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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 15.01.2001
Aktenzeichen: 2 Ss 1143/00
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 267
Zum Umfang der erforderlichen tatsächlichen Feststellungen beim Vorwurf des Besitzes und Erwerbs von Schusswaffen.
Beschluss

Strafsache

gegen F.C.

wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz

Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil der 7. kleinen Strafkammer des Landgerichts Hagen vom 11. Juli 2000 hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 15. 01. 2001 Vorsitzenden Richter an Oberlandesgericht, Richter am Oberlandesgericht und Richter am Landgericht Talarowski nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Tenor:

Das angefochtene Urteil wird mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Hagen zurückverwiesen.

Gründe:

Das Landgericht Hagen hat die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Hagen vom 15. September 1999 verworfen und den Angeklagten unter Abänderung des angefochtenen Urteils wegen unerlaubten Erwerbs, Besitzes und Führens einer halbautomatischen Selbstladewaffe mit einer Länge von nicht mehr als 60 cm sowie wegen unerlaubten Überlassens einer Schusswaffe und von Munition an einen Nichtberechtigten zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung aussetzte.

Die getroffenen Feststellungen können wie folgt zusammengefasst werden:

Im Rahmen kriminalpolizeilicher Ermittlungen gegen andere Verdächtige ergab sich ein Tatverdacht gegen den M.K. Der leitende Ermittlungsbeamte - der Zeuge KHK B.- beauftragte Anfang Mai 1998 den Zeugen Ka., Kontakte mit K. aufzunehmen, um von diesem illegale Telefonkarten und gegebenenfalls Betäubungsmittel zu erwerben. Im Rahmen dieses Kontaktes bot K. eine Schusswaffe an, wobei er als Vermittler auftrat. Da Ka. grundsätzliches Interesse zeigte nahm K. telefonisch bei dem Angeklagten Rücksprache und teilte Ka. alsdann den Preis von 2.000,00 DM mit. Ka. erklärte sich - im Einvernehmen- mit dem Zeugen B. einverstanden und einigte sich mit K. auf den 14. Mai 1998 als Datum zur Durchführung des Geschäfts.

Am 14. Mai 1998 trafen sich K. und Ka. in einem Lokal. Nachdem eine erste Kontaktaufnahme mit dem Angeklagten gescheitert war, rief K. den Angeklagten auf dessen Handy an und vereinbarte mit diesem ein sofortiges Treffen. K. und Ka. fuhren erneut in die M.-Straße in Hagen.

Während Ka. im Auto zurückblieb, suchte K. eine Spielhalle auf, in der ihm der Angeklagte einen Revolver Marke Korth samt Holster und Munition zum Weiterverkauf übergab. Diese Waffe übergab K. später dem Zeugen Ka. gegen Zahlung des vereinbarten Kaufpreises und einer Provision in Höhe von 100,-DM. Ka. übergab die Waffe umgehend an den Zeugen B. weiter, der die Waffe auf daktyloskopische Spuren untersuchen ließ. Spuren des Angeklagten konnten dabei nicht gefunden werden.

Diese Feststellungen hat die Kammer im wesentlichen aufgrund der Aussage der Zeugen B., Ka. und St. getroffen. Die Beweiswürdigung der Kammer kann wie folgt zusammengefasst werden:

Zwar habe niemand die Waffe im Besitz des Angeklagten gesehen und auch nicht die Übergabe der Waffe vom Angeklagten an K. beobachtet. Aus den Gesprächen zwischen K. mit Ka. einerseits und den Telefongesprächen mit dem Angeklagten andererseits ergebe sich aber, dass es der Angeklagte sei, der die Waffe in Besitz gehabt habe. Dies folge insbesondere daraus, dass K. das Handy des Angeklagten angerufen und alsdann mit einem ,,F." telefoniert habe. Das sei aber der Vorname des Angeklagten. Da nicht ersichtlich sei, dass ein anderer ,,F." jederzeit Zugriff auf das Handy gehabt habe, stehe fest, dass K. mit dem Angeklagten das Waffengeschäft besprochen habe.

Die bestreitende Einlassung des Angeklagten sei durch die weiteren Beweismittel widerlegt. Soweit K. diese insoweit bestätige, als er ausgesagt habe, der Angeklagte sei weder sein Gesprächspartner noch sein Geschäftspartner gewesen, sei der Zeuge unglaubwürdig.

Auch die fehlenden daktyloskopischen Spuren stünden der Täterschaft nicht entgegen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die rechtzeitig eingelegte und mit der Verletzung materiellen Rechts begründete Revision des Angeklagten, mit der er die Aufhebung des Urteils erstrebt.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat keinen Antrag gestellt.

