bestimmt.

Mit Schriftsatz vom 10. April 2002 hat der Beteiligte zu 3) die Zweifelsvorlage des Standesbeamten des Standesamtes Lüdenscheid vom 1. Februar 2002, mit der um Entscheidung gebeten wird, ob die Bestimmung des Geburtsnamens "Greiten" zum Geburtseintrag beigeschrieben werden könne, dem Amtsgericht gem. § 45 Abs. 2 PStG vorgelegt. Der Beteiligte zu 3) hat dabei die Auffassung vertreten, er halte eine Namensneubestimmung nicht für zulässig, da der Beteiligte zu 2) keine eindeutige Namensbestimmung getroffen habe und das Kind daher kraft Gesetzes den Namen des Vaters trage, so dass es auf die Einhaltung der in Rede stehenden Frist nicht ankomme.

Die Beteiligten zu 1) und 2) haben demgegenüber die Auffassung vertreten, die durch den Beteiligten zu 2) vorgenommene Namensbestimmung sei so auszulegen gewesen, dass der Name für den Fall bestimmt worden sei, dass ein Doppelname aus rechtlichen Gründen nicht in Betracht komme.

Durch Beschluss vom 15. August 2002 hat das Amtsgericht den Standesbeamten des Standesamtes Lüdenscheid angewiesen, für das Kind im Geburtenbuch des Standesamtes Lüdenscheid Nr. 482/2000 den Familiennamen nicht beizuschreiben.

Die gegen diesen Beschluss gerichtete Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) vom 9. September 2002 hat das Landgericht mit dem angefochtenen Beschluss vom 17. Oktober 2002 zurückgewiesen.

Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2), die diese mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 18. November 2002 bei dem Landgericht eingelegt haben.

II.

Die weitere Beschwerde ist nach den §§ 49 Abs. 1 S. 2, 48 Abs. 1 PStG, 27, 29 Abs. 1 FGG statthaft sowie formgerecht eingelegt.

In der Sache ist das Rechtsmittel unbegründet, weil die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht, § 27 Abs. 1 S. 1 FGG.

In der Sache hat das mit einer zulässigen Erstbeschwerde befasste Landgericht seine Entscheidung wie folgt begründet.

Der Sohn der Beteiligten zu 1) und 2) führe kraft Gesetzes den Geburtsnamen weil der Beteiligte zu 2) innerhalb der ihm von dem Familiengericht Olpe durch Beschluss vom 18. September 2000 gesetzten Frist keine Erklärung zur Bestimmung des Geburtsnamens des Kindes gegenüber dem gem. § 1617 Abs. 2 S. 2 i.V.m. Abs. 1 S. 1 BGB zur Entgegennahme einer solchen Erklärung zuständigen Standesbeamten des Standesamtes Lüdenscheid abgegeben habe. Ausweislich des Eingangsstempels sei das Schreiben des Beteiligten zu 2) erst am 2. November 2000, und damit außerhalb der diesem bis zum 31. Oktober 2000 gesetzten Frist bei dem Standesamt Lüdenscheid eingegangen. Damit habe das Kind Joschua gem. § 1617 Abs. 2 S. 4 BGB kraft Gesetzes den Geburtsnamen des bestimmungsberechtigten Kindesvaters erhalten. Für eine weitere elterliche Namensbestimmung sei kein Raum mehr, so dass die Erklärung der Beteiligten zu 1) und 2) vom 21. Januar 2002 zur Bestimmung des Geburtsnamens ihres Sohnes ins Leere gegangen sei. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der durch das Familiengericht gesetzten Frist zur Bestimmung des Geburtsnamens des Kindes sei gesetzlich nicht vorgesehen, so dass die Fragen, ob die dem Beteiligten zu 2) gesetzte Frist versäumt worden und das Schreiben des Beteiligten zu 2) vom 28. Oktober 2000 eine Namensbestimmung enthalte, keiner Entscheidung bedürften.

Diese Ausführungen halten einer rechtlicher Nachprüfung durch den Senat stand.

Nachdem die Beteiligten zu 1) und 2), die einen gemeinsamen Familienenamen nicht führen, innerhalb eines Monats nach Geburt ihres Sohnes Joschua gegenüber dem Standesbeamten eine Bestimmung des Geburtsnamens des Kindes nicht vorgenommen haben, hat das Familiengericht Olpe gem. § 1617 Abs. 2 S. 1 BGB das Bestimmungsrecht dem Beteiligten zu 2) übertragen und ihm zur Ausübung dieses Rechts gem. Abs. 2 S. 3 der vorgenannten Vorschrift eine Frist bis zum 31. Oktober 2000 gesetzt. Dieses Bestimmungsrecht hat der Beteiligte zu 2) innerhalb der ihm gesetzten Frist nicht ausgeübt, da sein Schreiben vom 28. Oktober 2000, unabhängig davon, ob dieses eine Bestimmung des Geburtsnamens enthält, jedenfalls erst am 2. November 2000, und damit verspätet bei dem zur Entgegennahme der Bestimmungserklärung zuständigen Standesbeamten des Standesamtes Lüdenscheid eingegangen ist. Gem. § 1617 Abs. 2 S. 4 BGB erhält das Kind Joschua somit kraft Gesetzes den Geburtsnamen des Beteiligten zu 2) als desjenigen Elternteils, dem das Bestimmungsrecht von dem Familiengericht übertragen worden war. Auf den Grund für die Nichtbestimmung des Kindesnamens kommt es ebensowenig an wie auf elterliches Verschulden (vgl. Staudinger/Coester, BGB, 13. Bearb., § 1617 Rdn. 80).

Mit zutreffender Begründung hat das Landgericht die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der von dem Familiengericht Olpe mit Beschluss vom 18. September 2000 gesetzten Frist abgelehnt. Gemäß § 22 Abs. 2 FGG ist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur zulässig gegen die Versäumung der Frist für die sofortige Beschwerde. Weitere Fälle der Wiedereinsetzung gegen eine Fristversäumung sind in den Fällen der §§ 92, 93 Abs. 2, 137, 140, 159 FGG und § 1996 BGB geregelt. Für den hier vorliegenden Fall der Versäumung einer durch richterlichen Beschluss gesetzten materiell wirkenden Ausschlussfrist im Bereich des § 1617 BGB hat das Gesetz die Möglichkeit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht vorgesehen (vgl. Staudinger/Coester, a.a.O.; Wagenitz/Bornhofen, FamNamRG, 1994, § 1616 Rdn. 100 ff.).

Die Festsetzung des Geschäftswerts für das Verfahren vor dem Senat beruht auf den §§ 48 Abs. 1 PStG, 131 Abs. 2, 30 Abs. 2 KostO.

Ende der Entscheidung

Zurück