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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 19.05.2009
Aktenzeichen: 15 Wx 46/09
Rechtsgebiete: KostO, BGB


Vorschriften:

KostO § 44 Abs. 2a
KostO § 156 Abs. 6
BGB § 67
1) Zu den inhaltlichen Anforderungen an die Verfügung des Präsidenten des Landgerichts, durch die er den Notar zur Erhebung der Beschwerde nach § 156 Abs. 6 KostO anweist.

2) Die Veränderung des Vereinsvorstandes durch die Bestellung neuer und das Ausscheiden bisheriger Mitglieder stellt für jede betroffene Person einen verschiedenen Gegenstand im Sinne des § 44 Abs. 2a KostO dar (Übertragung der Entscheidung BGHZ 153, 22 auf den eingetragenen Verein).


OBERLANDESGERICHT HAMM BESCHLUSS

15 Wx 46/09 OLG Hamm

In der Notariatskostensache

hat der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 19. Mai 2009 auf die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) vom 5. Dezember 2008 gegen den Beschluss der Zivilkammer 7c des Landgerichts Bochum vom 18. November 2008 durch

beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Auf die erste Beschwerde des Beteiligten zu 1) wird die angefochtene Kostenberechnung abgeändert und wie folgt neu gefasst:

 Geschäftswert gemäß §§ 30 Abs. 2, 44 Abs. 2a KostO: 27.000,00 €
Gebühr für den Entwurf einer Anmeldung zum Vereinsregister nebst Unterschriftsbeglaubigung §§ 145 Abs. 1 S. 1, 38 Abs. 2 Nr. 7 KostO (1/2)45,00 Euro
Entgelte für Postdienstleistungen § 152 Abs. 2 Nr. 1a KostO1,55 Euro
Mehrwertsteuer 16 % § 151a KostO7,45 Euro
Summe54,00 Euro

Gründe:

I.

Der Beteiligte zu 2) ist ein im Vereinsregister des Amtsgerichts Bochum unter VR #### eingetragener Verein. Im Jahr 2003 bestand dessen Vorstand aus neun Personen. In der Mitgliederversammlung vom 4.7.2004 beschlossen die Mitglieder eine Änderung der Satzung in § 2 und in § 7, nach der der Vorstand nur noch aus sieben Personen besteht. Bei der in der Mitgliederversammlung durchgeführten Vorstandswahl wurden vier bisherige Mitglieder des Vorstands bestätigt und drei neue Mitglieder in den Vorstand gewählt. Fünf bisherige Mitglieder des Vorstands schieden aus.

Der Beteiligte zu 1) fertigte am 27.7.2004 unter der UR-Nr. ##/#### den Entwurf einer Anmeldung zum Vereinsregister, die die erfolgte Satzungsänderung und die veränderte Zusammensetzung des Vorstandes zum Gegenstand hatte. Ferner beglaubigte er die Unterschriften der die Anmeldung unterzeichnenden drei Mitglieder des Vorstandes des Beteiligten zu 2).

Unter dem 28.7.2004 erstellte der Beteiligte zu 1) die folgende Kostenberechnung:

 Wert gemäß § 30 II KostO: 3.000,00 €
Beglaubigungsgebühr mit Entwurf §§ 145 I 1, 38 II 7 KostO (1/2) 13,00 Euro
Portokosten § 137 KostO 1,55 Euro
Mehrwertsteuer 16 % § 151a KostO 2,33 Euro
Gesamt: 16,87 Euro

Nach durchgeführter Geschäftsprüfung beanstandete der Bezirksrevisor des Land-gerichts Bochum mit Prüfungsbericht vom 20.12.2005, dass als Wert nur 3.000,00 € angesetzt worden seien. Er vertrat die Ansicht, dass es sich bei dem Ausscheiden und Eintreten von mehreren Vorstandsmitgliedern um verschiedene Angelegenheiten im Sinne des § 44 Abs. 2a KostO handele und daher der nach § 30 Abs. 2 KostO zu bestimmende Wert mehrfach zu addieren sei. Der Beteiligte zu 1) vertrat demgegenüber die Auffassung, dass der Wert des § 30 Abs. 2 KostO nur einmal anzusetzen sei, da die Anmeldung betreffend die Zusammensetzung des Vorstands denselben Gegenstand betreffe.

