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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 03.09.2007
Aktenzeichen: 18 U 179/06
Rechtsgebiete: BGB, HGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 164
BGB § 195
BGB § 199 Abs. 1 Nr. 2
BGB § 254 Abs. 1
BGB § 254 Abs. 2 S. 1
BGB § 280 Abs. 1
BGB § 280 Abs. 1 S. 1
BGB § 652
HGB § 92
HGB § 92 Abs. 1
HGB § 93
ZPO § 141
ZPO § 160 Abs. 2
ZPO § 165
ZPO § 165 S. 1
ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2
ZPO § 256 Abs. 1
ZPO § 285 Abs. 1
ZPO § 286 Abs. 1
ZPO § 279 Abs. 3
ZPO § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 1
ZPO § 543
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 08. September 2006 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Arnsberg nebst dem zugehörigen Verfahren aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten des Berufungsrechtszuges an das Landgericht zurückverwiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Es beschwert beide Parteien in Höhe bis zu 45.000,00 €; die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

A.

Der Kläger macht gegen den Beklagten Feststellungsansprüche wegen angeblicher Schlechtberatung geltend.

Der Kläger ist selbständiger Zahnarzt und unterhielt bei der W eine private Berufsunfähigkeitsversicherung. Diese hätte im Falle einer bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit eine monatliche Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von 1.278,23 € erbracht.

Im Jahr 2002 nahm der Beklagte, der ausweislich des von ihm in Ablichtung zur Akte gereichten Handelsvertretervertrages vom 19.09.1999 (Bl. 39 bis 44 GA) als Handelsvertreter für die Firma B in I tätig war, Kontakt zum Kläger auf. Der Beklagte erstellte in der Folgezeit ein Deckungs- und Anlagekonzept für den Kläger, das sich auch auf die Arbeitskraftabsicherung des Klägers bezog. Er bot dem Kläger als Ersatz für die bestehende Berufsunfähigkeitsversicherung bei der W eine sogenannte "Dread-Disease-Police" der "T"-Versicherung an. Während die Berufsunfähigkeitsversicherung eine Risikoversicherung darstellt, die das Risiko, dass der Versicherungsnehmer berufsunfähig wird, mit einer monatlich zu zahlenden Berufsunfähigkeitsrente absichert, handelt es sich bei der sogenannten "Dread-Disease-Versicherung" um eine Absicherung gegen näher bezeichnete einzelne schwere Krankheiten. Später ging die "T"-Versicherung in die "D" über. Diese teilte dem Kläger auf entsprechende Anfrage mit Schreiben vom 24.05.2005, wegen dessen Inhalt auf Bl. 12 GA Bezug genommen wird, mit, die Versicherung biete dem Kläger finanzielle Absicherung für den Fall des Eintritts bestimmter schwerer Krankheiten. Eine Berufsunfähigkeitsrente wegen Erkrankung der Wirbelsäule und des Geistes sei im Vertrag nicht versichert.

Der Kläger hat behauptet, insbesondere auf den Punkt "Erkrankung der Wirbelsäule" besonderen Wert gelegt zu haben. Er sei vom Beklagten nicht darüber aufgeklärt worden, dass die "Dread-Disease-Versicherung" nur bestimmte schwere Krankheiten versichere, nicht aber die Berufsunfähigkeit als solche, insbesondere nicht die aufgrund einer schweren Rückenerkrankung. Der Beklagte sei ihm gegenüber nicht als Handelsvertreter aufgetreten, sondern als selbständiger Finanzdienstleister. Das ergebe sich auch aus einem anderweitig zwischen ihm und dem Beklagten geführten Rechtsstreit (1 O 540/05 LG Arnsberg), in dem der Beklagte dies zugestanden habe.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass der Beklagte für den Fall, dass der Kläger gemäß den Bedingungen der vormals beim W, #### E, unterhaltenen Berufsunfähigkeitsversicherung (Versicherungsnummer: #######) berufsunfähig werden sollte und keine Leistungen aus der Dread-Disease-Versicherung bei der D, Niederlassung für Deutschland I-Weg, ####2 L (Versicherungsnummer: ####### [ehemals T]), erhalten sollte, verpflichtet ist, dem Kläger Schadenersatz in Höhe der monatlichen Berufsunfähigkeitsrente der ehemaligen Berufsunfähigkeitsversicherung beim W (Versicherungsnummer: #######) in Höhe von 1.287,23 € längstens bis zum 01.10.2027 für die Dauer der bedingungsgemäßen Leistungszeit zu zahlen,

