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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 22.03.2000
Aktenzeichen: 2 Ss 142/2000
Rechtsgebiete: StGB, StPO


Vorschriften:

StGB § 53
StGB § 244 Abs. 1 Nr. 3
StGB § 244 Abs. 2
StGB § 22
StGB § 23
StGB § 25 Abs. 2
StPO 473 Abs. 1
Zur Annahme von Tatmehrheit im Sinn von § 53 StGB, wenn bei mehreren, in einer Nacht begangenen Wohnungseinbruchsdiebstählen
OBERLANDESGERICHT HAMM

IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

2 Ss 142/2000 OLG Hamm 15 Ns 46 Js 125/98 LG Bochum

Verkündet am 22. März 2000

Könecke, Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

des Oberlandesgerichts

Strafsache

wegen

Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil der 15. kleinen Strafkammer des Landgerichts Bochum vom 29. Oktober 1999 hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm in der Sitzung vom 22. März 2000, an der teilgenommen haben:

Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Regul als Vorsitzender,

Richter am Oberlandesgericht Mosler und

Richter am Amtsgericht Giesecke von Bergh als beisitzende Richter,

Staatsanwalt Keil als Vertreter der Generalstaatsanwaltschaft,

Justizangestellte Könecke als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision wird verworfen.

Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

I.

Der Angeklagte ist durch Urteil des Amtsgerichts - erweitertes Schöffengericht - Bochum vom 26. Mai 1999 wegen gemeinschaftlichen Wohnungseinbruchdiebstahls in 11 Fällen, wobei es in fünf Fällen beim Versuch blieb, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren drei Monaten verurteilt worden.

Auf die Berufung des Angeklagten hat das Landgericht das Urteil unter Verwerfung der Berufung im Übrigen dahin abgeändert, dass er wegen Wohnungseinbruchdiebstahls in 11 Fällen, wobei es in fünf Fällen beim Versuch blieb, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren neun Monaten verurteilt worden ist.

Dabei ist das Landgericht aufgrund der geständigen Einlassung des Angeklagten von folgenden Feststellungen ausgegangen:

1.

Fälle 2 bis 4 der Urteilsgründe:

In der Nacht vom 7. auf den 8. September 1998 brach der Angeklagte mit einem unbekannten Mittäter in Herne in die Häuser A 66 (zwischen 20.00 Uhr und 06.10 Uhr) und L 3 (keine nähere Zeitangabe) ein und entwendete Bargeld und verschiedene Gegenstände. Beim Aufbruch des Hauses A 1 (zwischen 22.30 Uhr und 03.00 Uhr) wurden die Täter durch einen Zeitungszusteller gestört und konnten deshalb das Aufbrechen nicht vollenden.

2.

Fall 5 der Urteilsgründe:

In der Nacht vom 8. auf den 9. September 1998 versuchte der Angeklagte mit einem unbekannten Mittäter in Herne in das Haus L 7 (gegen 02.00 Uhr) durch Aufbrechen der Haustür einzubrechen, konnte sein Ziel wegen von innen angebrachter Sicherungen jedoch nicht erreichen.

3.

Fälle 10 bis 12 der Urteilsgründe:

In der Nacht vom 9. auf den 10. September 1998 brachen der Angeklagte und der frühere Mitangeklagte Selimi, gegen den das landgerichtliche Urteil rechtskräftig geworden ist, in Hattingen in die Häuser 16 (ohne nähere Zeitangabe), A 10 (gegen ca. 03.00 Uhr) und A 19 a (zwischen 04.00 Uhr und 05.30 Uhr) ein und entwendeten Bargeld und verschiedene Gegenstände.

4.

Fälle 6 bis 9 der Urteilsgründe:

In der Nacht vom 10. auf den 11. September 1998 brach der Angeklagte gemeinsam mit einem unbekannten Mittäter in Herne in das Haus R 71 (zwischen 23.00 Uhr und 07.00 Uhr) ein und entwendete Bargeld.

Die Versuche, in derselben Nacht auch in die Häuser A 1 (zwischen 22.00 Uhr und 06.00 Uhr) und R 19 (keine nähere Zeitangabe) einzubrechen, misslangen, weil sich die Türen nicht öffnen ließen. In das Haus R 60 (keine nähere Zeitangabe) waren sie eingebrochen, entwendeten jedoch nichts, weil sie mitnehmenswerte Gegenstände nicht vorfanden.

Feststellungen zu irgendwelchen Absprachen des Angeklagten und seines jeweiligen Mittäters in Bezug auf die Auswahl der Einbruchsobjekte enthält das Urteil nicht. Lediglich im Rahmen der Beweiswürdigung zur Bekräftigung der Glaubwürdigkeit des Geständnisses wird mitgeteilt, dass die jeweils in derselben Nacht ausgeführten Taten in demselben eng begrenzten Gebiet begangen worden sind und auch die Taten, bei denen zum Aufbruch - wie sonst in den meisten übrigen Fällen - ein Rollgabelschlüssel nicht verwendet worden ist, ebenfalls in engem zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit den anderen Taten standen.

Im Rahmen der Strafzumessung hat die Strafkammer zugunsten des inzwischen 30 Jahre alten bereits mehrfach - wenn auch nicht einschlägig - vorbestraften Angeklagten insbesondere sein umfassendes Geständnis sowie den Umstand, dass er bis zur Berufungshauptverhandlung bereits 13 1/2 Monate Untersuchungshaft verbüßt hat, berücksichtigt. Auch ist ihm seine schwierige Jugendzeit im Kosovo zugute gehalten worden. Zu seinen Lasten ist insbesondere die professionelle und gut organisierte Art der Tatbegehung gewertet worden.

