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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 28.07.2005
Aktenzeichen: 2 Ss 295/05
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 297
StPO § 335
Widersprechen sich die Rechtsmittelerklärungen von mehreren Verteidigern, so ist entsprechend § 297 StPO der Wille des Angeklagten zu ermitteln.
Beschluss

Strafsache

wegen Ausübung der tatsächlichen Gewalt über Kriegswaffen

Auf das Rechtsmittel des Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Hagen vom 14. Januar 2005 hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 28. 07. 2005 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und die Richterin am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Tenor:

Die Sache wird zur Durchführung der Berufung des Angeklagten an das Landgericht Hagen abgegeben.

Gründe:

I.

Das Amtsgericht Hagen - erweitertes Schöffengericht - hat gegen den Angeklagten durch Urteil vom 14. Januar 2005 wegen vorsätzlicher Ausübung der tatsächlichen Gewalt über eine Kriegswaffe tateinheitlich mit der vorsätzlichen Ausübung der tatsächlichen Gewalt über Sprengstoffe eine Freiheitsstrafe in Höhe von einem Jahr und sechs Monaten verhängt.

Gegen dieses in seiner Anwesenheit verkündete Urteil hat der Angeklagte sowohl mit Schriftsatz seines Verteidigers Rechtsanwalt K. vom 21. Januar 2005 als auch mit Schriftsatz seines Verteidigers Rechtsanwalt T. vom 19. Januar 2005 Berufung eingelegt. Rechtsanwalt T. hatte sich in dem Schriftsatz vom 19. Januar 2005 als Wahlverteidiger des Angeklagten gemeldet und um Akteneinsicht gebeten, die ihm Anfang März 2005 gewährt wurde. Bis zu diesem Zeitpunkt war der Angeklagte allein von Rechtanwalt K. verteidigt worden, der in der Hauptverhandlung vom 14. Januar 2005 zudem als Pflichtverteidiger beigeordnet worden war.

Das amtsgerichtliche Urteil wurde unter dem 23. Februar 2005 Rechtsanwalt T. und unter dem 24. Februar 2005 Rechtsanwalt K. zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 17. März 2005 teilte Rechtsanwalt K. mit, dass die von ihm am 21. Januar 2005 eingelegte Berufung als Sprungrevision im Sinne von § 335 StPO durchgeführt werden soll.

Durch Verfügung des Vorsitzenden des Schöffengerichts vom 14. April 2005 wurde die erneute Zustellung des Urteils angeordnet, da die vorherige Zustellung nicht wirksam erfolgen konnte, da der Urkundsbeamte die vom Vorsitzenden im Protokoll vorgenommenen Änderungen noch nicht genehmigt hatte.

Der Vorsitzende des Schöffengerichts hat die Akten sodann nach erneuter Zustellung des Urteils an die beiden Verteidiger des Angeklagten durch Verfügung vom 06. Juni 2005 gemäß § 347 Abs. 1 StPO der Staatsanwaltschaft Hagen übersandt, die das Rechtsmittel als Revision behandelt und an die Generalstaatsanwaltschaft in Hamm weitergeleitet hat.

II.

Eine Entscheidung des Senats über die Revision ist nicht veranlasst, da das Rechtsmittel des Angeklagten als Berufung durchzuführen ist, über die die zuständige Strafkammer des Landgerichts Hagen zu befinden hat.

Da die Rechtsmittel der Berufung und der Revision nicht nebeneinander durchgeführt werden können (vgl. BGHSt 2, 63,68), sind die unterschiedlichen Rechtsmittelerklärungen der Verteidiger nicht dahin auszulegen, dass der Angeklagte gegen das amtsgerichtliche Urteil sowohl Berufung als auch Revision hat einlegen wollen. Zwar hat der Pflichtverteidiger die von ihm zunächst eingelegte Berufung innerhalb der Revisionsbegründungsfrist als Revision benannt, jedoch ist diese Bestimmung unwirksam, da sie in Widerspruch zu der von dem Wahlverteidiger des Angeklagten eingelegten Berufung steht. Widersprechen sich - wie im vorliegenden Fall - die Rechtsmittelerklärungen der beiden Verteidiger, so ist entsprechend § 297 StPO der Wille des Angeklagten zu ermitteln. Sofern der Angeklagte Berufung gegen ein amtgerichtliches Urteil einlegt und der Verteidiger mit gesondertem Schriftsatz zunächst ein noch nicht bestimmtes Rechtsmittel einlegt, so ist, auch wenn der Verteidiger vor Ablauf der Revisionsbegründungsfrist das von ihm eingelegte Rechtsmittel als (Sprung-)Revision bezeichnet, der Wille des Angeklagten maßgebend und es ist eine Berufungshauptverhandlung durchzuführen (vgl. OLG Düsseldorf, NStZ-RR 2000, 148). Im Zweifel ist das eingelegte Rechtsmittel als Berufung anzusehen und als solche zu behandeln, jedenfalls solange sich der Angeklagte nicht eindeutig und verbindlich für die Wahl der Revision entscheidet (vgl. BGHSt 33, 183 ff.).

Der Angeklagte hat sich nach der Hauptverhandlung vom 14.Januar 2005 an Rechtsanwalt T. gewandt und diesen ausweislich der bei den Akten befindlichen Strafprozessvollmacht vom 18. Januar 2005 als Wahlverteidiger mit der Einlegung der Berufung beauftragt. Auch nach erfolgter Akteneinsicht durch Rechtsanwalt T. und Kenntnis der Rechtsmitteleinlegung durch den Pflichtverteidiger Rechtsanwalt K. ist der Wahlverteidiger Rechtsanwalt T. bei der Berufung geblieben. Mangels ausdrücklicher Erklärung des Angeklagten, dass er mit der von seinem Pflichtverteidiger getroffenen Entscheidung einverstanden ist und in Anbetracht der Tatsache, dass Rechtsanwalt K. sich lediglich auf die von ihm eingelegte Berufung bezieht, ist vorliegend nicht davon auszugehen, dass der Angeklagte auf das Rechtsmittel der Revision übergehen wollte.

Eine Zuständigkeit des Senats ist daher nicht gegeben, vielmehr war die Sache zur Durchführung der Berufung des Angeklagten an das Landgericht Hagen abzugeben.

Ende der Entscheidung

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