2. weiterhin festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihn von seinen nicht anrechenbaren außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 870,58 € freizustellen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat behauptet, er sei gegenüber dem Kläger nicht als selbständiger Finanz-dienstleister aufgetreten, sondern als Vertreter der Firma B. Im Übrigen liege eine Falschberatung durch ihn nicht vor: Er habe den Kläger darauf hingewiesen, dass die Versicherung bei der "T" nur bestimmte, schwere Erkrankungen umfasse, beispielsweise Herzinfarkt, Schlaganfall, multiple Sklerose, chronische Rückenbeschwerden oder den Verlust bestimmter Gliedmaßen; ferner sei auch die Versicherung der Berufsunfähigkeit beantragt worden. Hierneben habe der Vertrag bei der "T" den Vorteil eines zusätzlichen Vermögensaufbaus geboten, wie aus dem Versicherungsschein hervorgehe. Im Übrigen hat der Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben mit der Begründung, dem Kläger hätten spätestens im August 2002 sämtliche Unterlagen vorgelegen, so dass Verjährung mit Ablauf des Jahres 2005 eingetreten sei.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, nachdem es die vom Kläger benannte Zeugin H zu dessen Behauptung vernommen hat, der Beklagte sei ihm gegenüber als selbständiger Finanzdienstleister aufgetreten. Zur Begründung hat die Kammer ausgeführt, dass dem Kläger gegen den Beklagten kein Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB zustehe. Selbst im Falle einer Falschberatung würde der Beklagte nicht selbst haften. Aus § 280 Abs. 1 BGB ergebe sich ein Schadensersatzanspruch nur gegen den Vertragspartner. Es fehle an einem Vertragsverhältnis zwischen den Parteien. Insbesondere sei kein Versicherungsmaklervertrag im Sinne der §§ 93 HGB, 652 BGB zustande gekommen. Der Beklagte habe unwidersprochen vorgetragen und durch Vorlage einer Ablichtung des zwischen ihm und der Firma B mbH abgeschlossenen Handelsvertretervertrages belegt, dass er nicht als (unabhängiger) Versicherungsmakler tätig gewesen sei, sondern als Versicherungsvertreter im Sinne des § 92 Abs. 1 HGB. Diesen treffe persönlich keine Haftung. Der Beklagte hafte auch nicht als "Pseudomakler". Es sei nicht bewiesen, dass der Kläger das Auftreten des Beklagten so verstehen konnte, dieser sei Versicherungsmakler und wolle einen Versicherungsmaklervertrag mit ihm abschließen. Zwar habe der Kläger im Rahmen seiner gemäß § 141 ZPO erfolgten persönlichen Anhörung ein entsprechendes Auftreten des Beklagten wiedergegeben. Jedoch habe der Beklagte dezidiert dargelegt, er habe bei seinem ersten Besuch dem Kläger gegenüber erklärt, er sei Vertriebsleiter der Firma B; außerdem habe er dem Kläger erklärt, was das Kürzel "B" bedeute. Danach habe für den Kläger klar sein müssen, dass der Beklagte nicht als selbständiger Versicherungsmakler oder Finanzdienstleister auftrat. Eine überwiegende Glaubwürdigkeit einer der angehörten Parteien habe die Kammer nicht feststellen können. Für die Richtigkeit des Beklagtenvortrags spreche vielmehr, dass der Kläger sich in einzelnen Details nicht mehr habe erinnern können, sowie der Umstand, dass der Beklagte nicht von sich aus den Kläger kontaktiert habe, sondern auf Bitten des zuvor als Versicherungsvertreter an den Kläger herangetretenen Herrn X. Die gemäß § 286 Abs. 1 ZPO für eine Verurteilung des Beklagten erforderliche Gewissheit, dieser sei wie ein Versicherungsmakler gegenüber dem Kläger aufgetreten, ergebe sich auch nicht aus der Aussage der als Zeugin vernommenen Ehefrau des Klägers. Diese habe freimütig eingeräumt, ihr gegenüber habe der Beklagte keine Angaben hinsichtlich seiner beruflichen Funktion gemacht. Die sich daraus ergebende Nichterweislichkeit der Frage, ob der Beklagte wie ein Versicherungsmakler gegenüber dem Kläger aufgetreten ist, führe zur Abweisung der Klage. Denn dem Kläger, der ein solches Auftreten des Beklagten behauptet habe, habe es oblegen, den Beweis zu führen, dass diese Behauptung zutreffend ist. Schließlich lägen auch die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch aufgrund einer Inanspruchnahme eines besonderen Vertrauens nicht vor.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung des Klägers. Er rügt, dass das Landgericht rechtsfehlerhaft angenommen habe, dass zwischen den Parteien kein Versicherungsmaklervertrag zustande gekommen sei. Er macht geltend, dass das Landgericht die Beweislast des Beklagten für dessen Vertretereigenschaft verkannt habe. Er ist der Ansicht, er habe davon ausgehen müssen, dass der Beklagte ein Versicherungsmakler sei. Dazu wiederholt er sein erstinstanzliches Vorbringen, dass der Beklagte sich weder als Vertreter der B GmbH vorgestellt noch eine Visitenkarte der B GmbH vorgelegt habe. Dies habe die Zeugin H bestätigt. Der Beklagte habe vielmehr behauptet, dem Kläger über seinen Zugang zu diversen Maklerpools und durch seine vielfältigen Anbindungen jedes Produkt beschaffen zu können. Nunmehr stehe dem Kläger eine Kopie seines Antrages vom 12.05.2002 zur Verfügung, der keinen Stempel der B GmbH, sondern einen der O AG in E aufweise. Hieraus ergebe sich, dass der Beklagte nicht für die B GmbH gehandelt habe. Vielmehr sei er in der Vergangenheit für eine Vielzahl von Vermittlungsunternehmen, mithin als freier Makler tätig geworden. Der Beklagte habe dem Kläger zur Abheftung der Versicherungsunterlagen einen Ordner der Q GmbH in I überreicht. Auch die weiteren Verträge, die der Beklagte dem Kläger vermittelt habe, seien nicht von der B GmbH policiert worden. Vielmehr würden Schreiben der jeweiligen Versicherungen als Vermittler die O AG in I bzw. die O2 AG mit Sitz in I ausweisen. Mit Schreiben vom 09.06.2004 habe der Beklagte schließlich mitgeteilt, dass er nicht mehr ausschließlich für die Firma Q GmbH tätig sei. Aus dem Stempel der O AG auf dem Antragsformular habe sich keine erkennbare Stellvertretung ergeben, da der Antrag erst nach Unterzeichnung durch den Kläger und anschließendem Eingang bei der O AG von dieser abgestempelt worden sei. Die Anbindung an andere Maklerunternehmen zur Einreichung von Versicherungsanträgen ändere nichts am Status des Beklagten als selbständiger Versicherungsmakler.

