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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 27.11.2000
Aktenzeichen: 18 U 56/00
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 652
BGB § 654
Leitsätze:

1.

Im Bereich des Oberlandesgerichts Hamm ist es weitgehend üblich, daß Immobilienmakler sowohl für den Verkäufer als auch für den Käufer tätig werden und von jeder Seite Provision verlangen. Angesichts dessen neigt der Senat dazu, eine Verpflichtung des Maklers, seine Kunden darauf hinzuweisen, daß er auch für die andere Seite tätig sei und von ihr die Zahlung einer Provision verlange, zu verneinen.

2.

Solange umstritten und höchstrichterlich nicht geklärt ist, ob - bei erkennbarem Kontakt zur anderen Seite - eine Hinweispflicht des Maklers besteht, daß er von der anderen Seite auch eine Provision erhalte, stellt es jedenfalls keine vorsätzliche oder dem Vorsatz nahekommende Pflichtverletzung des Maklers, die eine Verwirkung des Courtageanspruchs nach sich ziehen könnte, dar, wenn er einen solchen Hinweis unterläßt.


OBERLANDESGERICHT HAMM IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

18 U 56/00 OLG Hamm 2 O 442/99 LG Bochum

Verkündet am 27. November 2000

Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle des Oberlandesgerichts

In dem Rechtsstreit

hat der 18. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 27. November 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht und die Richter am Oberlandesgericht und

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 09. Februar 2000 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bochum teilweise abgeändert.

Die gegen den beklagten Ehemann gerichtete Klage bleibt abgewiesen.

Die beklagte Ehefrau wird verurteilt, an den Kläger 13.659,00 DM nebst 9 % Zinsen seit dem 01. Juli 1999 zu zahlen.

Die weitergehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen die beklagte Ehefrau und der Kläger je zur Hälfte.

Die außergerichtlichen Kosten der beklagten Ehefrau trägt diese selbst.

Die außergerichtlichen Kosten des beklagten Ehemannes werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beschwer des Klägers und der beklagten Ehefrau bleibt unter der Revisionssumme.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 593 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist, soweit sie sich gegen den beklagten Ehemann richtet, unbegründet und, soweit sie sich gegen die beklagte Ehefrau richtet, bis auf einen geringfügigen Teil begründet.

1.

Von dem beklagten Ehemann kann der Kläger Zahlung des Maklerhonorars nicht verlangen, weil die Voraussetzungen der allein in Betracht zu ziehenden Anspruchsgrundlage des § 552 Abs. 1 BGB nicht vorliegen. Schon nach dem eigenen Vorbringen des Klägers kann nämlich der Abschluß eines Maklervertrages nicht festgestellt werden.

a)

Von dem ausdrücklichen Abschluß eines Maklervertrages zwischen dem Kläger und dem beklagten Ehemann kann nicht ausgegangen werden. Allerdings hat der Kläger in der Klageschrift behauptet, die Beklagten, also auch der beklagte Ehemann, seien bei der ersten telefonischen Kontaktaufnahme auf die Provisionspflichtigkeit hingewiesen worden, womit sie sich einverstanden erklärt hätten. Die Beklagten haben dies indes bestritten, so daß der insofern beweisbelastete Kläger das ausdrückliche Einverständnis auch des beklagten Ehemannes hätte beweisen müssen. Er hat aber insofern nicht prozeßordnungsgemäß Beweis angeboten. Der von ihm allein gestellte Antrag, ihn selbst gem. § 448 ZPO als Partei zu vernehmen, ist unzulässig. Denn es fehlt schon der dafür erforderliche Anbeweis.

b)

Aber auch der konkludente Abschluß eines Maklervertrages kommt nach dem eigenen Vorbringen des Klägers nicht in Betracht. Von dem konkludenten Abschluß eines Maklervertrages ist auszugehen, wenn der Makler dem Kunden gegenüber seine Provisionserwartung offenlegt und der Kunde daraufhin die Dienste des Maklers in Anspruch nimmt. Denn in einem solchen Fall kann und darf der Makler die Inanspruchnahme seiner Dienste als Einverständnis mit der von ihm offengelegten Provisionserwartung verstehen (allgemeine Meinung, vgl. u.a. Schwerdtner; Maklerrecht, 4. Aufl., Rdn. 94 ff. m.w.N.).

