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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 11.09.2008
Aktenzeichen: 18 U 132/07
Rechtsgebiete: CMR


Vorschriften:

CMR Art. 17
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 03. Juli 2007 verkündete Urteil der VIII. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bielefeld wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung mit Ausnahme der der Streithelferin entstandenen Kosten, die diese selber trägt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Es beschwert die Beklagte und ihre Streithelferin in Höhe von 6.119,00 Euro; die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

A.

Die Klägerin, die ein Transportunternehmen mit Sitz in B betrieb, begehrt von der Beklagten die Vergütung von zwei Frachtaufträgen. Die Beklagte verteidigt sich hiergegen im Wege der Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch wegen teilweise verdorbener Ware hinsichtlich eines von der Klägerin durchgeführten anderweitigen Transportes.

Am 12.05.2004 erstellte die Klägerin der Beklagten eine Rechnung über 3.712,00 Euro brutto über einen durchgeführten Transport von Industriegut der Firma F GmbH von L nach D in Frankreich sowie von gemischtem Obst von Q und W2 nach I, S und I2.

Ebenfalls am 12.05.2004 erteilte die Beklagte der Klägerin einen CMR-Frachtauftrag, wonach die Klägerin am 14.05.2004 gegen 17.00 Uhr in H in der Provinz I3 in Spanien eine Obstladung, bestehend aus Erdbeeren, Himbeeren und Heidelbeeren sowie Orangen mit einem Gesamtgewicht von 5.765 Kg bei dem Absender und Verlader, der Firma I, übernehmen und zu den Empfängern, der Firma G in C und der Firma C in G transportieren sollte.

Der Fahrer Q der Klägerin traf am 14.05.2004 gegen 17.00 Uhr in H ein. Nach seiner Ankunft unterschrieb er einen Frachtbrief, bei dem in Feld 13 in spanischer Sprache die Verladetemperatur und die Temperatur während des Transportes jeweils mit "2°C - 3°C plus" angegeben waren. Er nahm sodann - zu einem Zeitpunkt, der zwischen den Parteien streitig ist - auf Anweisung der Klägerin das Ladegut zum Zwecke der Überprüfung der Vorkühlung in Augenschein und stellte dabei fest, dass die auf Paletten bereitstehende Ladung, soweit dies äußerlich erkennbar war, alle Anzeichen für eine ordnungsgemäße Vorkühlung, wie oberflächliche Trockenheit, Härte, usw., aufwies. Er überzeugte sich durch Stichproben von der ordnungsgemäßen Vorkühltemperatur und stellte bei den von ihm geprüften Paletten Temperaturen zwischen +2° und +3° C fest. Ausweislich des Verladeprotokolls vom 14.05.2004 wurde die Temperatur der Ware bei der Verladung am 15.05.2004 um 01.00 Uhr zudem mit Ergebnissen zwischen +1° und +3° C gemessen.

Bei der Ankunft des Transportes in C4 reklamierte die Firma G eine zu hohe Temperatur der Früchte und deren beginnenden Verderb.

Am 17.05.2004 erstellte die Klägerin der Beklagten eine Rechnung über den Transport vom 14.05.2004 in Höhe des zuvor vereinbarten Betrages von 2.407,00 Euro brutto.

Die Beklagte hat die beiden Rechnungen vom 12. und 17.05.2004 nicht beglichen. Sie hat insofern mit Schadensersatzansprüchen aus dem Frachtauftrag vom 12.05.2004 in Höhe von 8.236,64 Euro netto aufgerechnet.