Der Kläger ist der Ansicht, dass ihm trotz seiner weiteren Berufsunfähigkeitsabsicherung beim Versorgungswerk der Zahnärztekammer ein Schaden entstehen könne, da die Absicherung beim Versorgungswerk keine Schadens-, sondern eine Summenversicherung sei. Zudem setze eine Leistung des Versorgungswerkes die Rückgabe der Approbation voraus, während die private Berufsunfähigkeitsversicherung schon dann leisten würde, wenn der Kläger lediglich weniger als 50 % berufsfähig sei.

Hilfsweise beruft sich der Kläger auf eine Haftung des Beklagten nach den Grundsätzen der c.i.c., da der Beklagte in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch genommen habe. Diese Inanspruchnahme folge daraus, dass der Beklagte in einer für den Kläger existentiellen Frage (Absicherung der Berufsunfähigkeit) die falsche Zusage gemacht habe, die Dread-Disease-Versicherung bei der T beinhalte mindestens das Leistungsangebot der Berufsunfähigkeitsversicherung der W Versicherung und trage darüber hinausgehend noch zu einer Kapitalanlage bei. Der Beklagte habe sich als Versicherungsfachmann ausgegeben und auf Nachfragen des Klägers die Deckungsgleichheit der Versicherungen mehrfach bestätigt.

