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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 17.02.2000
Aktenzeichen: 2 (s) Sbd. 6 - 9/2000
Rechtsgebiete: GVG, BRAGO


Vorschriften:

GVG § 74 Abs. 2
BRAGO § 99
BRAGO § 97 Abs. 1
BRAGO § 84 Abs. 1
BRAGO § 83 Abs. 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT HAMM BESCHLUSS

2 (s) Sbd. 6 - 9/2000 OLG Hamm 41 Js 823/97 StA Hagen 5650 a E - 5 a. 6693 Leiter des Dezernats 10 der VerwAbt. des OLG Hamm

Strafsache

wegen Totschlags,

(hier: Pauschvergütung für den bestellten Verteidiger gem. § 99 BRAGO).

Auf den Antrag des Rechtsanwalts Löber aus Lüdenscheid vom 8. Dezember 1999 auf Bewilligung einer Pauschvergütung für die Verteidigung des früheren Angeklagten hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 17. Februar 2000 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Regul und

die Richter am Oberlandesgericht Burhoff und Eichel

nach Anhörung des Leiters des Dezernats 10 der Verwaltungsabteilung des Oberlandesgerichts

beschlossen:

Tenor:

Dem Antragsteller wird anstelle seiner gesetzlichen Gebühren in Höhe von 2.885,- DM eine Pauschvergütung von 3.400,00 DM (in Worten: dreitausendvierhundert Deutsche Mark) bewilligt.

Der weitergehende Antrag wird abgelehnt.

Gründe:

Der Antragsteller begehrt mit näherer Begründung, auf die Bezug genommen wird, für seine Tätigkeit als gerichtlich bestellter Verteidiger des früheren Angeklagten eine Pauschvergütung in Höhe von 7.215,- DM.

Der Vertreter der Staatskasse hat in seiner dem Antragsteller bekannten Stellungnahme vom 25. Januar 2000 angeregt, den Antrag auf Bewilligung einer Pauschvergütung zurückzuweisen, da das Verfahren weder besonders schwierig noch besonders umfangreich gewesen sei.

Der Antragsteller hat darauf mit Schriftsatz vom 16. Februar 2000 erwidert.

In Übereinstimmung mit dem Vertreter der Staatskasse und dem Schwurgerichtsvorsitzenden hält auch der Senat das vorliegende Verfahren nicht für besonders schwierig. Die Hinzuziehung eines Dolmetschers wirkt sich regelmäßig (nur) bei der Frage des besonderen Verfahrensumfanges aus. Die Schwere und Bedeutung des Tatvorwurfs ist kein für den besonderen Schwierigkeitsgrad eines Verfahrens taugliches Kriterium. Ansonsten würde beispielsweise jede Tätigkeit in einem Schwurgerichtsverfahren wegen des Zuständigkeitskatalogs des § 74 Abs. 2 GVG zwangsläufig die Bewilligung einer Pauschvergütung nach sich ziehen.

Nach Auffassung des Senats war das Verfahren jedoch besonders umfangreich i.S.d. § 99 BRAGO.

Der in Lüdenscheid ansässige Antragsteller hat seinen Mandanten 3 Mal in der Justizvollzugsanstalt Hagen und einmal in der Justizvollzugsanstalt Siegen aufgesucht und darüber hinaus an zwei Haftprüfungsterminen teilgenommen.

Zwar gehören Besuche des Verteidigers eines inhaftierten Mandanten in der Justizvollzugsanstalt sowie die Teilnahme an Haftprüfungsterminen, worauf der Vertreter der Staatskasse zutreffend hinweist, grundsätzlich zu den Aufgaben eines Pflichtverteidigers und wären, soweit dadurch der übliche Aufwand nicht erheblich überschritten wird, durch die gemäß §§ 97 Abs. 1, 84 Abs. 1, 83 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO um 25 % erhöhten Gebühren abgegolten. Im konkreten Falle wirkt sich diese Erhöhung bei der Vorverfahrensgebühr um 85,- DM und bei der Gebühr für die Hauptverhandlung um 170,- DM aus. In Anbetracht der angefallenen Fahrzeiten - die Entfernungen von Lüdenscheid nach Hagen und Siegen und zurück betragen ca. 60 bzw. 160 km - und die erfahrungsgemäß vom Verteidiger hinzunehmenden Wartezeiten in den Anstalten geht der Senat, unabhängig von der Dauer des eigentlichen Mandantengesprächs, aber davon aus, dass die vom Antragsteller vorgenommenen vier Besuche in der Anstalt sowie die Teilnahme an den beiden Haftprüfungsterminen durch die vorgenannte Gebührenerhöhung um insgesamt 255,- DM nur einen unzureichenden finanziellen Ausgleich erfahren (vgl. auch Senatsbeschluss vom 19. Mai 1998 - 2 (s) Sbd. 5 - 102/98 sowie Burhoff, Die Pauschvergütung nach § 99 BRAGO - Ein Rechtsprechungsüberblick mit praktischen Hinweisen, StraFo 1999, 261, 275 m.w.N.). Dem aus der Inhaftierung eines Mandanten resultierenden zeitlichen Mehraufwand für einen Pflichtverteidiger wird nach Auffassung des Senats in aller Regel durch die gesetzlichen Gebühren dann noch ausreichend Rechnung getragen, wenn auf jeweils eine erhöhte Gebühr nicht mehr als ein Anstaltsbesuch entfällt, wobei je nach den Umständen des Einzelfalles, die der Antragsteller ggf. vorzutragen hat, Abweichungen nach oben oder unten denkbar erscheinen.

Im vorliegenden Fall übersteigt der dem Antragsteller durch die Inhaftierung seines Mandanten entstandene Aufwand deutlich den üblichen, durch die erhöhten gesetzlichen Gebühren abgedeckten Rahmen. Auch der Verfahrensumfang im Übrigen mit einer für ein Schwurgerichtsverfahren zwar nur unterdurchschnittlichen Hauptverhandlungsdauer, aber überdurchschnittlich umfänglichen Revisionstätigkeit ist nicht geeignet, die aufgezeigte Mehrbelastung vollständig zu kompensieren.

Der Senat hält daher nach allem unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles eine Pauschvergütung in der zugesprochenen Höhe für angemessen und ausreichend.

Der über diesen Betrag hinausgehende Antrag, der sich den Wahlanwaltshöchstgebühren annähert, war indes zurückzuweisen.

Eine Pauschvergütung in der beantragten Höhe hätte nach der ständigen Rechtsprechung des Senats nur dann bewilligt werden können, wenn das fragliche Verfahren den Antragsteller über einen längeren Zeitraum nahezu ausschließlich in Anspruch genommen und ihm ein Sonderopfer abverlangt hätte (vgl. Senatsbeschluss vom 16. September 1996 in JurBüro 1997, 84).

Diese Voraussetzung liegt hier bei nur vier Hauptverhandlungstagen und einer nur unterdurchschnittlichen Dauer je Hauptverhandlungstag nicht vor.



Ende der Entscheidung

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