Die Klägerin hat behauptet, ihrem Fahrer sei am 14.05.2004 um 17.00 Uhr mitgeteilt worden, dass noch nicht geladen werden könne, da die Ladung zum Teil noch nicht bereitstehe, bzw. sich zum Teil noch auf den Feldern befinde. Ihr Fahrer sei sodann gegen 24.00 Uhr zum Laden an die Rampe beordert worden, wobei die Ware aus verschiedenen Kühlräumen auf den Lkw gebracht worden sei. Während ihr Fahrer die Kontrollen der Vorkühltemperatur habe fortsetzen wollen, sei ihm dies von Mitarbeitern des Absenders mit der Begründung verwehrt worden, dass bei derart intensiven Kontrollen der Ladevorgang sich bis in die frühen Morgenstunden hinziehen würde. Ihr Fahrer habe sich daher mit Stichproben zufrieden gegeben.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die Ursache für die eingetretenen Schäden und den Verderb an der Ware könne allein die mangelhafte Vorkühlung des Ladegutes durch den Absender bzw. den Verlader sein.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 6.119,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz seit dem 15.06.2004 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Widerklagend hat die Beklagte beantragt,

die Klägerin zu verurteilen, an sie 2.117,64 Euro zzgl. 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Klägerin hat zur Widerklage beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Die Streithelferin der Beklagten hat sich dem Klageabweisungsantrag angeschlossen.

Die Beklagte hat behauptet, es sei im Gewahrsam der Klägerin zu dem Schaden an dem Sendungsgut gekommen, weil die vereinbarte Transporttemperatur von +2° bis +3° C überschritten worden sei. Hierdurch sei ein Schaden in Höhe von 8.236,64 Euro entstanden. Diesen Betrag zog die Streithelferin ihr - unstreitig - von ihren fälligen Forderungen gegen diese ab.

Die Streithelferin der Beklagten hat die Ansicht vertreten, die Klägerin sei aufgrund des von dem Fahrer Q der Klägerin unterschriebenen vorbehaltlosen Frachtbriefes in vollem Umfang dafür darlegungs- und beweispflichtig, dass sie für die entstandenen Schäden nicht eintrittspflichtig ist.

Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme (Vernehmung der Zeugen Q, G und E sowie Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens sowie ergänzender Anhörung des Sachverständigen T) die Beklagte zur Zahlung von 6.119,00 Euro nebst Zinsen verurteilt und die Widerklage abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, die Klageforderung als solche entspreche den Vereinbarungen der Parteien über die Vergütung der beiden berechneten Transporte und sei als solche unstreitig. Die Forderung sei auch nicht durch die von der Beklagten erklärte Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch wegen des teilweisen Verderbs der am 14.05.2004 in H geladenen und nach C4 transportierten Früchte erloschen, da ein solcher Schadensersatzanspruch aus Art. 17, 23 CMR der Beklagten nicht zustehe. Aufgrund des unstreitig guten Aussehens des Obstes zum Zeitpunkt der Verladung und aufgrund der von dem Fahrer der Klägerin auf dem Frachtbrief unterzeichneten Erklärung, dass die Temperatur des geladenen Obstes 2° bis 3° Celsius plus betragen habe, sei jedoch zunächst davon auszugehen, dass das Obst bei der Verladung ohne latenten Mangel gewesen sei. Da zum Zeitpunkt der Ausladung teilweise Temperaturen oberhalb der 2° bis 3° Celsius gemessen worden seien und da bei einem Teil der Erdbeeren bei ihrer Ankunft schon Saft ausgetreten sei, sei weiterhin zunächst davon auszugehen, dass die Beschädigung durch eine von der Klägerin zu verantwortende Temperaturerhöhung während der Fahrt eingetreten sei. In derartigen Fällen könne der Frachtführer, der den Transport mit einem Kühlfahrzeug ausführen müsse, sich gem. Art. 17 Abs. 4 lit. d CMR mit dem Verweis auf die natürliche Beschaffenheit des transportierten Gutes entlasten, wenn er entweder gem. Art. 18 Abs. 4 CMR beweise, dass er alle ihm nach den Umständen obliegenden Maßnahmen hinsichtlich der Auswahl, Instandhaltung und Verwendung der Kühleinrichtungen getroffen habe oder wenn er beweise, dass das transportierte Obst zum Zeitpunkt der Ladung einen latenten Mangel aufgewiesen habe, insbesondere nicht hinreichend vorgekühlt gewesen sei und dies die Schadensursache gewesen sei. Die Klägerin habe hier zwar nicht zur vollen Überzeugung des Gerichts bewiesen, dass sie alle mit den Kühleinrichtungen des Fahrzeugs zusammenhängenden Maßnahmen beachtet habe. Die Klägerin habe aber bewiesen, dass ein Teil der geladenen Erdbeeren nicht ordnungsgemäß vorgekühlt verladen worden sei und dass der Schaden daraus entstanden sei.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Streithelferin der Beklagten, der sich die Beklagte angeschlossen hat. Nach ihrer Ansicht sei die Beweiswürdigung des Landgerichts falsch. Das Landgericht habe nicht zweifelsfrei festgestellt, dass der Fahrer der Klägerin das Kühlaggregat auf die richtige Temperatur eingestellt habe und dieses beständig und einwandfrei funktioniert habe, so dass die Klägerin den Beweis gem. Artikel 18 Abs. 4 CMR nicht geführt habe. Zudem verstoße es gegen allgemeine Erfahrungssätze, dass der Zeuge Q ausgerechnet an den Paletten gemessen habe, die ordnungsgemäß vorgekühlt gewesen seien. Selbst wenn die Vorkühlung mangelhaft gewesen sei, könne nicht festgestellt werden, dass dadurch der Schaden eingetreten sei.

