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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 23.10.2009
Aktenzeichen: 19 W 26/09
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 412 | |
ZPO § 492 | |
ZPO §§ 567 ff |
Tenor:
1. Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Hagen vom 6.7.2009 wird als unzulässig verworfen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragsgegnerin nach einem Beschwerdewert von 300.000 €.
3. Die Rechtsbeschwerde gegen diese Entscheidung wird zugelassen.
Gründe:
I.
Zwischen den Parteien besteht Streit über werkvertragliche Gewährleistungsrechte. Auf Antrag der Antragstellerin holte das Landgericht im vorliegenden selbständigen Beweisverfahren betreffend den Schwimmbereich des Freibades I2 in I ein schriftliches Sachverständigengutachten nebst späterer schriftlicher Ergänzungen ein. Auf die weiteren beiderseitigen Einwendungen hin hörte das Landgericht den Sachverständigen ergänzend mündlich im Termin am 10.9.2008 an. Anschließend wies es den am 8.9.2008 gestellten Antrag der Antragsgegnerin auf Einholung eines Obergutachtens zu der Beweisfrage 1 des Beweisbeschlusses vom 24.3.2006 durch den angefochtenen Beschluss vom 6.7.2009 mit der Begründung zurück, dass die Voraussetzungen hierfür nach § 412 ZPO nicht vorlägen, weil der Gutachter alle Fragen hinreichend und mit zutage getretener Sachkompetenz beantwortet habe und auch keine Anhaltspunkte dafür beständen, dass ein anderer Gutachter über bessere Erkenntnismöglichkeiten verfüge.
Dagegen wendet sich die Antragsgegnerin mit der sofortigen Beschwerde, mit der sie ihr Ziel der Einholung eines Obergutachtens im selbständigen Beweisverfahren weiter verfolgt.
II.
Die Beschwerde ist unzulässig und war deshalb zu verwerfen (§ 572 II ZPO).
Nach § 567 I ZPO findet die Beschwerde gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Landgerichte statt, wenn dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist (§ 567 I Nr. 1 ZPO) oder wenn es sich um solche eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde Entscheidungen handelt, durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist, § 567 I Nr. 2 ZPO. Nach § 492 I ZPO erfolgt die Beweisaufnahme im selbstständigen Beweisverfahren nach den für die Aufnahme des betreffenden Beweismittels generell geltenden Vorschriften, so dass das Gericht nach § 412 I ZPO eine neue Begutachtung durch dieselben oder durch andere Sachverständige anordnen kann, wenn es das Gutachten für ungenügend erachtet. Eine Beschwerdemöglichkeit gegen eine ablehnende Entscheidung ist nicht im Gesetz ausdrücklich bestimmt. Durch eine ablehnende Entscheidung wird auch nicht ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen. Für das Hauptsacheverfahren ist allgemein anerkannt, dass diese Voraussetzung nicht erfüllt ist, wenn eine Anordnung im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts steht und einen Antrag nicht erfordert (Zöller-Heßler, ZPO, 27. Aufl., § 567 Rn. 35), und zwar auch dann, wenn ein Antrag gestellt ist. Eine derartige Bestimmung enthält der hier maßgebliche § 412 I ZPO.
Es kann nicht im selbstständigen Beweisverfahren eine Beschwerde abweichend von diesem allgemeinen Grundsatz für statthaft erachtet werden. Der Senat folgt insoweit der immer noch herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Schrifttum (vgl. zuletzt OLG Schleswig BECKRS 2009 12561 mit Überblick zum Streitstand). Ebenso wie im Hauptsacheverfahren hat das Gericht auch im selbstständigen Beweisverfahren, in dem es nicht die Sache rechtlich zu würdigen und zu entscheiden hat, von Amts über weitere Erhebungen nach § 412 I ZPO zu befinden (BGH VersR 2006, 95). Eine insoweit ablehnende Entschließung mag im selbstständigen Beweisverfahren abschließenden Charakter haben, während im Hauptsacheverfahren durch Rechtsmittel geltend gemacht werden kann, dass das Gericht die Sachentscheidung zu Unrecht ohne weitere Erhebungen getroffen habe. Die Abgrenzung rechtfertigt sich jedoch aus Sicht des Senats namentlich über die unterschiedliche Verfahrensfunktion. Das vorliegende Beweisverfahren dient lediglich der tatsächlichen Feststellung ggfls. gekoppelt mit der Möglichkeit der Vermeidung eines Rechtsstreits (§ 485 II 2 ZPO). Der Streit über die erforderliche Einholung eines neuen Sachverständigengutachtens nach § 412 I ZPO gehört in das Hauptsacheverfahren, in dem unter konkreter Rechtswürdigung des Einzelfalls die Frage der Beweisbedürftigkeit geprüft wird. Im selbständigen Beweisverfahren darf eine solche Prüfung nicht vorgenommen werden. Die gegenteilige Auffassung führt zu einer Überfrachtung des selbständigen Beweisverfahrens.
Aus der von der Antragsgegnerin angeführten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (VersR 2006, 95) folgt nichts anderes, weil dort die hier interessierende Frage ausdrücklich unentschieden gelassen worden ist (Nr. 3 der Gründe).
Der Senat hat die Parteien vorab auch auf die Möglichkeit einer Verwerfung der Beschwerde als unzulässig hingewiesen und ihnen dazu Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 I ZPO.
3. Die Rechtsbeschwerde war nach § 574 II, III ZPO im Hinblick auf die vom Standpunkt des Senats abweichende obergerichtliche Rechtsprechung zuzulassen, wie schon mit dem vorgenannten Hinweis mitgeteilt.
Ende der Entscheidung
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