Für die jeweils als selbstständige Taten eines gemeinschaftlichen Wohnungseinbruchdiebstahls gemäß §§ 244 Abs. 1 Nr. 3, 53 StGB gewürdigten Taten hat die Strafkammer, soweit es sich um eine vollendete Tat gehandelt hat, Einzelstrafen von jeweils 9 Monaten und soweit es sich um einen Versuch gehandelt hat, Einzelstrafen von jeweils 6 Monaten Freiheitsstrafe verhängt.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der - ohne nähere Ausführungen - allgemein die Verletzung materiellen Rechts gerügt wird.

II.

Der Revision muss der Erfolg versagt bleiben.

Die Feststellungen tragen den - auch von der Revision nicht in Zweifel gezogenen - Schuldspruch wegen gemeinschaftlichen Wohnungseinbruchdiebstahls in sechs Fällen und versuchten gemeinschaftlichen Wohnungseinbruchdiebstahls in fünf Fällen gemäß §§ 244 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2, 22, 23, 25 Abs. 2, 53 StGB.

Der Erörterung bedarf insoweit lediglich, dass sämtliche Taten zueinander im Verhältnis der Tatmehrheit gemäß § 53 StGB stehen. Auch bei den jeweils in einer Nacht begangenen Taten handelt es sich nicht etwa aufgrund natürlicher Handlungseinheit jeweils um eine einheitliche Tat. Eine solche ist nur dann anzunehmen, wenn zwischen einer Mehrheit gleichgearteter, strafrechtlich erheblicher Betätigungen ein derart unmittelbarer Zusammenhang besteht, dass sich das gesamte Handeln des Täters objektiv für einen Dritten als ein einheitlich zusammengehöriges Tun darstellt. Zudem müssen die einzelnen Handlungen auch durch ein gemeinsames subjektives Element miteinander verbunden sein, d.h. auf einer einzigen Willensentschließung beruhen (vgl. BGH NStZ 1990, 490; BGHR StGB vor § 1 natürliche Handlungseinheit; Entschluss, einheitlicher 8).

So liegt es hier nach den zugrunde zu legenden Urteilsfeststellungen jedoch nicht, da die Tatorte in einer Nacht jeweils in einem zwar zusammengehörenden Gebiet lagen, die Häuser jedoch offensichtlich aufgrund der unterschiedlichen Straßen- oder weit auseinanderliegenden Hausnummern nicht in direkter Nachbarschaft standen. Ferner enthält das Urteil keinerlei Feststellungen dazu, dass sich der Entschluss des Angeklagten und seines jeweiligen Mittäters bereits vor Beginn des ersten Einbruchs gerade auf die dann später ausgesuchten weiteren Objekte bezog, was im übrigen auch nicht nahe gelegen hätte.

Die Wertung der einzelnen Wohnungseinbrüche als selbständige Taten stellt sich daher auch nicht als eine unnatürliche Aufspaltung eines einheitlichen Tatgeschehens dar, auch wenn sich der Angeklagte von vornherein vorgenommen haben sollte, in einer Nacht möglichst in mehr als ein Haus einzubrechen (vgl. BGH NJW 1998, 619; BGHSt StGB vor § 1 natürliche Handlungseinheit; Entschluss, einheitlicher 6).

Allenfalls wäre entsprechend der früheren Rechtsprechung insoweit möglicherweise jeweils eine fortgesetzte Handlung in Betracht gekommen, doch kann dies nach der Entscheidung des großen Senats für Strafsachen vom 3. Mai 1994 (BGHSt 40, 138) für Fälle der vorliegenden Art nicht mehr gelten.

Vielmehr ist der vorliegende Fall vergleichbar mit dem vom BGH durch Beschluss vom 9. September 1997 entschiedenen Fall, in dem der Aufbruch mehrerer Fahrzeuge, die auf offener Straße abgestellt sind, sich bei der gebotenen natürlichen Betrachtungsweise nicht als einheitliches Tun darstellt, sogar unabhängig davon, wie nah oder weit die Fahrzeuge auseinanderstehen (vgl. BGHR StGB vor § 1 natürliche Handlungseinheit; Entschluss, einheitlicher 14; LK-Rissing-van Saan, StGB, 11. Aufl., vor §§ 52 ff., Rdnr. 13).

Insbesondere stehen auch die Entscheidungen BGH NStZ 2000, 30 und NStZ 96, 493 der hier im Gegensatz zur Generalstaatsanwaltschaft vertretenen Auffassung nicht entgegen, da in jenen Fallgestaltungen sich die kurz hintereinander in engem zeitlichen Zusammenhang als Tatobjekte aufgebrochenen Kraftfahrzeuge in jeweils klar abgegrenzten besonderen Bereichen, nämlich einem bestimmten Parkhaus eines Flughafens, privaten Tiefgaragen und dem Parkplatz eines Priesterseminars, befanden.

Ebensowenig wie der Schuldspruch begegnet der auf die allgemeine Sachrüge zu überprüfende Rechtsfolgenausspruch rechtlichen Bedenken.

Die Ausführungen zur Strafzumessung sind ausreichend und widerspruchsfrei, was im Einzelnen hier keiner näheren Ausführungen bedarf.

III.

Da das Rechtsmittel somit insgesamt keinen Erfolg hatte, folgt die Kostenentscheidung aus § 473 Abs. 1 StPO.

Ende der Entscheidung

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