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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 22.01.2003
Aktenzeichen: 2 Ss 1082/02
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 273
StPO § 274
Der Wegfall der Beweiskraft des Protokolls führt nicht dazu, dass das Vorbringen des Angeklagten hinsichtlich eines geltend gemachten Verfahrensfehlers als wahr unterstellt würde. Vielmehr kann und muss das Revisionsgericht in einem solchen Fall im Freibeweisverfahren klären, wie der Verfahrensablauf wirklich war.
Beschluss Strafsache gegen G.H. wegen versuchter räuberischer Erpressung.

Auf die Revision des Angeklagten vom 08. Juli 2002 gegen das Urteil der 5. kleinen Strafkammer des Landgerichts Hagen vom 05. Juli 2002 hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts in Hamm am 22. 01. 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht sowie die Richterin am Landgericht auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft nach Anhörung des Angeklagten bzw. seines Verteidigers gemäß § 349 Abs. 2 StPO einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Revision wird auf Kosten des Angeklagten verworfen.

Gründe:

I.

Das Amtsgericht hat den Angeklagten - gemeinsam mit seinen Mittätern - mit Urteil vom 19. Februar 2002 wegen gemeinschaftlicher versuchter räuberischer Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Die dagegen gerichtete Berufung des Angeklagten hat das Landgericht in dem angefochtenen Urteil verworfen. Hiergegen richtet sich nunmehr noch die Revision des Angeklagten, mit der er die formelle und die materielle Rüge erhoben hat. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Revision gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet zu verwerfen.

II.

Die Revision ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Die auf die formelle und materielle Rüge hin vorgenommene Überprüfung des angefochtenen Urteils lässt Rechtsfehler zu Lasten des Angeklagten nicht erkennen. Der Senat verweist zur Begründung insoweit auf die äußerst ausführlichen und in jeder Hinsicht zutreffenden Ausführungen der Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme vom 03. Januar 2003, denen er ausdrücklich beitritt und die er zum Gegenstand dieser Entscheidung macht. Insbesondere die Beweiswürdigung der Strafkammer ist nicht zu beanstanden. Das Landgericht hat sich nämlich mit allen für und gegen den Angeklagten sprechenden Umständen umfassend und zutreffend auseinandergesetzt. Die von der Revision gerügten Widersprüche liegen nicht vor.

Auch die formelle Rüge des Angeklagten greift nicht durch. Zutreffend ist zwar, worauf auch die Generalstaatsanwaltschaft schon hingewiesen hat, dass das Protokoll der Hauptverhandlung insoweit unrichtig ist, als dieses zur Frage der Vereidigung mehrerer Zeugen schweigt. Insoweit handelt es sich auch um einen offensichtlichen Mangel des Protokolls, der die in § 274 Satz 1 StPO normierte Beweiskraft entfallen lässt (vgl. dazu zuletzt BGH NStZ 2000, 546). Diese ist nicht neu dadurch wieder entstanden, dass das Protokoll der Hauptverhandlung nach seiner Fertigstellung am 13. Juli 2002 zwischenzeitlich am 03. September 2002 berichtigt worden ist. Diese Protokollberichtigung ist nämlich unwirksam, da sie erst nach Eingang der Revisionsbegründung beim Landgericht am 02. September 2002 erfolgte (vgl. BGHSt 2, 125; Meyer-Goßner, StPO, 46. Aufl., 2003, § 271 Rn. 26).

Entgegen der Auffassung der Revision führt der Wegfall der Beweiskraft des Protokolls nicht dazu, dass das Vorbringen des Angeklagten hinsichtlich der nicht erfolgten Vereidigung als wahr unterstellt würde. Vielmehr kann und muss das Revisionsgericht in einem solchen Fall im Freibeweisverfahren klären, wie der Verfahrensablauf wirklich war (zuletzt BGH NStZ 2000, 546; Meyer-Goßner, a.a.O., § 274 Rn. 17 f.). Die insoweit von der Revision erhobenen Einwände greifen nicht durch. Diese Verpflichtung des Revisionsgerichts ist keine Frage der nachträglichen "Aufdröselung" des Hauptverhandlungsprotokolls, sondern Folge des Wegfalls der Beweiserleichterung des § 274 StPO und Ausfluss des Grundsatzes, dass nur erwiesene Verfahrensfehler zum Erfolg der Revision führen können (vgl. dazu Meyer-Goßner, § 274 Rn. 18).

Aufgrund der vorliegenden dienstlichen Äußerung des Sitzungsvertreters der Staatsanwaltschaft und der sonstigen Umstände ist aber davon auszugehen, dass nach übereinstimmendem Verzicht der Prozessbeteiligten die Zeugen nach § 61 Ziffer 5 StPO unvereidigt entlassen worden sind. Der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft hat dies in seiner dienstlichen Äußerung vom 23. Oktober 2002 ausdrücklich erklärt. Seine Angaben werden durch die in den Protokollberichtigungen vom 03. September 2002 enthaltenen Erklärungen des Vorsitzenden der Strafkammer und des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bereits bestätigt, so dass der Senat davon absehen konnte, weitere dienstliche Äußerungen einzuholen, zumal dieser Verfahrensablauf im Übrigen durch die Revision nicht bestritten worden ist.

III.

Nach allem ist somit die Revision offensichtlich unbegründet, so dass sie gem. § 349 Abs. 2 StPO zu verwerfen war. Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.

Ende der Entscheidung

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