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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 04.10.2005
Aktenzeichen: 19 U 51/05
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 540 Abs. 1 Nr. 1
BGB §§ 202 ff. a.F.
BGB § 326
BGB § 459
BGB § 462
BGB § 463 a.F.
BGB § 467 a.F.
BGB § 477 a.F.
BGB § 477 Abs. 1
BGB § 477 Abs. 1 S. 1
BGB § 477 Abs. 2
BGB § 639 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 19. Januar 2005 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Hagen wird zurückgewiesen.

Der Beklagten tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten dürfen die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe:

I.

Gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO wird auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen, soweit sich aus den nachfolgenden tatsächlichen Feststellungen nichts anderes ergibt.

Die Beklagten tragen in der Berufung die sich gegen die Abweisung der Widerklage richtet vor, das Landgericht habe zu Recht festgestellt, dass das Gerät mangelhaft sei. Der Anspruch auf Rückzahlung der Anzahlung sei jedoch nicht verjährt.

Ablieferung des zu montierenden, komplizierten Gerätes sei erst mit der Vollendung der Montage gegeben. Dazu gehöre hier auch die Aufnahme des praxisgerechten Patientenbetriebs. Eine solche habe es aber nie gegeben.

Eine vertragsgemäße Ablieferung scheitere auch daran, dass das Gerät nicht den zwingenden Vorschriften des Medizin-Produkte-Gesetzes in Bezug auf die Betriebssicherheit entspreche.

Die sechsmonatige Verjährungsfrist des § 477 Abs.1, S.1 BGB greife nicht, weil die Klägerin den Mangel arglistig verschwiegen habe. Der Zeuge I habe bekundet, dass die Thermosicherung überbrückt worden sei. Das belege, dass die Klägerin den Beklagten wissentlich ein Gerät angedient habe, dass unvollständig und gefährlich sei. Auch habe es nie eine offizielle Auswertungssoftware für die Mammaspule gegeben.

Die Beklagten hätten zur Wahrung ihrer Wandlungsrechte auch nicht Widerklage erheben müssen.

Der Widerklageanspruch werde hilfsweise auf den großen Schadensersatzanspruch aus § 463 BGB a.F. auf Grund der o.g. arglistigen Täuschung gestützt.

Weiter hilfsweise werde der Anspruch auf § 326 BGB gestützt. Ein Gefahrübergang sei wegen der Unfertigkeit des Gerätes bis heute nicht erfolgt.

Die Klägerin schulde damit die Rückzahlung der unstreitig geleisteten Anzahlung von 70.000 €.

Weiter schulde die Klägerin die Entfernung des Gerätes auf ihre Kosten. Da das Gerät mit einem speziell dafür geschaffenen Raum umbaut wurde, entstünden erhebliche Kosten für den Rückbau, die die Klägerin zu tragen habe.

Die Beklagten beantragen,

1. auf die Widerklage die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagten 70.000 € nebst Jahreszinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 1.Juli 2004 zu zahlen, Zug um Zug gegen Herausgabe des Kernspintomographen W der Firma J GmbH mit der Seriennummer #####;

2. die Klägerin zu verurteilen, das vorgenannte Gerät auf ihre Kosten in den Räumen I2, O-Straße auszubauen und abzuholen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor, die Kaufsache sei abgeliefert, wenn sie derart in die Verfügungsgewalt des Käufers gelange, dass er die Beschaffenheit der Ware prüfen könne (BGH NJW 1961, 730). Ohne Bedeutung sei, ob die Sache, auch wenn sie technisch kompliziert ist, zu dem Zeitpunkt mangelhaft war (BGH NJW 2000, 1416).

Hier habe mit dem Gerät in größerem Umfang Patientenbetrieb stattgefunden.

Die Vereinbarung " 20 % nach Fertigstellung der Installation (= Aufnahme des Patientenbetriebs)" betreffe ausschließlich eine Zahlungsmodalität, nicht den Beginn der Verjährungsfrist.

Die Montage des Gerätes sei am 20.08.2002 abgeschlossen gewesen.

Die Klägerin habe auch nicht gegen das MPG verstoßen. Weder bei Kaufvertragsabschluss, noch bei Übergabe noch später seien die Sicherheit und die Gesundheit der Patienten oder anderer über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaften vertretbares Maß hinaus gefährdet gewesen.

Selbst bei einem Verstoß gegen das MPG bliebe die Frage der Verjährung unberührt.

Die Beklagten hätten auch kein arglistiges Verschweigen zum maßgeblichen Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses dargelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze mit Anlagen und die Protokolle der Sitzungen verwiesen.

II.

Die Berufung hat keinen Erfolg.

