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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 12.02.2001
Aktenzeichen: 18 U 72/00
Rechtsgebiete: ZPO, AGBG, BGB


Vorschriften:

ZPO § 593 Abs. 1
ZPO § 91
ZPO § 269 Abs. 3
ZPO § 515 Abs. 3
ZPO § 708 Ziffer 10
ZPO § 713
ZPO § 546 Abs. 2
AGBG § 1
AGBG § 1 Abs. 2
AGBG § 9 Abs. 1
AGBG § 9
BGB § 652
BGB § 652 Abs. 1 Satz 2
BGB § 289
BGB § 286
Fortfall der Provisionspflicht bei Nichtdurchführung des Hauptvertrages

Die Klausel in einem vom Maklerkunden gestellten Formularvertrag, nach der der Makler "für den Fall, daß der abgeschlossene Mietvertrag - aus welchem Grund auch immer - nicht realisiert werden wird", zur Rückzahlung der Provision verpflichtet wird, ist mit dem AGBG vereinbar.


OBERLANDESGERICHT HAMM Im NAMEN DES VOLKES URTEIL

18 U 72/00 OLG Hamm 9 O 313/99 LG Detmold

Verkündet am 12.02.2001

Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

hat der 18. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 12. Februar 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht die Richter am Oberlandesgericht und

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 9. März 2000 verkündete Urteil der Zivilkammer IV des Landgerichts Detmold abgeändert.

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 17.850,30 DM nebst 5 % Zinsen seit dem 13.05.1998 sowie 30,00 DM vorprozessuale Mahnkosten zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beschwer des Beklagten liegt unter der Revisionssumme.

I.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 593 Abs. 1 ZPO abgesehen.

II.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist begründet. Sie Führt zur Abänderung des angefochtenen Urteils und zur antragsgemäßen Verurteilung der Beklagten zur Rückzahlung des Teilbetrages von 17.850,00 DM, den die Rechtsvorgängerin der Klägerin, die auf Grund der mit dem Beklagten als "Anbieter" geschlossenen "Courtagevereinbarung" vom 09./11.04.1997 (Blatt 69 der Akte) "für die Vermittlung" bzw. das Mitwirken am Zustandekommen des Mietvertrages für das Objekt TIP (Objekt-Nr. 024/8935) in 06862 Roßlau Magdeburger Straße/Mittelfeldstraße" an den Beklagten gezahlt hat.

Soweit der Beklagte gegen das Urteil des Landgerichts selbst Berufung eingelegt hat, um die Abänderung des Urteils des Landgerichts dahingehend zu erreichen, daß die Klage nicht wegen der vom Landgericht angenommenen Erfüllung der Klageforderung durch die vom Beklagten erklärte Hilfsaufrechnung, sondern wegen der Unbegründetheit der Klage abgewiesen wird, war darüber nicht mehr zu entscheiden, da der Beklagte - wie die Auslegung seiner prozessualen Erklärungen im Senatstermin vom 12.02.2001 ergibt - sein Rechtsmittel zurückgenommen hat, indem er seine Hilfsaufrechnung mit der anderweitigen Provisionsforderung aus einer Maklertätigkeit bezüglich eines Mietobjekts in der Cottbuser Straße in Finsterwalde ausdrücklich hat fallen lassen und auch die in der Berufungsinstanz wegen eines weiteren Teils dieser anderweitigen Provisiosnforderung erhobene Widerklage zurückgenommen hat.

1.

Der von der Klägerin geltend gemachte Rückzahlungsanspruch bezüglich der für das Mietobjekt Roßlau gezahlten Maklerprovision folgt aus der "Courtagevereinbarung" vom 09.11.09.1997. In dieser heißt es nämlich am Ende: "Der Anbieter verpflichtet sich hiermit unwiderruflich für den Fall, daß der abgeschlossene Mietvertrag - aus welchem Grunde auch immer - nicht realisiert werden wird, bereits gezahlte Beträge zurückzuerstatten".

a)

Die Voraussetzungen dieser Rückzahlungsklausel sind gegeben, denn der Mietvertrag der Rechtsvorgängerin der Klägerin mit der Firma B über das "Objekt Roßlau" ist unstreitig durch gesonderte Vereinbarung der Mietvertragsparteien am 10./17.02.1998 (Blatt 282 der Akte) einvernehmlich "als von Anfang an nicht abgeschlossen" aufgehoben worden.

b)

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die in der "Courtagevereinbarung" enthaltene Rückzahlungsklausel auch nicht wegen Verstoßes gegen des AGBG unwirksam.

(aa)

Bei der Klausel handelt es sich allerdings um eine Geschäftsbedingung im Sinne von § 1 AGBG, denn unstreitig hat die Rechtsvorgängerin der Klägerin die Klausel in einer Vielzahl der von ihr geschlossenen "Courtagevereinbarungen" verwandt und zur Vertragsbedingung gemacht. Daß die Klägerin - wie sie ausdrücklich geltend macht - bei den von ihr geschlossenen "Courtagevereinbarungen" zwei unterschiedliche Vertragsmuster verwandt hat, je nach dem, ob es sich um Nachweise bzw. Vermittlungen von Mietverträgen für ein schon errichtetes Gebäude oder für ein noch zu errichtendes Objekt gehandelt hat, ist für die Frage, ob die Regelungen eines Formularvertrages dem AGBG unterfallen, gänzlich unerheblich. In jedem Fall sind die Vertragsmuster von der Klägerin nämlich für eine Vielzahl von Fällen vorgesehen gewesen und auch verwandt worden.

