Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 05.06.2001
Aktenzeichen: 18 U 203/99
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 652
BGB § 652 Abs. 1 S. 2
BGB § 873
BGB § 306
BGB § 894
ZPO § 91
ZPO § 708 Ziff. 10
ZPO § 713
Es fehlt an der wirtschaftlichen Gleichwertigkeit, wenn der vermittelte Hauptvertrag rechtlich so konzipiert ist, daß der Leistungsvertrag nie eintreten kann und der Vertrag aus Rechtsgründen unerfüllbar ist.
OBERLANDESGERICHT HAMM IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

18 U 203/99 OLG Hamm 6 O 599/98 LG Bielefeld

Verkündet am 5. Juni 2000

Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle des Oberlandesgerichts

In dem Rechtsstreit

hat der 18. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 5. Juni 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Landgericht

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 22. Juni 1999 verkündete, Urteil 6. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Es beschwert die Klägerin Höhe von 57.500,00 DM.

(Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.)

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Beklagten ist begründet.

Der Klägerin steht kein Anspruch aus einem Maklervertrag nach § 652 BGB gegenüber der Beklagten zu. Ob übereinstimmende Willenserklärungen zum Abschluß eines Maklervertrages und eine Maklerleistung vorliegen, ist schon sehr zweifelhaft. In jedem Fall fehlt es aber an der wirtschaftlichen Gleichwertigkeit zwischen dem ursprünglich beabsichtigten und dem später abgeschlossenen Vertrag.

1)

Einen schriftlichen Maklervertrag haben die Parteien nicht geschlossen. Ob der Abchluß einer mündlichen Vereinbarung schlüssig dargetan ist, ist fraglich. Zwar hat die Klägerin eine mündliche Provisionszusage durch den Beklagten persönlich behauptet. Selbst wenn dieser bestrittene wäre, so ergäbe sich daraus nicht ohne weiteres, daß der Beklagte eine eigene Vertragsbeziehung zur Klägerin begründen wollte. Zweifelhaft ist insoweit schon, ob die Klägerin von sich aus klargestellt hat, daß sie nunmehr vom Beklagten als ihrem Vertragspartner eine Provisionszahlung erwartete. Sie hatte mit der Firma D von deren Komplementär GmbH der Beklagte der Geschäftsführer war, im Rahmen einer Art von Untermaklervertrag vereinbart, daß die D einen Käufer vermitteln und im Erfolgsfall eine Provisionsteilung erfolgen sollte. Es liegt deshalb nahe, daß eine etwaige Zahlungszugsage des Beklagten im Zusammenhang mit der Verpflichtung der D, die Hälfte einer zu vereinbarenden und zu vereinnahmenden Provision an die Klägerin abzuführen, steht und für die D abgegeben wurde. Dafür, daß es zu der Zusage der Zahlung im Zusammenhang mit der vorherigen oder künftigen Entgegennahme von Maklerleistungen, insbesondere Vermittlungsleistungen, die den Beklagen selbst betrafen, gekommen ist, fehlt es bislang an eindeutigem Vorbringen.

2)

Wenn ein Maklervertrag geschlossen worden ist, so ist problematisch, welche Maklerleistungen die Klägerin erbracht hat. Ein Nachweis scheidet im vorliegenden Fall aus. In der Mitteilung der Vertragsgelegenheit an die Firma D im Rahmen der vorgesehenen Zusammenarbeit ist kein solcher im Verhältnis zum Beklagten zu sehen. Genau dadurch hat aber der Beklagte von der Gelegenheit zum Erwerb der Gesellschaftsanteile erfahren. Die Klägerin könnte allerdings im Auftrag des Beklagten mit dem bekannten Vertragspartner Verhandlungen mit dem Ziel eines Vertragsabschlusses geführt haben. Wenn sie dabei bewußt auf die künftigen Vertragspartner eingewirkt und deren Abschlußbereitschaft herbeigeführt hätte, so wäre darin eine Vermittlungsleistung zu sehen. Es ist aber nicht vorgetragen, in welcher Weise der Vertragsabschluß durch die Klägerin gefördert worden sein soll. Die bloße Zusammenführung und körperliche Anwesenheit des Zeugen M bei Verhandlungen würden nicht ausreichen.

3)

Entscheidend ist aber, daß es am Zustandekommen eines dem beabsichtigten Hauptvertrag wirtschaftlich gleichwertigen Vertrages fehlt.

a)

Durch eine etwaige Maklerleistung kam es zwar zu einem wirksamen Kaufvertrag, bei dem nicht dessen Abschluß, sondern nur der Erwerb der Geschäftsanteile, d. h. die Erfüllung unter der Bedingung der vollständigen Zahlung des Entgelts an die Gesellschafter stand, so daß § 652 Abs. 1 S. 2 BGB nicht anwendbar ist.

b)

