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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 29.01.2001
Aktenzeichen: 2 (s) Sbd. 6 - 271/2000
Rechtsgebiete: BRAGO
Vorschriften:
BRAGO § 99 |
Zum besonderen Umfang des Verfahrens im Sinn von § 99 Abs. 1 BRAGO
Beschluss Strafsache gegen W.H.
wegen Mordes (hier: Antrag auf Bewilligung einer Pauschvergütung für die bestellte Verteidigerin).
Auf den Antrag der Rechtsanwältin A. aus B. vom 25. September 2000 auf Bewilligung einer Pauschvergütung für die Verteidigung des ehemaligen Angeklagten hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 29.01.2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht und die Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung des Leiters des Dezernats 10 der Verwaltungsabteilung des Oberlandesgerichts beschlossen:
Tenor:
Der Antragstellerin wird anstelle ihrer gesetzlichen Gebühren in Höhe von 13.260 DM eine Pauschvergütung in Höhe von 25.000 DM (in Worten: fünfundzwanzigtausend Deutsche Mark) bewilligt.
Der weitergehende Antrag wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin war dem ehemaligen Angeklagten, dem drei Morde vorgeworfen wurden, als Pflichtverteidigerin beigeordnet. Die Antragstellerin beantragt für ihre für ihren Mandanten erbrachten Tätigkeiten die Gewährung einer Pauschvergütung, die sie im wesentlichen mit folgenden Tätigkeiten begründet:
Die Hauptverhandlung gegen den ehemaligen Angeklagten hat an insgesamt 19 Tagen im Zeitraum vom 9. August 1999 bis zum 24. September 1999 stattgefunden. An 18 dieser Hauptverhandlungstage hat die Antragstellerin teilgenommen. Zu den Hauptverhandlungen ist die Antragstellerin jeweils aus Bonn, wo ihre Kanzlei ihren Sitz hat, nach Münster angereist. Die durchschnittliche Dauer der Hauptverhandlungstermine betrug rund 6 Stunden. Von den 18 Hauptverhandlungsterminen hat einer über 9 Stunden, haben 2 mehr als 8 Stunden, 2 mehr als 7 Stunden, 2 mehr als 6 Stunden, 7 mehr als 5 Stunden, 2 mehr als 4 Stunden, 1 mehr als 3 Stunden und nur einer gerade 2 Stunden gedauert. Während der Dauer der Hauptverhandlung ist durchschnittlich an drei Tagen in der Woche verhandelt worden.
Die Antragstellerin hat zudem noch geltend gemacht, dass sie ihren Mandanten insgesamt achtmal in der Justizvollzugsanstalt besucht hat. Bei vier dieser Besuche sei sie - jeweils inklusive Fahrtzeit - 8 Stunden abwesend gewesen.
Wegen des weiteren Umfangs der für den ehemaligen Angeklagten erbrachten Tätigkeiten wird auf die der Antragstellerin bekannt gemachte Stellungnahme des Leiters des Dezernats 10 vom 21. Dezember 2000 Bezug genommen.
Die gesetzlichen (Pflichtverteidiger-)Gebühren der Antragstellerin betragen 13.260 DM. Sie hat eine Pauschvergütung in Höhe von 27.940 DM beantragt.
Der Vorsitzende des Schwurgerichts hat das Verfahren als "besonders schwierig" angesehen. Der Vertreter der Staatskasse hat sich dem angeschlossen. Er ist zudem der Ansicht, dass das Verfahren für die Antragstellerin "besonders umfangreich" im Sinn von § 99 Abs. 1 BRAGO gewesen ist.
II.
Der Antragstellerin war eine Pauschvergütung zu bewilligen
1.