Die Präsidentin des Landgerichts hat den Beteiligten zu 1) daraufhin mit Schreiben vom 12.6.2006 angewiesen, eine Entscheidung des Landgerichts zu der nachfolgenden Frage herbeizuführen: Gilt § 44 II KostO für eine Mehrheit von Anmeldungen in derselben Urkunde, z.B. für das Ausscheiden und/oder den Eintritt mehrerer Vorstandsmitglieder eines Vereins?

Der Beteiligte zu 1) hat mit Schriftsatz vom 23.6.2006 Anweisungsbeschwerde erhoben, der er in der Sache entgegen getreten ist.

Das Landgericht hat den Beteiligten zu 2) als Kostenschuldner nicht am Verfahren beteiligt. Mit Beschluss vom 18.11.2008 hat das Landgericht unter Zulassung der weiteren Beschwerde die Beschwerde zurückgewiesen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1), die er am 5.12.2008 auf Anweisung des Präsidenten des Landgerichts erhoben hat.

Auf Hinweis des Senats hat der Präsident des Landgerichts mit Verfügung vom 23.3.2009 die dem Verfahren zugrunde liegende Anweisungsverfügung dahingehend berichtigt, dass eine Heraufsetzung des Gegenstandswertes von bisher 3.000,00 € auf 27.000,00 € herbeigeführt werden soll. Der Anmeldung lägen neun verschiedene Gegenstände zugrunde, deren jeweils nach § 30 Abs. 2 KostO mit 3.000,00 € anzusetzende Werte nach § 44 Abs. 2a KostO zu addieren seien. Die Anmeldung beinhalte den Eintritt von drei neuen Personen in den Vorstand, das Ausscheiden von fünf Personen aus dem Vorstand und eine Satzungsänderung.

Der Senat hat den Beteiligten zu 2) am Verfahren beteiligt und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Der Beteiligte zu 2) hat sich nicht geäußert.

II.

Die weitere Beschwerde ist infolge der Zulassung durch das Landgericht nach § 156 Abs. 2, Abs. 6 Satz 1 KostO statthaft sowie fristgerecht eingelegt. Die Beschwerdebefugnis des Beteiligten zu 1) folgt bereits daraus, dass seine Erstbeschwerde keinen Erfolg gehabt hat.

In der Sache ist die weitere Beschwerde begründet, da die Entscheidung des Landgerichts auf einer Verletzung des Rechts beruht (§ 156 Abs. 2 Satz 3 KostO). Das Rechtsmittel führt zur Abänderung der Kostenberechnung des Beteiligten zu 1) im Sinne der Anweisung des Präsidenten des Landgerichts in ihrer Fassung vom 23.03.2009.

In verfahrensrechtlicher bedenklicher Weise ist das Landgericht von einer zulässigen Anweisungsbeschwerde gemäß § 156 Abs. 6 KostO ausgegangen. Verfahrensfehler der landgerichtlichen Entscheidung stehen einer abschließenden Sachentscheidung durch den Senat indessen nicht entgegen, weil diese im Verfahren der weiteren Beschwerde geheilt worden sind.

Das Landgericht ist in eine Sachprüfung der vom Beteiligten zu 1) eingelegten Beschwerde eingetreten, obwohl die der Beschwerde zugrunde liegende Anweisungsverfügung der Präsidentin des Landgerichts vom 12.6.2006 nur aus der abstrakten Rechtsfrage bestand, ob § 44 Abs. 2 KostO für eine Mehrheit von Anmeldungen in derselben Urkunde, z.B. für das Ausscheiden und/oder den Eintritt mehrerer Vorstandsmitglieder eines Vereins gilt. Eine Anweisungsverfügung, mit der gerade der sachliche Prüfungsgegenstand des gerichtlichen Verfahrens bestimmt wird, muss erkennen lassen, in welcher Hinsicht die Kostenrechnung des Notars für unrichtig angesehen wird und mit welchem Ziel die gerichtliche Entscheidung herbeigeführt werden soll (BayObLG FGPrax 1997, 197; Hartmann, Kostengesetze, 38. Auflage, § 156 KostO Rn. 71). Der Präsident des Landgerichts hat auf den Hinweis des Senats mit der oben angeführten Verfügung vom 23.3.2009 der Anweisung die gebotene Präzisierung gegeben und klar gestellt, dass er vom Vorliegen von neun verschiedenen Gegenständen im Sinne des § 44 Abs. 2a KostO ausgeht und dementsprechend eine Heraufsetzung des Gegenstandswertes auf 27.000,00 € anstrebt.