Die Beklagte und die Streithelferin beantragen,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil mit näheren Darlegungen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen Q und G2. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Berichterstattervermerke vom 15.05.2008 (Bl. 356 - 357 GA) und vom 11.09.2008 (Bl. 401 - 404 GA) verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen und die Verhandlungsprotokolle Bezug genommen.

B.

Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg.

Vorliegend hat der Senat über eine Berufung der Beklagten und ihrer Streithelferin zu entscheiden. Nachdem die Beklagte sich dem Antrag ihrer Streithelferin angeschlossen hat, gilt die ursprüngliche Berufung der Streithelferin als Berufung der Beklagten, da die ursprüngliche Berufung als namens der Beklagten eingelegt anzusehen ist (vgl. Zöller-Vollkommer, ZPO, 26. Auflage (2007), § 67 Rn. 5). Diese Berufung ist unbegründet.

I. Der Klägerin steht der zuerkannte Anspruch auf Zahlung von 6.119,00 Euro gegen die Beklagte zu.

1. Dass der Klägerin gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung wegen der von ihr durchgeführten Transporte vom 04.05.2004 (von L nach W3 und D), vom 07.05.2004 (von Q und W2 nach I2, S und I3) und vom 14.05.2004 (von H nach G und C4) entsprechend den beiden Rechnungen vom 12.05.2005 über 3.712,00 Euro und vom 17.05.2004 über 2.407,00 Euro, insgesamt 6.119,00 Euro, zusteht, ist zwischen den Parteien nicht im Streit und wird von der Berufung auch nicht angegriffen.

2. Der Anspruch der Klägerin ist nicht durch Aufrechnung mit der Schadensersatzforderung der Beklagten in ihrer an die Klägerin adressierten Rechnung vom 26.05.2004 über 8.236,64 Euro gem. § 389 BGB erloschen. Denn die Gegenforderung, die allein auf Art. 17 Abs. 1 CMR gestützt werden kann, ist unbegründet, weil die Voraussetzungen des Art. 17 Abs. 1 CMR nicht festgestellt werden können.

a. Art. 17 Abs. 1 CMR ist anzuwenden, weil es sich um einen Transport von Spanien nach Deutschland - beides Vertragsstaaten des CMR - und damit um einen Transport im grenzüberschreitenden Warenverkehr mit Lastkraftwagen handelt. Die Klägerin war auch gewerbliche Frachtführerin im Sinne des Artikel 17 Abs. 1 CMR und nicht Spediteurin, da die Parteien den Transport zu fixen Kosten vereinbart haben. In dem Auftrag vom 12.05.2004 (Bl. 80) heißt es hinsichtlich des Frachtpreises nämlich: "2.000,00 all in".

