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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 07.09.2000
Aktenzeichen: 2 Ss 638/00
Rechtsgebiete: StGB


Vorschriften:

StGB § 244
Leitsatz:

1. Ein Butterfly-Messer ist ein gefährliches Werkzeug im Sinn von § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a StGB.

2. Zum Begriff des "Beisichführens" im Sinn von § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a StGB reicht es aus, wenn das gefährliche Werkzeug offen als Mittel zum Aufbrechen eines Pkws benutzt wird.


Beschluss Strafsache gegen H.K.,

wegen Diebstahls und Diebstahls mit Waffen

Auf die (Sprung-)Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts - Schöffengerichts - Iserlohn vom 22. März 2000 hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 07.09.2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Landgericht auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft nach Anhörung des Angeklagten bzw. seines Verteidigers einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Revision wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO), jedoch entfallen in der Urteilsformel bei dem Begriff "gemeinschaftlichen Diebstahls in sechs besonders schweren Fällen" die Worte "besonders schweren".

Die Kosten des Rechtsmittels trägt der Angeklagte (§ 473 Abs. 1 StPO).

Zusatz:

Die berichtigende Klarstellung ergibt sich daraus, dass nach § 260 Abs. 4 StPO in die Urteilsformel nur die Bestimmungen aufzunehmen sind, die eine eigene Straftat bezeichnen, wie z. B. der Bandendiebstahl oder der Diebstahl mit Waffen. Normen, die nur eine Strafzumessungsregel enthalten und unbenannte Strafschärfungs- und Milderungsvorschriften sind demgegenüber nicht in den Tenor aufzunehmen (vgl. zuletzt Senatsbeschluss vom 30. August 2000 in 2 Ss 809/00; BGHSt 23, 254, 256; 27, 287, 289; Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 44. Aufl., § 260 Rdnr. 25 m.w.N.).

Soweit gerügt wird, der Tatrichter hätte sich zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit des den Angeklagten belastenden Mittäters eines Sachverständigen bedienen müssen, ist - bei Unterstellung der Zulässigkeit dieser Rüge - der Revision zwar zuzugeben, dass dies in der Rechtsprechung in besonders gelagerten Fällen bereits für erforderlich erachtet worden ist (vgl. BGH StV 1997, 60 und 1993, 357 - bei Fällen gravierender psychischer Auffälligkeiten der zudem jugendlichen einzigen Belastungszeugin bei Sexualstraftaten). Ein solcher vergleichbarer Sachverhalt liegt hier jedoch nicht vor. Vorliegend handelt es sich um die Beurteilung der Aussage des zwar drogenabhängigen, im übrigen jedoch selbst geständigen und nicht kranken Mittäters beim Aufbruch zahlreicher PKW und des Diebstahls verschiedener Gegenstände aus diesen. Bei einem solch einfachen Sachverhalt und derartiger Fallkonstellation reicht in der Regel die eigene Sachkunde des Tatrichters aus (vgl. BGHR StPO § 244 Abs. 4 S. 1, Glaubwürdigkeitsgutachten 2).

Zu Recht ist der insoweit geständige Angeklagte im Fall 7 (Tat vom 10. Oktober 1999) wegen gemeinschaftlichen Diebstahls mit Waffen verurteilt worden. Da der Mittäter an diesem Tag die PKW mittels eines mitgeführten Butterfly-Messers öffnete, während der Angeklagte aufpasste, begingen die Täter einen Diebstahl, bei dem einer der Beteiligten ein gefährliches Werkzeug bei sich führte (§ 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a StGB). Ein Butterfly-Messer ist ein gefährliches Werkzeug. Als solches wird in § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a StGB nur ein objektiv gefährliches Tatmittel erfasst, das nach seiner objektiven Beschaffenheit und nach der Art seiner Benutzung im konkreten Einzelfall geeignet ist, erhebliche Verletzungen zuzufügen (BGH NStZ-RR 2000, 43; BGHSt 45, 92 = NJW 1999, 2198; BGH NJW 1998, 3130; 1998, 3131; 1998, 2915; 1998, 2916 jeweils zu § 250 StGB). Zur Verletzung geeignet sind daher auch ein "Stiefelmesser", ein "Einhand-Klappmesser" und ein Taschenmesser wie das "Schweizer Offiziersmesser" angesehen worden (vgl. BGHSt 43, 266/267 f.; BayObLGSt 1999, 46/47). Darauf, ob die nach Beschaffenheit und - möglicherweise sogar zugeklapptem - Zustand des Messers gegebene Gefährlichkeit aufgrund anderer Umstände der Tatsituation für den konkreten Einzelfall ausnahmsweise ausgeschlossen werden kann, kommt es insoweit nicht an (vgl. BGHSt 45, 92; BayObLG, Urteil vom 12. April 2000 in 5 St RR 206/99).

Zum Begriff des "Beisichführens eines gefährlichen Werkzeugs" reicht es aus, dass sich das gefährliche Werkzeug derart in der Nähe des Täters (oder eines Beteiligten) befindet, dass er sich dessen jederzeit, also ohne nennenswerten Zeitaufwand und ohne besondere Schwierigkeiten bedienen kann, es ihm also zu jedem von ihm gewünschten Zeitpunkt einsatzbereit zur Verfügung steht. Das ist bei einem am Körper des Täters getragenen gefährlichen Werkzeug der Fall (vgl. BGH NStZ 1999, 618; 1998, 354). Das BayObLG hat dies auch bei einem in der Hosentasche mitgeführten kleinen zusammengeklappten normalen Taschenmesser angenommen (vgl. das o.g. Urteil vom 12. April 2000). Erst recht muss dies für ein - wie hier - offen als Mittel zum Aufbrechen von PKW benutztes und somit mitgeführtes Butterfly-Messer gelten.

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