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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 26.02.2009
Aktenzeichen: 15 Wx 258/08
Rechtsgebiete: KostO


Vorschriften:

KostO § 30 Abs. 1
KostO § 46 Abs. 4
1) Der Geschäftswert für die Gebühr nach § 147 Abs. 2 KostO, die dem Notar für die auftragsgemäße Bewirkung der Zustellung des Widerrufs der in einem gemeinschaftlichen Ehegattentestament getroffenen Verfügung erwächst, ist nicht nach § 46 Abs. 4 KostO, sondern nach § 30 Abs. 1 KostO zu berechnen.

2) Die Bestimmung mit 20 % des Wertes für die Beurkundung des Testamentswiderrufs ist regelmäßig ermessensfehlerfrei.


OBERLANDESGERICHT HAMM BESCHLUSS

15 Wx 258/08 OLG Hamm

In der Notariatskostensache

betreffend die Kostenrechnung Nr. ###/### (Beurkundung des Widerrufs des gemeinschaftlichen Testaments)

hat der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 26. Februar 2009 auf die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) vom 28. August 2008 gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Arnsberg vom 30. Juni 2008 durch

beschlossen:

Tenor:

Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 140,94 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Beteiligte zu 2) hatte am 21.7.1994 mit seiner damaligen Ehefrau Y ein gemeinschaftliches Testament errichtet (UR-Nr. ###/#### Notar G1 in G).

Am 13.04.2005 ließ der Beteiligte zu 2) bei dem Beteiligten zu 1) den Widerruf der in dem gemeinschaftlichen Testament getroffenen Verfügungen beurkunden und beauftragte den Beteiligten zu 1), die förmliche Zustellung des Widerrufs an die Frau Y zu bewirken und zu überwachen (UR-Nr. ###/####). Sein Reinvermögen bezifferte der Beteiligte zu 2) mit 200.000,00 €. Der Beteiligte zu 1) bewirkte die Zustellung des Widerrufs.

Mit Datum vom 28.04.2005 erstellte der Beteiligte zu 1) eine Kostenberechnung mit folgendem Inhalt:

Wert gemäß § 46 V 1 KostO: 200.000,00 €

 Geb. gem. §§ 141, 32, 46 II 1 KostO (5/10) (Beurkundung des Testamentswiderrufs)178,50 Euro
Geb. gem. § 147 II KostO (5/10) (Bewirkung und Überwachung der öff. Zustellung) 178,50 Euro
Gebühr gem. §§ 137, 152 II 1 KostO (Portokosten) 2,88 Euro
Zwischensumme 359,88 Euro
plus 16 % Umsatzsteuern gem. § 151a KostO 57,57 Euro
zuzügl. Zustellkosten OGV C verauslagt am 24.4.2005 13,00 Euro
 430,45 Euro

Nach durchgeführter Geschäftsprüfung beanstandete der Bezirksrevisor des Landgerichts Arnsberg mit Prüfungsbericht vom 10.5.2005 die Gebühr gemäß § 147 Abs. 2 KostO insoweit, als diese nach dem vollen Geschäftswert der Beurkundung angesetzt worden ist. Der Geschäftswert sei gemäß § 30 Abs. 1 KostO nach freiem Ermessen zu bestimmen; insoweit werde 20 % des Beurkundungswertes für angemessen gehalten. Der Beteiligte zu 1) hielt an seiner Festsetzung fest.

Der Präsident des Landgerichts Arnsberg hat ihn darauf hin mit Schreiben vom 2.4.2007 angewiesen, die Entscheidung des Landgerichts herbeizuführen.

Der Beteiligte zu 1) hat mit Schriftsatz vom 2.7.2007 Anweisungsbeschwerde erhoben, der er aus eigenem Recht entgegen getreten ist. Das Landgericht hat den Beteiligten zu 2) als Kostenschuldner am Verfahren beteiligt. Dieser hat keine Stellungnahme abgegeben.

Mit Beschluss vom 30.6.2008 hat das Landgericht die Kostenrechnung dahin abgeändert, dass der 5/10 Gebühr gemäß § 147 Abs. 2 KostO nur ein Geschäftswert von 40.000,00 € zugrunde liegt, und sich die Gebühr dementsprechend auf 57,00 € verringert. Es hat den Beteiligte zu 1) angewiesen, dem Beteiligten zu 2) den Differenzbetrag von 140,94 € zu erstatten.

Gegen diese Entscheidung hat sich der Beteiligte zu 1) mit der vom Landgericht zugelassenen weiteren Beschwerde vom 28.08.2008 gewandt.