b. Die Beklagte hat die weitere Voraussetzung des Artikel 17 Abs. 1 CMR, dass nämlich das von der Klägerin zu transportierende Gut zwischen der Übernahme und der Ablieferung teilweise beschädigt worden ist, nicht bewiesen. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die beanstandeten Früchte schon bei der Übernahme durch die Klägerin als Frachtführerin in Ordnung, nämlich ausreichend vorgekühlt, waren.

aa. Die Beklagte hat - anders als das Landgericht es gesehen hat - als Auftraggeberin des Frachtauftrages die Beweislast dafür, dass die Früchte bei dem Verladen am 14./15.05.2004 eine Vorkühlung aufwiesen, die eine beanstandungsfreie Auslieferung am Bestimmungsziel gewährleistet.

(1) Diese Beweislastverteilung entspricht der Rechtsprechung des Senats, an der er weiter festhält. Danach hat der verfügungsberechtigte Absender bzw. der Ersatzberechtigte die Beweislast dafür, dass das Transportgut ausreichend vorgekühlt war (Senat, Urteil vom 18.10.1984, TranspR 1985, 107 f.; vom 11.06.1990, TranspR 1990, 375 (376); vom 26.06.1997, TranspR 1998, 301 (303) und vom 02.11.1998, TranspR 2000, 361 (362)).

(2) Der Gegenansicht, die in der ungenügenden Vorkühlung einen besonderen Mangel des Gutes im Sinne von Artikel 17 Abs. 2 Var. 3 CMR sieht und den Frachtführer für das Vorliegen einer unzureichenden Vorkühlung als beweispflichtig ansieht (OLG Schleswig, VersR 1979, 141 (142); Koller, Transportrecht, 6. Auflage (2007), Art. 18 CMR, Rn. 6), ist nicht zu folgen. Ist der Transport gekühlten Gutes vorgesehen, verkennt diese Ansicht nämlich, dass sich das Frachtgut bei der Übergabe an den Frachtführer nur dann in ordnungsgemäßem Zustand befindet, wenn es bereits zu diesem Zeitpunkt zureichend vorgekühlt ist. Insoweit ist - zunächst - allein das Vorliegen der die Haftung gem. Artikel 17 Abs. 1 CMR begründeten Umstände betroffen, nicht aber eine etwaige Haftungsbefreiung gem. Artikel 17 Abs. 2 CMR (Senat, Urteil vom 26.06.1997, TranspR 1998, 301 (303); Brandenburgisches OLG, Urteil vom 29.03.2000, TranspR 2000, 358 (359)). Artikel 17 Abs. 2 CMR kommt erst zur Anwendung, wenn feststeht, dass der Schaden während der Obhutzeit des CMR-Frachtführers eingetreten ist. Gerade daran fehlt es aber, wenn nicht geklärt werden kann, ob das Transportgut zureichend vorgekühlt war.

(3) Aus demselben Grunde lässt sich auch aus Artikel 17 Abs. 4 lit. d CMR - auf den das Landgericht zu Unrecht abstellt - eine Beweiserleichterung nicht herleiten, auch wenn Art. 18 Abs. 4 CMR den Beweis der einen Fall des Artikel 17 Abs. 4 lit. d CMR begründenden tatsächlichen Umstände dem Frachtführer auferlegt. Auch Artikel 17 Abs. 4 CMR, der - ebenso wie Artikel 17 Abs. 2 CMR - eine ausnahmsweise Befreiung des Frachtführers von der Haftung gem. Artikel 17 Abs. 1 CMR vorsieht, kann erst zum Tragen kommen, wenn positiv festgestellt ist, dass ein Fall der Haftung gem. Artikel 17 Abs. 1 CMR grundsätzlich gegeben ist (Brandenburgisches OLG, Urteil vom 29.03.2000, TranspR 2000, 358 (359)).

(4) Es greift auch keine Beweislastumkehr zugunsten der Beklagten ein.