Das Verfahren war "besonders schwierig". "Besonders schwierig" im Sinn des § 99 Abs. 1 BRAGO ist ein Verfahren, das aus besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Gründen über das Normalmaß hinaus erheblich verwickelt ist (vgl. dazu Burhoff StraFo 1999, 261, 264). Das ist vorliegend der Fall. Insoweit tritt der Senat mit dem Vertreter der Staatskasse der sachnahen Einschätzung des Vorsitzenden der Strafkammer bei; ein Grund, dieser nicht zu folgen, ist nicht ersichtlich (vgl. insoweit Senat in AnwBl. 1998, 416 = ZAP EN-Nr. 609/98 = AGS 1998, 104 und Senat in JurBüro 1999, 194 = AGS 1999, 104 = AnwBl. 2000, 56). Allein das Urteil gegen den Angeklagten umfasst 160 Seiten und enthält eine umfangreiche schwierige Beweiswürdigung namentlich hinsichtlich der schon sieben Jahre zurückliegenden Tat.
2.
Das Verfahren war für die Antragstellerin auch "besonders umfangreich" im Sinn des § 99 Abs. 1 BRAGO.
Bei den insoweit zu berücksichtigenden Tätigkeiten hat der Senat insbesondere die Teilnahme der Antragstellerin an den jeweiligen Hauptverhandlungsterminen berücksichtigt. Dabei übersieht der Senat nicht, dass diese mit einer durchschnittlichen Dauer rund 6 Stunden für ein Schwurgerichtsverfahren "nur" durchschnittlich lang gewesen ist. Andererseits haben aber 7 der insgesamt 18 Termine mehr als sechs Stunden gedauert, davon einer sogar mehr als 9 Stunden. Die übrigen Termine waren auch nicht derart kurz, dass sie ganz oder teilweise diese langen Termine kompensieren würden. Zu berücksichtigen sind bei der Antragstellerin zudem auch die Fahrtzeiten, die aufgewendet werden mussten, um vom Sitz ihrer Kanzlei in Bonn nach Münster zu gelangen. Diese waren erheblich. Hinzu kommen schließlich noch die Besuche der Antragstellerin in der Justizvollzugsanstalt, von denen vier zu mehr als achtstündigen Abwesenheit geführt haben (zur Berücksichtigung des Zeitaufwands von Besuchen des inhaftierten Mandanten in der Justizvollzugsanstalt siehe die zur Veröffentlichung bestimmten Beschlüsse des Senats in 2 (s) Sbd. 6 - 202/2000, in 2 (s) Sbd. 6 - 213/2000 und in 2 (s) Sbd. 6 - 231, 232 u. 233/2000, jeweils auf http://www.burhoff.de).
3.
Bei der Bemessung der nach allem damit der Antragstellerin sowohl wegen der "besonderen Schwierigkeit" als auch wegen des "besonderen Umfangs" zu gewährenden Pauschvergütung hat der Senat alle Umstände des Einzelfalls berücksichtigt. Besonderes Gewicht hatte insbesondere die teilweise erheblich überdurchschnittliche Dauer der Hauptverhandlungstermine sowie deren dichte Terminierung. Auch waren bei der Bemessung der Pauschvergütungen die von der Antragstellerin erbrachten Fahrtzeiten zu berücksichtigen (vgl. dazu Senat in StraFo 1999, 143 = wistra 1999, 156 = AGS 1999, 72). Dies hat sich besonders pauschvergütungserhöhend ausgewirkt. Schließlich waren auch die Besuche in der Justizvollzugsanstalt von Belang. Schließlich ist auch noch der Umstand berücksichtigt worden, dass es sich um ein "besonders schwieriges" Verfahren gehandelt hat.
Auf der Grundlage der vorstehenden Ausführungen hat der Senat bei der Antragstellerin eine Pauschvergütung von 25.000 DM als angemessen und erforderlich angesehen. Damit wird die Mittelgebühr eines Wahlverteidigers deutlich überschritten. Die Bewilligung einer höheren Pauschvergütung, ungefähr in Höhe der Wahlverteidigerhöchstgebühr - wie von der Antragstellerin beantragt - kam hingegen nicht in Betracht. Auf eine Pauschvergütung in dieser Höhe ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats nur dann zu erkennen, wenn die Tätigkeit für den ehemaligen Angeklagten den Pflichtverteidiger über einen längeren Zeitraum ausschließlich oder fast ausschließlich in Anspruch genommen hat. Das ist aber vorliegend indes noch nicht der Fall. Der weitergehende Antrag war demgemäss abzulehnen.
Ende der Entscheidung
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