II.

Die weitere Beschwerde ist infolge der Zulassung durch das Landgericht nach § 156 Abs. 2 KostO statthaft sowie form - und fristgerecht eingelegt. Die Beschwerdebefugnis des Beteiligten zu 1) folgt daraus, dass das Landgericht die Kostenrechnung zu seinem Nachteil abgeändert hat.

In der Sache ist die weitere Beschwerde nicht begründet, da die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht (§ 156 Abs. 2 Satz 3 KostO).

In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das Landgericht zutreffend von einer nach § 156 Abs. 6 Satz 1 KostO zulässigen Anweisungsbeschwerde des Beteiligten zu 1) ausgegangen.

Mit der zulässig erhobenen Anweisungsbeschwerde fällt die Kostenberechnung dem Landgericht nur in dem Umfang der in der Anweisungsverfügung des Präsidenten des Landgerichts beanstandeten Punkte zur Entscheidung an. Die Anweisungsverfügung beschränkt auf diese Weise den Gegenstand des Beschwerdeverfahrens. Nur die in der Anweisungsverfügung beanstandeten Punkte unterliegen der Nachprüfung des Gerichts (vgl. BayObLG JurBüro 1998, 207; Senat FGPrax 2004, 305; Hartmann, Kostengesetze, 38. Auflage, § 156 KostO Rn. 75). Diese Beschränkung hat das Landgericht beachtet, indem es eine sachliche Entscheidung nur über den Geschäftswert für die Bewirkung und Überwachung der öffentlichen Zustellung gemäß § 147 Abs. 2 KostO getroffen hat. In seiner Anweisungsverfügung vom 2.4.2007 und den dieser vorangegangenen Berichten zur Geschäftsprüfung hat der Präsident des Landgerichts Arnsberg seine Beanstandung darauf beschränkt, dass als Geschäftswert nicht der nach § 46 Abs. 4 KostO zu bestimmende Wert zugrunde zu legen sei, sondern ein nach § 30 Abs. 1 KostO nach freiem Ermessen zu bestimmender Geschäftswert. Dass für die Bewirkung und Überwachung der Zustellung des von dem Beteiligten zu 1) beurkundeten Widerrufs des gemeinschaftlichen Testaments überhaupt die 5/10 Gebühr nach § 147 Abs. 2 KostO angesetzt werden kann (bejahend: Kersten / Bühling - Wegmann, Formularhandbuch und Praxis der Freiwilligen Gerichtsbarkeit, 22. Auflage, § 107 Rn. 13; verneinend Rohs / Wedewer, KostO, § 147 Rn. 28 und Assenmacher/ Mathias, 16. Auflage, S. 1192, die das Bewirken der Zustellung als Nebengeschäft nach §§ 147 Abs. 3, 35 KostO ansehen), hat der Präsident des Landgerichts ausdrücklich nicht in Frage gestellt. Ob eine bestimmte Gebühr überhaupt anfällt und welcher Geschäftswert einer Gebühr zugrunde zu legen ist, sind auch rechtlich von einander zu trennende Punkte (vgl. BayObLG a.a.O.). Diese Beschränkung des Prüfungsumfangs ist auch in der Instanz der Rechtsbeschwerde zu beachten.

Die vom Landgericht vorgenommene Herabsetzung des Geschäftswertes nach § 147 Abs. 2 KostO ist nicht zu beanstanden. Zutreffend geht die Kammer dabei davon aus, dass der Geschäftswert hier nach § 30 Abs. 1 KostO zu bestimmen ist, da er sich weder aus Sondervorschriften der KostO ergibt noch sonst feststeht. Der Geschäftswert für das Bewirken und die Überwachung der Zustellung des Widerrufs ergibt sich insbesondere nicht aus § 46 Abs. 4 und 5 KostO. Der Anwendungsbereich des § 46 Abs. 4 KostO beschränkt sich auf den Geschäftswert, der für die Beurkundungstätigkeit des Notars in Bezug auf die jeweilige Verfügung von Todes wegen anzusetzen ist. Für die weiteren Tätigkeiten des Notars, die mit der Verfügung von Todes wegen im Zusammenhang stehen, ist der Geschäftswert nach § 30 Abs. 1 KostO zu bestimmen. Dieses legt schon die Gesetzessystematik der §§ 36 ff. KostO nahe, in denen die verschiedenen Beurkundungstätigkeiten und die für diese anfallenden Gebühren speziell geregelt sind. So ist es auch im Rahmen der Beurkundung eines Grundstückskaufvertrages allgemein anerkannt, dass der nach § 39 KostO zu bestimmende Geschäftswert sich auf die Beurkundungsgebühr (§ 36 Abs. 2 KostO) beschränkt und in Bezug auf die Gebühr für eine weitergehende Betreuungstätigkeit, z.B. für die Überwachung des Eingangs des Kaufpreises, zur Bestimmung des Geschäftswertes der § 30 KostO heranzuziehen ist (Hartmann, a.a.O., § 147 KostO Rn. 35, 36; Rohs / Wedewer, a.a.O., § 147 Rn. 13, 13a). Dass von Wegmann (Kersten / Bühling a.a.O.) angeführte Argument, die Mitteilung des Widerrufs sei Sache des Widerrufenden, vermag in diesem Zusammenhang nicht zu überzeugen und könnte allenfalls im Rahmen der Argumentation, warum die Zustellung des Widerrufs überhaupt eine nach § 147 Abs. 2 KostO zu vergütende Tätigkeit ist, von Bedeutung sein.

