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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 03.08.2009
Aktenzeichen: 15 Wx 288/08
Rechtsgebiete: WEG, FGG
Vorschriften:
WEG § 14 Nr. 1 | |
WEG § 15 Abs. 2 | |
WEG § 43 Abs. 1 a.F. | |
WEG § 45 Abs. 1 | |
WEG § 48 Abs. 3 | |
WEG § 62 n.F. | |
FGG § 27 | |
FGG § 29 |
Tenor:
Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens werden den Beteiligten zu 2) als Gesamtschuldnern auferlegt.
Eine Erstattung außergerichtlicher Auslagen findet nicht statt.
Der Gegenstandswert für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 2.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Beteiligten sind die Wohnungseigentümer der eingangs genannten Anlage. Die Beteiligte zu 1) ist Sondereigentümerin der Penthouse Wohnung Nr. 15. Vor dieser Wohnung verläuft eine sog. Brücke, die zwei Treppenhäuser verbindet und an der dem Sondereigentümer der Wohnung Nr. 15 ein Sondernutzungsrecht eingeräumt ist. Links und rechts dieser Brücke, von der aus man zu dem Sondereigentum der Beteiligten zu 1) gelangt, befindet sich jeweils eine Tür zu den Treppenhäusern. Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beteiligten zu 1) allein das Recht zustehen soll, einen Schlüssel für diese beiden Türen zu haben oder ob allen Wohnungseigentümern dieses Recht zusteht.
Die Beteiligte zu 1) verweist darauf, dass nur ihr ein Schlüssel zustehe, da sie vor neugierigen Blicken in die zur Brücke gelegenen Zimmer geschützt werden müsse. Dementsprechend habe auch nur sie -entsprechend einem Schlüsselplan der Verwaltung - in der Vergangenheit einen passenden Schlüssel gehabt. Demgegenüber machen die Beteiligten zu 2) geltend, beide Türen seien auch Fluchttüren, die sämtlichen Wohnungseigentümern im Notfall die Möglichkeit eröffnen sollten, von einem Treppenhaus in das andere zu gelangen; außerdem benötigten sie im Bedarfsfall Zugang zur Brücke für erforderliche Sanierungsarbeiten am Gemeinschaftseigentum.
In der Eigentümerversammlung vom 24.01.2007 fassten die Wohnungseigentümer mehrheitlich den Beschluss, dass die Türen zur Brücke mit einem Schließzylinder der vorhandenen Schließanlage ausgestattet werden sollen, zu der jeder Wohnungseigentümer einen passenden Schlüssel hat.
Diesen Beschluss ficht die Beteiligte zu 1) im vorliegenden Verfahren an. Ihren rechtzeitig gestellten Anfechtungsantrag wies das Amtsgericht mit Beschluss vom 17.07.2007 zurück. Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde verwarf das Landgericht zunächst als unzulässig, weil sie nicht fristgerecht erhoben sei und dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht stattgegeben werden könne. Diesen Beschluss hob der Senat am 19.08.2008 auf (I-15 Wx 156/08) und verwies die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Landgericht zurück. Mit Beschluss vom 23.09.2008 änderte das Landgericht die Entscheidung des Amtsgerichts ab und erklärte den Eigentümerbeschluss vom 24.01.2007 zu TOP 4 für ungültig.
Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2).
II.
Die sofortige weitere Beschwerde ist nach den §§ 45 Abs. 1, 43 Abs. 1 WEG a.F., 62 WEG n.F., 27, 29 FGG statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt. Die Beschwerdebefugnis der Beteiligten zu 2) folgt daraus, dass das Landgericht die Entscheidung des Amtsgerichts zu ihrem Nachteil abgeändert hat.
In der Sache ist das Rechtsmittel unbegründet, weil die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht (§ 27 Abs. 1 Satz 1 FGG).
Bei der im Streit stehenden Beschlussfassung der Wohnungseigentümer handelt es sich der Sache nach um eine Gebrauchsregelung i.S.d. § 15 Abs. 2 WEG. Danach können die Wohnungseigentümer durch Stimmenmehrheit einen der Beschaffenheit der im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile und des gemeinschaftlichen Eigentums entsprechenden ordnungsgemäßen Gebrauchs beschließen, sofern nicht eine Vereinbarung entgegensteht. Auch der konkrete Gebrauch eines Sondernutzungsrechts unterliegt der Regelungskompetenz nach Abs. 2. Denn das Sondernutzungsrecht berechtigt den Rechtsinhaber nur, andere Wohnungseigentümer von dem Gebrauch auszuschließen, es nimmt ihnen aber nicht das Recht, den allgemeinen Gebrauch zu regeln, weil der Gegenstand des Sondernutzungsrechts Gemeinschaftseigentum ist (Bärmann/Wenzel, 10. Aufl., § 15 Rn 28).
Da der Gegenstand des Sondernutzungsrechts für Gebrauchsregelungen dem Gemeinschafts- und Sondereigentum gleichsteht (BayObLG ZMR 1992, 202), ist es denselben Schranken unterworfen und unterliegt den Grenzen, die sich aus dem Gesetz, insbesondere dem gemeinschaftsrechtlichen Nachbarrecht, den Gebrauchsregelungen oder den Rechten Dritter ergeben (Bärmann/Wenzel, a.a.O., § 13 Rn 115). Gemäß § 14 Nr.1 WEG ist jeder Wohnungseigentümer verpflichtet, von seinem Sondereigentum, dem Gemeinschaftseigentum, auch soweit es ihm zur Sondernutzung zugewiesen ist, nur in solcher Weise Gebrauch zu machen, dass dadurch keinem der anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst.