(a) Der Senat hat eine Beweislastumkehr angenommen, wenn der Frachtführer verpflichtet ist, die Übernahmetemperatur zu messen, und er dies nicht tut (Senat, Urteil vom 02.11.1998, TranspR 2000, 361 (362)). Eine solche Verpflichtung zur Messung der Übernahmetemperatur besteht bei einem CMR-Transport für den Frachtführer aber grundsätzlich nicht (Senat, Urteil vom 26.06.1997, TranspR 1998, 301 (302)). Sie ergibt sich auch nicht aus dem Beförderungsauftrag vom 12.05.2004 (Bl. 80 GA) und insbesondere nicht aus der dortigen Bestimmung zur Kühltemperatur "Lt. Anweisung des Verladers". Denn mit dieser Bestimmung ist ersichtlich nur gemeint, dass die Temperatur in dem Laderaum des Lkw bei Durchführung des Transportes den durch den Verlader vorgegebenen Werten entsprechen muss, nicht aber, dass die entsprechende Vorkühlung von dem Frachtführer zu überprüfen ist.

(b) Eine Umkehr der Beweislast lässt sich auch nicht im Hinblick auf die Unterzeichnung des Frachtbriefes durch den Zeugen Q am 14.05.2004 herleiten.

Zwar hat der Senat eine Beweislastumkehr erwogen, wenn der Frachtführer eine ausreichende Übernahmetemperatur bestätigt hat und später eine mangelhafte Vorkühlung einwendet. Aus der Bestätigung einer ausreichenden Vorkühlung folgt dann, dass der Frachtführer sich entlasten und eine unzureichende Vorkühlung beweisen muss (Senat, Urteil vom 02.11.1998, TranspR 2000, 361 (362)). Diese Voraussetzungen liegen aber nicht vor.

Der Unterschrift des Fahrers Q der Klägerin unter dem Frachtbrief lässt sich nicht der Erklärungsgehalt beimessen, dass der Fahrer damit eine ausreichende und ordnungsgemäße Vorkühlung bestätigt hat. Unerheblich davon, ob er den Frachtbrief bereits vor dem Verladen unterzeichnet hat oder nach dem Verladevorgang, geht der dieser Erklärung beizumessende Inhalt lediglich dahin, dass der Unterzeichner die dort wiedergegebene Tatsache nur soweit bestätigt, wie er sie aufgrund eigener Wahrnehmung auch bestätigen kann. Damit beschränkt sich der Erklärungswert dahin, dass bei den nach den Bekundungen des Zeugen Q von ihm durchgeführten stichprobenartigen, punktuellen Messungen die im Frachtbrief angegebenen Temperaturen von 2° bis 3° C gemessen worden sind.

(c) Eine Beweislastumkehr folgt auch nicht aus Art. 9 Abs. 1 CMR. Denn die Beweiswirkungen des Art. 9 Abs. 1 CMR betreffen nach dessen Wortlaut nur die Übernahme des Gutes durch den Frachtführer als solche (vgl. Koller, a.a.O., Art. 9 CMR Rn. 2), also nicht einen bestimmten Zustand des Gutes, wie etwa hier deren Vorkühlung.

(d) Die Vorkühlung betrifft auch keinen in Art. 9 Abs. 2 CMR genannten Fall. Seinem eindeutigen Wortlaut nach bezieht sich diese Vermutungsregelung nämlich nur auf den äußerlichen Zustand des Gutes und seiner Verpackung. Der äußerliche Zustand der Früchte war gekennzeichnet durch oberflächliche Trockenheit und Härte. Über diesen äußerlichen Zustand hinaus erstreckt sich die Vermutungswirkung des Artikel 9 Abs. 2 CMR nicht auch auf eine ausreichende Vorkühlung oder Übernahmetemperatur. Denn der innerliche Zustand des Gutes wird von Art. 9 Abs. 2 CMR nicht erfasst (vgl. Koller, a.a.O., Art. 9 CMR Rn. 3 bei Fußnote 18 unter Hinweis auf BGH, Urteil vom 08.06.1988, VersR 1988, 952 (953)).

