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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 27.03.2003
Aktenzeichen: 18 U 72/02
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 139 Abs. 1
ZPO § 139 Abs. 2
ZPO § 139 Abs. 4
ZPO § 139 Abs. 5
ZPO § 272
ZPO § 531 Abs. 2
ZPO § 531 Abs. 2 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT HAMM IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

18 U 72/02 OLG Hamm

Verkündet am 27. März 2003

In dem Rechtsstreit

hat der 18. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 27. März 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Völker und die Richter am Oberlandesgericht Dr. Gossmann und Serwe

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 27.02.2002 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Münster wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Es beschwert den Kläger in Höhe von 6.493,41 Euro; die Revision wird nicht zugelassen.

(Von einer Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen.)

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Beklagten ist unbegründet.

I.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Schadensersatzanspruch zu. Die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch im Zusammenhang mit der Tätigkeit der Beklagten als Versicherungsmaklerin für den Kläger sind nach den der Entscheidung des Senats zugrundezulegenden Tatsachen nicht erfüllt.

Es kommt insoweit nicht darauf an, ob die Beklagte durch ihren Mitarbeiter ... anläßlich eines im Februar oder März 2000 geführten Telefongespräches vertragliche oder vorvertragliche Pflichten dadurch verletzt hat, daß ihr Mitarbeiter entgegen einem vom Kläger geäußerten und von ihrem Mitarbeiter akzeptierten Wunsch, die zur Erlangung eines Teilkaskoversicherungsschutzes für den Wohnwagen des Klägers notwendigen Unterlagen zu erstellen, verstoßen hat.

Die Klage ist bereits deshalb unbegründet, da der Entscheidung des Senats der nunmehr erst in der Berufungsinstanz nähere Tatsachenvortrag zum Schadenszeitpunkt, zum genauen Schadensort und insbesondere zur Art und zum Umfang der behaupteten Schäden an dem Wohnwagen gemäß § 531 Abs. 2 ZPO nicht zugrundegelegt werden kann und das erstinstanzliche Vorbringen des Klägers zum Schadensumfang nach den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts unschlüssig gewesen ist.

1.

Zutreffend hat das Landgericht das erstinstanzliche Vorbringen des Klägers zur Art und zum Umfang der eingetretenen Schäden für unsubstantiiert erachtet. Das erstinstanzliche Vorbringen, wonach der Wohnwagen der Marke Tabbert im August 2001 bei ... einen Sturmschaden erlitten habe, das Fahrzeug aufgrund des Sturmes erheblich beschädigt worden sei und der Fahrzeugschaden 13.000,00 DM betrage (Bl. 3, 26 d.A.), reicht nicht aus, die Voraussetzungen an einen schlüssigen Sachvortrag zu erfüllen. Dem Kläger wäre es nach Ablauf von weniger als einem halben Jahr bis zur Klageerhebung noch ohne weiteres möglich gewesen, bereits den genauen Schadenzeitpunkt, zumindest unter Angabe des Schadenstages, näher zu bezeichnen. Die Bezeichnung des Schadensortes mit der Angabe "bei ..." ist ebenfalls ungenau. Insbesondere enthält das Vorbringen des Klägers aber keinerlei Darlegungen zur Art und zum Umfang der nach seiner Auffassung eingetretenen erheblichen Beschädigung des Fahrzeugs. Diese Darlegungen sind jedoch unerläßlich, um eine sachliche Erwiderung der Beklagten, wie sie nun in der Berufungsinstanz unter Hinweis auf Vorschäden und Angaben zum Fahrzeugwert erfolgt ist, zu ermöglichen.

2.