Das Landgericht hat zudem entgegen § 156 Abs. 1 Satz 2 KostO den Beteiligten zu 2) nicht am Verfahren beteiligt. Der Kostenschuldner der zu überprüfenden Notarkostenrechnung ist selbst dann zu hören, wenn das Landgericht in einem Verfahren über die Weisungsbeschwerde die Weisung der Dienstaufsichtsbehörde für unbegründet hält (OLG Oldenburg JurBüro 1997, 376; Korintenberg / Lappe / Bengel / Tiedtke, Kostenordnung, 17. Auflage, § 156 Rn. 51). Eine unterbliebene förmliche Beteiligung im Beschwerdeverfahren kann auch noch im Verfahren der weiteren Beschwerde nachgeholt werden, wenn nach dem Sach- und Streitstand eine weitere Sachaufklärung nicht notwendig ist und die förmliche Beteiligung nur der Gewährung rechtlichen Gehörs dient (BGH FGPrax 1998, 15; BayObLG NZM 2000, 47; Senat OLG-Report 2002, 101). Zwar ist erst durch die Präzisierung der Anweisung mit Verfügung vom 23.3.2009 in das Verfahren eingeführt worden, dass der Anmeldung vom 27.7.2004 die Anmeldung die Neubestellung von drei Mitgliedern des Vorstands und das Ausscheiden von fünf bisherigen Mitgliedern des Vorstands zugrunde liegt. Diese Tatsache ergibt sich aber auch aus den Eintragungen im Vereinsregister und bedarf daher keiner weiteren Aufklärung. Im übrigen geht es um die Klärung einer Rechtsfrage.

Die Kostenrechnung genügt in formeller Hinsicht den Anforderungen des § 154 Abs. 2 KostO und kann damit Gegenstand einer sachlichen Überprüfung im Beschwerdeverfahren nach § 156 KostO sein.

In der Sache hält die Entscheidung des Landgerichts hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand (§ 156 Abs. 2 S. 3 KostO).

Die Anmeldung vom 27.7.2004 enthält die Erklärung der Bestellung der neu berufenen Mitglieder des Vorstands und des Ausscheidens bisheriger Mitglieder des Vorstands. Diese Rechtsvorgänge haben jeweils einen "verschiedenen" Gegenstand im Sinne des § 44 Abs. 2 KostO.

Bei der Prüfung, ob mehrere gleichzeitig beurkundete Rechtsverhältnisse denselben Gegenstand haben, steht die Frage ihres inneren Zusammenhangs im Vordergrund. Je mehr das mitbeurkundete weitere Rechtsverhältnis von dem Hauptgeschäft abhängt, desto eher ist eine Gegenstandsgleichheit anzunehmen (BGHZ 153, 22 = NJW-RR 2003, 1149). Der Bundesgerichtshof hat in der angeführten Entscheidung die in der Rechtsprechung bis dahin kontrovers behandelte Frage, ob die Anmeldung der Neubestellung und des Ausscheidens von Geschäftsführern einer GmbH "denselben" Gegenstand im Sinne des § 44 Abs. 1 KostO oder verschiedene Gegenstände im Sinne des § 44 Abs. 2 KostO hat, dahingehend entschieden, dass vom Vorliegen verschiedener Gegenstände auszugehen ist. Zur Begründung hat der Bundesgerichtshof angeführt, dass der von § 44 Abs. 1 KostO vorausgesetzte "innere" Zusammenhang zwischen den einzelnen Erklärungen nicht bestehe. So könne die Anmeldung eines neuen Geschäftsführers unabhängig von der Anmeldung eines weiteren neuen Geschäftsführers und der Abberufung eines bisherigen Geschäftsführers vollzogen werden. Zudem beziehe sich die Anmeldepflicht des § 39 Abs. 1 GmbHG auf die konkrete Person des Geschäftsführers und nicht auf ein abstraktes Vertretungsorgan (BGH a.a.O.)