Soweit vereinzelt unter Berufung auf Art. 9 Abs. 2 CMR vertreten wird, es sei Sache des Frachtführers, die Vermutung des "reinen" Frachtbriefes für ausreichende Vorkühlung zu widerlegen, wenn er die mangelhafte Vorkühlung bei der Übernahme nicht im Frachtbrief vermerkt hat (vgl. Basedow in Münchener Kommentar zum HGB, 1997, Artikel 18 CMR Rn. 23), ist dem nicht zu folgen. Denn diese Meinung übersieht, dass Artikel 9 CMR nicht analog anwendbar ist, weil es an einer umfassenden Überprüfungspflicht des Frachtführers fehlt (vgl. Koller, a.a.O., Art. 9 CMR Rn. 3).

bb. Die Beklagte hat den ihr obliegenden Beweis nicht geführt, dass die beanstandeten Früchte schon bei der Übernahme durch die Klägerin ausreichend vorgekühlt waren.

(1) Eine ausreichende Vorkühlung steht nicht aufgrund der Unterschrift des Fahrers Q der Klägerin unter dem Frachtbrief fest. Wie bereits dargelegt, führt dies nicht zu einer Umkehr der Beweislast. Im Rahmen der Beweiswürdigung unterliegt die mit der Unterschrift verbundene Bestätigung - wie eine Quittung (vgl. dazu Palandt-Grüneberg, BGB, 67. Auflage (2008), § 368 Rn. 4) - hinsichtlich ihrer materiellen Beweiskraft der freien Beweiswürdigung. Danach hat der Fahrer Q aus den zuvor unter B I 2 b. aa. (4) (b) dargelegten Gründen damit keine ausreichende und ordnungsgemäße Vorkühlung bestätigt.

Hinzu kommt, dass nach den Bekundungen des Zeugen Q, an denen zu zweifeln für den Senat kein Anlass besteht, ihm auch nicht die ausreichende Gelegenheit zur Durchführung von Messungen gewährt wurde. Der Zeuge Q hat in seiner Vernehmung durch den Senat bekundet, er sei nach dem Verladen der ersten vier Paletten abgewiesen worden und sei erst auf Umwegen wieder zu der Laderampe gelangt. Er hatte damit nicht die Gelegenheit, fortlaufend und in ausreichendem Umfang die Messungen durchzuführen.

(2) Durch das von der Streithelferin der Beklagten vorgelegte Verladeprotokoll vom 14.05.2004 (Bl. 217, 218 GA) ist eine ausreichende Vorkühlung der Ware nicht bewiesen. Dem Verladeprotokoll sind zunächst vier verschiedene Messungen zu entnehmen. Die erste Messung erfolgte bei dem Verbringen der Ware in das Kühlhaus, wobei der genaue Zeitpunkt der Messung nicht festgehalten wurde. Sodann erfolgten weitere Kontrollmessungen um 21.30 Uhr und um 24.00 Uhr. Eine letzte Messung erfolgte bei dem Verladen der Ware in den Lkw der Klägerin gegen 01.00 Uhr. Diese ergab jeweils Messwerte zwischen 1° und 3°, also der Temperatur, die der Fahrer Q der Klägerin während der Fahrt entsprechend dem Frachtbrief einzuhalten hatte.

(3) Gleichwohl reichen diese Messungen - auch nicht im Zusammenhang mit den Bekundungen des Zeugen G2 - aus, um eine ausreichende Vorkühlung zu beweisen. Denn der Zeuge G2 hat bekundet, dass die Lieferung aus insgesamt 33 Paletten bestanden habe und pro Palette jeweils nur eine stichprobenartige Messung mit einem Laser-Messgerät erfolgt sei. Nach den Bekundungen des Zeugen ist folglich davon auszugehen, dass in dem Verladeprotokoll für jede der insgesamt 33 Paletten jeweils ein Messwert pro Messung dokumentiert wurde. Die Dokumentation nur eines Messwertes pro Palette für jede Messung genügt aber nicht, um eine hinreichend klare Überzeugung von der Verlässlichkeit und Signifikanz dieses einen Messwertes für die Temperaturen auf der gesamten Palette zu vermitteln. Denn nach den Bekundungen des Zeugen G2 befanden sich auf jeder Palette 92 Kartons, wobei jeder Karton 10 Schalen mit Erdbeeren beinhaltete. Bei insgesamt 920 Schalen mit Erdbeeren ist eine einzige stichprobenartige Messung jedenfalls nicht ausreichend. Die Untersuchung von nur etwa 0,1% der Gesamtware einer Palette kann für den Zustand dieser Palette insgesamt nicht repräsentativ sein.