Entgegen der Auffassung des Klägers ist sein ergänzendes Vorbringen zum Schadensumfang in der Berufungsinstanz nicht gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zuzulassen. Es ist nicht erkennbar, daß näherer Sachvortrag zum Schadensumfang in erster Instanz aufgrund eines Verfahrensmangels unterblieben ist.

a)

Das Landgericht hat insbesondere seine Hinweispflicht gemäß § 139 Abs. 1, Abs. 2 ZPO erfüllt und den Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 27.02.2002 rechtzeitig und in dem erforderlichen Umfang auf seine Bedenken gegen die Schlüssigkeit des Klagevorbringens im Hinblick auf den eingetretenen Schaden hingewiesen.

Das Landgericht hat damit seine materielle Prozeßleitungspflicht gemäß § 139 Abs. 2 ZPO erfüllt und dies gemäß § 139 Abs. 4 ZPO auch in ausreichender Weise aktenkundig gemacht.

Gemäß § 139 Abs. 2 ZPO war das Landgericht verpflichtet, den Kläger auf die aus seiner Sicht mangelnde Substantiierung hinzuweisen und ihm Gelegenheit zur Äußerung zu geben, soweit der Kläger die mangelnde Substantiierung seines Vorbringens übersehen hatte (vgl. Baumbach-Hartmann, ZPO, 61. Aufl., § 139 Rn. 41, 44).

Die Erteilung des Hinweises auf die mangelnde Substantiierung ist ausdrücklich in dem Protokoll zur mündlichen Verhandlung vom 27.02.2002 enthalten (Bl. 22 d.A.).

Aus dem weiteren Protokollinhalt ergibt sich auch mit ausreichender Klarheit, daß der Kläger gemäß § 139 Abs. 2 ZPO Gelegenheit hatte, seinen Sachvortrag zu ergänzen und ihm hierdurch ausreichende Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden ist. Nach Erteilung des Hinweises und der Feststellung, daß Vergleichsverhandlungen gescheitert waren und die Güteverhandlung ohne Erfolg geblieben ist, haben beide Parteivertreter die angekündigten Anträge gestellt und mit diesen Anträgen streitig zur Sache verhandelt. Für den in der mündlichen Verhandlung persönlich anwesenden Kläger bestand damit ausreichend Gelegenheit, näher zu Art und Umfang der eingetretenen Schäden vorzutragen.

b)

Das Landgericht hat seine materielle Prozeßleitungspflicht auch nicht dadurch verletzt, indem es dem Kläger nicht auch ohne einen von ihm gestellten Antrag keine Schriftsatzfrist gewährt hat. Grundsätzlich hatte sich der Kläger zu dem erteilten Hinweis sofort zu äußern, soweit ihm dies zumutbar war (Baumbach-Hartmann, a.a.O. § 139 Rn. 44). Insoweit hätte der persönlich anwesende Kläger zumindest über das schriftsätzliche Vorbringen hinausgehende Angaben machen können, um sich um eine Substantiierung seines Vertrages zu bemühen. Es ist nicht ersichtlich oder seitens des Klägers vorgetragen, aus welchem Grunde der Kläger nicht in der Lage gewesen sein könnte, das Schadensbild wenigstens in groben Zügen näher zu bezeichnen.

Angesichts des klaren Wortlautes der Bestimmung des § 139 Abs. 5 ZPO konnte der Kläger auch nicht erwarten, daß das Landgericht ihm ohne einen ausdrücklichen Antrag oder ohne eine Erklärung, daß ihm ergänzender Sachvortrag unmittelbar im Anschluß an den erteilten Hinweis nicht möglich sei, von Amts wegen eine Schriftsatzfrist gewährt. Gemäß § 139 Abs. 5 ZPO ist einer Partei ausdrücklich auf einen von ihr zu stellenden Antrag eine Schriftsatzfrist zu gewähren, falls es ihr nicht zumutbar ist, Erklärungen zu einem erteilten Hinweis unmittelbar abzugeben. Die unterlassene Anordnung einer Schriftsatzfrist ohne einen solchen Antrag stellt zumindest gegenüber dem anwaltlich vertretenen Kläger keinen Verstoß gegen die materielle Prozeßleitungspflicht des Landgerichts dar.

c)