Entgegen der Auffassung des Landgerichts müssen die zur GmbH und ihren Geschäftsführern angestellten Erwägungen auf den Verein und die Mitglieder seines Vorstands übertragen werden (so auch: Rohs / Wedewer, Kostenordnung, § 29 Rn. 8; Stöber, Handbuch des Vereinsrechts, 12. Auflage, Rn. 1215; Kersten / Bühling, Formularhandbuch und Praxis der Freiwilligen Gerichtsbarkeit, 22. Auflage, Rn. 84 M zu Kapitel § 121; Reichert, Handbuch des Vereins- und Verbandsrechts, 10. Auflage, Rn. 4576). Denn auch die Anmeldung von neuen Mitgliedern des Vorstands und des Ausscheidens bisheriger Mitgliede des Vorstands können unabhängig voneinander vollzogen werden. Mit jedem der neu bestellten Vorstandsmitglieder wird ein neues Organschaftsverhältnis begründet. Jedes bestellte Vorstandsmitglied tritt in eine Organstellung im Verhältnis nach innen und nach außen (Reichert, a.a.O. Rn. 1964).

Dass sich - wie das Landgericht herausstellt - die Vertretungsbefugnis des einzelnen Vorstandsmitglieds nicht unmittelbar aus der Anmeldung / Eintragung ergibt, ist kein geeignetes Differenzierungskriterium, da das Rechtsverhältnis in dem neu begründeten Organschaftsverhältnis besteht und nicht in dessen materiell-rechtlicher Ausgestaltung, die sich im Einzelnen aus den Satzungsregelungen ergibt. Nicht für überzeugend hält der Senat den weiteren Hinweis des Landgerichts darauf, dass sich § 67 BGB anders als § 39 Abs. 1 GmbHG hinsichtlich der Anmeldung auf die Änderung des "Vorstands" bezieht. Gleichwohl wird dadurch nicht der Vorstand in seiner Gesamtheit zum Gegenstand der Anmeldung. Vielmehr ist auch beim Verein Gegenstand der Anmeldung und der anschließenden Eintragung im Vereinsregister das Ausscheiden bzw. die Neubestellung der jeweils einzelnen Person als Vorstandsmitglied. Dementsprechend müssen in einer korrekt ausformulierten Anmeldung die neu eintretenden und die ausscheidenden Mitglieder des Vorstands namentlich bezeichnet werden (Reichert, a.a.O., Rn. 2199). Die Anmeldepflicht betrifft somit jedes einzelne Mitglied des Vorstands, für das sich eine Änderung ergibt.

Im vorliegenden Fall beinhaltet die entworfene Erklärung die Anmeldung die Neubestellung von drei Mitgliedern des Vorstands und das Ausscheiden von fünf bisherigen Mitgliedern, so dass insgesamt acht verschiedene Gegenständen im Sinne des § 44 Abs. 2 KostO vorliegen. Die in der Erklärung zudem enthaltene Satzungsänderung stellt einen weiteren, von der Anmeldung der Neubestellung bzw. des Ausscheidens von Vorstandsmitgliedern verschiedenen Gegenstand dar, so dass es sich im Ergebnis um neun verschiedene Gegenstände im Sinne des § 44 Abs. 2 KostO handelt. Für jeden dieser Gegenstände ist nach § 30 Abs. 2 KostO jeweils ein Geschäftswert von 3.000,00 € anzusetzen so dass sich bei der gebotenen Zusammenrechnung nach § 44 Abs. 2a KostO ein Gegenstandswert von 27.000,00 € ergibt.

Ausgehend von diesem Geschäftswert war die in der Sache nicht beanstandete Gebühr zuzüglich der Auslagen zu berechnen. Dies führt zu der im Tenor vorgenommenen Neufassung der angefochtenen Kostenberechnung.

Die Festsetzung eines Geschäftswertes für das Verfahren der weiteren Beschwerde ist nach § 156 Abs. 6 S. 3 KostO nicht veranlasst.

Ende der Entscheidung

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