Ein Recht der Beklagten auf Wandlung des Kaufvertrages gemäß §§ 459, 462, 467 BGB a.F. ist gemäß § 477 BGB a.F. verjährt. Als die Beklagten erstmals im Oktober 2004 einen Wandlungsanspruch wegen der Mängel gerichtlich geltend gemacht haben, war die Verjährungsfrist bereits seit Ende Februar 2003 abgelaufen. Die sechsmonatige Verjährungsfrist lief seit dem Zeitpunkt der Ablieferung der Kaufsache. Das war hier der 30. August 2002. An diesem Tage hat die Klägerin die Montage für beendet erklärt und das Gerät stand in den Räumen der Beklagten, so dass diese die ordnungsgemäße Funktion prüfen und auftretende Mängel ohne weiters rügen konnten.

Der Zeitpunkt der Ablieferung liegt vor, wenn die Sache dem Käufer so überlassen ist, dass er sie untersuchen kann (BGH 93, 338/45 = NJW 1961, 730; Palandt/Putzo § 438 Rn 15). Auch bei komplizierten technischen Geräten bleibt es bei dem Grundsatz, dass die Ablieferung dann erfolgt ist, wenn die Kaufsache in einer ihre Untersuchung ermöglichenden Weise in den Machtbereich des Käufers gelangt ist (BGH NJW 2000, 1415, m.w.Nw.).

Die kaufrechtliche Ablieferung darf nicht mit der werkvertraglichen Abnahme verwechselt werden und die Unterschiede dürfen nicht verwischt werden. Die Ablieferung ist deshalb auch nicht erst dann anzunehmen, wenn die Sache als mangelfrei angesehen wird. Entscheidend ist, ob der Käufer eine Untersuchungsmöglichkeit hat. Vielmehr liegt die Ablieferung einer Kaufsache darin, dass der Verkäufer sie durch einseitige Handlung in Erfüllung des Kaufvertrages aus seiner Verfügungsgewalt entlässt und gleichzeitig die Verfügungsmöglichkeit des Käufers begründet wird (Faust in Bamberger/Roth § 438 BGB n.F. Rn 30, m.w.Nw. aus der BGH-Rspr). Es kommt also nicht darauf an, dass der Käufer die Sache als Erfüllung "annimmt".

Auch wenn eine Montage durch den Verkäufer vereinbart ist, bleibt es bei diesem Grundsatz, wobei selbstverständlich die Sache erst bei Beendigung des Montagevorganges abgeliefert ist, da der Käufer vorher zu einer Überprüfung nicht in der Lage ist (BGH a.a.O.; Faust a.a.O. Rn 33, m.w.Nw.). Auch hier kommt es also auf den tatsächlichen Vollzug (s.d. Palandt a.a.O.; Erman/Grundwald § 477 Rn 11), nicht auf einen Annahmewillen des Käufers an.

Im Gegensatz zur von den Beklagten in der Senatssitzung vorgetragenen Meinung war hier die Montage auch nicht Gegenstand eines selbstständigen Werkvertrages zwischen den Parteien des Kaufvertrages. Der eindeutige Schwerpunkt des Vertrages war die Übereignung des gebrauchten Kernspintomographen, nicht die Herstellung eines Werkes. Dass das bei seinem Abbau teilweise zerlegte Gerät bei den Beklagten wieder zusammen zu setzen war, ist eine reine Nebenpflicht zum Kaufvertrag. Im Übrigen machen die Beklagten Mängel an der Sache selbst geltend, nicht reine Montagefehler.

Auch wenn an dem Kernspintomographen irgendwelche Spulen oder andere Teile gefehlt haben sollten, so waren das nicht selbstständige, mit anderen zu einer Sachgesamtheit zusammengefasste Sachen, sondern Bestandteile des Kernspintomographen. Das Fehlen solcher Bestandteile führt zur Mangelhaftigkeit der Sache, aber nicht dazu, dass die Hauptleistungspflicht auf Ablieferung der Kaufsache noch nicht vollständig erbracht wurde (s.d. BGH NJW 2000, 1415).

Dass die Klägerin bzw. ihre Vertreter bei dem Abschluss des Kaufvertrages als maßgeblichem Zeitpunkt einen Fehler arglistig verschwiegen hätten, haben die Beklagten nicht vorgetragen. Was sie hierzu behaupten bezieht sich stets auf Probleme mit dem Gerät noch nach der Ablieferung.

Eine Hemmung der Verjährung gemäß §§ 477 Abs. 2 und 2, 202 ff. BGB a.F. ist nicht eingetreten. Auch soweit die analoge Anwendung des § 639 Abs. 2 BGB in Frage kommen könnte, wirkt das stets nur für den nachgebesserten Mangel (s.d. Palandt/Putzo, 61.A., § 477 Rn 17). Hier handelte es sich jedoch nicht um von beiden Vertragspartnern als Nachbesserung von bei Übergabe vorhandenen Mängeln angesehene Arbeiten. Die Klägerin hat stets betont, dass ein solches gebrachtes Gerät einer häufigen Wartung bedarf und ihre Arbeiten deshalb im Hinblick auf einen noch abzuschließenden Wartungsvertrag als Service-Leistungen angesehen.

III.

Die Entscheidungen zur Kostentragung und vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe gemäß § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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