Im übrigen stellt es sich auch nicht als verfahrensfehlerhaft dar, daß das Landgericht den Hinweis auf die mangelnde Substantiierung des Klagevorbringens im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 27.02.2002 und nicht bereits zu einem früheren Zeitpunkt erteilt hat. Die Erwägung, daß prozeßleitend notwendige Hinweise so früh wie möglich zu erteilen sind, beruht auf Gründen der Prozeßwirtschaftlichkeit. Hierdurch soll vermieden werden, daß Hinweise nicht erst in einem späteren, also in einem nächsten oder übernächsten Termin erteilt werden (vgl. Baumbach-Hartmann, § 139 Rn. 94.

Die Vorgehensweise des Landgerichts stellt sich insoweit nicht als verfahrensfehlerhaft dar. Der Termin zur mündlichen Verhandlung vom 27.02.2002 war der erste Verhandlungstermin in diesem Rechtsstreit.

Soweit der Kläger hervorhebt, das Landgericht habe gegen die in § 273 ZPO vorgesehene Möglichkeit, bereits vor dem Termin prozeßleitende Anordnungen zu treffen und insoweit auch auf die Ergänzung des schriftsätzlichen Vorbringens hinzuwirken, verstoßen, ist auch insoweit ein für die Entscheidung ursächlicher Verfahrensmangel nicht feststellbar. Nach dem erteilten Hinweis des Gerichts in der mündlichen Verhandlung vom 27.02.2002 und der damit verbundenen Möglichkeit der Beantragung einer Schriftsatzfrist hat sich ein möglicher Verstoß gegen die Vorschrift des § 273 ZPO jedenfalls nicht mehr auf das Urteil ausgewirkt. Darüber hinaus stand es zum Zeitpunkt der Anberaumung des Verhandlungstermins vom 27.02.2002 auch noch nicht fest, ob die Beklagte den Schadenseintritt bestreiten würde und ob aus diesem Grunde überhaupt Anlaß zu einer Ergänzung des Vorbringens bestehen würde.

Nach Eingang des Klageerwiderungsschriftsatzes am 05.02.2002 bestand sodann auch aus Gründen der Prozeßwirtschaftlichkeit keine Veranlassung, noch vor dem auf den 27.02.2002 anberaumten Verhandlungstermin auf das unsubstantiierte Klagevorbringen hinzuweisen. Im Hinblick auf eine dann notwendige Frist zur Erwiderung auf ergänzenden Klägervortrag hätte sich auch unter dem Gesichtspunkt der Prozeßwirtschaftlichkeit eine Abkürzung des Verfahrens gegenüber einem erst in der mündlichen Verhandlung erteilten Hinweis nicht mehr erreichen lassen.

d)

Entgegen seinem Berufungsvorbringen konnte der Kläger aufgrund des Inhaltes der Terminsverfügung auch nicht davon ausgehen, daß wegen der Anberaumung einer Güteverhandlung und eines gegebenenfalls frühen ersten Termins nicht bereits in diesem Termin eine Sachentscheidung getroffen werden würde. Gemäß § 272 ZPO soll der Rechtsstreit in einem Termin umfassend erledigt werden. Hierbei sollte auch der frühe erste Termin regelmäßig ein vollwertiger und möglichst abschließender Termin sein (vgl. Baumbach-Hartmann, § 272 Rn. 5 m.w.N.).

Das Scheitern der Güteverhandlung und der Übergang in das kontradiktorische Verfahren sind Gegenstand des Protokolls der mündlichen Verhandlung geworden.

Die angefochtene Entscheidung läßt daher einen Rechtsfehler zu Lasten des Klägers nicht erkennen.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die weiteren prozessualen Nebenentscheidungen richten sich nach §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO und nach § 543 Abs. 2 ZPO.

Der Senat hat die Frage der Zulassung der Revision geprüft und hiervon keinen Gebrauch gemacht, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch aus Gründen der Rechtsfortbildung oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erforderlich erscheint.

Ende der Entscheidung

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