Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 07.04.2006
Aktenzeichen: 19 U 87/05
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 540 Abs. 1 Nr. 1
BGB § 134
BGB § 138
BGB § 181
BGB § 280 Abs. 1 S. 1
BGB § 323
BGB § 348
BGB § 347
BGB § 347 Abs. 2
BGB § 434
BGB § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1
BGB § 437 Nr. 2
BGB § 440
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das am 18. April 2005 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Münster wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO wird auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen, soweit sich aus den nachfolgenden tatsächlichen Feststellungen nichts anderes ergibt.

Der Beklagte trägt in der Berufung vor, der Kläger sei nicht aktivlegitimiert, da ihm seitens der Käuferin lediglich ein Wandlungsanspruch abgetreten worden sei, nicht aber Rechte im Zusammenhang mit dem gewährleistungsrechtlichen Rücktritt.

Die Abtretungsvereinbarung scheitere auch an §§ 134, 138, 181 BGB. Dem Kommissionär sei es nicht möglich, sich durch Abtretung in die Parteirolle des Käufers zu bringen. Dies verbiete die dem Kommissionsvertrag inhärente Solidaritäts- und Neutralitätspflicht.

Die Klage stütze sich auf den Mangel "Rittigkeit". Das Landgericht habe aber das Gutachten des Sachverständigen erschreckend falsch gewürdigt. Der stelle nämlich gerade nicht fest, dass das Pferd bei Übergabe nicht rittig gewesen sei. Rittigkeitsprobleme seien das Ergebnis falscher reiterlicher Behandlung eines Pferdes.

Das Landgericht sei auf einen Haftungsausschluss oder eine Haftungsbeschränkung gar nicht eingegangen. Dem Kläger als Kommissionär habe es oblegen, gegenüber der Käuferin sämtliche Gewährleistungsansprüche auszuschließen. Da er das nicht getan habe, habe er seine Fürsorgepflichten gegenüber dem Beklagten verletzt, so dass er ihn gem. § 280 Abs.1 S.1 BGB so zu stellen habe, als wenn er einen Haftungsausschluss mit der Käuferin vereinbart hätte.

Das Landgericht habe das Bestreiten der Anspruchshöhe nicht übergehen dürfen. Bei den Tierarztrechnungen sei bestritten worden, dass diese in irgendeinem Zusammenhang mit den angeblichen Mängeln des Pferdes stünden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angegriffene Urteil mit näheren Ausführungen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen C, T, Q und T1 sowie durch mündliche Anhörung des Sachverständigen Prof. Dr. I. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Berichterstattervermerk zur Senatssitzung vom 7.04.2006 verwiesen.

II.

Die Berufung hat keinen Erfolg.

Der Kläger hat aus abgetretenem Recht Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages und Ersatz der notwendigen Verwendungen aus §§ 437 Nr.2, 440, 323, 347 BGB gegen den Beklagten.

1.

Der Kläger ist aktivlegitimiert.

Die Käuferin des Pferdes und der Kläger haben unter dem 3. bzw. 9.11.2003 eine Abtretungsvereinbarung geschlossen, nach der dem Kläger der Wandlungsanspruch der Käuferin einschließlich sämtlicher Nebenrechte auf Ersatz von Kosten abgetreten wurden. Die Verwendung des Begriffes "Wandlung" ändert nichts daran, dass die Parteien offensichtlich den Rücktritt vom Kaufvertrag gemeint haben. Der Begriff "Wandlung" entstammt dem alten Schuldrecht und meinte auch die Rückabwicklung des Vertrages.

Die Abtretung ist entgegen der Meinung des Beklagten auch nicht unwirksam gemäß den §§ 134, 138, 181 BGB.