Der dann vermittelte Vertrag war aber nicht durchführbar. Der Kaufpreis sollte zwar sogleich auf das Notaranderkonto gezahlt werden. Die Übertragung der Gesellschaftsanteile war indessen bedingt durch den Eingang des Kaufpreises auf dem Konto der veräußernden Gesellschafter. Diese Bedingung konnte niemals eintreten, weil die Weiterleitung des Kaufpreises auf dieses Konto erst erfolgen dufte nach einer Grundbuchumschreibung, die aber gar nicht möglich war. Denn im Fall des Erwerbs von Anteilen an einer Gesellschaft (auch bürgerlichen Rechts), die über Grundeigentum verfügt, wird keine Übertragung des Eigentums an dem Grundstück, die gem. § 873 BGB durch Einigung der Beteiligten und Grundbuchumschreibung erfolgt, vorgenommen. Vielmehr hat der Erwerb der Gesellschaftsanteile (automatisch) zur Folge, daß das (anteilige) Eigentum am Grundstück, das im Gesellschaftseigentum steht, im Wege der sog. Anwachsung mit dem Übergang der Gesellschaftsanteile auf den neuen Gesellschafter übergeht (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, § 313 Rdz. 7), so daß hier mangels möglicher Grundbuchumschreibung der Kaufpreis nie an die veräußernden Gesellschafter überwiesen werden durfte und der Beklagte folglich nie Gesellschafter werden konnte. Dadurch lag zwar kein Fall der Unmöglichkeit im Sinne des § 306 BGB vor, weil die dem Beklagten versprochene Leistung bei anderer Vertragsgestaltung grundsätzlich möglich war. Es konnte bei der vorliegenden Vertragskonstruktion aber nie der Leistungserfolg eintreten.

c)

Diese Unerfüllbarkeit des vermittelten Vertrages steht der wirtschaftlichen Gleichwertigkeit mit dem beabsichtigten Geschäftsabschluß entgegen, weil sie verhindert, daß es zu dem vom Beklagten angestrebten wirtschaftlichen Erfolg kommen konnte. Der Vertrag war für den Beklagten wertlos, weil er danach nie Gesellschafter werden konnte. Ein solcher wertloser Vertrag kann wirtschaftlich nicht gleichgesetzt werden mit einem üblicherweise erwarteten Vertrag, dessen Erfüllung rechtlich unproblematisch ist. Nach dem Exposé der Klägerin sollten in einem Kaufvertrag Anteile einer Gesellschaft übertragen werden, die Eigentümer eines Gewerbegrundstücks war oder werden sollte, auf dem langfristig ein Baumarkt betrieben werden sollte. Entscheidend ging es auch um noch bestehende Abschreibungsmöglichkeiten. Einen solchen Vertrag wollte der Beklagte schließen. Der tatsächlich abgeschlossene Vertrag, durch den im wirtschaftlichen Ergebnis nichts erworben werden konnte, steht dem nicht gleich. Anerkannt ist, daß es an der Gleichwertigkeit fehlt, wenn das nachgewiesene Grundstück erst wesentlich später erworben werden kann als nach dem Maklervertrag vorgesehen (vgl. Staudinger-Reuter, BGB, 13. Bearb. 1995, 652, 653 Rdnr. 74 m. w. N.). Hier war - viel weiter gehend - der Hauptvertrag so ausgestaltet, daß der Beklagte die Anteile an der Gesellschaft gar nicht erhalten konnte.

d)

Ob der Beklagte nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) gegenüber den Kaufvertragspartnern verpflichtet gewesen sein könnte, daran mitzuwirken, den Vertrag so umzugestalten, daß er erfüllt werden konnte, kann offen bleiben. Zum einen war die Gefahr des Scheiterns nachträglicher Verhandlungen gegeben, die hier wegen der nach Abschluß des Vertrages durch den Konkurs der Firma G Baumärkte geänderten Verhältnisse besonders groß war. Zum andren war der Beklagte der Klägerin gegenüber noch nicht einmal zum Vertragsabschluß selber verpflichtet, um so weniger dann zur Mitwirkung an der Nachbesserung eines so "mangelhaften" Vertrages. Zum dritten konnte auch ein zu großer Zeitablauf bewirken, daß dann gerade auch die einen zusätzlichen Anreiz zum Vertragsabschluß bildenden Abschreibungsmöglichkeiten entfielen.

e)

Daran ändert sich auch nichts dadurch, daß der Beklagte nach dem Vortrag der Klägerin als Gegenleistung für eine erhebliche Reduzierung der Provision die Zahlung sofort nach Beurkundung des notariellen Vertrages zugesagt haben soll. Damit wollte der Beklagte allenfalls das Risiko dafür übernehmen, daß sich die Erfüllung des Vertrages mit der Übertragung der Anteile und einer anschließenden Grundbuchberichtigung nach § 894 BGB zeitlich erheblich hinziehen oder diese durch danach begründete Durchführungsmängel scheitern könnte. Er wollte aber erkennbar damit keinesfalls das Risiko übernehmen, daß der vermittelte Vertrag wirtschaftlich nicht dem angestrebten Vertrag gleichwertig und aus sich heraus von Anfang an nicht durchführbar war. An eine solche Entwicklung haben die Parteien auch offensichtlich nicht gedacht. Wenn sie sie bedacht hätten, so hätte schon die Interessenlage gegen eine so umfassende Risikoabwälzung gesprochen, die auch ein Provisionsnachlaß in erheblicher Höhe nicht hätte rechtfertigen können. Im allgemeinen kann nämlich nicht angenommen werden, daß sich Makler und Auftraggeber über die Provisionszahlungspflicht auch für den Fall einig sind, in welchem sich die Maklerleistung als von Anfang an wertlos herausstellt (BGH WM 1982, 1098, 1099). So war es im vorliegenden Fall aber, weil der vermittelte Vertrag von Anfang an nichts wert war.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Ziff. 10, 713 ZPO.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Revision sind nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

Zurück