Aus diesem in § 14 Nr.1 WEG geregelten besonderen Gebot zur Rücksichtnahme können sich wie beim Sondereigentum aufgrund der besonderen Lage des Sondernutzungsrechts Mitbenutzungsrechte ergeben (Bärmann/Wenzel, a.a.O., § 13 Rn 117). So liegen die Dinge hier, wie das Landgericht zutreffend angenommen hat.
Aufgrund ihres Sondernutzungsrechts darf die Beteiligte zu 1) grundsätzlich die Brücke allein unter Ausschluss der übrigen Wohnungseigentümer benutzen; dies ergibt sich auch aus dem allgemeinen Gebot zur Achtung der Privatsphäre, da nur die Beteiligte zu 1) von der Brücke aus zu ihrem Sondereigentum gelangt und sich zu der Brücke gewandt Fenster der dahinterliegenden Zimmer befinden. Die notwendige Interessenabwägung erfordert aber eine Einschränkung dieses Grundsatzes. Unstreitig ist die fragliche Fläche schon vom äußeren Erscheinungsbild her als Fluchtweg erkennbar und auch als solcher geeignet. Schutzwürdige Interessen der Beteiligten zu 1) stehen nicht entgegen, wenn die übrigen Wohnungseigentümer, deren Familienangehörigen sowie Besucher oder sonstige Personen im Notfall, insbesondere im Brandfall, die Brücke als Fluchtweg nutzen. Zutreffend weist das Landgericht darauf hin, dass es dabei unerheblich ist, dass dieser Fluchtweg nicht feuerpolizeilich notwendig ist, dass es aber notwendig sein muss, in einem Notfall die Brücke zu nutzen, um so unbeschadet in den anderen Gebäudeteil zu gelangen, zumal dann die übrigen Rettungswege versperrt sein können.
Die Gemeinschaft war daher im Grundsatz befugt, eine Gebrauchsregelung zu treffen, nach der in einem Notfall das ausschließliche Nutzungsrecht der Beteiligten zu 1) eingeschränkt werden soll. Eine wirksame Gebrauchsregelung setzt aber voraus, dass der Regelungsgegenstand inhaltlich bestimmt (Bärmann/Wenzel, a.a.O., § 15 Rn 17) und geeignet ist, die mit der Regelung verbundenen Absichten umzusetzen. Diesen Maßstäben wird der angefochtene Eigentümerbeschluss nicht gerecht, so dass das Landgericht ihn zu Recht für ungültig erklärt hat.
Der Beschluss regelt nicht, wann den Wohnungseigentümern das Benutzen der Brücke erlaubt sein soll. Dies wäre aber erforderlich gewesen, da die Brücke im Sondernutzungsrecht des Sondereigentümers der Wohnung Nr. 15 steht und deshalb nur im Ausnahmefall von den übrigen Wohnungseigentümern begangen werden darf. Darüber sieht die beschlossene Regelung vor, dass die Türen weiterhin geschlossen bleiben sollen. Dies widerspricht aber evident dem von der Gemeinschaft mit der Regelung verfolgten Zweck, die Brücke im Notfall als Fluchtweg nutzen zu können, wie das Landgericht zutreffend dargelegt hat. Dadurch wird nämlich im Notfall denjenigen der Rettungsweg versperrt, die die Brücke als Fluchtweg nutzen wollen, aber keinen Schlüssel bei sich führen - dies können Wohnungseigentümer, deren Angehörige oder sonstige Personen sein, die sich im Haus aufhalten und ein berechtigtes Interesse an der Nutzung der Brücke als Fluchtweg haben.
Der angefochtene Eigentümerbeschluss entspricht daher nicht ordnungsgemäßer Verwaltung (§ 21 Abs. 3 WEG) und ist zu Recht vom Landgericht auf den rechtzeitig gestellten Antrag der Beteiligten zu 1) für ungültig erklärt worden (§ 21 Abs. 4 WEG a.F.). Die Gemeinschaft wird sich daher erneut mit der Materie beschäftigen müssen und sollte dabei auch die Vorschläge, die das Landgericht in dem angefochtenen Beschluss hinsichtlich der Ausgestaltung der beiden Türen an den Enden der Brücke gemacht hat, berücksichtigen.
Da die sofortige weitere Beschwerde ohne Erfolg bleibt, entspricht es der Billigkeit, dass die Beteiligten zu 2) die Gerichtskosten des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde zu tragen haben (§ 47 S. 1 WEG a.F.). Hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens bleibt es bei dem Grundsatz, dass alle Beteiligten ihre außergerichtlichen Auslagen selbst zu tragen haben, zumal die Vorinstanzen die Rechtsfrage unterschiedlich beantwortet haben (§ 47 S. 1 WEG a.F.).
Die Wertfestsetzung für das Verfahren dritter Instanz beruht auf § 48 Abs. 3 WEG. Sie folgt der unbeanstandet gebliebenen Festsetzung der landgerichtlichen Entscheidung.
Ende der Entscheidung
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