(bb)

Auch genügt schließlich für die Annahme einer die Anwendung des AGBG ausschließenden Individualvereinbarung nicht, daß - wie die Klägerin ebenfalls hervorhebt - ihre Vertragspartner jeweils genau über die Bedeutung und Tragweite der Klausel belehrt worden sind. Für die Annahme einer Individualvereinbarung im Sinne von § 1 Abs. 2 AGBG ist vielmehr erforderlich, daß der Verwender bei Vertragsschluß ernsthaften Verhandlungen über die Klausel bereit ist, d.h. die Klausel muß zur Disposition stehen und auch dem anderen Teil Gestaltungsfreiheit zur Wahrung seiner Interessen belassen (vgl. dazu Palandt-Heinrichs, BGB, § 1 AGBG Rn. 17 und 18).

Nach dem Sachvortrag der insoweit darlegungspflichtigen Klägerin ist aber nichts dafür ersichtlich, daß die Klausel für sie verhandlungsfähig war und bei Abschluß der "Courtagevereinbarung" der Parteien zur Disposition gestellt und Gegenstand von Verhandlungen gewesen ist. Daß die Rückzahlungsklause mit dem Beklagten im einzelnen besprochen und diesem auch erläutert worden ist, wieweit ihn danach das Risiko einer Rückzahlung treffe, stellt kein Aushandeln im Sinne von § 1 Abs. 2 AGBG dar.

(cc)

Die von der Klägerin verwandte Rückzahlungsklausel hält der Senat allerdings nicht nach § 9 Abs. 1 AGBG für unwirksam.

Nach § 9 Abs. 1 AGBG sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner entgegen dem Gebot von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen.

Hier ergibt sich zunächst keine unangemessene Benachteiligung des Maklers aus der Unklarheit und Undurchschaubarkeit der Regelung, d.h. durch einen Verstoß gegen das sogenannte Transparenzgebot. Die Klausel ist hinsichtlich ihres Wortlauts und ihres Inhalts eindeutig und leicht verständlich. Sie steht in dem ohnehin nur kurzen Vertragstext der "Courtageverenbarung" nicht an versteckter Stelle. Sie ist schließlich auch im Verhältnis zu den anderen Regelungen des Vertrages nicht mißverständlich.

Die Rückzahlungsklausel führt aber auch sonst nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung des Vertragspartner der Klägerin im Sinne von § 9 AGBG. Für die Frage einer unangemessenen Benachteiligung ist von den Vorschriften des dispositiven Rechts auszugehen, die ohne die Klausel gelten wurden, denn regelmäßig ist eine unangemessene Benachteiligung anzunehmen, wenn die Klausel mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist.

Gemäß § 652 BGB ist eine Maklerprovision verdient, wenn der Vertrag infolge des Nachweises des Maklers oder seiner Vermittlung zustande kommt. Dabei ist jedenfalls zunächst der Inhalt und die Ausgestaltung des nachzuweisendenen Hauptvertrages ohne Belang. Nach der ausdrücklichen Regelung von § 652 Abs. 1 Satz 2 BGB kann der Maklerlohn aber auch dann wenn der Hauptvertrag unter einer aufschiebenden Bedingung, geschlossen wird, erst verlangt werden, wenn die Bedingung auch eintritt, wobei die Parteien des Hauptvertrages bei der Ausgestaltung der aufschiebenden Bedingung grundsätzlich frei sind. Sogar zur Herbeiführung der Bedingung ist der Auftraggeber des Maklers wegen der für ihn bestehenden völligen Abschlußfreiheit nicht verpflichtet (vgl. Palandt/Sprau; BGB, § 652 Rn. 25). Ob der Makler eine Provision verdient, hängt deshalb nach der gesetzlichen Regelung nicht nur vom bloßen Abschluß eines Hauptvertrages, sondern insoweit auch von dessen Ausgestaltung ab. So ist es den Parteien des Hauptvertrages zum Beispiel nicht verwehrt, einen Mietvertrag unter der aufschiebenden Bedingung der Bezugsfertigkeit des Gebäudes zu einem bestimmten Zeitpunkt oder auch von der Übergabe des Mietobjekts an den Mieter innerhalb einer bestimmten Frist bzw. von der Übernahme durch diesen (sog. Potestativbedingung, vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, Einf. v. § 158 Rdz. 10) abzuschließen. Übernimmt der Mieter - aus welchen Gründen auch immer - bei einer solchen Ausgestaltung des Mietvertrages das Objekt nicht fristgerecht, tritt die Bedingung für das Wirksamwerden des Hauptvertrages nicht ein, und zwar mit der gesetzlichen Folge (§ 652 Abs. 1 S. 2 BGB), daß auch der Makler keine Provision verdient. Auf eine solche Ausgestaltung des Hauptvertrages hat der Makler keinerlei Einfluß.