Bei der mit "Kommissionsvertrag" überschriebenen Vereinbarung zwischen den Parteien vom 5.05.2003 handelt es sich entgegen ihrer Überschrift nach ihrem Inhalt nicht um ein Kommissionsgeschäft. Nach dieser Vereinbarung sollte der Kläger das Pferd im Namen des Beklagten verkaufen. Ein Kommissionsvertrag liegt aber nur vor, wenn der Kommissionär sich verpflichtet, im eigenen Namen das Ausführungsgeschäft zu tätigen (s.d. Baumbach/Hopt HGB, § 383 Rn 17). Vielmehr handelt es sich hier um eine Vertretung des Beklagten durch den Kläger beim Abschluss des Kaufvertrages. Die Verletzung von Treuepflichten des Klägers gegenüber dem Beklagten, dadurch, dass er sich als Vertreter Gewährleistungsansprüche des Käufers zur Durchsetzung gegen den Vertretenen abtreten lässt, ist nicht erkennbar.

2.

Entgegen der Meinung des Beklagten war der Kläger auch nicht verpflichtet, in dem Kaufvertrag einen Haftungsausschluss zugunsten des Beklagten zu vereinbaren. Es ist in keiner Weise erkennbar, woraus sich eine solche Pflicht des Klägers ergeben sollte. Sie ergibt sich auch nicht aus der Stellung als Vertreter. Hier ist es vielmehr so, dass in dem sog. Kommissionsvertrag der Parteien der Beklagte "zusichert, dass das Pferd gesund, als Reit-/Sportpferd geeignet" ist.

3.

Die Voraussetzungen des § 437 Nr. 2 BGB liegen vor, insbesondere ist das Pferd mangelhaft iSd. § 434 BGB, da es an einer Veränderung am Wirbelbogengelenk zwischen C6 und C7 der Halswirbelsäule leidet.

3.1.

Entgegen dem Landgericht kann allerdings nicht festgestellt werden, dass das Pferd bei Übergabe am 30.04.2003 nicht rittig und damit mangelhaft gewesen sei.

Das Landgericht hat zwar durchaus erkannt, dass der Sachverständige in seinem Gutachten geschrieben hat, es könne nicht festgestellt werden, dass die von ihm eindeutig festgestellten Rittigkeitsprobleme bereits bei Übergabe vorgelegen haben. Zu seiner Überzeugung, dass das doch der Fall war, ist das Landgericht gekommen, weil der Beklagte trotz seines Bestreitens keine Umstände dargelegt habe, warum das Pferd nicht schon bei Übergabe eine Verhaltensstörung gehabt habe. Damit hat das Landgericht die Beweispflicht verkannt. Nach Übergabe ist der Käufer bzw. derjenige, der Gewährleistungsrechte geltend macht, für den Mangel zum Zeitpunkt der Übergabe beweispflichtig.

Den Beweis hat der Kläger jedoch nicht geführt. Das hat das Landgericht bereits so gesehen. Aber auch die Beweisaufnahme durch den Senat hat den positiven Beweis, dass die vom Sachverständigen zum Zeitpunkt seiner Untersuchung festgestellten Verhaltensstörungen des Pferdes, die zur Unrittigkeit führen, bereits bei Übergabe vorhanden waren, nicht erbracht. Die Aussagen der Zeugen dazu waren vollkommen gegensätzlich. Während die Käuferin und ihr Reitlehrer von massiven Verhaltensstörungen des Pferdes berichteten, sagten die übrigen Zeuginnen aus, dass bis direkt vor dem Verkauf das Pferd ohne Probleme auch auf Turnieren geritten worden war. Indizien, die die Aussagen irgendwie unterstützen oder widerlegen könnten, sind nicht ersichtlich. Es ist auch nicht ersichtlich, dass bestimmte der vernommenen Zeugen glaubwürdiger wären, als andere.

3.2.

Die bei dem Pferd vorliegenden Engstände der Wirbeldornfortsätze von T 14, T 15 und T 16 (sog. kissing spines) sind kein Mangel iSd. § 434 BGB. Sie sind bereits bei der Ankaufsuntersuchung diagnostiziert worden und von der Käuferin auch so hingenommen worden, weil sie sich bei diesem Pferd bei qualifizierter reiterlicher Arbeit nicht negativ auswirken.

3.3.

Der Mangel liegt allerdings in einer krankhaften Veränderung am Wirbelbogengelenk zwischen C6 und C7 der Halswirbelsäule des Pferdes.

