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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 31.10.2006
Aktenzeichen: 2 Ss OWi 653/06
Rechtsgebiete: OWiG
Vorschriften:
OWiG § 74 | |
OWiG § 79 | |
OWiG § 80 |
Beschluss
Bußgeldsache
wegen Verkehrsordnungswidrigkeit
Auf den Antrag der Betroffenen vom 30. August 2006 auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß §§ 79 ff. OWiG gegen das Urteil des Amtsgerichts Herne-Wanne vom 10. August 2006 hat der 2. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 31. Oktober 2006 durch die Richterin am Oberlandesgericht Lange als Einzelrichterin gemäß § 80 a Abs. 1 OWiG nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft
beschlossen:
Tenor:
Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde wird verworfen.
Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens trägt die Betroffene.
Gründe:
I.
Der Oberbürgermeister der Stadt Herne hat gegen die Betroffene durch Bußgeldbescheid vom 22. November 2005 wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaft eine Geldbuße in Höhe von 75,- Euro festgesetzt. Nachdem die Betroffene Einspruch eingelegt hatte, ist das Verfahren dem Amtsgericht vorgelegt worden, das Termin zur Hauptverhandlung auf den 10. August 2006 bestimmt hat. In der Hauptverhandlung am 10. August 2006 ist für die Betroffene niemand erschienen. Das Amtsgericht hat daraufhin den Einspruch der Betroffenen durch Urteil nach § 74 Abs. 2 OWiG verworfen.
Hiergegen richtet sich die als Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde auszulegende Rechtsbeschwerde der Betroffenen vom 30. August 2006, mit der sie rügt, sie habe mit Schriftsatz ihres Verteidigers vom 29. März 2006 den Einspruch zurückgenommen. Der Schriftsatz sei am 03. April 2006 zur Post und vorab per Fax übersandt worden.
II.
Das Rechtsmittel ist zulässig, kann in der Sache aber keinen Erfolg haben.
Bei dem Rechtsmittel der Betroffenen handelt es sich entgegen der Bezeichnung als " Rechtsbeschwerde" um einen Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 1 OWiG, da gegen die Betroffene durch den fraglichen Bußgeldbescheid eine Geldbuße in Höhe von lediglich 75.- Euro verhängt worden ist, die die Wertgrenze des § 80 Abs. 2 Nr. 1 OWiG nicht überschreitet. Auch wenn die Betroffene einen ausdrücklichen Antrag gem. § 80 Abs. 3 i. V .m. § 345 Abs. 1 StPO nicht gestellt hat, so ist dem Vorbringen noch ausreichend zu entnehmen, dass sie die Aufhebung des angefochtenen Urteils insgesamt begehrt.
Da die verhängte Geldbuße im vorliegenden Verfahren nicht mehr als 100,00 Euro beträgt, wäre die Rechtsbeschwerde gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 1 OWiG nur zuzulassen, wenn es geboten wäre, die Nachprüfung des Urteils wegen der Anwendung von materiellen Rechtsnormen zur Fortbildung des Rechts zu ermöglichen oder das Urteil wegen Versagung des rechtlichen Gehörs aufzuheben. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor.
Mit der Rüge, der Einspruch gegen den Bußgeldbescheid sei durch die Betroffene bereits vor dem Hauptverhandlungstermin wirksam zurückgenommen worden, wird ein Verfahrenshindernis geltend gemacht.
Eine Einstellung des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 OWiG durch das Beschwerdegericht kommt vorliegend aber nicht in Betracht, denn im Zulassungsverfahren sind nur solche Verfahrenshindernisse zu prüfen, die nach Erlass des angefochtenen Urteils eingetreten sind (vgl. BGH St 36, 59, 61). Die Vorschrift des § 80 Abs. 5 OWiG hindert zwar nicht die Zulassung der Rechtsbeschwerde, wenn die Voraussetzungen des § 80 Abs. 2 OWiG gerade für Rechtsfragen vorliegen, die mit dem geltend gemachten Verfahrenshindernis zusammenhängen (vgl. BayObLG VRS 74, 375; OLG Köln NZV 2004, 52). Ein solcher Zulassungsgrund ist hier aber nicht gegeben.
In der Rechtsprechung ist geklärt, dass mit wirksamer Rücknahme des Einspruchs gegen den Bußgeldbescheid Rechtskraft eintritt und damit ein Verfahrenshindernis der Fortsetzung des gerichtlichen Bußgeldbescheids entgegen steht (vgl. BGHSt 27, 271; 36, 59).
Vorliegend ist indes zweifelhaft, ob überhaupt eine wirksame Einspruchsrücknahme vorliegt, da sich der Originalschriftsatz des Verteidigers vom 29. März 2006, in dem die Einspruchsrücknahme erklärt worden ist, nicht in den Akten befindet. Nach dem auf dem Schriftsatz des Bevollmächtigten der Betroffenen vom 29. März 2006 befindlichen Sendebericht, der mit der Rechtsbeschwerdeschrift vom 30. August 2006 zu den Akten gereicht worden ist, soll die Übersendung der Einspruchsrücknahme an den Oberbürgermeister der Stadt Herne am 03. April 2006 erfolgt sein. So ist es zwar ausreichend, wenn die Rücknahmeerklärung bei der Stelle, bei der das Verfahren anhängig ist, eingeht (vgl. Göhler, OWiG, 14. Aufl., § 67 Rdnr. 38). Zu diesem Zeitpunkt war das Verfahren vorliegend aber nicht mehr bei der Bußgeldstelle anhängig. Ausweislich des in der Akte befindlichen Eingangsstempels waren die Akten nämlich bereits am 29. März 2006 bei der Staatsanwaltschaft Bochum eingegangen, so dass das Verfahren mit Eintreffen der Akten dort anhängig war. Eine Weiterleitung der Einspruchsrücknahme durch die Verwaltungsbehörde (Stadt Herne) an die Staatsanwaltschaft Bochum ist in den Akten nicht feststellbar.
Letztlich braucht die Frage, ob eine wirksame Einspruchsrücknahme vorliegt, hier aber nicht geklärt zu werden, da eine etwaige Rücknahme des Einspruchs vor Verkündung des Urteils im Zulassungsverfahren unbeachtlich ist. In einem solchen Falle hat das Amtsgericht einen Rechtsfehler begangen, der im Zulassungsverfahren nicht anders als ein sonstiger Rechtsfehler zu beurteilen ist (vgl. Göhler, a.a.O., § 80 Rdnr. 25 m. w. Nachw.).
Auch eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt nicht vor. Denn selbst wenn das Amtsgericht eine Einspruchsrücknahme nicht zur Kenntnis genommen und infolge dessen den Einspruch nach § 74 Abs. 2 OWiG verworfen hätte und ungeachtet der Frage, ob vorliegend die mögliche Verletzung rechtlichen Gehörs überhaupt in einer den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügenden Form gerügt worden ist, könnte auch dieser Rechtsfehler nicht die Zulassung der Rechtsbeschwerde rechtfertigen. Denn dadurch, dass der Einspruch der Betroffenen trotz der Rechtskraft des Bußgeldbescheids verworfen worden ist, hat diese nämlich allenfalls einen Kostennachteil erlitten; sie ist aber in der Hauptsache nicht beschwert (OLG Köln NStZ-RR 2003, 242; NZV 2004, 52; vgl. auch OLG Koblenz VRS 85, 100, 103).
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 46 Abs. 1 OWiG, 473 Abs. 1 StPO.
Ende der Entscheidung
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