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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 19.01.2001
Aktenzeichen: 2 Ss 133/00
Rechtsgebiete: StPO
Vorschriften:
StPO § 344 | |
StPO § 140 |
Zur ausreichenden Begründung der Verfahrensrüge, mit der geltend gemacht wird, dass die Hauptverhandlung in Abwesenheit des notwendigen Verteidigers stattgefunden hat und zu Beiordnung eines Pflichtverteidigers wegen "Schwere der Tat" bzw. wegen "Verteidigungsunfähigkeit".
Beschluss Strafsache gegen C.I.,
wegen Bestechung.
Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil der 4. kleinen Strafkammer des Landgerichts Bochum vom 8. Juli 1999 hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 19.01.2001 durch Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, Richter am Oberlandesgericht und Richter am Landgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:
Tenor:
Die Revision wird auf Kosten des Angeklagten verworfen.
Gründe:
I.
Das Amtsgericht Bochum hat den Angeklagten wegen Bestechung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt. Die dagegen gerichtete Berufung des Angeklagten hat das Landgericht im angegriffenen Urteil verworfen. Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten, mit der er die formelle und materielle Rüge erhebt. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Revision zu verwerfen.
II.
Die Revision des Angeklagten ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg.
1.
Soweit der Angeklagte die formelle Rüge des § 338 Nr. 5, 140 Abs. 2 StPO erhebt und geltend macht, er sei in der Hauptverhandlung trotz des Vorliegens eines Falles der notwendigen Verteidigung nicht anwaltlich vertreten gewesen, führt dies nicht zur Aufhebung des Urteils. Die Rüge ist schon nicht im Sinn von § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO ausreichend begründet.
Nach dieser Vorschrift müssen bei Erhebung der Verfahrensrüge die den geltend gemachten Verstoß enthaltenen Tatsachen so genau dargelegt werden, dass das Revisionsgericht aufgrund dieser Darlegung das Vorhandensein -oder Fehlen- eines Verfahrensmangels feststellen kann, wenn die behaupteten Tatsachen bewiesen sind oder bewiesen werden (KK-Kuckein, StPO, 44. Auflage, § 344 Rdnr. 38).
Diesen Anforderungen wird die Revisionsbegründung nicht gerecht. In ihr wird lediglich mitgeteilt, dass der Angeklagte die Beiordnung eines Pflichtverteidigers beantragt hat und ohne nähere Ausführung die Rechtsauffassung vertreten, dass ein Fall der notwendigen Verteidigung gemäß § 140 Abs. 2 StPO vorliege. Der Inhalt des Antrags sowie des ablehnenden Beschlusses und die Tatsachen, aus denen sich die Fehlerhaftigkeit des Beschlusses ergeben könnte, werden nicht mitgeteilt.
Selbst durch die - auf Grund der gleichzeitig erhobenen zulässigen Sachrüge- mögliche stillschweigende Bezugnahme auf die Gründe des angefochtenen Urteils (vgl. dazu Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 44. Auflage, § 344 Rdnr. 20) werden dem Senat nicht die Tatsachen mitgeteilt, die zur Prüfung der Frage erforderlich sind, ob dem Angeklagten ein Pflichtverteidiger hätte beigeordnet werden müssen. Aus den Urteilsgründen selbst ergibt sich nur, dass der Angeklagte ein in Nigeria geborener Asylbewerber ist und sich in der Justizvollzugsanstalt mit der Zeugin H. in einem Gemisch aus deutschen und englischen Worten verständigen konnte. Darüber hinaus ist dem Urteil zu entnehmen, dass er wegen der angeklagten Tat zu einer sechsmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt worden ist und während der Dauer der Hauptverhandlung nicht inhaftiert war. Angaben u.a. zur Dauer seines Aufenthaltes in der Bundesrepublik, seinen Sprachkenntnissen und möglicherweise drohenden Bewährungswiderrufen enthält das Urteil nicht.
Allein aufgrund dieser vorgetragenen Tatsachen kann der Senat nicht prüfen, ob ein Fall der notwendigen Verteidigung im Sinn des § 140 Abs. 2 StPO vorliegt.
Nach dieser Vorschrift ist einem Angeklagten zunächst wegen der "Schwere der Tat" ein Pflichtverteidiger beizuordnen, wobei sich diese Beurteilung nach ständiger Rechtsprechung der Obergerichte vor allem an der zu erwartenden Rechtsfolgentscheidung orientiert (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 44. Auflage, § 140 Rdnr. 23 f; OLG Frankfurt StV 1995, 628 m.w.N.). Die "Schwere der Tat" wird danach regelmäßig erst dann angenommen, wenn die Verhängung einer Freiheitsstrafe von einem Jahr zur Bewährung zu erwarten ist. Eine solche Straferwartung bestand vorliegend nicht, da gegen den Angeklagten in der Berufungshauptverhandlung auf Grund des Verschlechterungsverbotes höchstens eine sechsmonatige Freiheitsstrafe verhängt werden konnte. Tatsachen hinsichtlich weiterer zu verbüßender Strafen sind nicht vorgetragen.
Auch zum Beiordnungsgrund der Verteidigungsunfähigkeit fehlt es an der Mitteilung der erforderlichen Tatsachen. Es werden keine Umstände mitgeteilt, aus denen sich ergeben könnte, dass sich der Angeklagte bei diesem sachlich und rechtlich einfach gelagerten Sachverhalt nicht selbst ausreichend verteidigen konnte. Die nigerianische Staatsangehörigkeit allein genügt insoweit nicht, zumal sich der Angeklagte in der Justizvollzugsanstalt mit der Zeugin H. verständigen konnte und aus den Urteilsgründen ersichtlich wird, dass sich der Angeklagte in der Hauptverhandlung sehr dezidiert und differenziert zu dem Tatvorwurf eingelassen hat.
2.
Die auf die Sachrüge hin vorgenommene Überprüfung des Urteils in materiell-rechtlicher Hinsicht lässt Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten nicht erkennen.
Auch die Annahme des Landgerichts, ein minder schwerer Fall im Sinn des § 334 Abs. 1 Satz 2 StGB liege nicht vor, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Das Landgericht hat alle persönlichen und sachlichen, für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände in rechtlich einwandfreier Weise abgewogen. Dabei ist es zur nicht angreifbaren Auffassung gelangt, dass ein Ausnahmefall im Sinn dieser Vorschrift nicht vorliegt.
Die vom Landgericht zugrunde gelegten Strafzumessungserwägungen sind ebenso wie die Ausführungen zur nicht gewährten Strafaussetzung in keiner Weise zu beanstanden und tragen den Rechtsfolgenausspruch.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.
Ende der Entscheidung
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