(4) Auch den Bekundungen des Zeugen Q ist eine ausreichende Vorkühlung nicht zu entnehmen. Der Zeuge hat in seiner Vernehmung durch das Landgericht bekundet, er habe mit dem von ihm mitgeführten Messgerät jede zweite der insgesamt 33 Paletten gemessen. Dabei habe er jeweils die Temperatur von den an der Seite stehenden Erdbeeren gemessen, nicht aber von den in der Mitte der Palette stehenden Erdbeeren, weil er dort nicht herangekommen sei. In seiner Vernehmung durch den Senat hat der Zeuge Q sodann bekundet, er habe lediglich an den ersten und den letzten vier Paletten, insgesamt also an acht Paletten, Messungen vorgenommen, und zwar an drei bis vier Kartons pro Palette. Die so durchgeführten Messungen - die nach den Bekundungen des Zeugen jeweils Temperaturen von 2° bis 3° C ergaben - reichen aber ebenfalls nicht aus, um eine hinreichende Vorkühlung anzunehmen, weil auch diese Messungen nur stichprobenartig erfolgen konnten und mindestens bei der Hälfte der Paletten die Temperatur der Erdbeeren von dem Zeugen nicht gemessen wurde.

(5) Schließlich kommt hinzu, dass die Beklagte die plausiblen und nachvollziehbaren Feststellungen des erstinstanzlich bestellten Sachverständigen T nicht ausgeräumt hat. Der Sachverständige gelangt in der zusammenfassenden Beurteilung in seinem schriftlichen Gutachten vom 19.06.2006 und im Rahmen seiner ergänzenden Anhörung am 22.05.2007 zu der Einschätzung, dass die Temperaturmessergebnisse des Havarie-Kommissars E bei Ankunft der Ware in C4 darauf hindeuten, dass eine Teilpartie der Ladung in Spanien nicht ordnungsgemäß vorgekühlt verladen wurde. Bei einer ordnungsgemässen Vorkühlung der Ware auf die Temperatur von +2° bis + 3° in Spanien wären vielmehr die von dem Zeugen E gemessenen unterschiedlichen Temperaturen in der Weise, dass die Erdbeeren in der Mitte der Palette am wärmsten und die Erdbeeren darüber und darunter kälter waren, bei dem palettierten Gut nicht zu erwarten gewesen. Bei einer ordnungsgemäßen Vorkühlung wäre bei einer Fehlfunktion des Kühlaggregates des Lkw?s vielmehr zu erwarten gewesen, dass sich die Erdbeeren mit den höchsten Temperaturen im oberen Bereich befinden und die Temperatur ungefähr gleichmäßig von oben nach unten geringer wird.

II. Die auf §§ 286 Abs. 3, 288 Abs. 2 BGB gestützte Zuerkennung des Zinsanspruches wird von der Berufung nicht angegriffen.

III. Die Abweisung der Widerklage steht nicht zur Überprüfung durch den Senat.

IV. Die Kostenentscheidung und die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgen aus §§ 97 Abs. 1, 101, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

V. Der Senat hat die Frage der Zulassung der Revision gemäß § 543 ZPO geprüft und hiervon abgesehen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und eine Entscheidung des Revisionsgerichts auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Rechtsfortbildung oder zur Wahrung einer einheitlichen Rechtsprechung angezeigt erscheint.

Ende der Entscheidung

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