Zur Rüge des Beklagten, der Antrag sei zu weit formuliert, trägt der Kläger vor, dass er die Ersatzleistung des Beklagten ausdrücklich unter den einschränkenden Vorbehalt gestellt habe, dass der Beklagte nur dann leisten müsse, wenn er aus der früheren Berufsunfähigkeitsversicherung Leistungen hätte beanspruchen können, für die aus der Dread-Disease-Versicherung kein Versicherungsschutz bestehe. In diesem Fall stünden dem Beklagten sämtliche Einwendungen eines Versicherers gegen die fiktive Inanspruchnahme zu.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des LG Arnsberg vom 08.09.2006 - 1 O 110/06 - festzustellen, dass der Beklagte für den Fall, dass der Kläger gemäß den Bedingungen der vormals bei der W, #### E, unterhaltenen Berufsunfähigkeitsversicherung (Versicherungsnummer: #######) berufsunfähig werden und keine Leistungen aus der Dread-Disease-Versicherung bei der D, Niederlassung für Deutschland, I-Weg, ####2 L (Versicherungsnummer: ####### [ehemals: T, ... Irland]), erhalten sollte, verpflichtet ist, dem Kläger Schadenersatz in Höhe der monatlichen Berufsunfähigkeitsrente der ehemaligen Berufsunfähigkeitsversicherung bei der W (Versicherungsnummer: #######) in Höhe von monatlich 1.287,23 € für die Dauer der bedingungsgemäßen Leistungszeit, längstens bis zum 01.10.2027, zu zahlen sowie den Kläger von den nicht auf die Verfahrensgebühr anrechenbaren außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 870,58 € freizustellen,

hilfsweise, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Er hält allerdings schon den Antrag des Klägers für unzulässig. Die Formulierung des Antrags unterstelle, dass der Kläger ohne die Prüfung weiterer Anspruchsvoraussetzungen schon in jedem Fall dann Leistungen aus der W erhalten hätte, wenn er berufsunfähig geworden wäre. Entscheidend sei aber nicht nur die Berufsunfähigkeit als solche, sondern ob der Kläger einen Leistungsanspruch gehabt hätte. Dieser hänge aber auch davon ab, ob dem ursprünglichen Versicherer Verweigerungsrechte aus anderen Gründen zustehen würden. Der Antrag erfasse ferner alle Fälle, in denen die D keine Leistungen gewähre, unabhängig vom Grund der Nichtleistung.

Dass der Kläger nicht in eigenem Namen gehandelt habe, habe sich schon daraus ergeben, dass der Antrag einen Stempel der O AG aufweise, für die die B GmbH als Untervermittlerin tätig geworden sei, und eine "Beraternummer" des Beklagten angegeben sei. Der Beklagte sei nicht für eine Vielzahl von Vermittlungsunternehmen tätig geworden, sondern lediglich für die B mbH, die über Schwesterunternehmen wie die O AG die Versicherungsanträge bei den Versicherern eingereicht habe. Im Übrigen habe es sich um ein unternehmensbezogenes Geschäft gehandelt.

Der Beklagte müsse auch deshalb nicht haften, weil der Kläger die Option "Rente vor Alter 60 ab 50%iger BU wegen chronischer Erkrankungen der Wirbelsäule oder des Geistes" im Antragsformular bewusst nicht ausgewählt habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen und die Verhandlungsprotokolle Bezug genommen. Die Akte des Verfahrens 1 O 540/05 LG Arnsberg war beigezogen.

B.

Die Berufung des Klägers hat vorläufig Erfolg. Der Senat hat von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, das angefochtene Urteil gemäß § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO aufzuheben und die Sache an das Landgericht zurückzuverweisen.

I. Die Voraussetzungen des § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO liegen vor, weil das Verfahren des ersten Rechtszuges an einem wesentlichen Verfahrensmangel leidet und aufgrund dieses Mangels eine umfangreiche Beweisaufnahme notwendig ist.

1. Der erforderliche Antrag auf Aufhebung und Zurückverweisung ist vom Kläger gestellt worden. Insoweit genügt es, dass dieser Antrag - wie hier - von einer Partei hilfsweise gestellt wird (Zöller/Gummer/Heßler, ZPO, 26. Aufl., § 538 Rdnr. 4).

