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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 20.10.2009
Aktenzeichen: 2 Ss 401/09
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 344
Eine Sachrüge ist nicht ordnungsgemäß erhoben, wenn sich aus ihr ergibt, dass nicht die Anwendung des materiellen Rechts beanstandet, sondern ausschließlich die Beweiswürdigung und die Richtigkeit der Urteilsfeststellungen angegriffen werden soll und der Angeklagte die Fehlerhaftigkeit ausschließlich aus tatsächlichen Behauptungen herleitet, die in den Feststellungen des Urteils keine Stütze finden oder er nur eine eigene, gegensätzliche Beweiswürdigung vornimmt.
Beschluss

Strafsache

In pp.

wegen gefährlicher Körperverletzung.

Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil der kleinen auswärtigen Strafkammer Recklinghausen des Landgerichts Bochum vom 20. Mai 2009 hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 20. 10. 2009 durch nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Tenor:

Die Revision wird auf Kosten des Angeklagten (§ 473 Abs. 1 StPO) als unzulässig verworfen.

Gründe:

I.

Der Angeklagte ist vom Amtsgericht Recklinghausen vom Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung freigesprochen worden. Auf die Berufung der Staatsanwaltschaft hat die kleine Auswärtige Strafkammer Recklinghausen des Landgerichts Bochum mit Urteil vom 20. Mai 2009 das Urteil des Amtsgerichts Recklinghausen aufgehoben und den Angeklagten wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde, verurteilt.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Angeklagten vom 22. Mai 2009, welche mit Schriftsätzen seines Verteidigers vom 3. Juli 2009, 16. Juli 2009 und 23. Juli 2009 begründet worden ist. Zur Begründung der Revision wird zum einen die Verfahrensrüge erhoben, mit der eine Verletzung des § 59 StPO geltend gemacht wird und zum anderen die materielle Rüge, mit der die Beweiswürdigung des Landgerichts angegriffen wird.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat wie erkannt beantragt.

II.

Die Revision ist zwar gemäß §§ 341, 345 StPO fristgerecht eingelegt und begründet worden, die Rügen sind jedoch nicht gemäß § 344 StPO in zulässiger Weise erhoben worden.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Antragsschrift hierzu u.a. Folgendes ausgeführt:

"a) Verfahrensrüge

Die Verfahrensrüge, mit der der Angeklagte einen Verstoß gegen § 59 Abs. 1 StPO durch die Nichtvereidigung des Zeugen H. rügt, ist in unzulässiger Form erhoben worden.

Die Revision muss bei der Verfahrensrüge gem. § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO alle Tatsachen mitteilen, die den Senat in die Lage versetzen, deren Begründetheit abschließend zu prüfen, wozu auch die Frage gehört, ob das Urteil auf dem beanstandeten Mangel beruht. Das Revisionsgericht muss allein auf Grund der Begründungsschrift ohne Bezugnahmen und Verweisungen auf die Akten, das Sitzungsprotokoll oder andere Schriftstücke prüfen können, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, wenn das tatsächliche Vorbringen der Revision zutrifft (Meyer-Goßner, StPO, 52. Aufl., § 344 StPO, Rdnr. 21). Ein Rückgriff auf die Urteilsgründe ist nur möglich, wenn eine ordnungsgemäß erhobene Sachrüge vorliegt (zu vgl. Meyer-Goßner, StPO, 52. Aufl., § 344 StPO, Rdnr. 21).

Gem. § 59 StPO werden Zeugen nur noch vereidigt, wenn es das Gericht wegen der ausschlaggebenden Bedeutung der Aussage oder zur Herbeiführung einer wahren Aussage nach seinem Ermessen für notwendig hält. Unterlässt der Vorsitzende eine Entscheidung über die Vereidigung, kann das Urteil auf dem Verfahrensfehler nur beruhen, wenn es bei einer ordnungsgemäßen Entscheidung zu einer Vereidigung des Zeugen gekommen wäre, und wenn sodann nicht auszuschließen wäre, dass der Zeuge in diesem Falle andere, wesentliche Angaben gemacht hätte (zu vgl. BGH NStZ 2006, 114). Für die Prüfung durch das Revisionsgericht wäre es danach erforderlich gewesen, die Tatsachen -deren Vorliegen unterstellt- mitzuteilen, aus denen sich ergibt, dass der Zeuge ausnahmsweise hätte vereidigt werden müssen und dass dieser andere, wesentliche Angaben gemacht hätte.

Der Angeklagte teilt hierzu lediglich mit, ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls sei der Zeuge H. nach Abschluss einer ersten Vernehmung erneut hervorgerufen worden und habe ergänzende Angaben zur Sache gemacht. Lediglich bezüglich des Zeugen K. seien auch hinsichtlich der ergänzenden Vernehmung keine Anträge zur Vereidigung gestellt bzw. eine entsprechende Entscheidung durch den Vorsitzenden nicht ergangen. Eine ausdrückliche Entscheidung über die Vereidigung des Zeugen H. sei nicht getroffen worden.

