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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 19.03.2002
Aktenzeichen: 15 W 87/02
Rechtsgebiete: HGB


Vorschriften:

HGB § 22 Abs. 1
HGB § 24 Abs. 1
Fügt der Inhaber einer nach den §§ 22 Abs. 1, 24 Abs. 1 HGB fortgeführten Firma eines Einzelkaufmanns eine Sachbezeichnung (hier: Autohaus) hinzu, so kann dies im Einzelfall zulässig sein, wenn Zweifel an der Identität der bisherigen und der geänderten Firma nicht bestehen und der Zusatz einer Veränderung der Geschäftsentwicklung Rechnung trägt, die seit der Firmenübernahme eingetreten ist.
OBERLANDESGERICHT HAMM BESCHLUSS

15 W 87/02 OLG Hamm

In der Handelsregistersache

betreffend die im Handelsregister des Amtsgerichts Firma Josef H e.K. eingetragene

Der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat am 19. März 2002 auf die weitere Beschwerde des Beteiligten vom 28. Januar 2002 gegen den Beschluß der 3. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Hagen vom 10. Januar 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Gammelin und die Richter am Oberlandesgericht Budde und Engelhardt

beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.

Der Gegenstandswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 25.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Beteiligte ist Inhaber der vorgenannten einzelkaufmännischen Firm, die ursprünglich unter der Bezeichnung "Messinggusswaren-Fabrik Josef H am 06.05.1938 im Handelsregister des Amtsgerichts eingetragen wurde. Der Firmengründer Josef H änderte nach Aufgabe der Fabrikation von Messing waren und Aufnahme eines Handels mit Kraftfahrzeugen und Zubehörteilen die Firma in der Weise, daß die Geschäftsbezeichnung entfiel; die Änderung der Firma wurde am 19.06.1951 im Handelsregister eingetragen. Nach dem Tod des Firmengründers und seines Sohnes setzten sich die Erben in der Weise auseinander, daß die Witwe H H später wiederverheiratete F und F H das Unternehmen mit der unverändert fortgeführten Firma als offene Handelsgesellschaft fortführten. In diese Gesellschaft trat im Jahre 1973 der Beteiligte als Gesellschafter ein, während F H als Gesellschafter ausschied; die bisherige persönliche haftende Gesellschafterin H R wurde Kommanditistin. Letztere ist am 22.11.1998 verstorben und von ihrem Sohn, dem Beteiligten, allein beerbt worden.

Auf Anmeldung des Beteiligten ist im Handelsregister am 03.01.2001 eingetragen worden, die Kommanditistin H R sei durch Tod aus der Gesellschaft ausgeschieden, die Gesellschaft sei infolge Übergangs des Kommanditanteils der Verstorbenen auf den Beteiligten aufgelöst, Firma und Handelsgeschäft würden von ihm fortgeführt, die Firma sei geändert in "J H e.K.".

Der Beteiligte hat in notariell beglaubigter Erklärung vom 31.07.2001 (UR-Nr. 305/2001 Notar bei dem Registergericht angemeldet, er habe den Namen der Firma in "Autohaus Josef H e.K. Inh. J Sch" geändert. Diese Anmeldung hat die Rechtspflegerin des Registergerichts durch Beschluß vom 25.10.2001 mit der Begründung zurückgewiesen, der Zusatz "Autohaus" in der geänderten Firma sei unzulässig, weil es sich um eine gem. § 22 HGB abgeleitete Firma handele, die lediglich unverändert fortgeführt werden dürfe.

Gegen diesen Beschluß hat der Beteiligte mit Schriftsatz des Urkundsnotars vom 22.11.2001 Beschwerde eingelegt, mit der er beantragt hat, die Firma unter dem Namen "Autohaus H e.K. Inh. J Sch" hilfsweise unter dem Namen "Autohaus H e.K." im Handelsregister einzutragen. Zur Begründung hat er geltend gemacht, unter der bisherigen Firma werde seit Jahrzehnten ein Autohaus geführt, das unter dem Namen "Autohaus über die Ortsgrenzen hinaus im Sprachgebrauch allgemein bekannt sei.