2. Der wesentliche Verfahrensmangel ergibt sich daraus, dass die Kammer dem Kläger unter Verstoß gegen §§ 285 Abs. 1, 279 Abs. 3 ZPO keine Gelegenheit gegeben hat, nach Vernehmung der Zeugin H zum Ergebnis der Beweisaufnahme Stellung zu nehmen. Ein Verstoß gegen diese Bestimmungen ist - schon im Hinblick auf die damit regelmäßig verbundene Verletzung des rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG - grundsätzlich als Verfahrensfehler anzusehen (BGH, NJW 1990, 121 = MDR 1989, 972; BGH, MDR 2001, 830). Im Sitzungsprotokoll findet sich kein Hinweis darauf, dass die Kammer im Anschluss an die Beweisaufnahme den Sach- und Streitstand sowie das Ergebnis der Beweisaufnahme mit den Parteien erörtert hat. Aus der Nichtprotokollierung ist gemäß § 165 ZPO zu schließen, dass die Parteien keine Gelegenheit zur abschließenden Stellungnahme hatten. Zu den wesentlichen Vorgängen der Verhandlung gemäß §§ 160 Abs. 2, 165 S. 1 ZPO gehört die Einhaltung des in §§ 279 Abs. 3, 285 Abs. 1 ZPO vorgeschriebenen Verfahrens (BGH, NJW 1990, 121 = MDR 1989, 972; BGH, MDR 2001, 830). Dieser Verfahrensmangel ist auch wesentlich. Denn er ist für das Urteil ursächlich und für das Ergebnis erheblich. Hätte die Kammer das Ergebnis der Beweisaufnahme erörtert und dem Kläger rechtliches Gehör gewährt, hätte dieser - wie die Erörterungen vor dem Senat ergeben haben - auf die fehlerhafte Beurteilung der Beweislast (siehe dazu unter II. 3.) hingewiesen. Die Kammer hätte ihre Auffassung daraufhin überdenken müssen und die Klage nicht mit ihrer Begründung zur Beweislast abweisen dürfen. Der Verfahrensfehler ist für das Ergebnis auch erheblich, da nicht feststeht, dass die Klageabweisung aus anderen Gründen richtig ist.

3. Aufgrund des Verfahrensmangels ist auch eine umfangreiche Beweisaufnahme notwendig. Denn ob der Beklagte als Vertreter aufgetreten ist, ob er eine Pflicht aus dem Versicherungsmaklervertrag verletzt hat und in welchem Umfang eine Ersatzpflicht besteht, bedarf weiterer umfassender Aufklärung, was zu weiteren Beweiserhebungen führen wird. Insoweit wird auf die Ausführungen zu II. 3., 4., 6 b) verwiesen.

II. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:

1. Klageanträge:

a) Soweit die Feststellung der Pflicht zur Leistung von Schadensersatz begehrt wird, handelt es sich um eine zulässige Feststellungsklage im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO. Zwar kann ein Feststellungsinteresse wegen eines erst künftig aus einem Rechtsverhältnis erwachsenden reinen Vermögensschadens nur angenommen werden, wenn die Wahrscheinlichkeit eines auf die Verletzungshandlung zurückzuführenden Schadens substantiiert dargetan wird (vgl. Zöller/Greger, a.a.O., § 256 Rdnr. 8 a). Dies ist hier jedoch geschehen. Indem der Kläger vorgetragen hat, dass er im Jahr 2005 bereits einen Bandscheibenvorfall hatte und eine solche Verletzung angesichts der spezifisch körperlichen Tätigkeit eines Zahnarztes zu einer Berufsunfähigkeit führen könne, hat er die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts hinreichend substantiiert dargetan. Dabei geht der Senat davon aus, dass der Kläger die Wahrscheinlichkeit weiterer Bandscheibenvorfälle konkludent miterklärt hat.

b) Der Klage fehlt aber insoweit das Feststellungsinteresse, als auch die Feststellung der Pflicht zur Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten beantragt wird. Denn insoweit kann der Kläger eine auf Freistellung oder Zahlung gerichteten Leistungsklage erheben.

c) Die Höhe der Berufsunfähigkeitsrente im Klageantrag ist mit 1.287,23 € statt mit 1.278,23 € beziffert.

