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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 08.01.2009
Aktenzeichen: 15 Wx 291/08
Rechtsgebiete: BGB, GBO, ZPO, KostO


Vorschriften:

BGB § 247
GBO § 53 Abs. 1
GBO § 53 Abs. 1 S. 2
GBO § 71 Abs. 2
GBO § 78
GBO § 80 Abs. 1 S. 1
ZPO § 4
ZPO § 4 Abs. 1
ZPO § 866 Abs. 3
ZPO § 866 Abs. 3 S. 1
ZPO § 867 Abs. 1 S. 3
KostO § 30
KostO § 131
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Das Grundbuchamt wird angewiesen, im Grundbuch von C Bl.6325 zugunsten des Beteiligten zu 1) einen Amtswiderspruch gegen die Eintragung der Zwangssicherungshypothek in Abteilung III unter lfd. Nr.5 einzutragen.

Der Gegenstandswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde beträgt 865 €.

Gründe:

I.

Die Beteiligte zu 2) betreibt gegen den Beteiligten zu 1) die Zwangsvollstreckung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Bocholt vom 02.11.2004 - Az. 13 C 303/02 - , nach dem der Beteiligte zu 1) verpflichtet ist, an die Beteiligte zu 2) an Kosten 582,50 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 247 BGB zu erstatten.

Unter dem 11.03.2008 hat die Beteiligte zu 2) beantragt, wegen

- der noch offenen titulierten Hauptforderung von 582,50 €,

- bisherige Vollstreckungskosten in Höhe von 128,41 € (Gerichtsvollzieher; verauslagte Gerichtskosten und Rechtsanwaltskosten)

- sowie bis zum 06.03.2008 aufgelaufener Zinsen in Höhe von 154,81 €

zu ihren Gunsten eine Sicherungshypothek über 865,51 € in das eingangs genannte Grundbuch, in dem ein Grundstück des Beteiligten zu 1) verzeichnet ist, einzutragen. Das Grundbuchamt hat dem Antrag am 20.03.2008 entsprochen.

Hiergegen hat sich der Beteiligte zu 1) mit Schreiben vom 09.04.2008 gewandt, das das Landgericht als Beschwerde ausgelegt hat. Mit Beschluss vom 29.04.2008 hat das Landgericht die Beschwerde zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde des Beteiligten, die er am 12.11.2008 zu Protokoll des Rechtspflegers beim Amtsgericht Bocholt eingelegt hat.

II.

Die weitere Beschwerde ist nach § 78 GBO statthaft sowie gem. § 80 Abs. 1 S. 1 GBO formgerecht eingelegt. Die Beschwerdebefugnis des Beteiligten zu 1) folgt bereits daraus, dass das Landgericht seine erste Beschwerde zurückgewiesen hat.

In der Sache ist die weitere Beschwerde begründet, da die Entscheidung des Landgerichts auf einer Verletzung des Rechts beruht (§ 78 S.1 GBO). Zutreffend ist das Landgericht in verfahrensrechtlicher Hinsicht von einer zulässigen - allerdings nicht fristgebunden - Erstbeschwerde ausgegangen, die, weil sich an die Eintragung einer Zwangshypothek ein gutgläubiger Erwerb anschließen kann, nach § 71 Abs. 2 GBO nur beschränkt auf Maßnahmen nach § 53 Abs. 1 GBO zulässig ist, auch wenn das Grundbuchamt, wie hier, im Rahmen der Zwangsvollstreckung tätig geworden ist (OLG München FGPrax 2008, 235). Eine Grundbuchberichtigung im Sinn einer Löschung nach § 53 Abs. 1 S. 2 GBO kommt hier nicht in Betracht, weil die Eintragung nicht inhaltlich unzulässig ist. Inhaltlich unzulässig ist eine Eintragung nämlich nur dann, wenn ein Recht mit dem Inhalt oder in der Ausgestaltung, wie es eingetragen ist, aus Rechtsgründen nicht bestehen kann (BayObLG Rpfleger 1986, 371; Demharter § 53 Rn. 42). Davon kann bei einer Zwangssicherungshypothek nicht gesprochen werden.

In der Sache hält die Entscheidung des Landgerichts der rechtlichen Prüfung indes nicht stand. Das Landgericht hat, wie bereits das Grundbuchamt, übersehen, dass die Mindesthöhe für die Eintragung einer Sicherungshypothek hier nicht erreicht ist. Eine Sicherungshypothek darf gemäß § 866 Abs. 3 S. 1 ZPO nur für einen Betrag von mehr als 750 € eingetragen werden, wobei Zinsen unberücksicht bleiben, "soweit sie als Nebenforderung geltend gemacht sind."

Unstreitig können zu der titulierten Hauptforderung die bisherigen Vollstreckungskosten (§ 788 ZPO) hinzugerechnet werden, nicht aber Anwalts- und Gerichtskosten des Eintragungsverfahrens, § 867 Abs. 1 S. 3 ZPO (Schuschke/ Walkner, 8. Buch der ZPO, 3. Aufl., § 866 Rn 6). Streitg ist allerdings, ob dies auch für die Zinsen gilt, die, wie vorliegend, nicht als Hauptforderung tituliert sind.