II.

Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Nachprüfung auf die zulässig erhobene Sachrüge nicht stand. Die tatsächlichen Feststellungen sind lückenhaft und vermögen deshalb die Verurteilung wegen unerlaubten Erwerbs, Besitzes und Führens einer halbautomatischen Selbstladewaffe mit einer Länge von nicht mehr als 60 cm nicht zu tragen.

Soweit die Kammer festgestellt hat, dass der Angeklagte den Revolver erworben und dem Zeugen K. am 14. Mai 1998 in einer Spielhalle übergeben hat, fehlt es an den notwendigen Feststellungsgrundlagen.

Zwar ist es allein Sache des Tatrichters, sich auf Grund der Hauptverhandlung die Überzeugung von Schuld- und Unschuld eines Angeklagten zu bilden. Das Revisionsgericht kann die Überzeugungsbildung des Tatrichters auch nur in begrenztem Umfang nachprüfen, sie insbesondere auch nicht durch seine eigene ersetzen. Die Überzeugungsbildung des Tatrichters ist aber auf die Sachrüge zu beanstanden, wenn der Tatrichter die rechtlichen Grenzen der ihm obliegenden freien Beweiswürdigung verkannt und/oder diese überschritten hat, insbesondere wenn er den festgestellten Sachverhalt nicht erschöpfend gewürdigt hat, wenn die Beweiswürdigung unklar, widersprüchlich oder lückenhaft ist oder gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt (zu vgl. BGH, MDR 74, 502, OLG Hamm, NJW 72, 916). Dabei muss die im Urteil mitgeteilte Beweiswürdigung in sich logisch geschlossen, klar und insbesondere lückenfrei sein. Sie muss wenigstens die Grundzüge der Überlegungen des Tatrichters und die Möglichkeit des gefundenen Ergebnisses so wie die Vertretbarkeit des Unterlassens einer weiteren Würdigung. aufzeigen. Es müssen alle aus dem Urteil ersichtlichen Tatsachen und Umstände, die Schlüsse zu Gunsten oder zu Ungunsten des Angeklagten zulassen, ausdrücklich erörtert werden (zu vgl. BGH, MDR 74, 502).

Diesen Grundsätzen wird das angefochtene Urteil nicht gerecht. Die Feststellungen hinsichtlich des Besitzes und Erwerbs von Schusswaffen durch den Angeklagten werden durch die gewürdigten Beweismittel nicht gedeckt. Einziger Zeuge für die Übergabe und damit auch für den Besitz der Waffe wäre der Zeuge K., der jedoch bekundet hat, eifre andere Person habe ihm diese Waffe übergeben.

Soweit die Kammer -revisionsrechtlich unangreifbar- diesen Zeugen als unglaubwürdig erachtet, lässt diese Unglaubwürdigkeit aber nicht den zwingenden und lückenlosen (Umkehr-)Schluss zu, der Angeklagte habe die Waffe besessen und den Zeugen übergeben. Die Strafkammer setzt sich insoweit nicht mit der Möglichkeit auseinander, dass der Angeklagte den Verkauf der Waffe nur vermittelt haben könnte, ohne selbst im Besitz der Waffe gewesen zu sein. Dieser Geschehensablauf ist aber mit den weiteren Beweismitteln, auf denen die Kammer die Verurteilung stützt ebenfalls in Einklang zu bringen. Zur schlüssigen Darlegung des Erwerbs, Besitzes und Führens der Waffe hätte es deshalb ergänzender Ausführungen bedurft, zumal weitere Zeugen den Angeklagten nicht im Besitz der Waffe gesehen haben und an der Waffe keine Fingerspuren des Angeklagten gefunden worden sind.

Das Urteil beruht auch auf diesem Mangel. Die bislang getroffenen Feststellungen tragen allenfalls den Schuldspruch des unerlaubten Überlassens einer Schusswaffe und von Munition an einen Nichtberechtigten. Für diese Tat steht nach § 53 Abs. 1 Ziff. 3 a und b WaffG ein anderer Strafrahmen zur Verfügung als der für den Besitz und Erwerb von Schusswaffen (§ 53 Abs. 3 Ziff. 2 WaffG) . Deshalb wirkt sich der Mangel hinsichtlich der getroffenen Feststellungen auch auf den Rechtsfolgenausspruch aus.

Das angefochtene Urteil war deshalb aufzuheben. Die Sache war zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Hagen zurückzuverweisen (§ 354 Abs. 2 StPO), die auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben wird.

Ende der Entscheidung

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