d) Der Klageantrag muss das festzustellende Rechtsverhältnis bestimmt i.S.d. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO bezeichnen, da der Umfang der Rechtshängigkeit und späteren Rechtskraft feststehen muss (Zöller/Greger, a.a.O., § 256 Rdnr. 15). Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass das schadensstiftende Ereignis im Antrag zu nennen ist. Hierfür muss die geltend gemachte Falschberatung, also die Beratung dahin, dass die neue Versicherung im Hinblick auf die Berufsunfähigkeitsabsicherung mit der ehemaligen Versicherung gleichwertig gewesen ist, bestimmt benannt werden.

e) Der Kläger hat vorgetragen, er habe die Ersatzleistung des Beklagten ausdrücklich unter den einschränkenden Vorbehalt gestellt, dass der Beklagte nur dann zu leisten habe, wenn er aus der früheren Berufsunfähigkeitsversicherung Leistungen hätte beanspruchen können, für die aus der Dread-Disease-Versicherung kein Versicherungsschutz bestehe. Dies wird in den Klageantrag klarstellend aufzunehmen sein. Es muss zum Ausdruck kommen, dass die Ersatzpflicht nur besteht, soweit der Kläger berufsunfähig werden sollte und aus der Versicherung bei der W Leistungen hätte beanspruchen können, für die nach den Vertragsbestimmungen der Dread-Disease-Versicherung bei der D wegen deren geringeren Versicherungsumfangs kein oder nur ein geringerer Versicherungsschutz besteht. Ferner sind eventuelle Zahlungen aus der Versicherung bei der D abzuziehen. Alternativ kann die konkrete Schadensberechnung in diesem Prozess offen gelassen werden, indem der Klageantrag insoweit auf den Ersatz allen entstandenen oder künftig entstehenden Schadens gerichtet wird.

2. Die Einordnung des Beklagten als Versicherungsvertreter gemäß § 92 HGB ist unabhängig von der Frage, ob der Beklagte als Vertreter gemäß § 164 BGB (für eine Versicherungsmaklerfirma) gehandelt hat, unzutreffend. Ein Versicherungsvertreter steht in einem Vertragsverhältnis zu einem Versicherer (BGH, NJW 1988, 60, 61; OLG Hamm, VersR 1996, 697, 699; Kollhosser in: Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., nach § 48 Rdnr. 1). Ein solches Vertragsverhältnis des Beklagten zu einer Versicherung - etwa zur T - hat keine der Parteien dargelegt. Auch die B Vermögensberatungs- und Vermittlungsgesellschaft mbH, für die der Beklagte gehandelt haben will, stand nach dem unwidersprochenen Vortrag des Beklagten in keiner vertraglichen Beziehung zur T.

3. Entgegen der Auffassung des Landgerichts trägt der vermeintliche Vertreter die Beweislast dafür, dass er entgegen dem gesetzlichen Regelfall nicht im eigenen Namen, sondern entweder ausdrücklich im Namen eines Dritten gehandelt hat oder sein Vertreterwille erkennbar aus den Umständen zu entnehmen war (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 66. Aufl. 2007, § 164 Rdnr. 18 m.w.N.). Soweit die Stellvertretung auf ein unternehmensbezogenes Geschäft gestützt wird, obliegt die Darlegungs- und Beweislast bezüglich dessen Voraussetzungen demjenigen, der sich auf die Unternehmensbezogenheit beruft (Palandt/Heinrichs, a.a.O.; BGH, NJW 1995, 43, 44; OLG Köln, NJW-RR 1997, 670, 671), hier dem Beklagten. Dieser hat bislang jedoch keinen Beweis dafür angeboten, dass er sich als Mitarbeiter der B GmbH vorgestellt oder eine entsprechende Visitenkarte vorgelegt hat. Aus den bisher vorliegenden Gesamtumständen dürfte sich dies wohl ebenfalls nicht ergeben. Dass der Beklagte erkennbar für die B GmbH gehandelt hat, ergibt sich nicht aus dem Handelsvertretervertrag, da dieser dem Kläger nicht vorlag. Ob Herr X sich als Mitarbeiter der J GmbH vorgestellt hat, dürfte unerheblich sein, da nicht ersichtlich ist, weshalb dies etwas darüber aussagen soll, ob der Beklagte als selbständiger Vermittler aufgetreten ist. Soweit der Beklagte anführt, dass das Antragsformular einen Stempel der O AG aufweise, hat der Kläger dem - bislang unbestritten - entgegengehalten, dass das Formular erst nach Unterzeichnung durch den Kläger und Eingang bei der O AG abgestempelt worden sei. Der Beklagte macht weiter geltend, dass das Antragsformular eine Beraternummer des Beklagten aufweise. Auch hieraus dürfte aber weder eine Stellvertretung noch eine Unternehmensbezogenheit hinreichend erkennbar zutage treten. Nach alledem ist dem Beklagten Gelegenheit zu geben, zur Frage der Stellvertretung und Unternehmensbezogenheit Beweis anzutreten. Jedenfalls wird er, nachdem sich der Streitstoff inzwischen erweitert hat, erneut dazu anzuhören sein. Gegebenenfalls wird die Zeugin H insoweit als Gegenzeugin zu vernehmen sein.