Im Streitfall ist im Hinblick auf die Ausführungen zu a) davon auszugehen, daß der Kläger seine Provisionserwartung vor Inanspruchnahme seiner Dienste allein in dem der beklagten Ehefrau mit Schreiben vom 24.04.1999 übersandten Exposé offengelegt hat.

Dieses Schreiben richtet sich allein an die beklagte Ehefrau, so daß der Kläger die sich an die Übersendung des Exposés anschließende Inanspruchnahme seiner Dienste, die darin liegen, daß er eine Besichtigung organisiert und durchgeführt hat, nur als Einverständnis der beklagten Ehefrau mit seiner Provisionserwartung verstehen konnte und durfte (vgl. u.a. Schwerdtner a.a.O. Rdn. 149).

c)

Eine Mitverpflichtung des beklagten Ehemannes für die Maklerprovision läßt sich auch nicht aus § 1357 BGB herleiten. Denn der Abschluß eines Maklervertrages zum Erwerb einer Immobilie gehört nicht zu den Geschäften der angemessenen Deckung des Lebensbedarfs einer Familie (vgl. Schwerdtner a.a.O. Rdn. 148).

d)

Daß der beklagte Ehemann die Eigentumswohnung miterworben hat, ist für die Begründung eines Provisionsanspruches gegen ihn ohne Bedeutung (vgl. etwa BGH NJW 1998, S. 64), denn es besagt nichts über den Abschluß eines Maklervertrages.

2.

Der Kläger kann aber von der beklagten Ehefrau Zahlung des Maklerhonorars i.H.v. 3,48 % von dem im Senatstermin unstreitig gestellten Kaufpreis i.H.v. 392.500,00 DM, das sind 13.659,00 DM, verlangen. Dieser Anspruch rechtfertigt sich gem. § 652 Abs. 1 S. 1 BGB.

a)

Zwischen der beklagten Ehefrau und dem Kläger ist dadurch ein Maklervertrag zustandegekommen, daß sie die Dienste des Klägers bei Durchführung der Besichtigung nach Offenlegung der Provisionserwartung im Exposé in Anspruch genommen hat (vgl. Ziff. 1 b).

b)

Der Kläger hat der beklagten Ehefrau die Verkäuferin der Eigentumswohnung auch nachgewiesen. Der Annahme eines Nachweises steht nicht entgegen, daß der Kläger bei der Besichtigung der mitangebotenen zwei anderen Eigentumswohnungen gesagt hat, die später gekaufte Wohnung sei schon vergeben. Denn der Kläger hat die beklagte Ehefrau später unstreitig angerufen und ihr mitgeteilt, daß der für die Dachgeschoßwohnung zunächst berücksichtigte Interessent abgesprungen sei. Mit dieser Mitteilung hat der Kläger der beklagten Ehefrau die Möglichkeit eröffnet, unmittelbar in Vertragsverhandlungen mit der späteren Verkäuferin über den Erwerb der Dachgeschoßwohnung einzutreten.

c)

Der für den Provisionsanspruch vorausgesetzte Kaufvertrag ist unstreitig mit einem Kaufpreis von 392.500,00 DM zustande gekommen. Die Kausalität der Nachweistätigkeit des Klägers für den Kaufvertragsabschluß ist nicht zweifelhaft. Der Kaufvertragsabschluß folgt dem Nachweis zeitlich nahe nach, so daß sich der Rückschluß auf die Ursächlichkeit der Nachweistätigkeit für den Kaufvertragsabschluß ohne weiteres ergibt. Die Höhe des Provisionsanspruchs ist durch die Offenlegung im Exposé mit 3,48 % im Ansatz vorgegeben.

d)

Der Kläger hat seinen Provisionsanspruch auch nicht in entsprechender Anwendung des § 654 BGB verwirkt. In tatsächlicher Hinsicht ist im Streitfall eine Verwirkung nur unter dem Gesichtspunkt in Betracht zu ziehen, daß der Kläger der beklagten Ehefrau gegenüber (unstreitig) nicht offengelegt hat, daß er auch von der Verkäuferin eine Provision bekam. Dieser Gesichtspunkt begründet indes nicht den Tatbestand der Verwirkung. Ein Makler verwirkt seinen Provisionsanspruch nur dann, wenn er vorsätzlich oder in einer dem Vorsatz nahekommenden leichtfertigen Weise den Interessen seines Auftraggebers in so schwerwiegender Weise zuwider handelt, daß er seines Lohnes unwürdig erscheint (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 59. Aufl., § 654 Rdn. 6 m.w.N.). Davon kann schon auf der Grundlage des eigenen Vorbringens der beklagten Ehefrau nicht ausgegangen werden.