Welche Angaben der Zeuge H. gemacht hat und die Umstände, die einen Rückschluss darauf zuließen, dass der Zeuge ausnahmsweise zu vereidigen gewesen wäre, teilt die Revision nicht mit. Diese Angaben wären aber erforderlich gewesen, um den Senat in die Lage zu versetzen, anhand der Revisionsbegründung zu prüfen, ob das Urteil auf dem geltend gemachten Verfahrensfehler beruhen kann.

Auch ein Rückgriff auf die Urteilsgründe ist nicht möglich, da es insoweit an einer ordnungsgemäß erhobenen Sachrüge fehlt (s.u.).

Die Verfahrensrüge erweist sich daher als unzulässig.

b) Sachrüge

Die allgemein erhobene Sachrüge ist nicht in der gem. § 344 Abs. 2 StPO vorgeschriebenen Form erhoben worden.

Eine Begründung der Sachrüge ist nicht vorgeschrieben. Der Angeklagte kann sich daher auf die unausgeführte allgemeine Sachrüge beschränken, die zur Prüfung des Urteils in sachlichrechtlicher Hinsicht in vollem Umfang führt. Der Angeklagte kann mit seiner Sachrüge auch die dem Tatrichter vorbehaltene Beweiswürdigung dahingehend angreifen, dass das Urteil durch das Revisionsgericht darauf überprüft wird, ob Verstöße gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze vorliegen oder die Beweiswürdigung widersprüchlich, lückenhaft oder unklar ist (zu vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 02.05.2001 - 1 Ss 324/01-; Meyer-Goßner, a.a.O., § 337 Rdnr. 26, 27 m.w.N.). Die Sachrüge ist jedoch dann nicht ordnungsgemäß erhoben, wenn sich aus ihr ergibt, dass nicht die Anwendung des materiellen Rechts beanstandet, sondern ausschließlich die Beweiswürdigung und die Richtigkeit der Urteilsfeststellungen angegriffen werden soll und der Angeklagte die Fehlerhaftigkeit ausschließlich aus tatsächlichen Behauptungen herleitet, die in den Feststellungen des Urteils keine Stütze finden oder er nur eine eigene gegensätzliche Beweiswürdigung vornimmt (zu vgl. Senatsbeschluss vom 27.01.2006 - 2 Ss OWi 3/06 - m.w.N.; Senatsbeschluss vom 28.09.2001, NStZ-RR 2001 ,117 m.w.N.; Meyer-Goßner, a.a.o., § 344 Rdnr. 19 m.w.N). Der den Einzelausführungen vorangestellte Satz, es werde die Verletzung materiellen Rechts gerügt, rechtfertigt dann eine andere Beurteilung nicht, wenn sich aus den Einzelausführungen der Revision ergibt, dass der Angeklagte in Wahrheit nur die Beweiswürdigung und die Richtigkeit der Urteilsfeststellungen angreift und eine eigene, gegensätzliche Beweiswürdigung vornimmt (zu vgl. OLG Hamm Beschluss vom 20. Mai 2008, 2 Ss 176/08).

Der Angeklagte wendet sich mit seiner Sachrüge hier allein gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts und rügt Verstöße gegen die Denkgesetze und Widersprüchlichkeiten. Diese Rügen beziehen sich aber nicht auf Widersprüchlichkeiten oder Verstöße gegen die Denkgesetze in den landgerichtlichen Urteilsfeststellungen. Vielmehr werden diesen Feststellungen des Landgerichts Angaben des Zeugen D. gegenübergestellt, wie sie der Angeklagte in der Hauptverhandlung verstanden haben will, dieser sie bereits nach Auffassung des Angeklagten vor dem Amtsgericht gemacht und die das Amtsgericht zur Grundlage seines Urteils gemacht habe.

Der Widerspruch zwischen dem, was der Zeuge D. nach dem Verständnis des Angeklagten ausgesagt habe und den Feststellungen des Urteils des Landgerichts wird sodann dargestellt. Die so dargestellten Widersprüche sind bereits nach dem Vorbringen des Angeklagten keine, die sich aus den Urteilsfeststellungen ergeben. Dass die Urteilsfeststellungen in sich widersprüchlich sind, wird vom Angeklagten gerade nicht gerügt. Beanstandet wird vielmehr, dass das Landgericht die Angaben des Zeugen D. anders als der Angeklagte und das Amtsgericht gewertet und wiedergegeben habe. Der Angeklagte nimmt damit in Wahrheit eine eigene Beweiswürdigung vor, die an die Stelle der allein maßgeblichen Feststellungen des angefochtenen Urteils treten soll und kritisiert, dass das Berufungsgericht den Sacherhalt anders als das Amtsgericht in erster Instanz festgestellt habe. Damit kann er jedoch keine sachlich-rechtlichen Fehler aufzeigen, die der Prüfung durch das Revisionsgericht unterliegen.

Die Sachrüge erweist sich daher als unzulässig.

Bei dieser Sachlage ist die Revision des Angeklagten als unzulässig zu verwerfen."

Diesen in jeder Hinsicht zutreffenden Ausführungen schließt sich der Senat nach eigener Sachprüfung an.

Ende der Entscheidung

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