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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 25.06.2001
Aktenzeichen: 2 Ss OWi 508/01
Rechtsgebiete: StPO
Vorschriften:
StPO § 244 | |
StPO § 267 |
Stützt der Tatrichter den Schuldspruch auf ein Sachverständigengutachten, so ist in den Urteilsgründen eine verständliche, in sich geschlossene Darstellung der dem Gutachten zu Grunde liegenden Anknüpfungstatsachen, der wesentlichen Befundtatsachen und der das Gutachten tragenden fachlichen Begründung erforderlich.
Beschluss Strafsache gegen J.P.,
wegen Diebstahls u.a..
Auf die(Sprung-)Revision der Angeklagten gegen das Urteil des Schöffengerichts Bochum vom 5. Februar 2001 hat der 2 Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 25.06.2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht und die Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft einstimmig beschlossen:
Tenor:
Das angefochtene Urteil wird mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Amtsgericht Bochum zurückverwiesen.
Gründe:
I.
Die Angeklagte ist durch das angefochtene Urteil wegen eines Betruges und wegen Diebstahls unter Einbeziehung einer durch Urteil des Amtsgericht Gelsenkirchen vom 16. Mai 2000 festgesetzten Freiheitsstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 2 Monaten und wegen Diebstahls in 12 Fällen zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 4 Monaten verurteilt worden. Dagegen richtet sich das Rechtsmittel der Angeklagten, mit dem sie insbesondere geltend macht, dass das Amtsgericht einem von ihr gestellten Beweisantrag auf Anhörung eines (weiteren) Sachverständigen nicht nachgekommen ist. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Revision nach § 349 Abs. 2 StPO zu verwerfen.
II.
Die zulässige Revision der Angeklagten hat auch in der Sache einen zumindest vorläufigen Erfolg. Das angefochtene Urteil war auf die zumindest konkludent erhobene Sachrüge hin aufzuheben.
Die Gründe des angefochtenen Urteils sind lückenhaft (§ 267 StPO). Sie ermöglichen dem Senat nicht die revisionsrechtliche Überprüfung, ob das Amtsgericht ohne Rechtsfehler davon ausgegangen ist, dass die Angeklagte bei Begehung der festgestellten Taten nicht im Sinn des § 21 StGB vermindert schuldfähig gewesen ist.
Dazu hat das Amtsgericht ausgeführt:
"Bezüglich sämtlicher Taten war von der vollen Schuldfähigkeit der Angeklagten auszugehen. Insofern ist das Gericht den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. W. gefolgt, der nach seinen Ausführungen nur eine leichte Intelligenzminderung bei der Angeklagten feststellen konnte, die keinen Einfluss auf deren Schuldfähigkeit hatte. Dies deckt sich auch mit dem Eindruck, den das Gericht von der Angeklagten in der Hauptverhandlung hatte. Die Angeklagte hat durchaus zielstrebig und planmäßig für sie keineswegs wertlose Gegenstände entwendet, wobei sie die Diebstähle vom 30.03., 15.04. und 05.06.2000 wie auch den vom 07.06.2000 nachvollziehbar gegenüber dem Gericht damit erklärte, dass sie die Gegenstände später verkaufen wollte, um so ihre Schulden reduzieren zu können."
Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Stützt der Tatrichter den Schuldspruch auf ein Sachverständigengutachten, so ist in den Urteilsgründen eine verständliche, in sich geschlossene Darstellung der dem Gutachten zu Grunde liegenden Anknüpfungstatsachen, der wesentlichen Befundtatsachen und der das Gutachten tragenden fachlichen Begründung erforderlich (ständige obergerichtliche Rechtsprechung; vgl. u.a. BGH StV 1987, 516; StV 1990, 339; OLG Hamm, Beschluss vom 10. September 1998 - 3 Ss 820/98; Beschluss vom 30. April 1999 - 3 Ss 385/99 und Beschluss des Senats vom 16. Juni 2000 in 2 Ss OWi 537/00 = VA 2000, 32 = StraFo 2000, 310 = NZV 2000, 429 = StV 2000, 547 = DAR 2000, 483 = VRS 99, 204; siehe auch Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 45. Aufl., 2001, § 267 Rn. 13 mit weiteren Nachweisen). Eine solche geschlossene Darstellung der dem Gutachten des Sachverständigen Dr. W. zu Grunde liegenden Anknüpfungstatsachen, der wesentlichen Befundtatsachen und der fachlichen Begründung des Sachverständigen, die den Senat in die Lage versetzen würde, die Schlüssigkeit des Gutachtens zu prüfen, enthält das angefochtene Urteil jedoch nicht.
Das Amtsgericht teilt vielmehr lediglich das Ergebnis des Gutachtens mit. Die alleinige Mitteilung des Ergebnisses des Sachverständigengutachtens ist - je nach Lage des Einzelfalles - aber nur etwa dann ausreichend, wenn der Sachverständige bei der Begutachtung ein weithin standardisiertes Verfahren angewendet hat, es sich um einen renommierten Sachverständigen handelt und wenn von keiner Seite Einwände gegen die der Begutachtung zu Grunde liegende Tatsachengrundlage und die Zuverlässigkeit der Begutachtung selbst erhoben werden (OLG Hamm a.a.O.; Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 45. Aufl., 2001, § 267 Rn. 13 mit weiteren Nachweisen aus der obergerichtlichen Rechtsprechung). Diese Voraussetzungen liegen ersichtlich nicht vor.
Das Amtsgericht setzt sich schließlich auch nicht damit auseinander, dass ein weiteres Sachverständigengutachten über die Angeklagte vorliegt, dass zu dem gegenteiligen Ergebnis wie das Gutachten des Sachverständigen Dr. W. gekommen ist. Insoweit hat der Senat aber bereits auch darauf hingewiesen, dass das Gericht bei sich widersprechenden Sachverständigengutachten in den Urteilsgründen ausführlich darlegen muss, warum sich der Tatrichter dem einen Gutachten nicht angeschlossen hat (Beschluss des Senats in 2 Ss 1002/98 in StV 2001, 221).
Eine andere Beurteilung der Gründe der amtsgerichtlichen Entscheidung folgt im Übrigen endlich nicht daraus, dass das Amtsgericht seine Überzeugung auch auf den in der Hauptverhandlung von der Angeklagten gewonnenen persönlichen Eindruck gestützt hat. Denn auch dazu lässt das angefochtene Urteil jede Mitteilung von Tatsachen vermissen und ermöglicht daher auch insoweit eine revisionsrechtliche Überprüfung des gewonnenen Eindrucks nicht.
Damit war das angefochtene Urteil schon auf die Sachrüge hin aufzuheben. Dahinstehen konnte demgemäss die Frage, ob die Verfahrensrüge der Angeklagten, mit der sie die Ablehnung des auf Anhörung der anderen Sachverständigen gerichteten Beweisantrags als unzulässig gerügt hat, begründet war. Dahinstehen konnte auch, ob bei den vorliegenden sich widersprechenden Sachverständigengutachten gegebenenfalls nicht auch die Aufklärungspflicht das Amtsgericht zur Anhörung der von der Angeklagten benannten Sachverständigen gezwungen hätte (vgl. dazu BGH NStZ-RR 1997, 42).
Ende der Entscheidung
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