aa)

Es ist in hohem Maße zweifelhaft, ob der Kläger eine Verpflichtung aus dem Maklervertrag dadurch verletzt hat, daß er die beklagte Ehefrau nicht darauf hingewiesen hat, daß er auch von der Verkäuferin eine Provision zu bekommen hatte. Der Senat hat bisher in keiner Entscheidung die Auffassung vertreten, daß ein Makler im Bezirk des Oberlandesgerichts Hamm zu einem solchen Hinweis verpflichtet sei. Das rechtfertigt sich aus der Erwägung, daß es - wie dem Senat aus langjähriger Erfahrung bekannt ist - jedenfalls im Bezirk des Oberlandesgerichts Hamm durchaus üblich und gängige Praxis ist, daß ein Immobilienmakler sowohl vom Käufer als auch vom Verkäufer eine Provision i.H.v. 3 (bis 4) % zuzüglich Mehrwertsteuer nimmt (vgl. Senat NJW-RR 1994, S. 125), sofern er - was der Regelfall ist - zu beiden Seiten in vertraglichen Beziehungen steht. Dem entspricht auch die im Rechtsstreit vom Kläger vorgelegte Auskunft der Industrie- und Handelskammer Bochum vom 14. September 1999. Es ist nur schwer begründbar, daß eine Hinweispflicht bestehen soll, wenn die Handhabung ohnehin der Üblichkeit entspricht. Ein Hinweis des Maklers auf die übliche Handhabung ist zumeist oder doch häufig entbehrlich und geht ins Leere, weil der Kunde, jedenfalls soweit er nicht ganz unerfahren ist, ohnehin davon weiß oder damit rechnet. Wenn der Maklerkunde unsicher ist und wissen möchte, ob der Immobilienmakler von der Gegenseite, von der er - für den Kunden erkennbar - im Regelfall (auch) beauftragt worden ist, ebenfalls eine Provision erhält, so ist es ihm unbenommen, den Makler danach zu fragen. Den Interessen des Maklerkunden dürfte hinreichend Rechnung getragen sein, wenn der Makler (nur) verpflichtet ist, eine entsprechende Frage wahrheitsgemäß zu beantworten, anstatt den Makler - auf unsicherer Rechtsgrundlage - anzuhalten, von sich aus initiativ zu werden, vielfach entbehrliche Hinweise zu erteilen. Beantwortet allerdings der Makler die ihm gestellte Frage unrichtig, dürfte er den Provisionsanspruch verwirkt haben (vgl. Schwerdtner a.a.O. Rdn. 873). Ein solcher Fall ist hier aber nicht gegeben.

Abgesehen von den vorstehenden Erwägungen besteht im Streitfall die Besonderheit, daß die beklagte Ehefrau vor Abschluß des Kaufvertrages unstreitig Kenntnis davon erlangt hat, daß der Kläger auch von der Verkäuferin eine Provision zu erhalten hatte. Das haben sie in der Klageerwiderung selbst so vorgetragen. Bei dieser Sachlage noch eine gesonderte Hinweispflicht anzunehmen, erscheint sehr fernliegend.

bb)

Selbst wenn man eine derartige Hinweispflicht bejahen würde, so begründet allein der Tatbestand einer Verletzung dieser Pflicht nicht die Verwirkung des Provisionsanspruches. Vielmehr ist - wie ausgeführt - eine schwerwiegende vorsätzliche oder leichtfertige Treuepflichtverletzung zur Verwirkung erforderlich.