4. Bei der Frage der Pflichtverletzung nach § 280 Abs. 1 S. 1 BGB ist zu berücksichtigen, dass die Pflichten des Versicherungsmaklers weit gehen. Er ist treuhänderähnlicher Sachwalter des Versicherungsnehmers (BGH, NJW 1985, 2595; OLG Hamm, VersR 1996, 697, 699). Der Versicherungsmakler schuldet eine umfassende Betreuung der Versicherungsinteressen des Versicherungsnehmers und eine dementsprechende Beratung (OLG Karlsruhe, NJW-RR 2004, 1328). Er ist insbesondere bei Nachfragen zum Umfang des Versicherungsschutzes zu einer vollständigen und richtigen Auskunft und Beratung gehalten (OLG Karlsruhe, NJW-RR 2004, 1328). Eine Pflichtverletzung liegt insbesondere vor, wenn der Vermittler dem Versicherungsnehmer, der denselben Versicherungsumfang wie bisher wünscht, eine nicht gleichwertige Versicherung vermittelt (OLG Koblenz, NJW-RR 2007, 318, 319). Selbst wenn der Versicherungsnehmer aber nicht ausdrücklich den Wunsch äußert, denselben Versicherungsumfang zu behalten, ist der Versicherungsmakler bei einem Wechsel zu einer Versicherung, die eine geringere Absicherung bietet, zur Aufklärung über den geringeren Schutz verpflichtet.

Will der Beklagte eine aus der Verletzung von Beratungs-/Aufklärungspflichten resultierende Pflichtverletzung bestreiten, muss er vortragen, wie er den Kläger aufgeklärt hat. Dem für die Pflichtverletzung beweispflichtigen Kläger obliegt es wiederum, den Beklagtenvortrag, soweit dieser erheblich ist, zu widerlegen.

Der Beklagtenvortrag ist bislang widersprüchlich. Er hat zunächst behauptet, der Versicherungsschutz habe sich u.a. auch auf chronische Rückenbeschwerden erstreckt (Bl. 21 d.A.). Weiter hat er vorgetragen, dass nach seiner Erinnerung der Kläger die Option "Rente vor Alter 60 ab 50%iger BU wegen chronischer Erkrankungen der Wirbelsäule oder des Geistes" im Antragsformular gewählt habe (Bl. 37 d.A.). Nachdem der Kläger das ausgefüllte Antragsformular zu den Akten gereicht hat, in dem die vorgenannte Rubrik nicht angekreuzt ist, behauptet der Beklagte, der Kläger habe die Absicherung der Berufsunfähigkeit bewusst nicht beantragt (Bl. 118 d. A.).

Dem Beklagten wird Gelegenheit zu geben sein, die Widersprüche auszuräumen. Sodann wird zu prüfen sein, ob sein Vorbringen erheblich ist oder ob sich schon aus seinem eigenen Vortrag eine Pflichtverletzung ergibt und sich der Kläger diesen Vortrag (hilfsweise) zu eigen macht. Der Beklagte hat selbst vorgetragen, er habe den Kläger darauf hingewiesen, dass bei der T Versicherungsschutz für bestimmte schwere Erkrankungen, unter anderem chronische Rückenbeschwerden gegeben sei (Bl. 21 d.A.). Eine solche Auskunft dürfte unrichtig sein, da chronische Rückenbeschwerden gerade nicht zu den in Anhang A der Versicherungsbedingungen genannten schweren Erkrankungen gehören, sondern über die Zusatzoption "Rente vor Alter 60 ab 50%iger BU wegen chronischer Erkrankungen der Wirbelsäule oder des Geistes" gesondert versichert werden mussten.