Das Landgericht - Kammer für Handelssachen - hat durch Beschluß vom 10.01.2002 die Beschwerde zurückgewiesen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde des Beteiligten, die er mit Schriftsatz des Urkundsnotars vom 28.01.2002 bei dem Landgericht eingelegt hat.

II.

Die weitere Beschwerde ist nach den §§ 27, 29 FGG statthaft sowie formgerecht eingelegt. Die Beschwerdebefugnis des Beteiligten folgt bereits daraus, daß seine erste Beschwerde ohne Erfolg geblieben ist.

In der Sache ist das Rechtsmittel begründet, weil die Entscheidung des Landgerichts auf einer Verletzung des Rechts beruht (§ 27 Abs. 1 S. 1 FGG). Die weitere Beschwerde führt zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.

In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das Landgericht zutreffend von einer zulässigen Erstbeschwerde des Beteiligten ausgegangen. Zulässiges Ziel der ersten Beschwerde des Beteiligten ist ausschließlich die Weiterverfolgung seiner Anmeldung vom 31.07.2001, die auf eine Änderung der Firma in "Autohaus Josef H e.K. Inh. J Sch gerichtet ist. Die mit der ersten Beschwerde gestellten Anträge des Beteiligten sind demgegenüber auf die Eintragung einer anderweitig geänderten Firma, insbesondere unter Weglassen des Vornamens Josef des Firmengründers gerichtet. Die Zulässigkeit dieser Firmenbezeichnung konnte der Beteiligte mit seinem Rechtsmittel nicht zur Überprüfung des Beschwerdegerichts stellen, weil sie weder Gegenstand der angefochtenen Entscheidung des Registergerichts ist noch in der in § 12 Abs. 1 HGB vorgeschriebenen Weise angemeldet ist. Mit dem Landgericht geht der Senat indessen davon aus, daß die erste Beschwerde des Beteiligten zumindest auch das Ziel umfaßt, die Eintragung der Firmenänderung in der am 31.07.2001 angemeldeten Form weiterzuverfolgen, zumal der Beschwerdeführer mit seiner weiteren Beschwerde sich ausdrücklich dagegen wendet, daß das Amtsgericht zu Unrecht die Eintragung dieser Firmenbezeichnung abgelehnt habe.

In der Sache hält die Entscheidung des Landgerichts nicht in allen Punkten rechtlicher Nachprüfung stand.

Gegenstand der Anmeldung ist die Änderung der von dem Beteiligten als Einzelkaufmann geführten Firma (§ 31 Abs. 1 HGB). Es handelt sich um eine nach den §§ 22, 24 HGB mehrfach abgeleitete Firma: Die am 01.07.1954 gegründete offene Handelsgesellschaft mit den Gesellschaftern H R und R hat das Handelsgeschäft des namensgebenden Firmengründers Josef H übernommen und dessen einzelkaufmännische Firma "Josef H fortgeführt (§ 22 Abs. 1 HGB). Diese Firma ist zunächst von der Gesellschaft nach dem Eintritt des Beteiligten als Gesellschafter und dem Ausscheiden des Gesellschafters F im Jahre 1973 und zuletzt durch den Beteiligten als Einzelkaufmann nach dem Tod der Gesellschafterin H F fortgeführt worden (§ 24 Abs. 1 HGB).