Eine schwerwiegende vorsätzliche oder leichtfertige Treuepflichtverletzung kann im Streitfall indes schon deswegen nicht bejaht werden, weil die Frage der Offenlegungspflicht des Doppelmaklers in der Rechtsprechung unterschiedlich beantwortet wird. Zwar wird eine entsprechende Verpflichtung von dem Oberlandesgericht Naumburg (NJW-RR 1996, S. 1082) angenommen (vgl. auch Schwerdtner a.a.O. Rdn. 874 m.w.N.). Vom Oberlandesgericht Köln (NJW 1971, S. 1943) wird eine entsprechende Verpflichtung hingegen verneint. Der Senat selbst hat - wie bereits ausgeführt - bisher nicht entschieden, daß eine entsprechende Verpflichtung besteht; er neigt - wie ausgeführt - für den hiesigen Bereich eher zur gegenteiligen Auffassung. Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes, in der eine entsprechende Offenlegungspflicht bejaht wird, ist bisher nicht ergangen. Angesichts dieser Unterschiede in der rechtlichen Beurteilung der Offenlegungspflicht und des Fehlens einer höchstrichterlichen Rechtsprechung dazu begründet es jedenfalls nicht die Annahme einer schwerwiegenden vorsätzlichen oder leichtfertigen Treuepflichtverletzung, wenn ein Makler bei seiner Tätigkeit von einer ihm günstigen Rechtslage ausgeht.

cc)

Auch der Gesichtspunkt, daß dem Kläger möglicherweise von der Verkäuferin verboten war, von den Käufern eine Provision zu nehmen, begründet im Verhältnis zu den Käufern nicht die Verwirkung des Provisionsanspruchs. Insofern könnte der Kläger allenfalls seinen Provisionsanspruch gegenüber der Verkäuferin verwirkt haben.

3.

Die beklagte Ehefrau kann dem nach alledem gegen sie begründeten Provisionsanspruch auch nicht entgegenhalten, der Kläger sei unter dem Gesichtspunkt einer positiven Vertragsverletzung des Maklervertrages verpflichtet, sie von der Provisionsverpflichtung zu befreien. Die Voraussetzungen einer positiven Vertragsverletzung liegen nämlich nicht vor.

a)

Die beklagte Ehefrau hat insofern schon nicht die Voraussetzungen einer Pflichtverletzung dargelegt. Dazu kann zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen zu 2 d), aa) verwiesen werden.

b)

Selbst wenn man eine Pflichtverletzung annehmen würde, bestünde ein auf Befreiung von der Provisionspflicht gerichteter Anspruch nicht, weil es an der Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für den Schaden, der in der Belastung mit der Provisionspflicht besteht, fehlt. Der Umstand, daß der Kläger seine Doppeltätigkeit gegenüber der beklagten Ehefrau nicht offengelegt hat, hat sich auf den Umstand, daß die beklagte Ehefrau den die Provisionspflicht auslösenden Kaufvertrag abgeschlossen hat, nämlich nicht ausgewirkt. Denn die beklagte Ehefrau hat unstreitig vor Abschluß des Kaufvertrages erfahren, daß der Kläger auch von der Verkäuferin eine Provision bekommt.

c)

Soweit dem Kläger von der Verkäuferin verboten worden sein sollte, auch von dem Käufer eine Provision zu nehmen, begründet dies keine Pflichtverletzung des Klägers gegenüber der beklagten Ehefrau, sondern allenfalls eine solche gegenüber der Verkäuferin.

4.

Soweit die beklagte Ehefrau behauptet, zwischen der Verkäuferin und dem Kläger sei vereinbart worden, vom Käufer keine Provision zu nehmen, liegt darin auch kein die Provisionspflicht hindernder Vertrag zugunsten der beklagten Ehefrau. Schon von der Interessenlage der Beteiligten her kann nicht angenommen werden, daß der beklagten Ehefrau insofern eigene Rechte gegenüber dem Kläger erwachsen sollten. Denn die solchermaßen behauptete Vereinbarung sollte ersichtlich nicht den Käufer, sondern allenfalls die Verkäufern insofern schützen, als hierdurch die Verkaufschancen der Verkäuferin erhöht wurden. Daß in einer solchen Vereinbarung kein Verzicht liegt, bedarf keiner weiteren Ausführung.

5.

Zinsen kann der Kläger indes nur in der gesetzlichen Höhe von 4 % gem. § 288 BGB verlangen, da er einen weitergehenden Zinsschaden nicht belegt hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1, Abs. 2, § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit rechtfertigt sich gem. § 708 Nr. 10, §§ 711, 713 ZPO; die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision sind auch nicht unter dem Gesichtspunkt erfüllt, eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes zur Frage einer Verpflichtung des Maklers zur Offenlegung der Doppeltätigkeit herbeizuführen. Denn die Senatsentscheidung beruht - wie ausgeführt - im Ergebnis auf diesem Gesichtspunkt nicht.

Ende der Entscheidung

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