Insbesondere können auch die Parteien im Hauptvertrag ein zwar befristetes, im übrigen aber freies und an keine besonderen Voraussetzungen geknüpftes Rücktrittsrecht vereinbaren. Auch dann hat der Makler beim Rücktritt vom Hauptvertrag keine Provision verdient, weil das freie Rücktrittsrecht einer aufschiebenden Bedingung gleichsteht (vgl. z.B. BGH NJW-RR 1998, 1205 = WM 1998, 720). Im übrigen tendiert die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs allgemein dahin, auch die Fälle eines an besondere Voraussetzungen gebundenen Rücktrittsrechtes denen einer aufschiebenden Bedingung gleichzustellen, wenn der Rücktrittsgrund in einer anfänglichen Unvolllkommenheit des Hauptvertrages liegt, und zwar auch dann, wenn vor einer Ausübung des Rücktrittsrechts sogar bestimmte Pflichten zu erfüllen sind (wenn z.B. der Rücktritt an die Frage der Bebaubarkeit - BGH WM 1977, 21; insbes. BGH WM 1998, 720 - oder an das Fehlen einer bis zu einem bestimmten Zeitpunkt zu beschaffenen Baugenehmigung gebunden ist - BGH WM 1971, 905 -). Auch dann ist vom Gesetz (in der Auslegung durch den BGH) vorgesehen, daß der Makler keine Provision erhält, ohne daß sich die Interessenlage der Beteiligen - insbesondere im Fall des freien Rücktrittsrechtes - entscheidend anders darstellt, als wenn die Parteien des Hauptvertrages "aus welchem Grund auch immer" den Hauptvertrag nicht durchführen und der Makler vereinbarungsgemäß keinen Lohn erhält.

Wenn somit im vorliegenden Fall durch die Rückzahlungsklausel des Maklervertrages der Maklerlohn nicht allein vom Abschluß des Hauptvertrages, sondern jedenfalls im Ergebnis auch von dessen Realisierung abhängig gemacht wird, hätte dasselbe - wie aufgezeigt - auch durch eine entsprechende Ausgestaltung des Mietvertrages, nämlich durch die Vereinbarung einer entsprechenden aufschiebenden Bedingung, erreicht werden können, ohne daß der Beklagte darauf hätte Einfluß nehmen können. Daraus folgt dann aber auch, daß nicht davon auszugehen ist, daß der Verwender einer solchen Klausel in Verträgen über noch nicht errichtete Objekte gegenüber dem Makler in unangemessener Weise seine eigenen Interessen unter Benachteiligung des Vertragspartners verfolgt. Vielmehr wird mit der Einbeziehung einer solchen Klausel in nicht zu beanstandender Weise bezweckt, einen späteren Streit über die Ursachen eines Scheiterns des nachgewiesenen Mietvertrages zu vermeiden, der regelmäßig droht, wenn zum Beispiel das Objekt nicht realisiert wird oder die Maklerprovision evtl. wegen anfänglicher Unvollkommenheit des Hauptvertrages nicht verdient ist. Daß dies schließlich in der weit gefaßten Form der jederzeitigen auch noch nur vom Willen einer Hauptvertragspartei abhängigen Weise geschieht, ist ebenfalls nicht zu beanstanden, die vereinbarte Rückzahlungsklausel wird letztlich nur im Maklervertrag geregelt, was grundsätzlich - auch durch die vom Makler überhaupt nicht beeinflußbare - Fassung des Hauptvertrages geregelt werden kann. Was bei entsprechender Ausgestaltung des Hauptvertrages die gesetzliche Folge beim Vorliegen eines bestimmten Tatbestandes ist, kann beim selben Sachverhalt bei anderer Ausgestaltung des Hauptvertrages keine Vereinbarung sein, die von wesentlichen Grundgedanken des Gesetzes erheblich abweicht und den Makler unangemessen benachteiligt.

Allerdings hat die in der "Courtagevereinbarung" der Parteien weiter enthaltene frühe Fälligkeitsregelung (50 % bei Vorlage der Baugenehmigung und 50 % bei Baubeginn) dann für die Maklerprovision letztlich nur noch die Bedeutung einer Vorauszahlungsregelung. Auch das stellt aber keine unangemessene Benachteiligung im Sinne von § 9 AGBG dar. Das Rückzahlungsbegehren der Klägerin bezüglich des unstreitig von ihr auf die Provisionsforderung des Beklagten gezahlten Teilbetrages von 17.850,00 DM ist deshalb begründet.

2.

Die schließlich noch von der Klägerin in Höhe von 30,00 DM geltend gemachten vorgerichtlichen Mahnkosten und der in Höhe von 5 % seit dem 13.05.1998 geltend gemachte Zinsanspruch sind nach Grund und Höhe unbestritten und aus dem Gesichtspunkt des Verzuges gemäß den §§ 289, 286 BGB gerechtfertigt.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 91, 269 Abs. 3 und 515 Abs. 3 ZPO. Die übrigen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 708 Ziffer 10, 713 und 546 Abs. 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

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