Der Geschäftswert ist somit gemäß § 30 Abs. 1 KostO nach freiem Ermessen zu bestimmen. Maßgebend sind danach das Ausmaß der Tätigkeit und der Verantwortlichkeit des Notars sowie die Bedeutung für den Auftraggeber (vgl. OLG Düsseldorf, JurBüro 1978, 580, 581; Rohs / Wedewer, a.a.O., § 147 Rn. 21). Das Landgericht hat hier als Geschäftswert 20 % des Beurkundungswertes in Ansatz gebracht. Diese Ermessensentscheidung kann im Verfahren der weiteren Beschwerde nur darauf überprüft werden, ob das Gericht von seinem Ermessen keinen oder einen rechtsfehlerhaften, dem Sinn und Zweck des Gesetzes zuwiderlaufenden Gebrauch gemacht hat oder von ungenügenden oder verfahrenswidrig zustande gekommenen Feststellungen ausgegangen ist oder wesentliche Umstände unerörtert gelassen hat (Keidel / Meyer-Holz, FG, 15. Aufl., § 27 Rn. 23). Dieser rechtlichen Nachprüfung hält die Entscheidung des Landgerichts stand.

Zunächst war das Landgericht in seinen Ermessenserwägungen nicht dadurch eingeschränkt, dass der Beteiligte zu 1) als Notar sein Ermessen nach § 30 Abs. 1 KostO ausgeübt hätte. Denn der Beteiligte zu 1) hat nach seinem eigenen Vortrag kein Ermessen im Rahmen des § 30 Abs. 1 KostO ausgeübt, sondern den Ansatz des nach § 46 Abs. 4 KostO zu bestimmenden Geschäftswertes für verbindlich gehalten.

Bei seiner Bewertung hat die Kammer darauf abgestellt, dass die hier fraglichen Tätigkeiten für den Notar nicht mit großer Mühewaltung verbunden sind. Auch die rechtlichen Schwierigkeiten eines den Anforderungen des §§ 2271 Abs.1 Satz 1, 2296 Abs. 2 BGB genügenden Zugangs der Widerrufserklärung sind für einen Notar mithilfe gängiger Notarhandbücher überschaubar und die vom Beteiligten zu 1) angeführten Haftungsrisiken dadurch gut beherrschbar. Der von der Kammer vorgenommene Ansatz in Höhe von 20 % des Beurkundungswertes ist daher nicht zu beanstanden.

Der Senat legt das Rechtsmittel des Beteiligten zu 1) im Übrigen dahin aus, dass er sich gegen die im Tenor der landgerichtlichen Entscheidung ausgesprochene Erstattungspflicht nur im Zusammenhang mit der Sachentscheidung über seine Kostenberechnung, also nur für den Fall wenden will, dass diese im Ergebnis Bestand hat. Unabhängig davon hat der Senat Anlass zu dem Hinweis auf die gesetzliche Vorschrift des § 157 Abs. 2 KostO, die eine gerichtliche Entscheidung über eine Erstattungspflicht des Notars nur auf Antrag des Kostenschuldners vorsieht, der hier nicht gestellt ist. Maßnahmen der Dienstaufsicht im Hinblick auf die Erstattungspflicht des Notars nach § 157 Abs. 1 S. 1 KostO bleiben davon unberührt. Diese kann aber nicht Gegenstand der im Beschwerdeverfahren nach § 156 KostO zu treffenden Entscheidung sein.

Die Festsetzung des Geschäftswertes für das Rechtsbeschwerdeverfahren beruht auf den §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 1 KostO.

Ende der Entscheidung

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