Bereits in der Klageschrift hat der Kläger vorgetragen, dass das Pferd an einer unheilbaren Arthrose am dorsalen Intervertebralgelenk von C 6 - 7 leide. Auch wenn Anlass für die Untersuchung des Pferdes, bei der dieser Befund erhoben worden war, die Rittigkeitsprobleme gewesen sind und nach Meinung des Sachverständigen die Arthrose nicht die Ursache für die Verhaltenstörungen des Pferdes sind, ändert das nichts daran, dass der Mangel konkret vom Kläger vorgetragen worden ist. Ob er aus dem Vorliegen der Krankheit eventuell falsche Schlüsse auf deren Symptome gezogen hat, ist gleichgültig.

Da sich die Ankaufsuntersuchung auf diesen Bereich der Halswirbelsäule nicht erstreckt hat, hatte die Käuferin keine Kenntnis von der Erkrankung, so dass - anders als bei den kissing spines - keine diesbezügliche Beschaffenheitsvereinbarung vorliegt. Das Pferd ist jedoch mangelhaft, weil es bereits zum Zeitpunkt der Übergabe aufgrund dieser Krankheit entgegen § 434 Abs. 1 S.2 Nr. 1 BGB für die vertraglich vorausgesetzte Verwendung als Reitpferd im Dressursport nicht geeignet war. Die bereits seit längerer Zeit vorliegende Arthrose ist eine unheilbare, intermittierend Schmerzen verursachende Krankheit. Selbst wenn es Phasen gibt, in denen das Pferd unauffällig bleibt, begründet die Krankheit zumindest ein erhebliches Risiko, dass das Pferd praktisch jeder Zeit aufgrund der Schmerzen nicht geritten werden kann. Das steht zur Überzeugung des Senats aufgrund des Gutachtens des Sachverständigen Prof. I fest. Der Sachverständige hat das Vorliegen der Krankheit zum Zeitpunkt der Übergabe bestätigt, ebenso wie deren Unheilbarkeit. Er hat auch eindeutig erklärt, dass diese Arthrose selbstverständlich eine Beeinträchtigung in der Eignung als Reitpferd sei.

4.

Als Rechtsfolge der Rückabwicklung des Kaufvertrages hat der Beklagte den erhaltenen Kaufpreis zurück zu zahlen, wobei der Kläger sich Provisionen anrechnen lässt, so dass noch 10.000 € zu zahlen sind.

Gemäß § 347 Abs. 2 BGB hat der Beklagte auch die geltend gemachten Unterstellkosten von insgesamt 2.100 € zu zahlen, für die Boxenmiete einschließlich Fütterung ab dem 1.11.2003. Wie in der Senatssitzung vom 25.11.2005 unstreitig wurde, sind monatliche Kosten von 250 € anzusetzen. Der Kläger hat die zunächst für 7 Monate zu je 300 € geltend gemachten Kosten mit den Kosten für die Folgemonate aufgefüllt.

Weiter sind gemäß § 347 Abs. 2 BGB auch Tierarztkosten in Höhe von 290,35 € zu ersetzen. Es handelt sich um die Kosten einer Untersuchung des Pferdes am 11.02.2004, die ausweislich des tierärztlichen Berichts vom 1.03.2004 aufgrund der Verhaltensstörungen bei dem Pferd veranlasst wurde und bei den Röntgenaufnahmen eine Osteoarthrose des Facettengelenks zwischen C 6/7 - also den Mangel - ergeben hat.

Gemäß § 348 BGB sind die sich aus dem Rücktritt ergebenden Verpflichtungen Zug um Zug zu erfüllen. Der Kläger hat also das Pferd zurück zu geben.

III.

Die Entscheidungen zur Kostentragung und vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 7113 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe gemäß § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Auch die vom Beklagten diesbezüglich angesprochene Frage, ob die Rüge in der Klageschrift ausreichend sei, ist eine Einzelfallentscheidung. Im Übrigen hat der Kläger die Krankheit gerügt, ohne sie selbst in einen eindeutigen ursächlichen Zusammenhang mit der fehlenden Rittigkeit zu bringen. Die fehlende Rittigkeit wäre im Übrigen allenfalls ein Symptom für die Krankheit als Mangel.

Ende der Entscheidung

Zurück