Macht der Erwerber in den Fällen der §§ 22 Abs. 1, 24 Abs. 1 HGB von dem Recht zur Fortführung der bisherigen Firma Gebrauch, so unterliegt - wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - sein Recht zur Änderung der fortgeführten Firma weitgehenden Einschränkungen. Die Fortführung der bestehenden Firma soll dem Inhaber zwar den Wert der Firma erhalten. Die Fortführung der Firma ist jedoch dem Grundsatz nach nur in einer Weise zulässig, die keinen Zweifel an der Identität der fortgeführten mit der bisherigen Firma aufkommen läßt. Will der Firmeninhaber die sich daraus ergebenden Einschränkungen nicht hinnehmen, bleibt ihm nur die Möglichkeit, eine neue Firma anzunehmen mit der Folge, daß die bisherige Firma erlischt (vgl. etwa MK/HGB-Bokelmann, § 22, Rdnr. 64). Diese Grundsätze beanspruchen - wie der Senat bereits durch Beschluß vom 18.12.2000 (15 W 421/00) entschieden hat - auch nach der Neufassung des § 22 Abs. 1 HGB durch das HRefG, das lediglich zu einer redaktionellen Anpassung an die neue Firmenbildungsvorschrift des § 18 HGB geführt hat, weiterhin Geltung.

Den früheren strengen Standpunkt der Rechtsprechung, die nur unwesentliche Änderungen der abgeleiteten Firma zuließ (RGZ 113, 306; 145, 274; 162, 121), hat allerdings der BGH (BGHZ 44, 116, 119 f. = NJW 1965, 1915) abgemildert, indem er auch nachträgliche Änderungen für zulässig erklärt hat,

1)

wenn sie im Interesse der Allgemeinheit notwendig oder wünschenswert sind, etwa im Hinblick auf eine Erweiterung oder Einschränkung des Geschäftsumfangs, der Umbenennung des Firmensitzes oder einer Sitzverlegung, oder

2)

wenn sich die Verhältnisse inzwischen geändert haben und deshalb eine Änderung der Firma vom Standpunkt des Firmeninhabers bei objektiver Beurteilung ein sachlich berechtigtes Anliegen ist; dabei ist es jedoch geboten, daß ein solche Änderung den Grundsätzen der Firmenbildung entspricht und keinen Zweifel an der Identität mit der zunächst übernommenen Firma aufkommen läßt.

Von diesen Grundsätzen ist das Landgericht zwar zutreffend ausgegangen. Zu Recht hat die Kammer auch die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Änderung der fortgeführten Firma unter dem vorstehend erstgenannten Gesichtspunkt verneint. Jedoch ist die Beurteilung des Landgerichts unter dem zweitgenannten Gesichtspunkt nicht rechtsfehlerfrei.

Nicht ausdrücklich erörtert hat die Kammer, ob der Zusatz "Autohaus" zu Zweifeln an der Identität der bisherigen und der geänderten Firma Anlaß geben kann. Dieser Gesichtspunkt bedarf bei der aus anderen Gründen erforderlichen Zurückverweisung der Sache an das Landgericht noch näherer tatsächlicher Überprüfung. Durch die Hinzufügung einer Sachbezeichnung kann im Einzelfall der Eindruck einer fehlenden Identität der bisherigen und der geänderten Firma erweckt werden, auch wenn der aus dem Vor- und Familiennamen des Firmengründers gebildete Firmenkern durch den Zusatz dieser Sachbezeichnung nicht berührt wird (BayObLG MDR 1981, 849). Anders kann es sich jedoch verhalten, wenn das Unternehmen im Geschäftsverkehr bereits unter der zusätzlichen Geschäftsbezeichnung "Autohaus" langjährig bekannt ist.

Zur Begründung seiner Auffassung hat das Landgericht ausgeführt, nach der Begründung der Erstbeschwerde des Beteiligten solle die Hinzufügung der Sachbezeichnung "Autohaus" vorwiegend werblichen Zwecken dienen, da seiner Darstellung nach der Name "Autohaus H über die Ortsgrenzen hinaus allgemein bekannt sei. Dies genüge jedoch nicht, um von dem Grundsatz der Unveränderbarkeit der fortgeführten Firma abzuweichen. Ferner fehle eine Darstellung des Beteiligten zu den konkreten Nachteilen, die ihm durch die Abweichung der im Sprachgebrauch bekannten Geschäftsbezeichnung von der im Handelsregister eingetragenen Firma entstünden.