Ein Teil der Literatur und Rechtsprechung ist der Auffassung, kapitalisierte Rückstände, die (erst) in der Zwangsvollstreckung betragsmäßig geltend gemacht werden, seien zu der Hauptforderung hinzuzurechnen (MünchKommZPO/Eickmann, 3. Aufl., § 866 Rn 10; Musielak/Becker, ZPO, 6. Aufl., § 866 Rn 4; Schuschke/Walkner, a.a.O., § 866 Rn 6; Wieczorek/Storz, ZPO, 3. Aufl., § 866 Rn 35; Zöller/Stöber, ZPO, 26 Aufl., § 866 Rn 5; LG Bonn Rpfleger 1982, 75). Zur Begründung dieser Auffassung wird angeführt, das Vollstreckungsverfahren sei von dem Erkenntnisverfahren unabhängig und es sei auch bei einer Verkehrshypothek (§ 1113 BGB) möglich, diese für eine kapitalisierte, d.h. in eine Kapitalforderung umgewandelte Zinsforderung zu bestellen (so LG Bonn a.a.O.).

Demgegenüber wird eingewandt, der Begriff der Nebenforderung in § 866 Abs. 3 ZPO entspreche der Formulierung in § 4 Abs. 1 ZPO für die Berechnung des (Zuständigkeitstreit- und Beschwerde-) Wertes; in diesem Rahmen sei es unstreitig, dass sie auch dann nicht zu berücksichtigen seien, wenn sie ausgerechnet und einseitig als Kapitalbetrag der Hauptforderung zugeschlagen würden (vgl. OLG Schleswig Rpfleger 1982, 301 mit zustimmender Anmerkung von Hellmig). Daher sei allein der zugrundeliegende Titel und nicht der Vollstreckungsantrag maßgeblich, weil andernfalls die gesetzliche Regelung in Abs. 3 stets umgangen werden könne (Stein/Jonas/ Münzberg, ZPO, 22. Aufl., § 866 Rn 6; im Ergebnis ebenso HK-ZPO/Kindl, 2. Aufl., § 866 Rn 5).

Der Senat stimmt der zuletzt genannten Auffassung zu. Das OLG Schlewig hat überzeugend auf die gleichlautende Regelung in § 4 ZPO hingewiesen. Nach Auffassung des Senats kann eine Gesetzesformulierung, die innerhalb einer Verfahrensordnung mehrmals verwandt wird, nicht unterschiedlich ausgelegt werden, wenn hierfür nicht ausnahmsweise ein besonderer Anlass besteht. Derartige Anhaltspunkte sind hier nicht gegeben. Auch wenn die Zinsen bei der Verkehrhypothek aufgrund einer Vereinbarung der Beteiligten kapitalisiert werden können, so ergeben sich hieraus keine zwingenden Gründe, für das Vollstreckungsverfahren auf die Möglichkeit einer nachträglichen Kapitalisierung der titulierten Zinsforderung zu schließen. Dem Gesetzgeber ist es unbenommen, die Eintragung einer Zwangshypothek von einer Mindestsumme anhängig zu machen. Nach der Begründung des Gesetzes, mit dem die damalige Mindestgrenze von 500 DM auf 1.500 DM angehoben wurde (Drucksache 13/341 vom 27.01.1995 zu Nummer 25), verfolgt die Vorschrift des § 866 Abs. 3 Satz 1 ZPO den Zweck, das Grundbuch von verwirrenden kleinen Zwangshypotheken freizuhalten; daneben solle die Vorschrift auch verhindern, dass für kleine Forderungen des Alltags eine Realsicherheit erlangt werden und der Schuldner so seines Grundeigentums verlustig gehen könne (RGZ 48, 242/246; 84, 265/276). Insoweit könne die Bestimmung auch als Schuldnerschutzvorschrift angesehen werden, wenngleich sie die Vollstreckung durch Zwangsversteigerung oder -verwaltung nicht hindere. Diese mit dem Gesetz verfolgten Zwecke würden, worauf Münzberg (a.a.O.) zu Recht hinweist, umgangen, wollte man dem Vollstreckungsgläubiger die Möglichkeit einräumen, Zinsforderungen, die nach dem Titel nicht kapitalisiert sind, nachträglich auszurechnen und der Hauptforderung hinzuzurechnen.

Da die titulierte Hauptforderung von 582,50 € zuzüglich der bisherigen Vollstreckungskosten in Höhe von 128,41 € den Mindestbetrag von 750 € nicht übersteigen, durfte die Sicherungshypothek nicht eingetragen werden. Das Grundbuch ist daher unrichtig geworden. Da sich an die unrichtige Eintragung ein gutgläubiger Erwerb anschließen kann, liegen die Voraussetzungen für die Eintragung eines Amtswiderspruchs nach § 53 Abs. 1 S. 1 GBO vor.

Die Wertfestsetzung beruht auf den §§ 131, 30 KostO.

Ende der Entscheidung

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