Sofern die vom Kläger benannte Zeugin H zur Frage der Pflichtverletzung vernommen werden sollte, wird der Beklagte aus Gründen der prozessualen Waffengleichheit gemäß § 141 ZPO anzuhören sein.

5. Der Schaden ist nicht deswegen ausgeschlossen, weil der Kläger schon durch andere Versicherungen ausreichend abgesichert wäre. Die Berufsunfähigkeitsversicherung beim W war keine Schadens-, sondern eine Summenversicherung. Der W hätte also im Falle einer bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit trotz anderer bestehender Versicherungen zahlen müssen.

6. Zur Frage eines möglichen Mitverschuldens ist Folgendes anzumerken:

a) Ob und inwieweit die Tatsache, dass der Kläger dem Antrag ohne weiteres hätte entnehmen können, dass das Kästchen "Rente vor Alter 60 ab 50%iger BU wegen chronischer Erkrankungen der Wirbelsäule oder des Geistes" nicht angekreuzt war, eine Kürzung des möglichen Anspruchs wegen Mitverschuldens gemäß § 254 Abs. 1 BGB rechtfertigt, wird zu prüfen sein. Indessen wird dabei zu beachten sein, dass sich ein Versicherungsnehmer, der einen Versicherungsmakler als Fachmann einschaltet, grundsätzlich darauf verlassen darf, dass dieser den Antrag entsprechend den Interessen des Versicherungsnehmers ausfüllt. Ist nämlich die fachgerechte Beratung und Betreuung Inhalt einer Vertragspflicht, so kann sich der pflichtwidrig handelnde Vertragspartner in der Regel nicht darauf berufen, der ihm vertrauende Geschädigte habe seine Interessen selber schützen und insbesondere mit einer Pflichtverletzung rechnen müssen. Denn um sich von derartigen Obliegenheiten zu befreien, nimmt ein Kunde gerade die Dienste eines Fachmanns in Anspruch (vgl. OLG Düsseldorf, VersR 2000, 54, 54f.).

b) Ein möglicher Schadenersatzanspruch kann wegen Verletzung der Schadensminderungspflicht des Geschädigten gemäß § 254 Abs. 2 S. 1 BGB zu kürzen sein. Insoweit wird aufzuklären sein, inwieweit der Kläger trotz seines Anfang 2005 erlittenen Bandscheibenvorfalls noch in dem ursprünglich gewünschten Umfang Versicherungsschutz hätte erlangen können, nachdem er Kenntnis davon hatte, dass der geänderte Versicherungsschutz nicht gleichwertig war. In diesem Falle käme in Betracht, dass als Schaden nur die Prämienmehrkosten geltend gemacht werden können.

7. Der mögliche Anspruch ist nicht verjährt. Der Beginn der maßgeblichen dreijährigen Verjährungsfrist des § 195 BGB setzt gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB voraus, dass der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Dies war hier erst im Jahr 2005 der Fall, als der Kläger nach seinem Bandscheibenvorfall von der D die Auskunft erhielt, dass die Berufsunfähigkeit wegen Rückenbeschwerden nicht von der Versicherung gedeckt sei. Abgesehen davon beginnt die Verjährung nicht vor Entstehung des Schadens. Sieht man insoweit den Vermögensschaden nicht erst darin, dass bei Eintritt einer Berufsunfähigkeit die Versicherung dieses Risiko nicht deckt, sondern bereits darin, dass von Anfang an kein entsprechender Versicherungsschutz bestand, führt dies zu keinem anderen Ergebnis, weil selbst für den zuletzt genannten Fall eine grobfahrlässige Unkenntnis vor der Auskunft der D nicht anzunehmen wäre.

III. Die Kostenentscheidung war dem erstinstanzlichen Schlussurteil vorzubehalten (vgl. Zöller/Gummer/Heßler, a.a.O., § 538 Rdnr. 58).

IV. Der Senat hat die Frage der Zulassung der Revision gemäß § 543 ZPO geprüft und hiervon abgesehen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und eine Entscheidung des Revisionsgerichts auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Rechtsfortbildung oder zur Wahrung einer einheitlichen Rechtsprechung angezeigt erscheint.

Ende der Entscheidung

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