Diese Erwägungen stimmen bereits in ihrem Ausgangspunkt mit der Beurteilung des BGH in seiner genannten Entscheidung nicht überein. Denn dieser hat gerade das berechtigte Interesse des Firmeninhabers anerkannt, eine im Geschäftsverkehr eingeführte Geschäftsbezeichnung (dort: "Frankona-Werk") in die fortgeführte Firma aufnehmen zu können. Die tatsächlich im Geschäftsverkehr genutzte Bezeichnung auch zum Firmenbestandteil zu machen, entspreche einem sachlich berechtigten Werbezweck (BGHZ 44, 116, 121). Deshalb kommt es entgegen der Auffassung des Landgerichts auch nicht darauf an, inwieweit dem Beteiligten durch die Nichtübereinstimmung zwischen der Bezeichnung im Geschäftsverkehr und der im Handelsregister eingetragenen Firma ein nachweisbarer konkreter Nachteil entsteht. Entscheidend ist allein, daß die Einbeziehung der Geschäftsbezeichnung in die Firma in zulässiger Weise Werbezwecken dienen darf und das entsprechende Anliegen des Beteiligten sachlich gerechtfertigt ist, weil es ihm allgemein zum Vorteil gereichen kann.

Vom abweichenden Standpunkt des Senats bedarf es zur Vorbereitung der abschließenden Entscheidung noch weiterer tatsächlicher Ermittlungen (§ 12 FGG). Näher geprüft werden muß, ob der Beteiligte im Geschäftsverkehr tatsächlich die Bezeichnung "Autohaus Josef H führt, ob Art und Umfang des Geschäfts diese Bezeichnung rechtfertigt (§ 18 Abs. 2 HGB) und inwieweit dies im Sinne einer Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse auf einer Geschäftsentwicklung beruht, die seit der Firmenübernahme eingetreten ist. In diesem letzten Punkt ist nach Auffassung des Senats maßgebend der Zeitpunkt der Firmenübernahme von den Erben des verstorbenen Firmengründers durch die zunächst von H H und F H gebildete offene Handelsgesellschaft am 01.07.1954. Denn die später eingetretenen Veränderungen im Gesellschafterbestand und schließlich der Übergang des Gesellschaftsvermögens mit Aktiven und Passiven auf den Beteiligten als Erben haben an der Identität des Rechtsträgers des Firmeninhabers nichts geändert. Es bestehen deshalb keine durchgreifenden Bedenken dagegen, daß der Beteiligte auch jetzt noch eine Änderung der fortgeführten Firma vornehmen kann, die die Gesellschaft zum Zeitpunkt ihres Bestehens ggf. selbst bereits hätte durchführen können.

Das Vorbringen des Beteiligten einschließlich desjenigen im Verfahren der weiteren Beschwerde reicht zur abschließenden Beurteilung dieser Voraussetzungen nicht aus. Es beschränkt sich auf den allgemein gehaltenen Vortrag, für das Unternehmen werde bereits seit 30 bis 40 Jahren die Bezeichnung "Autohaus" geführt. Das Unternehmen vertreibe Fahrzeuge der Automarken Audi und VW und unterhalte eine entsprechende Fachwerkstatt. Zu den Verhältnissen am 01.07.1954 ist nichts vorgetragen. Das Landgericht wird den Beteiligten im Rahmen der Amtsermittlungspflicht (§12 FGG) deshalb zu ergänzendem Sachvortrag und Glaubhaftmachung anhalten müssen. Daneben wird es sich anbieten, im Hinblick auf die Beurteilung der genannten tatsächlichen Verhältnisse gem. § 126 FGG die zuständige Industrie- und Handelskammer erneut zum Verfahren hinzuziehen.

Die Wertfestsetzung für das Verfahren der weiteren Beschwerde beruht auf den §§ 131 Abs. 2, 26 Abs. 4 Nr. 4 KostO.

Ende der Entscheidung

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